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Filmbranche verlangt Kinofilmbekenntnis von TV-Sendern

Filmverbände luden zum Pressegespräch ins Hotel Concorde.



Damit sich auch die öffentlich-rechtlichen TV-Sender wieder stärker zum europäischen Kinofilm bekennen und ihre angekündigte Reduzierung bei Koproduktionen noch einmal überdenken, fand am Vormittag des 26. April 2013, dem Tag der Deutschen Filmpreisverleihung, eine Pressekonferenz im Berliner Hotel Concorde statt, zu der zahlreicher Filmverbände geladen hatten.

Es hätte kein besserer Ort gewählt werden können, denn das ganze Hotel stand im Zeichen der am Abend stattfindenden Deutschen Filmpreisverleihung. Überall waren Schmink- und Frisierräume für die zahlreich geladenen Preisträger und Ehrengäste eingerichtet, um sich auf die glanzvolle Gala am Abend im Friedrichstadtpalast vorzubereiten. Unter der Leitung von Alfred Holighaus, dem Geschäftsführer der Deutschen Filmakademie, wurde auf dem Podium zwar nicht noch einmal Stellungnahme zu dem Offenen Brief .PDF der Filmkritiker vom 18.10.2012 in der taz bezogen, wohl aber zu den öffentlich rechtlichen Fernsehanstalten ARD & ZDF, die jede Kritik an zu geringer Beteiligung am Deutschen Spielfilm von sich gewiesen hatten.

Mit dem später verkündeten Preisträgerfilm "Oh Boy" von Jan Ole Gerster zeigte sich, dass die Akademiemitglieder intelligenter abgestimmt hatten, als im Vorfeld zu vermuten war. Das kleine Erstlingswerk steht für unabhängigen Autorenfilm, so wie er leider allzu selten - und wenn dann nur spät nachts - im Fernsehen gezeigt wird. Mit "Lore" von Cate Shortland wurde sogar ein Film mit der »Bronzenen LOLA« ausgezeichnet, der völlig ohne Beteiligung der Fernsehanstalten entstanden war. Dennoch kommt weiter Kritik aus den Reihen der Filmjournalisten auf. Die Neue Osnabrücker Zeitung schreibt am 28. April 2013 folgenden Kommentar zum Siegerfilm.

Die Debatte geht weiter

Mit der Lola-Gala beweist die Filmakademie: Der Preis will mehr als TV-taugliche Langeweile. Alle Argumente gegen das Verfahren sind damit nicht entkräftet. Dass die Branche sich selbst prämiert, hat sie mit den Oscars gemein - fragwürdig bleibt es trotzdem. Auch die Verknüpfung von Auszeichnung und Fördergeld bleibt problematisch. Diesmal bildete sie nicht einmal die Produktionsaufwände ab: Der Siegerfilm "Oh Boy" spielt mit dem Preisgeld von 500 000 Euro auf einen Schlag seine Kosten ein. Für "Cloud Atlas", den "Zweitplatzierten", wäre derselbe Betrag fast bedeutungslos gewesen.

Auslöser der Debatte war übrigens ein Interview von Blickpunkt:Film mit BR-Fernsehdirektorin Bettina Reitz von Anfang März. In dem Gespräch nach dem Oscar-Erfolg der bayerischen Koproduktion "Liebe" von Michael Haneke in Los Angeles erklärte die anerkannte Filmexpertin:

"Es werden definitiv nicht mehr Kinoprojekte, eher weniger - vielleicht sogar spürbar weniger." Sollten sich die öffentlich-rechtlichen Sender mangels Geld von bestimmten Aufgaben treffen, dann treffe das als Erstes Auftragsproduktionen und Kinokoproduktionen. "Die Grundversorgung umfasst nicht Kinokoproduktionen", so Reitz in dem Interview.

