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Drei empfehlenswerte Kinostarts Ende Februar 2024

Ab 29. Februar 2024 gibt es mit "Dune: Part Two" einen Blockbuster sowie mit "The Zone of Interest" den Großen Preis der Jury von Cannes 2023 im Arthouse Kino und mit "Le Paradis" zwei Shooting-Stars des französischen queeren Kinos zu sehen.



Mit unterschwelligen Tönen wie Schüsse, Hundegebell, dem Brüllen von deutschen Bewachern oder das Wehklagen von Gefangenen aus dem Konzentrationslager von Auschwitz, kommt Jonathan Glazers internationale Ko-Produktion "The Zone of Interest" - nach dem gleichnamigen Roman von Martin Amis - jetzt in die deutschen Kinos.

Ein Film, der nicht zeigen muss, was man hört, dafür aber umso intensiver nachwirkt. Ausgezeichnet mit dem Großen Preis der Jury von Cannes und nominiert für fünf Oscars.

"THE ZONE OF INTEREST" Historien-Dama des britischen Regisseurs Jonathan Glazer (USA / Großbritannien / Polen, 2023; 105 Min.) Mit Christian Friedel, Sandra Hüller, Johann Karthaus u. a. ab 29. Februar 2024 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Jonathan Glazer zeigt den spießigen Familienalltag des Auschwitz-Kommandeurs Rudolf Höß, einem Mörder und Familienvater und seiner Frau Hedwig.

Glazers Film ist ein besonders eindrückliches Werk, vom ersten Augenblick an. Die Leinwand ist schwarz, dunkle wummernde Klänge füllen das Kino, in weißer Schrift erscheint der Titel. Langsam wehen die Buchstaben davon. Es ist wieder stockdunkel und das Wummern ist wieder laut.

Raum und Zeit verschwimmen miteinander. Eine endlose Treppe, Höß versucht im Treppenhaus zu kotzen. Er ist betrunken. Cut.

Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau reinigen eines der Krematorien. Hinter Glas sieht man einen Riesenberg von Schuhen. Der Film führt in das Interessengebiet des KZ Auschwitz, so nannte die SS das Sperrgebiet um das Vernichtungslager im deutsch besetzten Polen.

Vogelgezwitscher, eine Familie beim Bad im Fluss. Es sind Rudolf Höß (Christian Friedel) und seine Frau Hedwig (Sandra Hüller) und ihre fünf Kinder. Als ein Gewitter naht, begeben sie sich zum Auto und fahren nach Hause in ihr privates Reich, eine schmucke Villa mit einem großen Garten voller Blumen und Gemüse, Hedwigs ganzer Stolz.

Die Gartenmauer, an der die Pflanzen hochranken grenzt ihr Paradies von der Hölle des Konzentrationslagers Auschwitz, wo ihr Mann jeden Tag die Vernichtung Tausender Menschen beaufsichtigt. Der Wachturm, der hinter dem Grundstück emporragt, die unsichtbaren Deportationszüge, deren Rauch in die Luft steigt, der nächtliche Feuerschein der Öfen, überhaupt das Grauen von nebenan, wird nicht wahrgenommen, zumindest tut man so, denn man ja lebt ja nicht schlecht und ist wer.

Die Schüsse, die Schreien und das ständige dumpfe Brodeln der Leichenverbrennungen vernimmt nur das Publikum im Kino. Die Familie führt ungeniert ein bürgerliches Leben, während einen Steinwurf weiter gemordet wird. In der Ferne undefinierbare Geräusche, die nur mit einem gewissen Vorwissen zu entschlüsseln sind. Da die Kamera von Lukas Zial auf Distanz von den Figuren geht ist das Ganze besonders unerträglich und erfüllt einen mit Schaudern. Es gibt eine Szene, in der die Kamera einem Häftling seitlich folgt, als der KZ-Insasse mit einer Schublade voller Kleidungsstücke Ermordeter über den Gartenweg rollt.

Hedwig verschenkt etwas Unterwäsche an das polnische Hauspersonal, sie selbst schlüpft vorm Spiegel in einen Pelzmantel aus der Fuhre, dreht und wendet sich, bemerkt, dass der Mantel noch gereinigt werden muss. Besonders perfide, denn sie weiß nicht, ob die Person, der der Mantel gehörte, gerade verbrannt wird oder kurz davorsteht oder schon in einem Massengrab liegt. Hygiene und Sauberkeit werden im Hause Höß ganz großgeschrieben.

Rudolf nennt mich die Königin von Auschwitz erzählt Hedwig ihrer Mutter, die aus Berlin angereist ist und über den „Paradiesgarten“ ihrer Tochter staunt. Rudolf regt sich darüber auf, wenn Leute Blüten abrupfen, weil dann die armen Pflanzen ausbluten, sagt der, der sich das Blut von seinen Stiefeln von einem Angestellten abwischen lässt. In einigen Szenen wird über das Morden gesprochen. Als ein Ingenieur Höß die Funktionsweise eines neuen Krematoriums erklärt, spricht er nicht von Menschen, sondern von Brennmaterial.

