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Der Deutsche Filmpreis 2022 geht an den Spielfilm »Lieber Thomas«

Die Deutsche Filmakademie vergab die Lola in Gold für den Film "Lieber Thomas" von Regisseur Andreas Kleinert.
UPDATE mit Kommentar von Katharina Dockhorn.




Das Drama "Lieber Thomas" wurde am gestrigen Freitagabend, den 24. Juni 2022, beim diesjährigen Deutschen Filmpreis als bester Spielfilm ausgezeichnet.

Der Film von Regisseur Andreas Kleinert bekam bei der Gala zur Preisverleihung mit rund 1700 Gästen im Berliner Palais
am Funkturm die Lola in Gold. Zudem zeichnete die Deutsche Filmakademie den Schauspieler Albrecht Schuch für seine Rolle im Drama "Lieber Thomas" mit dem Deutschen Filmpreis für die beste männliche Hauptrolle aus. Der Film erzählt vom Leben des aus der DDR ausgereisten Autors Thomas Brasch.

Über LIEBER THOMAS:
Die DDR ist noch jung, aber Thomas Brasch (Albrecht Schuch) passt schon nicht mehr rein. Es ist vor allem sein Vater Horst (Jörg Schüttauf), der den neuen, deutschen Staat mit aufbauen will. Doch Thomas, der älteste Sohn, will lieber Schriftsteller werden. Thomas ist ein Träumer, ein Besessener und ein Rebell. Schon sein erstes Stück wird verboten und bald fliegt er auch von der Filmhochschule. Als 1968 die sowjetischen Panzer durch Prag rollen, protestiert Brasch mit seiner Freundin Sanda (Ioana Jacob) und anderen Studenten mit einer Flugblattaktion in den Straßen Berlins – und rennt vor die Wand. Sein eigener Vater verrät ihn und Thomas Brasch kommt ins Gefängnis. Auf Bewährung entlassen, arbeitet Brasch in einer Fabrik und schreibt über die Liebe, die Revolte und den Tod. Aber mit einem wie ihm kann man in der DDR nichts anfangen. Ohne Aussicht, gehört zu werden, verlässt Thomas mit der Frau, die er liebt (Jella Haase), die Heimat. Im Westen wird er anfangs bejubelt, dreht mehrere Kinofilme, wird zweimal nach Cannes eingeladen. Doch Brasch lässt sich nicht vereinnahmen. Auch nach dem Mauerfall, zurück in Ost-Berlin, ist er weit davon entfernt, Ruhe zu geben.

Das Leben von Thomas Brasch ist eng mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts verknüpft. In der DDR konnte der Künstler nicht bleiben und im Westen wollte er nicht sein. Inspiriert von Braschs Werk erzählt LIEBER THOMAS von den umkämpften Welten im Leben eines radikal Unangepassten: von Braschs Hassliebe zu seinem Vater, von der tiefen Zuneigung zu seinen Geschwistern und seinem ruhelosen Begehren zu den Frauen seines Lebens. Dabei wechselt der in schwarz-weiß gedrehte Film atemlos zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Wahrheit und Fiktion. Denn vor allem erzählt LIEBER THOMAS von einer grenzenlosen Leidenschaft für das Schreiben, von Braschs betörenden Gedichten, seiner magischen Prosa und seinen originellen Filmen. So entsteht ein Porträt aus Surrealem und Tatsächlichem über einen Mann, der zu gewaltig für die Konventionen seines Jahrhunderts war – in aller Zartheit und kraftvollen Härte.


Die Tragikomödie "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" von Andreas Dresen erhielt die Auszeichnung in Silber.

Mit der Lola in Bronze wurde in der Kategorie bester Spielfilm das Drama "Große Freiheit" gewürdigt. Der seit 1951 jährlich verliehene Deutsche Filmpreis ist die bedeutendste Auszeichnung der deutschen Filmbranche und hoch dotiert.

Als beste Hauptdarstellerin wurde Meltem Kaptan ausgezeichnet. Sie erhielt den Preis für ihre Rolle im Drama "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush". Darin spielt sie die Mutter des langjährigen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz, die ihren Sohn befreien will.

