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Filmbranche: Appell an die Politik und Verhaltenskodex gegen Gewalt

Film- und Fernsehschaffende übergaben Appell an die Politik zu mehr steuerlichen Anreizen und unterzeichneten einen eigens erarbeiteten Verhaltenskodex.



Bei Dreharbeiten für Kino- und Fernsehfilme in Deutschland soll es respektvoller zugehen. Verbände, Produzenten, Fernsehsender, Streamingdienste und Gewerkschaften unterzeichneten einen eigens erarbeiteten Verhaltenskodex.

Laut dem "Respect Code Film" soll weder sexualisierte Belästigung oder Gewalt, Diskriminierung, Stalking, Mobbing noch respektloses Verhalten toleriert werden. Der Kodex soll auch bei Castings und Dienstreisen gelten. Arbeitgeber müssen eine Beschwerdestelle einrichten und bei sensiblen körpernahen Szenen Intimitätskoordinatoren beschäftigen.

Der auf gemeinsame Initiative von Produktionsallianz, ver.di und Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS) entstandene Respect Code Film (RCF) wurde am 8. November 2024 in Berlin unterzeichnet. Der RCF ist die erste und einzige branchenweite Vereinbarung zur Einhaltung von Grundsätzen für den respektvollen, kollegialen und die Persönlichkeit schützenden Umgang bei Film- und Fernsehproduktionen. Er ist in Zusammenarbeit mit der ARD, der Degeto, dem Bundesverband Regie, der Deutschen Filmakademie, Netflix, VAUNET und dem ZDF entstanden. Unterstützt und beraten wurde der Prozess von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, der Themis Vertrauensstelle e. V., der Filmförderungsanstalt, dem Medienboard Berlin Brandenburg und der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM).

Dazu erklärt Björn Böhning, CEO und Sprecher des Gesamtvorstands der Produktionsallianz:

„Wir wollen eine Vorzeigebranche für respektvolles Arbeiten sein. Mit dem Respect Code Film konnte ein zukunftsfähiges Bekenntnis der gesamten Film- und Fernsehbranche für respektvolles und diskriminierungsfreies Arbeiten bei Filmproduktionen geschaffen werden. Auf das Ergebnis dieses intensiven Austauschprozesses können alle Beteiligten stolz sein. Die Arbeitgeber stehen in der Verantwortung und der Pflicht, respektvolles Verhalten am Set zu gewährleisten. Wir laden weitere Branchenbeteiligte ein, sich den Grundsätzen des Respect Code Film anzuschließen.“


Wiebke Wiesner, Justiziarin und stellvertretende Geschäftsführerin der Produktionsallianz:

„Wir haben gemeinsam mit vereinten Kräften Grundsätze aufgestellt, die den Beschäftigten vor und hinter der Kamera die Sicherheit geben, respektloses Verhalten nicht einfach hinnehmen zu müssen. Unser Papier geht über Lippenbekenntnisse hinaus und macht unumstößlich klar, dass faire und respektvolle Arbeitsbedingungen für Film- und Fernsehschaffende der Standard sein müssen.“


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Appell an die Politik!

„Die deutsche Filmindustrie fordert steuerliche Anreize und mehr Investitionen von Streamern – JETZT!“ – Damit 120.000 Arbeitsplätze gesichert bleiben.


In einem breit von Film- und Fernsehschaffenden getragenen Appell an Abgeordnete des Deutschen Bundestages wurde am 6. November 2024 nachdrücklich die Umsetzung der Filmförderungsreform mit Steueranreizmodell und Investitionsverpflichtung gefordert:

„Die Filmbranche sieht mit Bangen in die Zukunft und befürchtet einen Aderlass bei den Arbeitsplätzen, denn den Hoffnung weckenden Worten folgt bisher keine Sicherheit. Während die Novellierung des FFG auf die Zielgerade kommt, drohen die Gesetzesentwürfe für Investitionsverpflichtung und Steueranreizmodell in den Amtsstuben des Regierungsviertels oder im Streit zwischen Bund und Ländern unterzugehen.“


Der Aufruf wurde u.a. unterzeichnet von Fatih Akin (Regisseur), Jens Bartram (Maskenbildner), Andrew Bird (Editor), Iris Berben (Schauspielerin), Anke Engelke (Schauspielerin), Lisy Christl (Kostümbildnerin), Veronica Ferres (Schauspielerin), Florian Gallenberger (Regisseur), Christian Goldbeck (Szenenbildner), Michael Bully Herbig (Regisseur), Judith Kaufmann (Kamerafrau), Alexandra Maria Lara (Schauspielerin), Elyas M´Barek (Schauspieler), Ulrich Matthes (Schauspieler), Christiane Paul (Schauspielerin).