Offene Gewalt wird hier nicht gezeigt, was Glazers Film noch unerträglicher macht. Die Höß', ein ungerührtes Paar zum absoluten Fremdschämen. Zwei entmenschlichte Wesen. Spießig bürgerlich mit einem pervers freundlichen Familienvater.

Glazers Meisterwerk zeigt einen Zeitlupenblick in den Abgrund. Eine Familie deren Wohlstand auf dem Mord an Juden beruht. Durch Schreie und Geräusche ist das Grauen präsent.

VÖLKISCHES GEDANKENGUT DARF NIEMALS WIEDER ZU EINER REALEN MACHT FÜHREN.

Ulrike Schirm


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"DUNE: Part Two". Zweiter Teil des 2021 erschienenen Sci-Fi-Dramas von Denis Villeneuve (USA / Kanada, 2023) nach dem mehrfach überarbeiteten sechsteiligen Zyklus "Dune - Der Wüstenplanet" von Frank Herbert, der von seinem Sohn Brian fortgesetzt wurde. Mit Timothée Chalamet, Zendaya, Rebecca Ferguson u. a. ab 29. Februar 2024 im Kino. Hier der Trailer:



Unsere Kurzkritik:

Dune 2 setzt die Geschichte von Paul Atreides nahtlos fort, die Denis Villeneuve 2021 mit der Verfilmung von Frank Herberts Roman begann. Im Bündnis mit den einheimischen Fremen versucht der junge Herzog Paul Atreides (Timothée Chalamet) die Harkonnen-Herrschaft auf dem Wüstenplaneten zu beenden. Der Film endet nach einem Zweikampf mit einem großen Schlachtengemälde, deutet aber unmissverständlich an, dass die Saga mit „Dune Messiah“ demnächst weiter fortgesetzt wird.

Technisch hat sich im Vergleich zu George Lucas' Kino-Franchise "Star Wars", zu deutsch "Krieg der Sterne", inzwischen viel getan. Zwar wird im Gegensatz zu "Avatar" - außer in IMAX-Kinos - auf 3D verzichtet, aber mit einem perfektioniertem Dolby Atmos System in ausgesuchten Filmtheatern - wie dem Zoo Palast in Berlin - ist das räumliche Kinogefühl des Blockbusters dennoch vorhanden.

Paul will seinen Vater rächen und die Harkonnen um Baron Vladimir (Stellan Skarsgård) sowie den im Hintergrund die Strippen ziehenden Imperator (Christopher Walken) zu Fall bringen. Er und seine Mutter Jessica (Rebecca Ferguson) haben inzwischen Zuflucht bei dem Volk der Fremen Zuflucht gefunden. Verliebt in Chani (Zendaya) teilt Pauls deren Ansicht, dass es sich bei der Prophezeiung, er sei der erhoffte Messias, der das Volk vor den Harkonnen retten wird, um eine konstruierte Geschichte handelt, die nur erzählt wird, um ihr freiheitsliebendes Volk zu kontrollieren.

Dennoch wird er sich nicht dem ihm vorgezeichneten Schicksal widersetzen, sondern tut er alles, um als siegreicher Held dazustehen. Dazu gehört mit dem Ritt auf einem der gefährlichen Sandwürmer des Wüstenplaneten Arraki, ein festes Ritual, das auch er - ebenso wie den Trank des giftigen Spice - meistern muss, bevor der Heilige Krieg beginnen kann.

W.F.

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Ulrikes ausführliche Filmkritik:

Als Vorlage dient ein Buch, das immer als unverfilmbar galt. Anfänglich fällt es schwer, alles unter einen Hut zu kriegen. “Dune 2“ zeigt eine komplexe Welt. Regisseur Denis Villeneuve sagt in einem Interview, dass er es genossen hat, ein eigenes Universum zu erschaffen und so musste er unbedingt einen zweiten Teil drehen, der komplexer ist als „Dune 1“. Ein interessantes System eines fiktiven Planeten, der sich trotzdem real anfühlt

Die Fans von Timothée Chalamet werden ihre Freude daran haben ihn in der Rolle als Prinz Paul Atreides wiederzusehen. War er im ersten Teil noch leicht verspielt, ist er nun erwachsener geworden. Der Verlust seines Vaters und Freunden haben ihm zugesetzt. Einmal ist da die Liebe zu der Kriegerin Chani (Zendaya), dann die Ränkespiele seiner Mutter Lady Jessica (Rebecca Ferguson), die unbedingt will, dass er Imperator wird und seine Bestimmung als Erlöser. „Part Two“ geht da weiter, wo „Part One“ aufgehört hat. Er hat jetzt mehr Rache und Vernichtung im Kopf.