Entrüstung auf dem Podium
Entrüstet war man auf dem Podium auch über die Äußerung der WDR-Fernsehdirektorin Verena Kulenkampff, die zur Kritik der Kinobranche an ARD und ZDF stellvertretend für alle ARD-Anstalten in einer Pressemeldung sich geäußert hatte. Sie bestritt, dass die Sender den deutschen Film nicht ausreichend berücksichtigen und fördern und zitierte ausgerechnet einen französischen Film als angeblich positives Beispiel für das Engagement der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten:

"Der WDR ist und bleibt ein verlässlicher Partner der deutschen Filmwirtschaft. Weder haben wir im WDR unsere Mittel für Kino reduziert noch planen wir es für 2014. Es sind 2010 genau so viele Kino-Koproduktionen platziert worden wie 2013. Die Mengen sind also in hoher Stückzahl konstant. Und ein Spielfilmplatz in der Hauptsendezeit sollte die bestmögliche Mischung von Primetime fähigen Filmen vorsehen - da haben französische Filme wie "Ziemlich beste Freunde" die gleiche Berechtigung wie deutsche Produktionen."

In diesem Zusammenhang verwies u.a. Thomas Frickel, geschäftsführender Vorsitzender der AG Dok auf die Tatsache, dass Frankreich eine Quotenregelung zur kulturellen Filmförderung hat, die dem deutschen Film leider fehlt. Hier wäre Politik stärker gefordert, Änderungen herbeizuführen. Zwar sitzen Politiker in den Verwaltungsräten der Anstalten, doch deren Mitbestimmung geht in die falsche Richtung. Die Kosten des Verwaltungsapparates steigen stetig, während am Programm und an den Film- und Fernsehproduktionen gespart wird. Nur 2,5% des Budgets der öffentlich-rechtlichen Anstalten werden bei der Filmförderanstalt (FFA) für die Filmförderung jährlich eingezahlt. Zu wenig, um davon international konkurrenzfähige Kinofilme herzustellen. Zu viel Geld wird dagegen für die Sportsenderechte ausgegeben, nämlich 27% des Budgets der ARD. Insgesamt sind es sogar 33% wenn man das ZDF hinzurechnet. Dabei belegt der Sport - inklusive Fußballübertragungen - nur 8% am gesamten Programmanteil.

Schon seit Jahren ist der deutsche Film nicht mehr im Cannes Wettbewerb vertreten. Unter den vom Fernsehen so hochgelobten Eigenproduktionen sind zwar einige gute Fernsehfilme, die gelegentlich auch berechtigte Auszeichnungen vom Grimme-Institut oder beim Fernsehfilmfestival in Baden-Baden bekommen, doch für die große Kinoleinwand sind diese Produktionen selten geeignet. Das zeigte sich schon vor Jahren, als Dominik Graf im Jahre 2002 mit dem Fernsehthriller "Der Felsen" zur Berlinale im offiziellen Wettbewerb eingeladen worden war. Das für den relativ kleinen Bildschirm gedachte Format verlor beim Aufblähen für die Kinoleinwand an Brillanz und Schärfe. Zudem leiden Fernsehproduktionen unter Zeitdruck, was oft auf die Qualität geht - oder auf die Substanz des Filmteams und der Schauspieler, die mit unbezahlten Überstunden zu retten versuchen, was noch zu retten geht.

Kinofilme im Fernsehen sind Zweitauswertung.
Unter den Journalisten auf der Veranstaltung wurde allerdings die Frage gestellt, ob nicht mehr Filme zur Primetime im Fernsehen, den Kinos das Publikum wegnehmen würden. Uli Aselmann, Vorsitzender der Produzentenallianz-Sektion Kino verwies jedoch auf die Sperrfristen und die Verpflichtung der Fernsehanstalten, dass ein vom Fernsehen geförderter Film erst nach seiner Kinoauswertung im Fernsehen gezeigt werden darf, womit sich die Frage nicht stellt. Stattdessen wäre jeder zur Primetime gesendete deutsche Spielfilm tatsächlich eher Werbung fürs Kino und für den deutschen Film insgesamt. Damit würden neue Publikumsschichten beworben, die Spätausstrahlungen nach Mitternacht niemals gesehen hätten, und nun die Chance hätten, von der Qualität des neuen deutschen Spielfilms überzeugt zu werden.

