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Auftakt Berlin Biennale & Gallery Weekend 2012

7. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst und 8. Gallery Weekend.



Wieder Wirbel um Thilo Sarrazin: Nun löst nicht das Buch des umstrittenen Politikers selbst, sondern eine in Berlin geplante Recycel-Kunstaktion Protest aus. Drei Monate vor der Eröffnung der 7. Berlin-Biennale produzierte diese ihren ersten Skandal. Allzu sehr verwundert das nicht, denn der künstlerische Direktor Artur Zmijewski ist bekannt für scharfe Agitation und Provokationen der political correctness. Zuletzt wurde sein Video „Berek“ aus der Ausstellung „Tür an Tür“ im Martin-Gropius-Bau entfernt, in dem Nackte in einer Gaskammer Fangen spielen. Die Biennale hatte er von Anfang an zur politischen Plattform erklärt.

Zeitgleich mit der 7. Berlin Biennale, die am 27. April 2012 in den Kunst-Werken (KW) in der Auguststraße eröffnet wird und bis zum 1. Juli 2012 andauert, findet der Start des 8. Gallery Weekends in Berlin statt. Am Freitag um 16 Uhr beginnt der Kunst-Marathon und diesmal laden 51 Galerien zu 51 Vernissagen bis Sonntag, den 29. April 2012 zur Kunstbesichtigung ein. Am Wochenende öffnen die Galerien von elf bis 19 Uhr mit jeweils eigenen Veranstaltungen und Führungen. Vor acht Jahren wurde das Gallery Weekend als private Initiative Berliner Galerien gegründet. Es zieht Sammler, Kuratoren und Kunstinteressierte aus der ganzen Welt nach Berlin und hat sich als das führende deutsche Kunstmarkt-Ereignis für zeitgenössische Kunst (Contemporary Art) und aktuelle Videokunst etabliert.



In Kooperation mit der virtuellen Plattform SpinningWire werden die Ausstellungen, Kunstwerke und teilnehmenden Galerien erstmals online zugänglich sein. Außerdem werden erneut vierzig bis fünfzig internationale Künstler Ihre Werke exklusiv auf der Berlin Artists Going Live (BAGL) SPRINGtime zentral in Berlin, nahe dem Hackeschen Markt, in der Spandauer Str. 2 vom 27. April bis 01. Mai 2012 präsentieren. Für Einzelkünstler und Künstlergruppen stellt die BAGL eine Alternative zur Ausstellung in einer der zahllosen Berliner Galerien dar. Die gemeinnützige organisierte BAGL basiert auf Kostenteilung aller Teilnehmer, wobei durch Bündelung der Mittel sowohl ein attraktiver Ausstellungsort finanziert als auch die Veranstaltung effektiv beworben werden kann.

Die Neuzugänge, darunter Chert, CIRCUS, Supportico Lopez, Galerie Cinzia Friedlaender als auch VeneKlasen/Werner und die Galerie Niels Borch Jensen bereichern durch junge Positionen, neue Genres, kuratorisch erweiterte Ausstellungskonzepte und internationale Galeriedependancen das Spektrum des jährlichen Rundgangs.

Kunstaktion "Deutschland schafft es ab"

Das Künstlerhaus Bethanien hatte allerdings bereits im Vorfeld abgelehnt, an einer Aktion des tschechischen Künstlers Martin Zet unter dem Titel „Deutschland schafft es ab“ an der Berlin Biennale teilzunehmen und auch die die ifa-Galerie distanzierte sich und zog sich von der Teilnahme ebenfalls zurück.