Anlässlich der Übergabe des Appells vor der Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien erklärt Alexandra Maria Lara, Präsidentin der Deutschen Filmakademie e.V.:

„Der Filmstandort Deutschland muss sich in einem harten Wettbewerb behaupten. Das Filmland Frankreich hat gezeigt, dass Investitionsverpflichtung und ein attraktives Anreizmodell zusammen einen sofortigen, enormen Investitionsschub auslösen. Deutschland muss nachziehen, sonst werden wir im europäischen Wettbewerb dauerhaft abgehängt.“


„Als unabhängiger Kinofilmproduzent unterstütze ich diese umfassende Reform der Filmförderung, die dringend benötigt wird. Wir erhoffen uns starke Impulse durch den angekündigten Dreiklang der Förderinstrumente FFG, Investitionsverpflichtung und Filmfinanzierungszulagengesetz, kurz Anreizmodell. Fehlt eines dieser Elemente, wird Deutschland als Filmstandort weiter zurückfallen und auch für internationale Koproduktionen immer unattraktiver. Film ist ein Medium, das uns wie kein anderes über alle gesellschaftlichen Gräben hinweg zusammenbringen und uns gemeinsame Erzählungen und Visionen geben kann. Lassen Sie uns gerade in Zeiten multipler Krisen das Filmschaffen in unserem Land mit dieser Reform stärken“, so Jakob Weydemann, Weydemann Bros. GmbH und Vorstand im Produzent*innenverband.


„Der Filmstandort Deutschland steht in einem harten Wettbewerb. Steuerliche Anreize und verpflichtende Investitionen für internationale Streamer sind in vielen Ländern Europas üblich. Diese Standorte ziehen Produktionen ab, die in Deutschland fehlen. Um international wieder wettbewerbsfähig zu werden, brauchen wir die große Filmreform mit allen drei Säulen: Neuordnung der Förderleistungen, steuerliche Anreize und verpflichtende Investitionen für internationale Streamer. Nur so können wir 120.000 Arbeitsplätze in der Film- und Fernsehbranche sichern und neue Potenziale heben. Filmpolitik ist Standortpolitik und mit der großen Filmreform können wir das ganz große Kino wieder zurück nach Deutschland holen“, erklärt Björn Böhning, CEO und Sprecher des Gesamtvorstands der Produktionsallianz.


Der Appell wurde übergeben an: Thomas Hacker (FDP), Helge Lindh (SPD), Michelle Müntefering (SPD), Michael Sacher (Grüne), Marco Wanderwitz (CDU).

Aufruf und Kampagne sind eine gemeinsame Initiative von Deutsche Filmakademie e.V., Produzent*innenverband e.V. und Produktionsallianz.

Der Appell wurde auf der Website der Produktionsallianz veröffentlicht.

Die Produktionsallianz ist mit rund 375 Mitgliedsunternehmen aus den Bereichen Animation, Entertainment, Dokumentation, Fernsehen, Kino und Werbung die maßgebliche und unabhängige Interessenvertretung der Produzentinnen und Produzenten von Film, TV und audiovisuellen Medien in Deutschland.

Link: produktionsallianz.de

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Weiterer Aufruf: „50+ fürs Programm“

Berlin, 02. Oktober 2024
Die Reform der Struktur des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks ist medienpolitisch hochdynamisch. Eine Zusammenlegung der Sender 3sat und arte würde die Kultur insgesamt schwächen und sollte nicht erwogen werden, denn die Qualität des Programms ist entscheidend für die Stärke und Akzeptanz des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. 

Jeder Euro, der ins Programm fließt und sich nicht in den Weiten der Strukturen von ARD, ZDF und Deutschlandradio verliert, erhöht die Akzeptanz des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Und jeder Euro ins Programm erhöht sogleich die Stabilität der deutschen Mediendemokratie.

Vertreterinnen und Vertreter der freien Film- und Kreativwirtschaft, haben einen Vorschlag, wie sich dieses Ziel erreichen lässt:

Im neuen Medienstaatsvertrag sollte festgeschrieben werden, dass mindestens 50% der Rundfunkgebühren in den Programmaufwand fließen müssen.


In den vergangenen Jahren hat der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk seine Sparziele meist im Programm realisiert. Ein Programm, in das aktuell nur 44 % der Gebührengelder investiert werden. Ein Programm, das überwiegend von freien Medienschaffenden und Produktionsfirmen geschaffen und hergestellt wird.

Die KEF hat wiederholt festgestellt, dass Mittel, die für den Programmaufwand bewilligt waren, von ARD und ZDF nicht zweckgemäß verwendet wurden: 780,2 Millionen Euro allein von 2017 bis 2020.

Es geht uns um die Vielfalt und Qualität des Programms – und damit um nichts weniger als um das Überleben des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Dieser wird allein durch sein Programm legitimiert und findet durch gute und qualitativ hochwertige Inhalte seine Akzeptanz. Je nachhaltiger ein hohes Niveau des Programms gesichert wird, desto schwerer haben es jene politischen Kräfte, die dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk seine Legitimität absprechen.

