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Deutscher Kinomarktanteil geschrumpft

Halbjahresbilanz der deutschen Kinos 2013 und das Ende analoger Kopien.



Können sich die Halbjahreszahlen des laufenden Kinojahres wirklich sehen lassen? Die Statistik von Rentrak Germany weist angeblich positive Vorzeichen bei Besuch und Umsatz im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Vorjahres aus. Das verregnete Frühjahr und der feuchte Juni mit wenig Sonnenschein verhagelte zwar den Open Air Kinos den Saisonbeginn, könnte aber dafür mehr Besucher in den Großstädten in die Kinos getrieben haben.

Doch wenn man die Interpretation der beiden führenden deutschen Filmportale Blickpunkt:Film und Filmecho liest, hat man den Eindruck, dass die beiden Medienportale der Filmwirtschaft offensichtlich zu ganz unterschiedlichem Ergebnis kommen. Erst beim genauem Studium der Zahlen ergibt sich ein durchwachsenes Gesamtbild.

• Laut Filmecho konnte der Umsatz mit einer Kasse von rund 462,5 Millionen Euro um gut 6,5 Prozent zulegen. Beim Besuch ergab sich ein Plus von 0,4 Prozent (absolut: 57,5 Millionen).

• Blickpunkt:Film schreibt dagegen, dass im zweiten Quartal des laufenden Kinojahres der Marktanteil deutscher (Ko-)Produktion enorm zurückgegangen ist.

Diese Entwicklung war erwartet worden, standen doch von Anfang an nur wenige zugkräftige Neustarts auf dem Programm, so der Verlag G & J bei dem unter der online Plattform mediabiz das Magazin Blickpunkt:Film erscheint. Unter dem Strich wurden laut Rentrak zwischen dem 4. April und 3. Juli 2013 knapp drei Mio. Tickets für deutsche Filme gelöst und damit rund 18,8 Mio. Euro umgesetzt. Das entspricht einem Besucheranteil von zwölf und einem Umsatzanteil von gerade einmal 9,5 Prozent am Gesamtmarkt. Dort wurden im Bilanzzeitraum rund 57,5 Mio. Tickets verkauft und knapp 462,5 Mio. Euro am Boxoffice umgesetzt. Für ein Kinoticket wurden zuletzt im Durchschnitt 7,87 Euro bezahlt, was einem Plus von 9,5 Prozent gegenüber 2012 entspricht.

Dank eines sensationellen Jahresauftakts betrug der Marktanteil deutscher Produktionen in den ersten acht Wochen des laufenden Jahres 34,5 Prozent gegenüber 20,5 im Vergleichszeitraum 2012. Inzwischen hat der Besucheranteil des deutschen Films wieder etwas nachgelassen, liegt aber für das gesamte erste Halbjahr betrachtet immer noch bei respektablen 23,5 Prozent. 19,7 Prozent der Umsätze entfielen von 3. Januar bis 3. Juli 2013 auf deutsche (Ko-)Produktionen. Mit Abstand zugkräftigster deutscher Neustart im zweiten Quartal war "Hanni & Nanni" mit rund 810.000 Besuchern. Im dritten Quartal sollte die deutsche Bilanz dann wieder erheblich besser ausfallen.


Digitales Kino löst analoge Filmvorführungen ab.
In diesem Zusammenhang sind weitere Meldungen aus der Filmwirtschaft hoch interessant. Der digitale Kino setzt sich schneller durch als erwartet, weshalb sogar das Medienboard Berlin-Brandenburg kleineren Kinos, die noch nicht umgerüstet haben, mit einer günstigeren Förderung stärker entgegenkommen will.

Medienboard-Geschäftsführerin Kirsten Niehuus erläuterte die Beweggründe:
"Künftig sollen auch die Kinos, die keine 8000 Besucher pro Jahr/Saal erreichen und weniger als 25.000 Euro Netto-Kartenumsatz verbuchen, Fördergelder für die Umrüstung erhalten. Der maximale Zuschuss von 21.600 Euro könne jetzt nicht mehr nur 30 Prozent, sondern maximal 50 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Sogar eine Kumulierung mit anderen öffentlichen Mitteln ist weiterhin möglich", so Niehuus.

Der Grund für die Erweiterung der Fördermöglichkeiten liege in der mittlerweile deutlichen Preisreduzierung für kleinere zertifizierte Digitalanlagen, sodass künftig auch Neuerrichtungen und Wiedereröffnungen förderungswürdig sind.

Ende April 2013 waren von den insgesamt 4.617 deutschen Leinwänden 3.400 digital ausgestattet (inkl. 3D). Dies entspricht einer Digitalisierungsquote von 74 Prozent. Der 3D-Grad innerhalb der bereits digitalisierten Leinwände beträgt 64 Prozent. Was die Ausstattung mit 3D angeht, so sind laut Bericht der Filmförderungsanstalt Berlin (FFA) mittlerweile 1.763 Leinwände in 1.046 deutschen Filmtheatern entsprechend technisch ausgerüstet. 2010 waren es erst 430 Leinwände gewesen.


Ende der analogen Belieferung
Der Start von "Upside Down" am 22. August 2013 läutet das Ende analoger Kopien ein.

Hier der Trailer auf Kino-Zeit:


Als offenbar erster deutscher Verleih hat der Concorde Filmverleih gegenüber den Kinobetreibern ein definitives Ende der analogen Belieferung kommuniziert.

In einem Schreiben heißt es: "Sehr geehrte Damen und Herren, der Prozess der Digitalisierung schreitet weiter voran. In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass der Concorde Filmverleih mit dem Start von 'Upside Down' am 22.08.2013 keine 35mm-Kopien mehr zur Auslieferung bereitstellt. Wir bitten Sie, dies bei der Disposition ab 22.08.2013 zu beachten."

Zu dem Thema geäußert hat sich auch Prokino. Dort wird "Before Midnight", der nach seiner diesjährigen Berlinale Premiere bereits seit 06.06.2013 regulär in deutschen Kinos läuft, vorerst der letzte Film sein, für den 35mm-Kopien ausgeliefert werden.
Hier der Trailer:



Sowohl "Die Möbius Affäre", hier der Trailer



wie auch "Portugal Mon Amour" werden den deutschen Kinos ausschließlich digital zur Verfügung gestellt werden. Hier der Trailer:



Laut Frederik Frosch, Vertriebskoordinator Kino bei Prokino, habe man vom Weltvertrieb nur noch digitale »Kopien« erhalten, sodass die Erstellung von 35mm-Fassungen für den deutschen Markt wäre mit "unverhältnismäßigem Aufwand und Kosten" verbunden gewesen.

Als Reaktion darauf hat der Verband HDF Kino, die Interessengemeinschaft der Kinos, eine Umfrage unter allen deutschen Verleihern gestartet, deren Ergebnis noch aussteht. Bei Prokino schließt man für kommende Filme eine analoge Belieferung nicht kategorisch aus, allerdings sei man als Verleih vom Material abhängig, das man vom Weltvertrieb zur Verfügung gestellt bekomme. Und hier stünden die Zeichen klar auf digital.

Quellen: Blickpunkt:Film | Filmecho | HDF-Kino | Medienboard | FFA

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