„Die Aktion von Martin Zet ist für das Institut für Auslandsbeziehungen vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte in seiner Form und Umsetzung nicht akzeptabel." Und auch das HKW erwartet von Zet „konzeptionelle Klärung“ und ging wieder auf Abstand: „Der Rassismus, der in Deutschland fortbesteht und den wir in Thilo Sarrazins Buch feststellen, wird vom Haus der Kulturen der Welt durch engagierte Auseinandersetzung verhandelt und bekämpft, nicht aber durch diese Form der Polarisierung.“

Das Haus der Kulturen (HKW) soll dennoch eine der nunmehr elf Sammelstellen für das Buch in Berlin bleiben, erklärte Intendant Bernd W. Scherer nachdem dessen Aufruf zu Scherers Erstaunen zur „Polarisierung“ geführt hatte. Was uns nun wo tatsächlich erwartet und eventuell schockiert das erfahren wir erst am Eröffnungstag. Nur wenige Eingeweihte durften die Ausstellungsräume vorab betreten. Schon die Verwendung des Wortes „Sammelstelle“ erinnere ihn fatal an den Jargon im „Dritten Reich“. Aktion wie Reaktion verlaufen nach vorhersehbaren Mustern. Die Berlin Biennale selbst wird hoffentlich mehr zu bieten haben.

Das Haus der Kulturen der Welt ist so etwas wie die Multi-Kulti-Zentrale Berlins. Entsprechend heftig wurde bereits im Jahre 2010 um einen Auftritt des früheren Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin gerungen, der dort im Rahmen des Internationalen Literaturfestivals Berlin sein umstrittenes Buch „Deutschland schafft sich ab“ vorstellen sollte. Der geplante Auftritt Thilo Sarrazins wurde letztlich abgesagt und das internationale Literaturfestival musste sich nach einem neuen Veranstaltungsort umsehen.

Für die Berlin Biennale hatte der 1959 geborene Zet dazu aufgerufen, Exemplare des ThiloSarrazin-Buchs „Deutschland schafft sich ab“ an zwölf Sammelstellen abzugeben, etwa bei der Berlinischen Galerie, dem Haus der Kulturen, oder C/O Berlin, um daraus für die Biennale eine Installation zu schaffen. In ihrem Aufruf nannten die Kunst-Werke als Veranstalter der Biennale bundesweit neun weitere Sammelstellen bei Kunstvereinen und Museen. Die Anspielung auf die Bücherverbrennungen der Nazis war offensichtlich intendiert und Zet hofft auf einen Rücklauf von mindestens 60.000 Exemplaren der 1,3 Millionen verkauften Exemplare, um daraus eine Installation für die Biennale-Ausstellung zu schaffen. Nach dem Ende der Ausstellung sollen die Bücher recycelt werden.

Ab einem bestimmten Moment ist es nicht mehr wichtig, was die Qualität oder wahre Intention eines Buches ist, sondern welchen Effekt es in der deutschen Gesellschaft hat,“ erklärte der Künstler. „Das Buch weckte und förderte anti-migrantische und hauptsächlich anti-türkische Tendenzen in diesem Land. Ich schlage vor, das Buch als aktives Werkzeug zu benutzen, welches den Menschen ermöglicht, ihre eigene Position zu bekunden.“

Das Berliner KW Institute, der Veranstalter der Biennale, erklärte nach den Protesten, das Kunstprojekt habe nicht die Vernichtung der Bücher zum Ziel. Zet werde gemeinsam mit dem Publikum an der Frage arbeiten, welchem Zweck die Bücher anschließend zugeführt werden sollten. Der Künstler verbinde mit der Spende und der „Transformation“ der Bücher einen Akt des Widerstands gegen den polarisierenden Inhalt.

Auf einer Presse-Preview am heutigen Mittwoch Nachmittag, konnten wir uns darüber hinaus von etlichen anderen geplanten politischen Aktionen in den Kunst Werken überzeugen. So steht der der dritte Stock des Hauses ganz im Zeichen der Occupy Bewegung mit großformatigen Video-Installationen der Filmpiraten.org, die zum Teil auch auf deren Homepage zu anzusehen sind.

Links: www.berlinbiennale.de | www.gallery-weekend-berlin.de

Quellen: Tagesspiegel | dpa | Art Magazin


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