„50+“ ist deshalb auch ein politisches Statement für einen starken Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, ein manifestes Zeichen der Politik, dass die Gebührengelder in Form von gutem Programm dort ankommen, wo sie entrichtet werden – bei den Bürgerinnen und Bürgern!

Zugleich kann der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk mit „50+“ auch zukünftig seiner zentralen Rolle als Auftraggeber für die freien Medienschaffenden und Produktionsfirmen, letztlich für die Kultur- und Medienwirtschaft, gerecht werden. Bisher fehlt ein Hebel im Medienstaatsvertrag damit die Reform von ARD und ZDF nicht zulasten des Programms umgesetzt wird.

Hier ein Vorschlag für eine neue Formulierung des § 9a RFinStV:

§ 9a Zweckbindung der Mittel
Von dem Aufkommen aus dem Rundfunkbeitrag sind ein Anteil von mindestens 50 von Hundert für die Programmkosten zu verwenden. Hiervon unberührt bleiben Einnahmen aus Werbung und sonstige Einnahmen.


Die unterzeichnenden Verbände:
Deutscher Drehbuchverband e. V. (DDV)
Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten – Film, Fernsehen und Audiovisuelle
Medien e.V. (Produktionsallianz)
Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V. (AG DOK)
Bundesverband Schauspiel e. V. (BFFS)
Bundesverband Filmschnitt Editor e.V. (BFS)
Berufsverband Kinematografie (BVK)
Bundesverband Regie (BVR)
Composers Club e.V. (CC)
Deutsche Filmkomponist:innenunion (DEFKOM)
eine Fachgruppe im Deutschen Komponist:innenverband (DKV)
mediamusic e.V. Berufsverband Mediamusik
Produzent*innenverband e. V.
Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e. V. (SPIO)
Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater e. V. (VdA)
Verband Deutscher Bühnen + Medienverlage e.V. (VDB)

Link: drehbuchverband.de

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Berlin: 8. November 2024
Jetzt ist es passiert. Die Ampel-Regierung hat sich abgeschafft und Neuwahlen stehen bald an. Welche Rolle wird dabei die Kulturpolitik spielen?

Die positive Grundstimmung, die vor zweieinhalb Jahrzehnten entstanden ist, nachdem nach einer Forderung des Deutschen Kulturrates das Amt der Kulturstaatsministerin in der Bundesregierung geschaffen wurde, schwindet merklich. Es wird immer deutlicher, dass, den Kulturbereich im Bundeskanzleramt anzusiedeln, für den Übergang eine gute Idee war, als Dauerlösung aber nicht tragfähig ist.

Wird die nächste Bundesregierung endlich den Schritt wagen, die Kultur auf Ministeriumsrang zu heben? Olaf Scholz hat sich schon in dieser Legislaturperiode dieser Idee verweigert und das Amt noch nicht einmal für seine Partei reklamiert, Friedrich Merz hat sich bislang noch nicht hörbar zur Bundeskulturpolitik geäußert. Die Grünen könnten sich sicher eine Fortführung ihrer Verantwortung für die Kultur auf Bundesebene vorstellen.

Wie auch immer die Parteienkonstellation für die nächste Bundesregierung aussieht, Kulturpolitik muss an Einfluss gewinnen. Die Schaffung eines Bundeskulturministeriums, gerne auch gemeinsam mit dem Sport, ist ein wichtiger, notwendiger Schritt dahin.

Noch wichtiger aber ist, dass die Kulturpolitik als das erkannt wird, was sie sein sollte, ein normaler Politikbereich, in dem die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur nachhaltig gestaltet werden.

• Das heißt konkret, dass der gesetzliche Rahmen für die Nutzung von digitalen Kulturgütern in Zeiten der Künstlichen Intelligenz neu festgelegt werden muss.
• Das heißt konkret, dass die soziale Lage der Kulturschaffenden durch gesetzliche Maßnahmen wirklich verbessert werden muss.
• Das heißt auch, dass praktisch umsetzbare Wege gefunden werden, wie die öffentliche Kulturförderung in Zeiten dramatisch leerer Kassen funktionieren soll.


Ich wünsche mir manches Mal, dass der kulturpolitische Mut größer zu denken aus der Pandemiezeit weiterleben würde. Diese schreckliche Katastrophe hatte eine starke Kooperation der Kulturpolitiker von Bund und Ländern erzwungen, und die Zivilgesellschaft war als echter Partner mit ins Boot geholt worden. Es wurde gehandelt, nicht nur geredet. Denn auch in der Kulturpolitik zählen unterm Strich nur die Taten.

Jetzt beginnt der Wahlkampf. Ich hoffe, die Kulturpolitik wird dabei auch ein Thema sein.

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates

Link: www.kulturrat.de

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