Hier alle Preise im Überblick:

BESTER SPIELFILM / LOLA IN GOLD
"Lieber Thomas"
Produzenten: Michael Souvignier, Till Derenbach
Produktionsfirma: Zeitsprung Pictures
Regie: Andreas Kleinert | Drehbuch: Thomas Wendrich

LOLA IN SILBER
"Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush"
Produzent:in: Claudia Steffen, Christoph Friedel
Produktionsfirma: Pandora Film Produktion, Iskremas Filmproduktion, Cinema Defacto
Regie: Andreas Dresen | Drehbuch: Laila Stieler

LOLA IN BRONZE
"Große Freiheit"
Produzent: Benny Drechsel
Produktionsfirma: Rohfilm Productions, Freibeuter Film
Regie: Sebastian Meise | Drehbuch: Thomas Reider, Sebastian Meise

BESTER KINDERFILM
"Der Pfad"
Produzent: Daniel Ehrenberg
Produktionsfirma: Eyrie Entertainment, Warner Bros. Film Productions Germany, Lemming Film Germany
Regie: Tobias Wiemann | Drehbuch: Rüdiger Bertram, Jytte-Merle Böhrnsen

BESTER DOKUMENTARFILM
"The Other Side of the River"
Produzenten: Frank Müller, Antonia Kilian, Guevara Namer
Regie: Antonia Kilian
Drehbuch: Antonia Kilian, Guevara Namer, Arash Asadi
Kamera/Bildgestaltung: Antonia Kilian
Schnitt: Arash Asadi
Filmmusik: Ameen Khayer, Thorben Diekmann
Tongestaltung: Stefan Konken

BESTE REGIE
Andreas Kleinert · "Lieber Thomas"

BESTES DREHBUCH
Thomas Wendrich · "Lieber Thomas"

BESTE WEIBLICHE HAUPTROLLE
Meltem Kaptan · "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush"

BESTE WEIBLICHE NEBENROLLE
Jella Haase · "Lieber Thomas"

BESTE MÄNNLICHE HAUPTROLLE
Albrecht Schuch · "Lieber Thomas"

BESTE MÄNNLICHE NEBENROLLE
Alexander Scheer · "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush"

BESTE KAMERA/BILDGESTALTUNG
Johann Feindt · "Lieber Thomas"

BESTER SCHNITT
Gisela Zick · "Lieber Thomas"

BESTE TONGESTALTUNG
Jonathan Schorr, Dominik Leube, Gregor Bonse, John Gürtler · "Niemand ist bei den Kälbern"

BESTE FILMMUSIK
Annette Focks · "Wunderschön"

BESTES SZENENBILD
Myrna Drews · "Lieber Thomas"

BESTES KOSTÜMBILD
Anne-Gret Oehme · "Lieber Thomas"

BESTES MASKENBILD
Heiko Schmidt, Kerstin Gaecklein, Roman Braunhofer· "Große Freiheit"

BESTE VISUELLE EFFEKTE
Dennis Rettkowski, Markus Frank, Tomer Eshed · "Die Schule der magischen Tiere"

BESUCHERSTÄRKSTER FILM
"Die Schule der magischen Tiere" · Gregor Schnitzler · Alexandra Kordes, Meike Kordes (Kordes & Kordes Film Süd, LEONINE Studios, Wega Film, Clever Production)

EHRENPREIS
Kameramann Jürgen Jürges

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Nach Ansicht des Schauspielers Ulrich Matthes wird das Kino neben den Streaming-Diensten bestehen bleiben.

"Es ist einfach ein Riesenunterschied, gemeinsam vor einer Leinwand zu sitzen", sagte der 63-Jährige am Rande des Deutschen Filmpreises. Die Menschen hätten das Bedürfnis nach Gemeinsamkeit, was man besonders während der Corona-Pandemie gemerkt habe.

"Man will mit anderen Menschen gemeinsam große Gefühle haben", so Matthes. Das gelte nicht nur für den Kinobesuch, sondern auch für den Besuch im Theater oder Fußballstadion.


Es war ein großer Abend beim Deutschen Filmpreis und ein würdiger Gewinner. Nur mit der Internationalität scheint es noch zu hapern. Die Deutsche Filmakademie hatte deshalb erstmals einen Trick angewendet und mit dem österreichischen Film "Große Freiheit" sowie dem in England spielenden "Spencer" des Chilenen Pablo Larraín, zwei Koproduktion nominiert.

Dazu nachfolgend ein Kommentar von Unserer Kollegin Katharina Dockhorn:

Neun Lolas, darunter für seine 78-jährige Stammcutterin Gisela Zick und den treuen Kameramann Johann Feindt, Jella Haase als Katharina Thalbach und Albrecht Schuch als Thomas Brasch, die Figurine für Drehbuchautor Thomas Wendrich und Andreas Kleiner für die Regie. Das stilbildende und Maßstäbe für das Genre setzende Biopic „Lieber Thomas“ von der Kölner Firma Zeitsprung Pictures war verdientermaßen der große Gewinner bei der Verleihung der Deutschen Filmpreise am Freitagabend im Palais unter dem Funkturm.