Maria Köpf, Mitglied des Gesamtvorstandes der Produzentenallianz, ergänzte auf dem Podium, dass Kinofilm ein Teil der Grundversorgung ist.

"Kinofilm ist Teil der Grundversorgung: Schrumpfende Budgets, Kinofilme, die nach Mitternacht versendet werden, da muss die Filmbranche Alarm schlagen und von ARD und ZDF ein Bekenntnis zum Kinofilm verlangen", so Maria Köpf. "Wir widersprechen aufs Entschiedenste, dass der Kinofilm nicht Teil der Grundversorgung sein soll."

Laut "Süddeutscher Zeitung" verlangt die Filmwirtschaft von ARD und ZDF eine dauerhafte Förderung im Umfang von 3,5 Prozent des Gesamthaushaltes der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten für den deutschen Kinofilm. Das wären aktuell rund 262 Mio. Euro.

ZDF weist Kritik der Kinobranche zurück.
Auch das ZDF weist die Kritik der Kinobranche mit Nachdruck zurück. Das ZDF ist seit seiner Gründung ein verlässlicher Partner des deutschen Kinos und überschreitet auf freiwilliger Basis die gesetzliche Abgabenverpflichtung in Höhe von 2,5% des öffentlich-rechtlichen Rundfunks um ein Vielfaches.

"Es sei schlicht nicht wahr", so ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler in Mainz, "dass das ZDF sein Engagement beim deutschen Film reduziere. Das ZDF hat seit 2008 die Kinofilmförderung im Gegenteil sogar ausgeweitet. Wir haben mehr Filme mit höheren Beteiligungsquoten gefördert."

Die Leistung des ZDF liegt in absoluten Zahlen etwa auf dem Niveau der ARD, obwohl das ZDF weder über vergleichbare Gebührenmittel noch über vergleichbare Programmplätze verfügt. Das ZDF hält an diesem Engagement fest und hat das finanzielle Engagement über die Jahre bei regionalen Filmförderinstitutionen substantiell erhöht, was der deutschen Filmwirtschaft zugute kommt. Die Redaktion "Das kleine Fernsehspiel" unterstützt maßgeblich den deutschen Filmnachwuchs und leistet damit einen großen Beitrag für die Ausbildung der Kinoschaffenden von morgen.

Finanzierung von ARD und ZDF nicht gedeckt.
Verschwiegen wird jedoch, dass "Das kleine Fernsehspiel" seine Sendung auf einen späteren Zeitpunkt verlegt hat und in letzter Zeit nur noch Filme mit weniger als 45 Minuten Spielzeit zeigt. Zudem haben die öffentlich-rechtlichen Sender erst am 30. April 2013 einen ungedeckter Bedarf ihrer Finanzplanung für die Jahre 2013 bis 2016 angemeldet. Dieser sieht einen jährlichen ungedeckten Bedarf von durchschnittlich 84 Mio. Euro vor, was einem Prozent des gesamten Budgetvolumens aller Anstalten entspricht. Nun muss die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) ermitteln, ob und in welcher Höhe der ungedeckte Finanzbedarf durch eine Erhöhung der monatlichen Rundfunkgebühr ausgeglichen werden muss. Möglicherweise erfolgen aber auch weitere Einsparungen und Kürzungen am Programm, was erst die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) prüfen wird. Die ersatzlose Streichung des digitalen ZDF-Kulturkanals wurde bereits angedeutet.

Die gemeinsame Resolution wird unterstützt von:
Produzentenallianz, AG Dok, Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler (BFFS), Berufsverband Kinematografie (BVK), Berufsverband Produktion e.V., Bundesverband der Film- und Fernsehregisseure (BVR), Die Filmschaffenden - Bundesvereinigung der Filmschaffenden-Verbände, Deutsche Filmakademie, SPIO, Verband Deutscher Drehbuchautoren, Ver.di Filmunion.

Quelle: Blickpunkt:Film | ots - News aktuell | Tagesspiegel | BAF | Süddeutsche Zeitung

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