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Neuer US-Rekordstand beim Verkauf von Kinokarten

Noch werden in erster Linie Filme für das Kino gemacht.



Trotz des Erfolgs von Film-Streamingdiensten sind die weltweiten Einnahmen beim Verkauf von Kinokarten auf einen neuen Rekordstand gestiegen. 2017 seien Tickets für 40,6 Milliarden Dollar verkauft worden, teilte der US-Kinoverband MPAA, ein Zusammenschluss der sechs größten Hollywood-Studios, mit. Damit seien die Einnahmen fünf Prozent höher gewesen als 2016, das bereits ein Rekordjahr gewesen sei.

Auch außerhalb von Nordamerika stiegen die Einnahmen laut MPAA um 7 Prozent auf 29,5 Milliarden Dollar, vor allem dank einer Erholung des chinesischen Marktes.

Sogar in Saudi-Arabien wird am 18. April 2018 ein Kino eröffnet. Es ist das erste Filmtheater seit mehr als drei Jahrzehnten in dem konservativen Königreich, das in der Hauptstadt Riad entsteht. Eine entsprechende Lizenz sei an den US-Betreiber AMC vergeben worden, meldete das Zentrum für internationale Kommunikation des saudi-arabischen Informationsministeriums und ist zugleich Teil eines umfassenden Modernisierungsprogramms von Kronprinz Mohammed bin Salman. In den kommenden fünf Jahren will AMC 40 Kinos in 15 saudi-arabischen Städten eröffnen.

Quelle: ARD Video-Text

Damit auch in Deutschland unsere Leser wieder vermehrt ins Kino gehen, folgen unsere aktuellen Arthouse Empfehlungen.

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"PIO" - („A Ciambra“) Drama von Jonas Carpignano (Italien, USA, Frankreich, Schweden, Deutschland, Brasilien). Mit Pio Amato, Koudous Seihon, Iolanda Amato. Seit 5. April 2018 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass sich Touristen an den Rand des kalabrischen Ort Gioia Tauro verirren. In erbärmlichen Baracken, zwischen Müll und Dreck leben alteingesessene Roma-Sippen und afrikanische Flüchtlinge. Auch hier herrscht so etwas wie Hierarchie. Für die Roma sind die illegalen Afrikaner der letzte Abschaum. Nur der 14-jährige Pio Amato treibt sich bei ihnen herum. Er hat in dem ältern Ayiva aus Burkina Faso einen väterlichen Freund gewonnen.

Pios Familie hält sich mit kriminellen Delikten über Wasser. Pio, der noch nie eine Schule von innen gesehen hat, wird von seiner Mutter dazu angehalten, Stromleitungen anzuzapfen, denn das Geld in der Familie ist mehr als knapp. Pios grosser Bruder Cosimo ist ein Idol für ihn, seine kriminelle Energie färbt auf ihn ab. Ihr Dasein besteht aus Diebstählen, die Kinder rauchen wie ein Schlot und wenn Pio eine Kneipe betritt, wird ihm reichlich Alkohol eingeschenkt. Mit seinen Ausdrücken ist der Junge keineswegs zimperlich. Es fallen Sätze wie: „Ich schlag dir die Fresse ein, dass du aus dem Fenster fliegst“ oder „Scheissbullen, die sollte man alle verbrennen“ oder „Ich piss dir ins Maul“.

Als sein Vater und Bruder verhaftet werden, übernimmt Pio die kriminellen Geschäfte. Er klaut Autos, legt sich mit der Mafia an, die in Kalabrien einen großen Einfluss hat. Er fühlt sich wie ein Mann, wenn er der Mutter einen Packen Geldscheine auf den Tisch legen kann. Die Familie hält zusammen wie Pech und Schwefel. Ihr Motto lautet: “Lieber in Ketten, als Familie und Freunde zu verpfeifen“.

Als sein Freund den Jungen wieder mal hinter dem Steuer eines Autos erwischt, redet er eindringlich auf ihn ein. Weder er möchte zurück nach Burkina Faso, noch möchte er, dass Pio in einem Heim landet. Es scheint, als ob dem Jungen seine Worte am Arsch vorbeigehen. Er erledigt weiterhin seine Auftragsarbeiten, beschafft der afrikanischen „Gemeinde“ einen Fernseher, damit sie in ihrer Kneipe ein Fußballspiel aus Ghana sehen können. Dafür feiern sie ihn, wie einen Held. Zum ersten Mal sieht man Pio vor Stolz und Freude strahlend lachen.

Als sein Bruder wieder zurück aus dem Knast ist, beantwortet er Pios frühere Frage, wie es denn dort so sei. „Man bekommt alles, was man braucht. Nur die Afrikaner nicht, sie werden misshandelt und leben auch im Knast im Dreck“. Pio hört nachdenlich zu. Als sein Bruder ihn auffordert, sich an einem Klau der Habseligkeiten der Illegalen, die sie gelagert haben, um sie in die Heimat zu schicken, sagt Pio erstmals strikt nein. Das würde auch seinen Freund Ayiva treffen.

