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Zwei Filmbesprechungen zu Kinostarts in der 5.+ 6. KW 2024

Donnerstag ist Kinotag mit wöchentlich neuen Produktionen auf der großen Kinoleinwand, die man sich nicht entgehen lassen sollte.



"ALL OF US STRANGERS" ein mitreißendes Drama von Andrew Haigh, basierend auf dem Roman von Taichi Yamada, über Liebe, Einsamkeit und schmerzhafte Vergangenheit, das seine Weltpremiere in »Telluride« und die Berlin-Premiere im Dezember beim Festival »Around the World in 14 Films« gefeiert hatte. (Großbritannien / USA, 2023; 105 Min.) Mit Andrew Scott, Paul Mescal, Jamie Bell, Claire Foy und Carter John Grout. Ab 8. Februar 2024 regulär im Kino. Hier der Trailer:



Unter der Regie und aus der Feder von Andre Haigh – dem britischen Filmemacher hinter der einfühlsamen Romanze „Weekend“ und der von der Kritik gelobten Coming-of Age-Saga „Lean on Pete“ - wird der Film als eine surreale Liebesgeschichte beschrieben.

In der faszinierenden Inhaltsangabe von Vogue / Germany heißt es:
„Eines Nachts in einem fast leeren Hochhaus im modernen London hat Adam (ein Drehbuchautor, gespielt von Andrew Scott) eine zufällige Begegnung mit seinem Nachbarn Harry (Paul Mescal), die den Rhythmus seines täglichen Lebens durchbricht. Als Adam und Harry sich näherkommen, reist Adam plötzlich drei Jahrzehnte zurück in das Haus seiner Kindheit, in dem seine längst verstorbenen Eltern (Claire Foy und Jamie Bell noch leben und genauso aussehen wie an dem Tag, an dem sie vor 30 Jahren gestorben sind.“

Ulrikes Filmkritik:

Adam lebt in einem leeren Hochhaus in London. An den Türen gibt es keine Namen, sondern nur Nummern. Adam ist viel alleine und man hat das Gefühl, dass er depressiv ist.

Ein Fremder klingelt an seiner Tür, mit einer Flasche Whiskey in der Hand. Adam lässt ihn nicht herein. Es ist Harry, der im selben Haus wohnt.

Erst später tritt er in Adams Leben und es entsteht eine Bindung zwischen beiden. Sie führen tiefe, zärtliche Gespräche. Zwei einsame Seelen kommen sich näher. Harry ist jünger und geht mit seinem Schwulsein locker um, hat aber auch sein Päckchen zu tragen. Eigentlich absurd, dass die beiden scheinbar die einzigen sichtbaren Bewohner des Hauses sind.

Obwohl Harry in Adams Leben getreten ist, lassen ihn die Erinnerungen an seine Kindheit, die von dem Unfalltod seiner Eltern erschüttert wurde, nicht los. Adam begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit und kehrt zurück in sein Elternhaus, in dem er auf seine Eltern trifft, die im gleichen Alter sind wie er. Er war 12, als sie starben.

Unterschiedliche Zeiten treffen aufeinander. Es entstehen Gespräche und Konfrontationen und tiefgreifende Erkenntnisse. Was ist es, dass den einsamen Menschen bewegt? Sucht er nach seiner Identität, sammelt er Ideen für ein Drehbuch, sucht er die Geborgenheit seiner Kindheit, Ängste oder Zweifel, Traum oder Halluzination? Kann er sich überhaupt auf Beziehungen einlassen oder ist er durch den plötzlichen Unfalltod seiner Eltern von Verlustängsten geplagt?

Als Kind hatte Adam schon vor allem möglichen Angst und kroch zu den Eltern ins Bett. Als Teenager hat er sich ausgemalt, was sie gemeinsam unternehmen können. Nach dem Unfall hat er bei seiner Großmutter gelebt. Er hat einen Wunsch: „Ich möchte, dass ihr meinen Boyfriend Harry kennenlernt.“ Seine Eltern betonen, dass sie stolz auf ihn sind und ihn lieben und dass sie Harry bestimmt gemocht hätten. Als er seiner Mutter erzählt, dass er schwul ist, ist diese jedoch überrascht.

