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transmediale 2018 - face value | Festival & Conference

transmediale 2018 - Festivalprogramm mit Ausstellungen, Konferenz, Film- & Videoprogramm, Performances und Workshops.



Wie von uns schon am Sonntag angekündigt, findet die diesjährige transmediale 2018 unter dem Thema »face value« vom 31. Januar - 4. Februar 2018 im Haus der Kulturen der Welt (HKW) statt. In einem Ausstellungsprogramm, einer Konferenz, einem Film- und Videoprogramm sowie Performances und Workshops untersucht die transmediale 2018 face value die Werte und Wertschöpfungsprozesse, die zu den extremen politischen, ökonomischen und kulturellen Gräben unserer Gegenwart beigetragen haben.

Performanceprogramm in Zusammenarbeit mit dem CTM.

Auch bei der diesjährigen transmediale 2018 gibt es in Zusammenarbeit mit dem Club Transmediale (CTM-Festival), wieder ein gemeinsames Performanceprogramm im HKW. Die Veranstaltung ist nicht im regulären Festivalpass enthalten und muss hier extra für jeweils €16.55 gebucht werden.

Der Musiker, Komponist und Konzeptkünstler James Ferraro wird seine neue Performance Plague als transmediale / CTM Festival-Konzert uraufführen, ein Choralstück mit szenografischen Elementen und Live-Visuals von Nate Boyce. Ferraros Plague dreht sich um eine Gesellschaft in der Zukunft, in der eine KI die Realität durch die Manipulation lebender Menschen simuliert – mit dem Ziel, das ultimative Konsumgut zu erschaffen. Während die KI sich bemüht, das wahre Menschliche nachzubilden, entstehen Spannungen zwischen dem emotionslosen Blick der Maschine und der Unvollkommenheit ihrer Nachbildung. Das Stück wird von der transmediale gemeinsam mit dem Abandon Normal Devices-Festival im Rahmen des Creative Europe-Netzwerks The New Networked Normal (NNN) produziert.


Das von Inga Seidler kuratierte Ausstellungsprogramm der transmediale umfasst das experimentelle Ausstellungsformat "Territories of Complicity", die Gastausstellung A Becoming Resemblance von Heather Dewey-Hagborg und Chelsea Manning sowie die Installation Hate Library von Nick Thurston.

Zach Blas’ Beitrag zu "Territories of Complicity" fußt auf einer Reihe von Filmen, Objekten und Texten mit dem Titel Contra-Internet, an denen er seit 2014 arbeitet. Das Projekt thematisiert die Umwandlung des Internets in ein Instrument staatlicher Unterdrückung und eines beschleunigten Kapitalismus. Es nimmt die Form einer Science Fiction-Filminstallation an, die mithilfe von queer-feministischen Methoden Spekulationen über Internet- und Netzwerkalternativen anstellt.


Lisa Rave behandelt in ihrer Videoarbeit "Europium" den Abbau von Ressourcen, das Fortschreiben kolonialer Geschichte in die Gegenwart hinein sowie unsere Verflochtenheit in diese Prozesse. Dafür schlägt sie Brücken vom magischen Spiritualismus indigener Völker zur profanen Alltäglichkeit digitaler Flatscreens, vom Tabu-Muschelgeld des papua-neuguineischen Tolai-Volkes zur europäischen Währung. Die papua-neuguineisch-portugiesischen Beziehungen beschreiben das zwischenstaatliche Verhältnis von Papua-Neuguinea und Portugal.

Lorenzo Pezzani und Charles Heller von "Forensic Oceanography" untersuchen Europas militarisierte Grenzregime. In ihrer jüngsten Arbeit kritisieren sie die zweigleisige Strategie der EU, die zentrale Mittelmeerroute für illegale Migrant_innen abzuriegeln: Diese beinhaltet nicht nur die Kriminalisierung von Such- und Rettungsdienst-NGOs, sondern auch die Zusammenarbeit mit der lybischen Küstenwache, um Migrant_innen abzufangen und zurückzuschicken.

Yuri Pattison thematisiert Infrastrukturen, Grenzlinien und die Figur des Reisenden und stellt diese dem Trugbild einer globalisierten Welt als Ort ohne Grenzen gegenüber.

