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Auszeichnungen und Preise beim 19. FilmFestival Cottbus

Gestern Abend wurden in der Stadthalle Cottbus die begehrten Filmpreise Preise des osteuropäischen Kinos vergeben.



Abgetrennte Köpfe, aufgeschnittene Pulsadern und exekutierte Kinder! Wahrlich nicht immer ein vergnüglicher Filmabend. Und dennoch gehört das FilmFestival Cottbus nach der Berlinale mit zu den bedeutendsten Filmfestspielen in Deutschland, das auch dieses Jahr wieder aufregende Spielfilme aus Osteuropa zeigte. Die Kriege in Georgien, Abchasien, Armenien sowie die weiterhin existierende Armut in den osteuropäischen Ländern spiegelt sich ganz deutlich bei den Filmemachern aus dem Kaukasus am Schwarzen Meer wider, dem diesjährigen Länderschwerpunkt des Festivals.

Der Jury des Festivals dürfte es bei so viel Leid und elegischen Bildern schwergefallen sein eine Entscheidung zu treffen. Aus Deutschland war Jungstar Robert Stadlober erstmals in einer internationalen Jury vertreten. Dass er von dem Metier dennoch Ahnung hat, zeigte der bereits 2003 entstandene Film „DONAU, DUNAJ, DUNA, DUNAV, DUNAREA“ von Goran Rebić, den er jetzt noch einmal auf diesem Festival persönlich präsentierte. Zusammen mit Otto Sander verbrachte er wochenlang die Dreharbeiten auf einem Donaudampfer und fuhr mehr als 3000 km durch mehrere Ländergrenzen den Fluss hinab - vorbei an den bekannten Städten Wien, Bratislava, Budapest, Belgrad und Bukarest - bis zum Mündungsdelta im Schwarzen Meer. Das dabei erlebte machte Lust auf mehr Entdeckungen, sodass er vielleicht bald zu einem Filmkenner des osteuropäischen Kinos wird.

Nachdem uns vom BAF bereits letztes Jahr die großartige Filmauswahl mit traumhaften Bildern begeisterte, waren wir neugierig was uns dieses Jahr erwartet. Doch diesmal waren wir etwas schockiert aber auch tief bewegt. Natürlich gab es auch Lustiges und Schönes zu sehen. Die nationalen Hits aus den benachbarten Staaten Polen und Tschechien sowie Ungarn sorgten für vergnügliche Stunden und man wundert sich, warum sie so selten bei uns ihren Weg ins Kino finden. Besonders von dem Tanzfilm „LOVE AND DANCE“ von Bruce Parramore aus Polen, der seine internationale Erstaufführung auf dem Festival erlebte, waren wir angetan. Die dargebotenen Leistungen hatten wirklich Weltklasse Niveau.

Für den internationalen Wettbewerb war diese seichte Kost jedoch nicht vorgesehen. Die sperrigen, tiefgründigen Filme, die die Erforschung der eigenen Seele und die Abgründe des menschlichen Handelns ausdrücken, sind in den Wettbewerb gelangt:
Warum wird ein 19jähriger Abiturient Berufssoldat? Wie kann er nach einer Flasche Wodka bereit sein, ohne weiteren Widerspruch und ohne die Tatsachen genau zu kennen, einen jugendlichen Gefangenen erst zu schlagen und dann auf Befehl zu erschießen? Vladimir Perišić stellt genau diese in allen Kriegen immer wiederkehrende Frage in dem Film „ORDINARY PEOPLE“, eine Koproduktion aus Frankreich, Serbien und der Schweiz.

Fast genauso hart, wenn auch auf andere Art, geht es in dem Film „SHOPPING GIRLS“ aus Polen zu. Die Mädels sind auf alles scharf, was gut und teuer ist und schrecken auch vor Prostitution nicht zurück, um an die neueste Mode und an ein neues Handy zu kommen. Die Sucht nach Konsum geht dabei auch über Leichen.

Ungarn zeigte einen no budget Film. Der Titel „ICH BIN NICHT DEIN FREUND“ wird zum Programm, wenn unterschiedliche Charaktere aufeinanderstoßen und um dieselbe Freundin buhlen. Die Schauspieler wurden quasi aufeinandergehetzt, um sich daran zu zerreiben. Ein Experiment mit zweifelhaftem Ausgang, das schon im Kindergarten seine Wurzeln hat, will uns der Filmemacher mit seinen Bildern sagen.
Im Rahmenprogramm zum 20. Jubiläum des Mauerfalls war die Weltpremiere eines Films der HFF Babelsberg »Konrad Wolf« zu sehen. Mit Geldern des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) durften sechs Studenten der Filmhochschule ihre Sicht auf das Jahr 1989 aus ihren Kindheitserinnerungen heraus im Film verwirklichen. Die jungen internationalen Studenten waren damals gerade erst vier bis fünf Jahre alt und erlebten die Wende entweder im Fernsehen oder auf der Straße mehr oder weniger per Zufall. Weniger zufällig, sondern sehr professionell ist die Umsetzung der Storys im diesem Film “MEIN ´89“ gelungen. Absolut sehenswert!

