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Neues Filmförderungsgesetz verabschiedet (UPDATE)

Bundeskabinett verabschiedete Entwurf für neues Filmförderungsgesetz.



Innerhalb weniger Wochen wurde aus einem Referentenentwurf - ein Regierungsentwurf. Am 23.03.2016 hat das neue Filmförderungsgesetz das Bundeskabinett passiert. Und prompt gab es Kritik an der Novelle des FFG, das von der Filmförderungsanstalt (FFA) in Berlin verwaltet wird und für die Jahre 2017 bis 2021 gelten soll.

Das Urteil von Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, fällt erwartungsgemäß negativ aus.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters habe "auf halber Strecke der Mut verlassen". Die Reform werde den Ansprüchen nicht gerecht: "Kreative werden in den Entscheidungsgremien zugunsten der ohnehin mächtigen Verleiher an den Rand gedrückt. Chancengleichheit soll allein durch paritätisch besetzte Gremien erreicht werden. Wir fordern echte Geschlechtergerechtigkeit in der Filmförderung mit klaren Zielvorgaben. Nachbesserungsbedarf besteht zudem bei den sozialen Standards für Arbeitnehmer und Freie in der Filmbranche", so Rößner. Zudem wirft sie Grütters ein "Einknicken" vor den öffentlich-rechtlichen Sendern vor, schließlich habe sie die Erhöhung deren Filmabgabe wieder stark zurückgenommen.

Tatsächlich hatte ein erster "Diskussionsentwurf" der BKM, eine Erhöhung der prozentualen Filmabgabe der Öffentlich-Rechtlichen auf vier Prozent ihrer Kosten für die Ausstrahlung von Kinofilmen des jeweils vorletzten Jahres vorgesehen. Im Referentenentwurf waren es nur noch drei Prozent. Gleiches gilt für die Kritik Rößners, dass der "originelle Ansatz", den Zuschauererfolg deutscher Filme im Ausland in die Referenzförderung einfließen zu lassen, wieder verworfen wurde. Auch dieser Punkt war leider bereits im Referentenentwurf gestrichen worden und floss so unverändert in jetzigen Regierungsentwurf ein.

Schon zur Berlinale im Februar 2016 war Tabea Rösner mit Forderungen angetreten, um "Machtverkrustungen im deutschen Filmfördersystem beseitigen", wie wir ausführlich am 23. Februar 2016 schrieben.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters erklärte dieser Tage dazu:

"Durch den jetzt verabschiedeten Entwurf soll das Filmförderungsgesetz zukunftsfest gemacht werden. Ziel ist nicht nur eine noch effektivere, erfolgreiche Förderung des deutschen Qualitätsfilms, sondern auch der weitere flächendeckende Erhalt der Kinos als Kulturort. Der Kinofilm in Deutschland ist Kultur- und Wirtschaftsgut zugleich. Dafür wollen wir mit dem novellierten FFG die Rahmenbedingungen erneut verbessern. Mit gezielten Maßnahmen wie z. B. der Drehbuchentwicklungsförderung geht es mir auch um den künstlerisch-kreativen Erfolgsfaktor."

Unter den zahlreichen Änderungen, die das FFG im Zuge der Novellierung erfährt, hebt Grütters in einer Pressemitteilung die Verschlankung und künftig geschlechtergerechte Besetzung der FFA-Gremien hervor. Zudem sollen Fördermittel auf weniger Projekte konzentriert und die Auswahl verbessert werden. Die Mittel für die Drehbuchförderung werden zudem deutlich erhöht.

Der Regierungsentwurf ist als PDF abrufbar unter www.kulturstaatsministerin.de/filmfoerderung.



Ver.di: Soziale Mindeststandards nicht berücksichtigt.
Der wichtigste Kritikpunkt von ver.di am neuen Filmförderungsgesetz (FFG) ist in voller Länge hier auf der Internetseite der FilmUnion nachzulesen. Darin heißt es in Kurzform:

Soziale Mindeststandards werden in diesem Entwurf auch weiterhin bei den Förderkriterien nicht berücksichtigt. ver.di setzt sich dafür ein, dass die in der Filmwirtschaft vereinbarten Sozialstandards Berücksichtigung bei den allgemeinen Förderungsvoraussetzungen in § 41 FFG finden, etwa als Ergänzung einer eigenen Ziffer des § 41 Abs. 1, in dem festgelegt werden soll, dass "der Hersteller darlegt, ob für die Filmproduktion ein Tarifvertrag unmittelbar gilt und zugleich die Einhaltung der darin enthaltenen Mindestregelungen gegenüber den Beschäftigten gewährleistet."