Larry Achiampong und David Blandy ergründen in ihrer kollaborativen Serie "Finding Fanon", wie Race-Politiken, Rassismus und Entkolonialisierung im Zeitalter von Popkultur und neuen Technologien unsere Beziehungen beeinflussen. Als Filmcharaktere und Avatare in Grand Theft Auto 5 erforschen sie den postkolonialen Zustand mit Bezug auf das radikale Werk des Philosophen Frantz Fanon, der sich mit der Psychopathologie der Kolonialisierung und den sozialen und kulturellen Auswirkungen der Entkolonialisierung beschäftigt hat.

Fortlaufende Recherchen und spekulative Szenarien bilden auch die Basis von Femke Herregravens "Sprawling Swamps", welches sich der Dekonstruktion von Machtstrukturen und Wertesystemen sowie der Erforschung von Geopolitik und dem globalen Finanzwesen widmet, um mögliche Alternativen auszuloten.

Die Gastausstellung "A Becoming Resemblance" von Heather Dewey-Hagborg und Chelsea Manning untersucht neue Technologien der genomischen Identitätskonstruktion in Verbindung mit den gesellschaftlichen Zuständen unserer Zeit. Herzstück der Ausstellung ist die Installation Probably Chelsea, bestehend aus dreißig algorithmisch erzeugten Porträts von Manning – der Whistleblowerin, die Anfang des Jahres vorzeitig durch den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama aus dem Gefängnis entlassen wurde.

Dewey-Hagborg hat die algorithmisch generierten 3D-gedruckten Porträts auf der Basis von Mannings DNA entworfen – extrahiert aus Wangenabstrichen und Haarproben, die diese aus dem Gefängnis schickte. Probably Chelsea macht deutlich, auf wie viele verschiedene Arten DNA interpretiert werden kann und wie subjektiv das Auslesen von Erbgut ist.


Die "Hate Library" von Künstler Nick Thurston erforscht als öffentliche Referenzquelle die Sprache rechtsextremer politischer Gruppierungen und Parteien im europäischen Raum – insbesondere deren Nutzung von Onlineforen als Orte der Rekrutierung und der Kollaboration. Die miteinander verschränkten Elemente der Bibliothek vermischen Allegorie und Buchstäblichkeit miteinander, indem sie Texte als dokumentarische Kunstwerke auf einer symbolischen und sozialen Bühne des Lesens, Verstehens und Dialogs präsentieren. Das in der Hate Library abgebildete Quellenmaterial ist anstößig, banal und nur wenige Klicks entfernt. Es bleibt für Internetnutzer_innen weltweit öffentlich zugänglich und ist über die Metadaten der ausgestellten Sammlung nachvollziehbar.

Film- & Videoprogramm

In einer zunehmend radikalisierten Welt bleibt es glücklicherweise nicht aus, dass sich zahlreiche Künstler und vor allem auch Videokünstler kritisch mit diesen globalen Trends auseinandersetzen. Die transmediale »face value« unter der künstlerischen Leitung von Kristoffer Gansing gibt Ihnen dazu die Möglichkeit, ihre Arbeiten in Berlin einem internationalen Publikum zu präsentieren.

Das von Florian Wüst kuratierte Film- und Videoprogramm der transmediale 2018 lenkt dabei den Blick auf die Rolle von Sprache und Medien bei der Konstruktion von Fortschrittsnarrativen. Angesichts des Scheiterns progressiver demokratischer Modelle und sich immer stärker verbreitender traditionalistischer Ideologien soll durch eine umfassende Reflexion vorherrschender Vorstellungen von Individualität und Wettbewerb, kultureller Differenz und Identität eine Beschäftigung mit Wert und Werten möglich gemacht werden. Durch verschiedene Referenzen auf historische Ereignisse und aktuelle Entwicklungen verbindet die internationale Auswahl von experimentellen Kurz- und Dokumentarfilmen, theatralen Performances und abendfüllenden Filmen die kritische Analyse mit politischer Handlungsmacht und künstlerischen Visionen.