Es ist der Junge Pio, der diesen erschütternden Film trägt. Immer wieder geht die Kamera dicht an sein Gesicht heran. Mal ist sein Ausdruck geprägt von erschöpfter Müdigkeit, dann wieder von Selbstzeifeln geplagt, um dann wieder in einer Härte zu erstarren, die erschreckend ist und der ein Ausdruck von tiefer Traurigkeit folgt. Man möchte dieses Kind am liebsten kräftig schütteln und ihm zurufen, sein Leben nicht zu versauen, sondern in die Schule gehen, um zu lernen, um vielleicht , die Chance auf ein besseres Leben nicht zu verpassen.

Der italo-amerikanische Regisseur Jonas Carpignano dreht nicht zum ersten Mal in Kalabrien. Während eines damaligen Drehs, bei dem ihm sein Auto mit der gesamten Filmausrüstung geklaut wurde, lernte er die Großfamilie Amato kennen. Er entschloss sich, einen Film über sie zu machen.

In seinem Film „Pio“ im Original „A Ciambra“ schildert er das Leben dieser Menschen, ohne es zu werten. Er gibt denen eine Stimme, die am Rande der Gesellschaft leben und die sonst niemand hört. Es sind desillusionierende Bilder, die man da sieht. Eine raue Wirklichkeit, die verstört. Und trotzdem herrscht in der Familie auch so etwas, wie Zärtlichkeit. Der Antiheld Pio Amato glänzt nicht zum ersten Mal auf der Leinwand. 2015 stand er in Carpignanos Film "MEDITERRANEA", einem Flüchtlingsdrama schon einmal vor der Kamera.

Ulrike Schirm


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"FILM STARS DON'T DIE IN LIVERPOOL" Biografie-Drama von Paul McGuigan (Großbritannien). Mit Annette Bening, Jamie Bell, Julie Walters u.a. seit 05. April 2018 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Gloria Grahame war eine US-amerikanische Schauspielerin, eine Ikone des Film noir, die 1981 im Alter von nur 57 Jahren verstarb. Schon als Kind spielte sie Theater und wurde in den 1940er Jahren von dem Hollywoodproduzenten Louis B. Mayer für den Film entdeckt. 1953 erhielt sie als beste Nebendarstellerin einen Oscar für „Stadt der Illusionen“. Sie führte ein bewegtes Leben, war viermal verheiratet und ziemlich exzentrisch. Ihre letzte große Liebe fand sie in Gestalt des 29 Jahre jüngeren Engländers Peter Turner, dessen Erinnerungen jetzt verfilmt wurden.

Als der Jungschauspieler Peter Turner (gespielt von dem 32-jährigen Jamie Bell, bekannt vor 18 Jahren aus "Billy Elliot - I will dance") seine deutlich ältere Nachbarin (Annette Bening) 1978 in London das erste Mal bei ihren Stimmübungen für das Stück „Die Glasmenagerie“ beobachtete, verliebte er sich Hals über Kopf in sie. Er ahnt nicht im geringsten, dass er eine Frau anhimmelt, die eine Femme fatal der 40er Jahre war, die mit allen Mitteln der Kunst um ihre Jugendlichkeit kämpfte und die bis zu ihrem Tod im Alter von nur 57 Jahren bewusst mit einer jungmädchenhaften hohen Stimme sprach. Als sie für Hollywoodverhältnisse zu alt war, blieb ihr nur noch das Provinztheater.

Es folgt eine der schönsten albernen Tanzszenen, als die Grahame ihn fragt, ob er die berühmte Tanzszene aus Travoltas „Saturday Night Fever“ (1977) kenne. Schon allein deswegen, lohnt es sich, den Film anzuschauen. Dass Regisseur Paul McGuigan dabei zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her springt, ist leicht verwirrend.

1981 erhält Turner die Nachricht, dass Gloria Grahame in ihrer Garderobe zusammen gebrochen ist. Intuitiv fühlt, dass etwas mit ihr nicht stimmt und nimmt sie mit nach Liverpool in sein Elternhaus. Peters Eltern, Bella (Julie Walters) und Joe Turner (Kenneth Cranham), der ein riesen Fan von Gloria ist, nehmen die an Krebs erkrankte Geliebte ihres Sohnes liebevoll bei sich auf. Mit allen Regeln der Kunst, setzt Gloria alles daran, sich ihre Krankheit nicht anmerken zu lassen.

Nicht eine Sekunde hat man das Gefühl, das die Liebe zwischen dem Jungen und der alternden Diva lächerlich oder zweckbestimmt ist. Die Chemie zwischen der großartigen Annette Bening und dem jungenhaften Jamie Bell könnte nicht besser sein.

