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FFA zeichnete die erfolgreichsten Produzenten, Verleiher, Kinos und Kurzfilmer aus

Kommentar von Katharina Dockhorn zur Verleihung des Branchentigers der Filmförderungsanstalt (FFA), die vorgestern in Berlin stattfand.



In vier Kategorien vergab am 4. April 2019 die Filmförderungsanstalt (FFA) 17 Mio. Euro Referenzförderung an die erfolgreichsten Produzenten, Verleiher, Kurzfilmer und Kinobetreiber des Kinojahres 2018.

Branchentiger in der »Kategorie Produktion« ist wieder Constantin Film und erhält rund 1,7 Millionen Euro für den Publikumserfolg von „Dieses bescheuerte Herz“, „Der Vorname“, „Sauerkrautkoma“, „Grießnockerlaffäre“ und „Timm Thaler“. Insgesamt werden für die Produktion der 75 erfolgreichsten Filme des vergangenen Jahres 11,2 Millionen Euro bereitgestellt.

Branchentiger in der »Kategorie Verleih« ist Warner Bros. Germany: 675.000 Euro für den Erfolg von „100 Dinge“, „Der Junge muss an die frische Luft“, „Klassentreffen 1.0“, „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, „Aus dem Nichts“, „Hot Dogs“, „Vielmachglas“ und „Abgeschnitten“. Insgesamt werden für den Verleih der 70 erfolgreichsten Filme des vergangenen Jahres 2,9 Millionen Euro bereitgestellt.

Branchentiger in der »Kategorie Kino« ist wie schon in den Vorjahren das Hamburger Abaton und erhält rund 21.000 Euro für die meisten Besucherinnen und Besucher deutscher und europäischer Filme. Insgesamt werden für die 574 erfolgreichsten Leinwände des vergangenen Jahres 1,9 Millionen Euro bereitgestellt.

Branchentiger in der »Kategorie Kurzfilm« ist Lukas Marxt: 38.000 Euro für den nationalen und internationalen Festivalerfolg seiner Filme „Imperial Valley“ und „Fishing is not done on Tuesdays“. Insgesamt werden für die 58 erfolgreichsten Kurzfilme des vergangenen Jahres 570.000 Euro bereitgestellt.

„Mit dem Branchentiger feiern wir heute den deutschen Film und mit ihm das Kino“, erklärte FFA-Präsident Bernd Neumann. Auch im Kinojahr 2018 habe sich der deutsche Film gut behauptet: „Fast jede vierte Eintrittskarte wurde für einen deutschen Film verkauft. Vor allem die heute hier anwesenden Branchentiger haben dazu einen entscheidenden Beitrag geleistet.“


Erstmals wurde als »Sonderpreis« ein Open-Air-Kino für überragende Besucherzahlen ausgezeichnet. Die Dresdener „Filmnächte am Elbufer“ erhielten den nicht dotierten Sonderpreis „Erfolgreichstes Open-Air-Kino“.

Als zweiter »Sonderpreis« ging eine Tigertatzentrophäe für den Referenzfilm des Jahres 2018 an „Die kleine Hexe“, einer der Filme, dessen Einspielergebnis höher als die Herstellungskosten waren. Dadurch kam das Werk in den Genuss der seit 2017 geltenden Bonusregelung: „25 Prozent on Top“, erläuterte FFA-Präsident Bernd Neumann.

„Die Bonusregelung trägt auch dem relativen Erfolg Rechnung. Wir meinen nämlich, dass bei der Erfolgsbestimmung auch das Verhältnis der Herstellungskosten zum Kinoerfolg berücksichtigt werden soll“, so der FFA-Präsident.


Für 2,2 Millionen Produktionspunkte werden dem Produktionsunternehmen Claussen+Putz 850.000 Euro bereitgestellt, 1,19 Millionen Verleihpunkte bedeuten 155.000 Euro für den Verleih Studiocanal.

Die Höhe der FFA-Referenzförderung errechnet sich aus einem Punktesystem, dem der Besuchererfolg im Kino sowie Filmpreis- und Festivalauszeichnungen zugrunde liegen. In diesem Jahr entsprach bei der Referenzförderung im Bereich Produktion der Wert pro Referenzpunkt 38 Cent (Vorjahr: 35 Cent), im Bereich Verleih bei 13 Cent (Vorjahr: 12 Cent). Die Fördergelder können innerhalb von drei Jahren ohne Mitsprache von Fördergremien verwendet werden.

Die Listen der Referenzförderungen stehen auf www.ffa.de unter Förderentscheidungen zum Abruf bereit.

Quelle: FFA

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Kommentar von Katharina Dockhorn

Warner heißt der Klassenprimus unter den Verleihern des deutschen Films 2018, rund 800.000 Euro Referenzgelder kann der Verleih in diesem Jahr automatisch bei der FFA abberufen und in seine Projekte stecken. Die deutsche Dependance des amerikanischen Studios hatte mit „Jim Knopf“ den Spitzenreiter der deutschen Kinohitliste im Verleih, dafür reichten 1,8 Millionen Zuschauer. Außerdem brachten die Hamburger den Weihnachtshit, die kongeniale Verfilmung von Hape Kerkelings Memoiren „Der Junge muss an die frische Luft“ durch Caroline Link in die Kinos.

