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Die Gewinner des 33. Internationalen Filmfestes an der Nordseeküste

Vom 07. - 14. Juni 2023 gab es zum 33. Mal wieder Kino an der Nordseeküste beim Internationalen Filmfest Emden-Norderney.



Beim 33. Internationalen Filmfest Emden-Norderney, das vom 07. - 14. Juni 2023 stattfand, wurden die wichtigsten Preise bereits am Sonntagabend, den 11. Juni 2023 vergeben. Darunter auch der mit 5.000 Euro dotierte NDR-Filmpreis für den Nachwuchs.

Die aus Armenien stammende 31-jährige Hamburger Regisseurin Milena Aboyan, die in Deutschland erst Schauspiel und dann an der Filmakademie Baden-Württemberg Filmregie studiert hat, war schon am vergangenen Donnerstag mit dem Integrationspreis der Insel Norderney ausgezeichnet worden. Darüber hinaus bekam sie am Sonntagabend außerdem für "Elaha" den NDR-Filmpreis für den Nachwuchs sowie den DGB-Filmpreis.

Hier der Trailer des Filmes von der diesjährigen 73. Berlinale:



Im Film "Elaha" geht es um eine 22-jährige Deutsch-Kurdin, die versucht, zwischen den Traditionen, den patriarchalen Strukturen ihrer Familie und ihrem Drang zur Freiheit und Selbstbestimmtheit ihren Weg zu finden. Milena Aboyan hat jesidisch-kurdische Wurzeln, da liegt die Vermutung nahe, dass der Film starke autobiographische Züge haben könnte, denn kurz vor der Heirat mit ihrem zukünftigen Mann tritt im Film das Thema der vermeintlichen “Unschuld” vermehrt in ihren Fokus. Diese hatte sie bereits vor der Hochzeit verloren und versucht nun mit allen (teuren medizinischen und illegalen operativen) Mitteln, die "Unschuld" zurückzuerlangen.

"Es ist nicht meine persönliche Geschichte, sondern es ist eine kollektive Geschichte von Frauen, die vielleicht Ähnliches erlebt und sich verpflichtet haben, niemals leise zu sein", erklärte die Regisseurin.


Der Hauptpreis, der »Bernhard-Wicki-Preis«, ging an "Divertimento“ von Marie-Castille Mention-Schaar. Die französische Filmregisseurin, Produzentin und Drehbuchautorin, vor allem für ihren Film "Heaven Will Wait" aus dem Jahr 2016 bekannt ist, war nach dem Eröffnungsabend längst wieder abgereist, zum nächsten Festival, nach Madrid, kam aber für die Entgegennahme des Hauptpreises zurück nach Ostfriesland.

Hier der Trailer:



"Divertimento" erzählt die wahre Geschichte einer aus Algerien stammenden, jungen Frau aus der französischen Vorstadt, die es gegen alle Widerstände schafft, Dirigentin zu werden und ein Orchester zu gründen. Im Alter von nur 17 Jahren wird Zahia Ziouni bewusst, dass ihr Traum, Dirigentin zu werden, und ihr Bestreben, symphonische Musik für alle und in allen Gebieten zugänglich zu machen, durch die Gründung eines Orchesters, das in seiner Vielfalt und Zusammensetzung einzigartig ist, in Erfüllung gehen wird. Mit Hilfe ihrer Zwillingsschwester Fettouma, einer Cellistin, gründete sie das Divertimento-Orchester, während sie kurz davor war, ihr allererstes Konzert zu dirigieren. Dieses Orchester gibt es immer noch und mit 44 Jahren ist Zahia heute eine weltweit anerkannte Dirigentin.

Bundesweiter Kinostart in Deutschland ist am heutigen Donnerstag, den 15. Juni 2023.


Der »Creative Energy Award« ging an das Ensemble von "Letzter Abend", dem Langfilmdebüt von Lukas Nathrath.