Die einzige Tragik in diesem anrührenden Film besteht darin, wie verzweifelt Gloria Grahame gegen das Älterwerden mit aller Macht ankämpft. Bening spielt ihre Rolle mit einer umwerfenden Natürlichkeit, fern von jeder Eitelkeit, eine Schauspielerin, die sich nicht scheut, auch ihren nicht mehr straffen Körper vor der Kamera zu entblößen. Chapeau, kann ma da nur sagen. Diese leider noch immer ungewöhnliche Romanze zwischen einer älteren Frau und ihrem jungen Liebhaber ist ganz großes Schauspielerkino. Einfach köstlich, als Gloria ihren Oscar entgegen nahm. Sie sagte nichts weiter als DANKE und ging von der Bühne.

Ulrike Schirm


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"3 TAGE in QUIBERON" Biografie-Drama von Emily Atef (Deutschland, Österreich, Frankreich). Mit Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Robert Gwisdek u.a. ab 12. April 2018 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Frühjahr 1981. Romy Schneider hat sich in einem Kurhotel in an der französischen Atlantikküste in der kleinen Hafenstadt Quiberon einquartiert. Eigentlich ist sie da, um zu vergessen und sich zu erholen. Sie hat zwei gescheiterte Ehen hinter sich. Ihr erster Mann, Harry Meyen, hat sich einige Zeit nach der Scheidung erhängt und ihr zweiter Mann, Daniel Biasini, hat sie finanziell ausgenommen und die französischen Steuerbehörden forderten Nachzahlungen in Millionenhöhe. Sie macht sich Vorwürfe, sich nicht mütterlich genug um Ihre beiden Kinder gekümmert zu haben. Ihre Worte: „Ich bin eine unglückliche Frau von 42 Jahren und heiße Romy Schneider“. Romy Schneider, die in einer tiefen Lebenskrise steckt, gibt in Quiberon das wohl intimste Interview, was sie je gab.

„3 Tage in Quiberon“ ist das berührende Portrait einer in der Öffentlichkeit stehenden Frau, einem Weltstar, keine Hommage, gespielt von Marie Bäumer. In Begleitung ihrer besten Freundin Hilde (Birgit Minichmayr) lässt sie sich, trotz negativen Erfahrungen mit der deutschen Presse mit dem Stern-Reporter Michael Jürgs (Robert Gwisdek) und ihrem Lieblingsfotografen Robert Lebeck (Charly Hübner), der die Fotos dazu schießt, auf ein Interview ein.

Die beiden Männer treffen eine Frau, die völlig erschöpft ist, einen Film nach dem anderen gedreht hat, um aus ihrem finanziellen Schlamassel herauszukommen. Mit einer beeindruckenden Offenheit, spricht sie über ihre Ängste, ihre Selbstzweifel und auch über ihre Sehnsüchte. Es gibt wunderbare Szenen, wo sie lacht, ausgelassen tanzt, Champagner trinkt, ausgelassen am Meer über Felsen springt und tobt, sich wieder in ihr Bett verkriecht, nichts sehen und hören will. Sie zeigt Bilder von ihren Kindern, ist glücklich und ausgelassen. All ihre Emotionen fängt Lebeck mit seiner Kamera ein.

Herausgekommen sind wunderbare schwarz-weiß Bilder, bedingt, durch das tiefe Vertrauensverhältnis, was sie beide hatten, macht den Film total authentisch. Es ist frappierend, wie ähnlich, gerade im Profil, Marie Bümer ihr ähnelt. Es gibt Momente, da vergisst man, dass die Person auf der Leinwand nicht Romy Schneider ist.

Ihre Stimmungsschwankungen waren für Hilde auch nicht leicht zu ertragen. Sie wollte, dass Romy das Interview abbricht, da der Reporter Jürgs einige Fragen fast schon unverschämt formulierte. Aber Romy Schneider hielt durch. In der Talkshow »3 nach Neun«, in der Marie Bäumer zu Gast war, erzählte Giovanni di Lorenzo, dass Jürgs ihn angerufen hat und erzählt, dass er in seinem Kinosessel beim Betrachten des Films, immer tiefer rutschte und gesagt hat: “Romy, du lebst ja doch noch“. Ein schöneres Kompliment kann man Marie Bäumer nicht machen.

In den Tagen in Quiberon konnte niemand ahnen, dass sie nur noch ein Jahr hatte, um ihrem Leben noch eine positive Wendung zu geben. Sie starb im Mai 1982. Über 60 Filme in 28 Jahren, hat sie gedreht und sie zu einem Mythos gemacht. Unvergesslich ihr wunderschönes kraftvolles Lachen.

Ich werde nie vergessen, als ich mit ihr im selben Flugzeug auf dem Weg von Berlin nach Paris saß. Sie hatte zuvor Biasini geheiratet, hatte noch ihr geblümtes Brautkleid an, einen Blumenkranz im Haar und musste durch den langen Gang zur Flugzeugtoilette gehen. Alle starrten sie unverhohlen an. Für die schüchterne Frau, die sie war, „ein Gang nach Canossa“.

Regisseurin Emily Atevs eindringlicher Film wirkt noch lange nach. Romy, du, dein geliebter Rotwein und deine Zigaretten, bleiben unvergessen.

Ulrike Schirm





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