Bevor er sein Elternhaus betritt, gibt es eine lockere, dennoch berührende Szene. Überhaupt gibt es Momente, die einem die Tränen in die Augen treiben. Das Drumherum beschreibt Adams Seelenleben genau. Das leere Hochhaus und die menschenleere Stadt spiegeln sein Inneres wider.

Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer, aus dem Seelentief herauszukommen Eine Geschichte, die einen nicht kalt lässt, sondern einen Sog entwickelt, dem man sich nicht entziehen kann. Einer der besten Filme des Jahres 2023. Ein Ausnahmefilm, mit vielen Preisen gesegnet.

Ulrike Schirm


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"A GREAT PLACE TO CALL HOME" Science-Fiction-Film von Marc Turtletaub um einen kauzigen Rentner, der sich rührend um ein Alien kümmert, das in einem Ufo, in seinem Garten abgestürzt ist. (USA, 2023; 87 Min.) Mit Ben Kingsley, Harriet Sansom Harris, Jane Curtin u.a. seit 1. Februar 2024 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Der 78-jährige Witwer Milton (Ben Kingsley) lebt in einer Kleinstadt in Pennsylvania, kümmert sich um seinen Garten, schaut fern und besucht einmal wöchentlich die Gemeinderatssitzungen und macht Verbesserungsvorschläge für seine Heimatstadt. Doch er wird immer schussliger, räumt Gegenstände an unmögliche Stellen. Seine Tochter Denise (Zoe Winters) vermutet, dass er verstärkt Alzheimer bekommt. Auch in den Stadtratsitzungen bemängelt er immer die gleichen Themen. Ab und zu besucht sie ihn und macht sich Sorgen.

Eines Nachts kracht ein Ufo in seinen Garten und zerstört seine geliebten Azaleen. Die Vogeltränke ist auch zerstört. Er ruft den Notdienst an, doch der ist nicht zuständig und glaubt ihm eh nicht. Auch seine Tochter hält es für ein Hirngespinst. Nach zwei, drei Nächten krabbelt ein geschwächtes Alien (Jade Quon) aus dem Ufo.

Milton lädt das Alien in sein Haus ein, zeigt ihm die Räumlichkeiten, erklärt ihm so einiges und päppelt das schweigsame Wesen mit Äpfeln auf und nennt es Jules. Milton weiht seine schrulligen Nachbarinnen ein, Sandy und Joyce (Harriet Harris, Jane Curtin), die das Alien im Garten entdeckt haben, das mit großen Augen und einem verständnisvollen Blick, all das Neue um sich herum regelrecht aufsaugt. Immer mehr schließen sie ihn in ihr Herz. Endlich passiert mal etwas Aufregendes in der Rentnerrunde. Beide Frauen erzählen Jules ihr halbes Leben, besonders Joyel. Inzwischen trägt Jules ein dunkelblaues T-Shirt mit einer aufgedruckten Weltkugel und dem Spruch: »LOVE YOUR MOTHER«.

Als Sandy überfallen wird, ist es Jules, der ihr hilft. Auch wenn er kein Wort redet, sind sämtliche Sinne bei ihm hellwach.

Was „A Great Place To Call Home“ besonders macht, das merkwürdige Wesen wird herzlichst aufgenommen, ähnlich wie E.T. In vielen Filmen, in denen Außerirdische auf unserem Planeten landen, wird sofort das Militär aktiv, da sofort das Vorurteil die Runde macht, es handelt sich um bösartige, kriegerische Wesen.

Regisseur Marc Turtletaub („Little Miss Sunshine“) führt die Zuschauer anfänglich auf eine eventuell falsche Fährte. Ist das, was wir hier sehen, Miltons dementes Kopfkino? Wirklich sicher, kann man nicht sein.

Kleine Ungereimtheiten werden in dieser Tragikomödie mit Witz und Herzenswärme überspielt. Eine feinfühlige, kauzige Geschichte über Einsamkeit.

Ulrike Schirm


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