Hier der Trailer:



Ein halb improvisierter Film über eine Abschiedsparty: Das junge Paar Clemens und Lisa lädt zur Abschiedsfeier in die Hannoveraner Wohnung, bevor der Umzug nach Berlin ansteht. Doch zwischen Absagen und nicht eingeplanten Gästen kommt auch Unausgesprochenes und Unaussprechliches auf den Tisch. Ein großartig gespielter Ensemblefilm inmitten der Post-Corona-Depression, der mit dem Creative Energy Award und 5.000 € ausgezeichnet wurde.


Der »Ostfriesische Kurzfilmpreis« ging an den Oldenburger Carsten Woike, für "The Online Shop", eine sehr subtil und klug erzählte Geschichte über häusliche Gewalt.

Mit dem »Emder Schauspielpreis« wurde Moritz Bleibtreu ausgezeichnet.

Das Drehbuch „Goldfisch im Dunkeln“ wurde durch die vom Grimme-Institut in Marl berufene Fachjury mit dem mit 10.000 Euro dotierten Emder Drehbuchpreis gekürt.

Zur Begründung der Jury heißt es: In GOLDFISCH IM DUNKELN wird auf vielschichtige und beeindruckende Art und Weise von universellen Themen wie Inflation und Wohnungsnot, systematischer Unterdrückung von Frauen, Kriminalisierung von Menschen in prekären Lebensverhältnissen, staatlichem Versagen aber auch von Solidarität, Mut und bedingungslosem Zusammenhalt erzählt. Wir begleiten die fünfzehnjährige Mina und machen durch ihre Perspektive die Erfahrung, dass das Fehlverhalten von Einzelpersonen manchmal auf ein viel größeres und strukturelleres Problem hindeutet als ursprünglich gedacht. Als Zuschauer*innen sind wir mit der Frage konfrontiert, wie sinnvoll es ist jemanden dafür zu verurteilen, der aus einer existentiellen Not heraus zu kriminellen Mittel greift. Wie gehen wir als Gesellschaft mit von Armut betroffenen Menschen um, die keine staatliche Unterstützung bekommen? Heiligt der Zweck die Mittel? Das Drehbuch gibt keine eindeutige Antwort darauf, legt den Finger aber in genau diese Wunden, mit denen wir uns als Gesellschaft auseinandersetzen sollten. Damit trägt das Drehbuch zu einem wichtigen Diskurs bei statt in ein „richtig oder falsch“ Narrativ zu rutschen und macht eine Ambivalenz und Komplexität sichtbar, die das Kino braucht.


Die beiden ebenfalls nominierten Bücher „Der letzte Schwur“ von Linda König und Oliver Moser und „Teufelstal“ von Paul Salisbury und David Nawrath wurden mit je 1.000 Euro Preisgeld bedacht. Insgesamt gab es 85 Einreichungen.

Neben der Sektion "NEUE DEUTSCHE FILME" gibt es alljährlich beim Emder Filmfest eine INTERNATIONALE REIHE mit Filmentdeckungen und -highlights vornehmlich aus Nordwesteuropa sowie im WORLD CINEMA sehenswerte Filme aus Ländern und Regionen abseits der großen Filmnationen.

Mit seinem Programm will das Festival filmkünstlerische Ausdrucksformen präsentieren, das Interesse an der europäischen Filmkultur stärken und insbesondere mit engagierten Beiträgen zu sozialen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Themen das Verständnis für ein Miteinander auf europäischer, aber auch auf nationaler und regionaler Ebene fördern.

Mit 100 Filmen auf 7 Leinwänden ist es in erster Linie ein großes Publikumsfestival für seine rund 24.000 Besucher*Innen. Darüber hinaus hat sich Emden in zunehmender Weise auch als ein viel beachteter Treffpunkt für zahlreiche Vertreter*Innen der deutschen und nordwesteuropäischen Filmbranche entwickelt.

Link: www.filmfest-emden.de


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