Die oben stehen Zeilen wurden ohne Kenntnis der ausgezeichneten Preise von uns vorab über all jenes geschrieben, was uns bewegte. Erst um 23:00 Uhr wurden die Preisträger übermittelt und siehe da, es deckt sich zum großen Teil mit unserem Eindruck:

DIE PREISTRÄGER des 19.FilmFestival Cottbus (10.-15.11.09)

• ORDINARY PEOPLE aus Serbien ist der große Gewinner beim 19. FilmFestival Cottbus: Die Internationale Festivaljury vergibt die LUBINA, den Hauptpreis für den besten Film an Regisseur Vladimir Perišić und die Produzenten Anthony Doncque und Milena Poylo. Der Preis ist mit 18.000 Euro dotiert und wird gestiftet von der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten (GWFF). ORDINARY PEOPLE handelt von einer Einheit in einem ungenannten Kriegsgebiet, die einen Tag lang Zivilisten erschießt. In ihrer Begründung betont die Internationale Festivaljury den „außerordentlichen künstlerischen Wert des Films, mit allen Bestandteilen eines wirklich guten Films: Starke Geschichte, herausragende Darsteller und eine erstaunlich differenzierte Konstruktion des Films“.

• Der gleiche Film erhielt auch die LUBINA für einen herausragenden Darsteller: Relja Popovic überzeugte als junger Soldat, der sich ahnungslos zu einer Spezialeinheit meldet und den Befehl erhält, Kriegsverbrechen zu begehen. Den Preis erhält Popovic „für seine minimalistische und instinktive Darstellung, die uns einen tiefen Einblick in die innere Welt der Hauptfigur gewährt“, heißt es in der Jury-Begründung. Als Herausragende Darstellerin bedachte die Internationale Festivaljury Anna Karczmarczyk mit einer LUBINA. Die junge Polin spielt eine Schülerin, die einen hohen Preis zahlt, um bei der angesagten Clique der SHOPPING GIRLS | GALERIANKI dazuzugehören, dabei gelingt ihr laut Jury eine „beeindruckende Wandlung vom Kind zur Frau“.

• Die LUBINA für die beste Regie, dotiert mit 7.500 Euro, teilen sich zwei Filme und drei Regisseure: Zvonimir Juric und Goran Devic für DIE SCHWARZEN | CRNCI aus Kroatien und Aleksey Mizgirev für BUBEN BARABAN aus Russland. „Einer der beiden (BUBEN BARABAN) ist ein Beispiel für das Kino im klassischen Tschechowschen Stil, in dem eine Geschichte mit Schwerpunkt auf die Hauptfigur erzählt wird“, heißt es in der Begründung der Jury. Über DIE SCHWARZEN bemerkt sie: „Der zweite Film ist ein mutiges experimentelles Puzzle, das uns ein hervorragendes Zusammenspiel des Schauspiels präsentiert.“ Der Preis wird gestiftet vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb).

• Die Jury vergab außerdem den International Film Guide Inspiration Award an Elchin Musaoglu aus Aserbaidschan für DIE 40. TÜR | 40-CI QAPI. Die Internationale Festivaljury besteht aus Pinar Erincin (Deutschland), Srdan Golubovic (Serbien), Roman Gutek (Polen), Kira Saksaganskaya (Russland) und Robert Stadlober (Deutschland).

• Die Jury Wettbewerb Kurzspielfilm entschied sich für Pici Papai und COMING OUT | VALLOMAS als Empfängerin des Hauptpreises, dotiert mit 2.500 Euro. Der Spezialpreis ging an Sasa Ban für EINRICHTUNG, APARTMENT, NACHT | INTERIJER, STAN, NOC. Der Kurzfilm DIE LINIEN DER HAND | PALMELE erhielt eine lobende Erwähnung. Die Jury bestand aus Milena Gregor, Robert Gwisdek und Luc-Carolin Ziemann.

• Die Debütfilmjury entschied sich für Katarzyna Roslaniec und ihr Drama SHOPPING GIRLS | GALERIANKI.

• Die Jury des internationalen Filmkritikerverbandes FIPRESCI wählte das kroatische Kriegsdrama DIE SCHWARZEN | CRNCI als Preisträger für den FIPRESCI-Preis aus.

• Der Preis der Ökumenischen Jury ging an Regisseur Aleksey Mizgirev für BUBEN BARABAN, mit einer lobenden Erwähnung für Elchin Musaoglu und seinen Film DIE 40. TÜR | 40-CI QAPI.

• Die Jury Féderation Internationale des Ciné-Clubs FICC vergab den Don Quijote-Preis an Artan Minarolli für das albanische Drama ALIVE!, mit einer lobenden Erwähnung für Aleksey Mizgirev und BUBEN BARABAN.

• Der Dialogpreis für die Verständigung zwischen den Kulturen, gestiftet vom Auswärtigen Amt und vergeben von der Dialog-Jury, ging an Regisseurin Mira Fornay für die tschechisch-slowakische Koproduktion KLEINE FÜCHSE | LISTICKY.

• Ardak Amirkulovs Neuverfilmung des Aitmatov-Klassikers ABSCHIED VON GULSARY | KOSH BOL, GULSARY! erhielt den Publikumspreis.

Die Preise wurden am Vorabend des Festivalabschlusses verliehen. Am heutigen Sonntag wird noch einmal ein Preisträgerfilm gezeigt.

Link: www.filmfestivalcottbus.de

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