Unter den gezeigten Arbeiten ist die Deutschlandpremiere von Rosa Barbas Film "Disseminate and Hold". Anhand der direkt durch São Paulo führenden Fernstraße Minhocão (dt. „großer Wurm“) untersucht die Filmemacherin darin von Menschen geschaffene Geografien und Landschaften sowie deren Verwobenheit mit politischen Agenden und utopischen Visionen. Hier der Trailer:



Lawrence Abu Hamdan befasst sich in "Rubber Coated Steel" mit einem Vorfall von 2014, bei dem zwei palästinensische Jugendliche während einer Demonstration im besetzten Westjordanland vor laufender Kamera von einem israelischen Soldaten erschossen wurden, der später behauptete, Gummigeschosse statt scharfer Munition benutzt zu haben. Abu Hamdan lieferte als Klangkünstler mit einer audio-ballistischen Analyse der aufgezeichneten Schüsse den entscheidenden Beweis für die Schuld des Soldaten und greift den Vorfall hier erneut in Form eines Films auf.

Juliane Jaschnow und Stefanie Schroeder präsentieren die Berlin-Premiere ihres Films "Die Wirkung des Geschützes auf Gewitterwolken". 2016 gab es die meisten Tornadoverdachtsfälle seit Beginn der Wetteraufzeichnung in Deutschland. Gleichermaßen werden Internet, Fernsehen und Presse von Wettergleichnissen überschwemmt: Shitstorms, Datenfluten, Flüchtlingswellen. Sprache, Metaphern, Bilder sind Werkzeuge der Kontrolle. Mit ihnen bannt man Ängste – und stellt sie her. Inwiefern ist das Bild Dokument, Fiktion, Trophäe oder Gegenangriff? Wie nah sind sich Manipulation und Prognose? Der Film hatte 2017 seine Weltpremiere beim DOK Leipzig Filmfestival. Hier der Trailer:



Im Zentrum des Films "The Offspring Resembles the Parent" steht das in den 1920ern gedruckte Notgeld – Banknoten, die während Krisen- und Inflationszeiten oder auch in Kolonialgebieten genutzt wurden. Lina Selander und Oscar Mangione beschwören in ihrer Auseinandersetzung mit den oft propagandistischen und dramatisch gestalteten Geldscheinen eine vergangene Epoche herauf, die den Grundstein für unsere eigene Wohlfahrtsgesellschaft legte.

Machiavellis berühmtes Zitat, dass es für den Fürsten besser sei, gefürchtet als geliebt zu werden, bildet den Ausgangspunkt von Johan Grimonprezs "every day words disappear | Michael Hardt on the politics of love". Michael Hardt, politischer Philosoph und Ko-Autor von Empire, Multitude und Commonwealth stellt darin die Frage, was es heute bedeuten würde, ein politisches System auf Liebe statt auf Furcht aufzubauen.

Konferenzprogramm

face value dient dem von Daphne Dragona kuratierten Konferenzprogramm der transmediale 2018 als Ausgangspunkt, um die Krise von Politik, Werten und Bedeutungen in der heutigen ökonomisierten Welt zu thematisieren. Mit seinem Fokus auf die Zusammenhänge zwischen Kapitalismus und Rassismus, Neoliberalismus und Faschismus stellt das Programm die Funktionsweise andauernder ausbeuterischer Beziehungen heraus, die auf sozialen und kulturellen Unterschieden beruhen. Die Konferenz untersucht, wie Vorurteile und Diskriminierungsformen innerhalb der heutigen algorithmischen Kultur verstärkt werden, und prüft, auf welche Art und Weise Wertschöpfungsprozesse an der Zirkulation, Filterung und Kategorisierung von Informationen beteiligt sind. Mit Blick auf wiederkehrende und neu aufkommende Formen eines rassifizierten Kapitalismus lädt die Konferenz ihre Redner_innen ein, die damit verbundenen Phänomene und Prozesse zu erörtern, bestehende Gegenstrategien zu überdenken und über neue gemeinsame Territorien und Bündnisformen nachzudenken.

Wie immer besteht am Eröffnungsabend, den 31. Januar 2018 ab 19:00 Uhr, freier Eintritt im Haus der Kulturen der Welt (HKW).

Link: transmediale.de


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