Er sucht ein neues Zuhause bei dem Wüstenvolk der Fremen, wo Paul und seine Mutter hingeflohen sind, nach der Eroberung ihrer Heimat durch Vladimir Harkonnen, der Paul endlich töten will (Stellan Sskarsgard), deren Anführer Stilgar (Javier Bardem ) ist und der sich an die Seite von Paul stellt und mit ihm gegen die Harkonnen kämpft, und dann ist auch noch sein tot geglaubter Mentor und Kampftrainer Guerey Halleck (Josh Brolin) dabei.

Zur Erinnerung: (Für die Fremen ist Paul ihr Messias). Was sie nicht wissen, ist, dass dieser Mythos vom weiblichen Orden der Bene Gesserit, zu denen Jessica gehört, erfunden wurde, um Macht im Universum zu erlangen.

Paul ist geplagt von Visionen einer schrecklichen Zukunft, macht aber mit, um Arrakis zurückzuerobern. Mit allen Mitteln muss er versuchen, eine schreckliche Zukunft zu verhindern, die nur er vorhersehen kann. Das bedeutet, dass er sich dem Herrscher des Universums (Christopher Walken), der die Macht behalten will und dessen Schergen, zu denen ein glatzköpfiger Psychopath gehört, der sich nimmt, was er will, angesiedelt in einer kalten Szenerie und von Austin Butler wunderbar abstoßend interpretiert wird. Man kann es so sagen, jede Figur hat eine wichtige Bedeutung. Aus Paul Atreides wird Paul Muad`Dib, dieselbe Person aber erwachsener.

Hinzugekommen sind neue Charaktere, wie Prinzessin Irulan Corrino ( Florence Pugh), wird Teil der Ränkespiele um die Macht, Lady Margot Feuring Léa Seydoux), ist als Spionin unterwegs, man weiß aber nicht genau gegen wen, beide etwas oberflächlich und dann der Knaller Feyd Routha-Harkonnen (Austin Butler) der Elvis gespielt hat.

Am eindrucksvollsten sind natürlich die gigantischen Bilder. Die Wüste mit ihrem gleißenden Licht, die Sandwürmer, kleine, große, dicke und lange, überwältigende Kostüme, das unterschiedliche Raumschiffdesign, große Schaukämpfe, sowie die grandiose Innenarchitektur und die Musik von Hans Zimmer, die ihr Übriges tut.

Besonders berührend, der verantwortungsvolle Umgang mit jedem Tropfen Wasser und dem wichtigen Spice, der Droge im Sand von Arrakis.

Die Dreharbeiten fanden teilweise bei Temperaturen in Jordanien und Abu Dhabi bei über 40 Grad statt. Eine Tortur für alle Beteiligten.

Ulrike Schirm


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"LE PARADIS" Coming-of-Age Gaydrama von Zeno Graton um zwei junge Häftlinge, welches im letzten Jahr in der Sektion Generation der 73. Berlinale lief. (Belgien / Frankreich 2023, 83 Min.) Mit Khalil Gharbia, Julien De Saint-Jean, Amine Hamidou u. a. ab 29. Februar 2024 im Kino. Hier der Trailer:



Unsere queere Filmempfehlung:

Joe (Khalil Ben Gharbia) ist 17 Jahre alt und müsste nur noch für kurze Zeit eine Strafe in einer Jugendstrafanstalt absitzen. Bald kann er dem Knast den Rücken kehren. Gleichzeitig ist er jedoch nervös, denn er weiß nicht genau, welches Leben er außerhalb der Gefängnismauern eigentlich führen soll.

Doch als Neuzugang William (Julien de Saint Jean) die Nachbarzelle bezieht, wird Joes Sehnsucht nach Freiheit durch ein anderes Begehren abgelöst, das bisher unbekannte Gefühle zutage bringt. Mit wachsender Begierde umkreisen sich die beiden jungen Sträflinge – bis sich die Chance auf eine gemeinsame Flucht bietet …

Freiheit heißt in diesem Drama vor allem Freiheit der Leidenschaft! In den Hauptrollen sind mit Khalil Gharbia („Peter von Kant“) und Julien de Saint Jean (aus „Hör auf zu lügen“) zwei Shooting Stars des französischen Kinos zu sehen.

Der Debütfilm des belgischen Regisseurs Zeno Graton verfolgt die Irrungen und Wirrungen einer Leidenschaft zwischen zwei jungen Männern, die für ihre Liebe im wahrsten Sinne des Wortes Mauern sprengen müssen, um auch seelische Freiheit von der abgeriegelten Welt hinter Gitterstäben zu erlangen.

Nach seinem Ausbruchsversuch steht für den 17-Jährigen Joe fest, sein eigenes Leben führen zu wollen und keinesfalls zu seiner Mutter zurückzukehren.

W.F.


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