Die FFA hat kräftig zum Erfolg beigetragen. 1,5 Millionen Medialeistungen erhielt Warner für vier Filme. Dahinter verbergen sich geldwerte Leistungen der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender. Statt Geld an die FFA zu zahlen, stellen sie für mehrere Millionen Euro jährlich Werbezeiten zur Verfügung. Unter anderem für den besonders begehrten und daher teuren Sendeplatz vor der „Tagesschau“.

Über die Nutznießer entscheidet die Vergabekommission Verleih der FFA. Deren Ziel ist nicht etwa, Titel auszuwählen, deren künstlerischer Wert eine Förderung verdient. Sie will bei den potentiell kommerziell erfolgreichsten Filmen dabei sein. Was nicht unbedingt gelingt. So lockte „Isle of Dogs“ mit 300.000 Euro Medialeistungen nur 130.000 Zuschauer ins Kino.

Durch diese Strategie kommt seit Jahren nur ein kleiner Kreis von Verleihern in Genuss der Medialeistungen. 12 waren es 2018, sie erhielten kostenlose Spots für 18 Filme. Darunter war mit Wim Wenders Langzeitbeobachtung von "Papst Franziskus" nur ein Dokumentarfilm.

Die Höchstsumme bei den Medialeistungen ging mit 600.000 Euro an „Jim Knopf“, was doch sehr verwundert. Die Kinoversion des beliebten Kinderbuchklassikers sollte ein Selbstläufer sein. Die innerhalb der Initiative „Der besondere Kinderfilm“ nach Originaldrehbüchern entstandenen Filme erhielt dagegen keine Medialeistungen. Obwohl gerade sie sich erst beim Zuschauer rumsprechen müssen.

Die Strategie der FFA bei der Vergabe der Medialeistungen steht seit Jahrzehnten in der Kritik. 2004 kündigte deren Vorstand an, dass nur Filme profitieren sollten, die mit mehr als 100 Kopien starten. Das hätte auch „Gegen die Wand“ getroffen, den Gewinner des Goldenen Bären, der mit 78 Kopien starten sollte. Ein Aufschrei der unabhängigen Verleiher nach dem Bericht der Autorin in der Fachzeitschrift „Filmecho“ sorgte damals für ein Einlenken.

Einige Jahre später schreckte eine Recherche für die „blackbox“ die Branche auf. Schon damals verteilten die großen Verleiher die Gelder unter sich auf. Nach dem Erscheinen des Artikels erhielt Piffl Medien für die Herausbringung eines Film von Christian Petzold 80.000 Euro. Sein „Transit“ war neben „Gundermann“ einer der wenigen Arthouse-Filme, die 2018 auf Medialeistungen zurückgreifen konnten.

Viele Verleiher haben längst aufgegeben, sie verzichten auf einen Antrag. So nervte Veit Helmer seinen hervorragende Arbeit leistenden Verleih Neue Visionen so lange, dass er den Antrag stellte. Vergebens. Und leider bekommt auch nur ein Bruchteil der deutschen Verleiher überhaupt Verleihförderung von der FFA. 2018 waren es nur 21.

Und es sind vorrangig Produktionen von Seven Pictures oder die Beteiligung von Sendern, die profitieren, obwohl die ARD die Hälfte der Medialeistungen erbringt und auch bei der Mehrzahl der deutschen Kinofilme Koproduktionspartner ist. Den Verantwortlichen beim Ersten ist dies auch bewusst. Aus der zuständigen Pressestelle des MDR heißt es auf Anfrage lakonisch, man sehe die Bereitstellung der Sendezeiten als Beitrag zur Stärkung des deutschen Films.

Letztlich wurde in der Vergabepraxis der Medialeistungen seit Jahren vorweggenommen, was nach den neuen Richtlinien der FFA seit gut einem Jahr befürchtet wurde. Die Gelder kommen nur einem kleinen Kreis deutscher Produzenten und Verleiher zugute, von echter Förderung des Kulturguts Film ist nichts zu erkennen. Die Entscheidungen sind intransparent, Richtlinien gibt es nicht. So kommt es auch zu wirtschaftlichen Fehleinschätzungen.

Mit knapp vier Millionen Euro deutscher Fördergelder wurde Til Schweigers „A Head full of Honey“ in der Produktion gefördert. Für den Verleih gab es nichts, obwohl das Remake künstlerisch überzeugender ausfällt als das Original. Die Ursache ist wohl auch in der Angst vor weiteren hämischen Artikeln zum ausbleibenden Erfolg in den USA zu suchen. Der Autor hatte allerdings verschwiegen, dass der Film dort nur in fünf Kinos lief. Das Einspielergebnis des Films wurde ein Desaster. Neun Zuschauer kamen am ersten Wochenende im Schnitt in jede Vorstellung.

Wenn die Filmförderungsanstalt (FFA) aber ausschließlich auf Wirtschaftlichkeit setzen will, müssen alle Marktteilnehmer potentiell die gleichen Chancen haben. Schließlich spielt ein Film mit einem kleineren Budget seine Kosten schneller ein. Er muss aber überhaupt wahrgenommen werden können. Die Balance ist zu schaffen, selbst bei einem aufwändigen, mit Special Effects gespickten Film wie der Adaption der „Kleinen Hexe“. Produzent Jakob Claussen freute sich bei der Ehrung über einen selten verliehenen Sonderpreis. Sein Film spielte bereits seine Kosten ein.

Katharina Dockhorn





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