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Unlauteres Geschäftsgebaren in der Filmbranche

Zur Urteilsverkündung im Prozess der Drehbuchautorin Anika Decker vs. Warner Bros. & Barefoot Films von Til Schweiger.



Vor fünf Jahren reichte die Drehbuchautorin Anika Decker Klage gegen Til Schweigers Firma Barefoot Films ein, um eine angemessene Beteiligung an den Erträgen zu den Filmen "Keinohrhasen" (2007) und "Zweiohrküken" (2009) einzufordern.

Sie berief sich dabei auf den sogenannten "Fairness-Paragraph" 32a im Urheberrecht, für ihre maßgebliche Leistung an der Drehbucharbeit zu den beiden Filmen, da die ursprüngliche Vergütung als unverhältnismäßig niedrig eingestuft wurde.

Dies bestätigte jetzt das Landgericht Berlin am Mittwoch, den 27. September 2023, in der Urteilsverkündung, zu der allerdings weder Anika Decker noch Til Schweiger oder die Anwälte beider streitenden Parteien erschienen waren.

Stattdessen wohnten aber Mitglieder vom Verband Deutscher Drehbuchautoren der Urteilsverkündung bei, um sich solidarisch mit ihrem Drehbuch-Mitglied zu zeigen.

Im Prozess des Mitglieds Anika Decker gegen Warner Bros. und Til Schweigers Barefoot Films sprach das Landgericht Berlin ein für Drehbuchautor*innen durchaus wegweisendes Urteil.

Als Deutscher Drehbuchverband begrüßen wir es außerordentlich, dass der Richter die Firmen dazu verpflichtet hat, Anika Decker nachträglich an den Erlösen aus der Verwertung der beiden von ihr geschriebenen Kinofilme zu beteiligen und eine Nachvergütung zu gewähren.

Dass Anika Decker allerdings nur auf dem für sie in mehrfacher Hinsicht belastenden Klageweg durchsetzen konnte, angemessen an dem Erfolg beteiligt zu werden, für den sie selbst maßgeblich mitverantwortlich ist, finden wir gleichermaßen aberwitzig wie beschämend. Aberwitzig, weil die rechtliche Situation die Autorin zweier hochprofitabler Kinofilme massiv benachteiligt und zur Bittstellerin degradiert, beschämend, weil es Firmen wie Warner Bros. oder Barefoot Films ganz offensichtlich an Fairness und Anstand zu mangeln scheint.


Ein bitterer Beigeschmack bleibt allerdings, obwohl das Gericht der Frau Decker 180.000 Euro nachträglich zusprach. Die Summe hätte nämlich viel höher ausfallen können, wenn sich die Mandantin frühzeitiger um die Verjährungsfrist gekümmert hätte, denn die Filme waren seinerzeit nicht nur die erfolgreichsten Werke im Kino, sondern haben obendrein in der DVD Zweitverwertung Millionen den beteiligten Filmfirmen eingebracht.

Leider hat das Gericht wesentliche Erlösbeteiligungsansprüche, die Anika Decker zustehen, als verjährt angesehen, weil sich Frau Decker angeblich zu spät für die Erfolgsgeschichte ihrer Projekte interessiert hat. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig und Frau Decker könnte nochmals in Berufung gehen. Auf den Gerichtskosten des Präzedenzfalls bleibt sie dennoch sitzen.

Für den Verband ist die Auslegung des Urteils nicht nachvollziehbar, denn Autor*innen schreiben Geschichten, es zählt nicht zu ihren Aufgaben, sich über die Erfolgsquoten ihrer Werke in unterschiedlichen Verwertungsformen auf dem Laufenden zu halten, weil keine Marktbeobachtungspflicht für Autoren besteht.

Für den Verband als politische Interessenvertretung der Drehbuchautor*innen in Deutschland ist dieser Prozess zugleich Ansporn und Auftrag, in Zukunft klare Kante zu zeigen: Bei der Durchsetzung der Auskunftsansprüche im Sinne einer größtmöglichen Transparenz für Urheber*innen und für maximale Rechtssicherheit durch klar formulierte Gemeinsame Vergütungsregelungen (GVR) – Regelungen, die Drehbuchautor*innen den Weg zum Gericht in Zukunft hoffentlich ersparen werden.


Links: www.drehbuchautoren.de | www.drehbuchverband.de

Quellen: Tagesspiegel | SteinbrennerMüller Kommunikation

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