Damit soll einer Marktverzerrung bei der Förderung von tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Produktionen entgegengewirkt werden. Denn häufig wird auch bei nicht tarifgebunden Produktionen mit den tarifvertraglich vereinbarten Gagen und Beschäftigungsbedingungen kalkuliert, ohne individualvertraglich dementsprechende Mindestansprüche für alle Beschäftigten zu gewähren. Das gilt insbesondere bei Kinofilmproduktionen, bei denen die finanziellen und sozialrechtlichen Folgen der Arbeitszeitregelungen, etwa bei der Abgeltung von Mehrarbeit über Zeitkonten, oftmals nicht eingehalten werden. Als Folge haben Filmschaffende Probleme, die zustehenden Ansprüche auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigungstage in vollem Maße zu erreichen.



HDF Kino skizziert finsteres Auswertungsszenario.
Zur Zukunft des Kinos zieht der HDF Kino e.V. - der größte nationale Kinoverband und die stärkste Interessenvertretung für die Kinobetreiber, ein eher düsteres Auswertungsszenario. Im Hinblick auf das derzeit überall sehr heiß diskutierte Thema "The Screening Room", über das wir am 21. März 2016 ausführlich berichteten, überwiegt beim HDF Verband die Skepsis vor weiteren Raubkopien. Der US-Initiator von "The Screening Room", das den Online-Start aktueller Kinofilme zu Hause als Premiumdienst ermöglichen soll, hatte schon in jungen Jahren die urheberrechtswidrige Filesharing-Plattform 'Napster' mitbegründet, hieß es in einer Stellungnahme.

Auch extra gesicherte Zugangsboxen, wie sie der PayTV-Anbieter SKY für seine Sport- und Filmkanäle anbietet, seien trotz geschlossenen Conditional Access (CA) Systems schon mehrfach überlistet worden. Ihr Sende-Signal wird von Betreibern illegaler Plattformen mit '.to'-Domain auf Server in 'Piraterie-verfolgungsicheren' Staaten umgeleitet, wo zahlungsbereite Piraterie-Nutzer zum Schaden der Kinobetreiber auf den kostbaren Content zugreifen können.

"Dass das Modell 'TSR' tatsächlich Realität werden könnte, liege keineswegs fern. Es bleibt zu hoffen, dass die Filmwirtschaft sich an dieser Selbstkannibalisierung nicht beteiligt, denn dann sieht es finster aus mit der Eindämmung der Internetpiraterie.", so das Fazit des HDF Kino Verbandes.

Der HDF Kino e.V. hatte bereits eine Stellungnahme zum FFG-Diskussionsentwurf vom Dezember 2015 abgegeben und darin damals kritisiert, dass die Kinowirtschaft im Verhältnis zu ihrer Abgabenleistung über keine angemessene Vertretung im FFA-Präsidium verfügt, was nicht im Sinne des Erfinders sein kann. Die Sperrfristenregelung für das Abspiel von Filmen im Kino hat sich dagegen bewährt, so der HDF.

In Frankreich wird aber bereits das Kinozeitfenster unterlaufen und mit dem e-Cinéma wird dort eine Alternative vom Distributor Wild Bunch ganz offiziell und legal angeboten, wie wir in einem ausführlichen Nachtrag vom 21. März 2016 berichteten. Mit dem neuen Geschäftsmodell auf einem gesicherten YouTube Kanal, der nur in Frankreich abzurufen geht, will der Filmverleiher auf außergewöhnliche Independent Filmkunst auf neuen Verbreitungswegen aufmerksam machen, da diese Filmkunst wegen eines Überangebotes an neuen Werken weder in den Multiplex-Kinos noch in den kleinen Independent Kinos gezeigt wird.

In Deutschland ist dies nicht möglich. Das Filmförderungsgesetz verbietet eine frühzeitige Online-Auswertung. Das Kinozeitfenster soll dies verhindern und vor Parallelverwertung schützen. Wie wir gerade erfahren haben, weigern sich jedoch manche Berliner Kinobesitzer, ganz bestimmte, zum Teil sogar preisgekrönte Independent Filme vorzuführen, von denen sie annehmen, dass zu wenig Publikumszuspruch zu erwarten ist. Für bezahlte Pressevorführungen stellen die Kinobesitzer ihre Räume zwar noch zur Verfügung; ins offizielle Programm werden diese Filme aber dann doch nicht mehr aufgenommen. Den Nachteil hat der Zuschauer, der diese Filme weder in den Videotheken, noch im Kino zu sehen bekommt.

Wir sind der Meinung, dass sich diese Praxis ändern muss! Damit der Zuschauer Gelegenheit bekommt, diese oft außergewöhnlichen Werke - auch außerhalb von Festivals - wenigstens über VoD-Kanäle sehen zu können, denn es gibt auch in Deutschland viele neue Filme, für die kaum noch Platz in den Kinos vorhanden ist.

Quellen: BKM | FFA | Bündnis90/Die Grünen | Blickpunkt:Film | HDF Kino | ver.di
Den Text von ver.di haben wir im Laufe des Tages als Ergänzung hinzugefügt.

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