Die späte Ehrung ist eine schallende Ohrfeige für die Berlinale, die diesen grandiosen Film 2021 ablehnte. German Films, die lieber den Fernsehfilm „Ich bin Dein Mensch“ ins Oscarrennen schickten. Und für die deutschen Förderer, die Andreas Kleinert gerade die Finanzierung für sein neues Projekt, das in die Geschichte der Bundesrepublik führt, abgelehnt haben.

Andreas Kleinert nahm sich auch das letzte Wort bei der Auszeichnungsveranstaltung und schloss sich Ehrenpreisträger Jürgen Jürgens an. Der renommierte Kameramann hatte sich klar gegen Militarisierung und Aufrüstung positioniert. Der Beifall im Saal war, gelinde ausgedrückt, sparsam.

Beifall bekamen die beiden von Andreas Dresen, dem zweiten Gewinner des Abends für „Rabie Kurnaz gegen George W. Bush“. Der Potsdamer hat Silber gewonnen, nicht Gold verloren und freute sich mit seiner Hauptdarstellerin Meltem Kaptan und Nebendarsteller Alexander Scheer über die Lolas. Er gönnte Kleinert den Triumpf, die Begegnungen der beiden auf der Party strahlten gegenseitigen Respekt und Zuneigung aus. Die 450.000 Euro Prämie sind für Andreas Dresen ein wichtiger Baustein in seinem Biopic über die Widerstandskämpferin Hilde Coppi, das erneut nach einem Drehbuch von Laila Stiehler entsteht.

Als bester Kinderfilm wurde erwartungsgemäß an das überzeugende Roadmovie „Der Pfad“ von Daniel Ehrenberg geehrt, der Heranwachsende unterhaltend an das Thema Flucht und Vertreibung heranführt. Als Publikumsmagnet wurde „Die Schule der magischen Tiere“ von Gregor Schnitzler ausgezeichnet.

Es war unbeabsichtigt ein Abend der Männer, mit Karoline Herfurth für „Wunderschön“ hatte es nur eine Regisseurin unter die besten sechs Filme des Jahrgangs geschafft. Die bronzene Lola gewann „Große Freiheit“ des Österreichers Sebastian Meise, ein wie „Die Fälscher“ paritätisch aus Deutschland finanziertes Drama um die Schwulenverfolgung in der Bundesrepublik. Gedreht wurde in der Nähe von Magdeburg.

Bei diesem Film können die Zuschauer sicher nachvollziehen, warum er nominiert war. Unverständlich ist dies auf den ersten Blick beim Lady Di Biopic „Spencer“, vom Chilenen Pablo Larrain mit englischen Schauspielern in deren Muttersprache gedreht. Es hinterlässt die Frage, ob der deutsche Jahrgang so schwach war, dass keine preiswürdigen Filme gefunden wurden.

Und legt den Finger in eine weiter Wunde, die „Paradise Now“. Als die Filmakademie vor knapp 20 Jahren gegründet wurde, schaffte es der Berlinale-Wettbewerbsbeitrag der tollen Berliner Produktionsfirma Razor Film unter die sechs Nominierten. Anschließend gaben sich die Mitglieder der Akademie Deutschtümelei-Regeln, die solche Filme ausschließen.

Aber eben nicht ganz, was wirklich ein Geschmäckle hinterlässt. An die Stelle von „Spencer“ hätte „Quo Vadis, Aida?“ von Jasmila Zbanic gehört, ebenso koproduziert von Razor Film. Das packende und spannende Drama um das Massaker von Srebrenica räumte etliche Europäische Filmpreise ab, wurden von Europas Zuschauern gerade zum Gewinner des Lux-Film Awards gewählt und im Koproduktionsland Polen zum besten Film des Jahres gekürt.

Nur in Deutschland ist die Branche auf solch Juwel nicht stolz. Und sie ist auch nicht bereit, endlich einen Koproduktionspreis auszuloben. Grund ist das Geld. Unter den CDU-Kulturstaatsminister*Innen hieß es nur, ihr könnt das machen, aber wir erhöhen das Gesamtpreisgeld von drei Millionen Euro nicht. Und beim Geld hört in Deutschland bekanntlich die Solidarität auf. Aber vielleicht hat Claudia Roth ein Einsehen und findet 375.000 Euro für den Preis in ihrem wieder gestiegenen Etat.

Katharina Dockhorn

Link: www.deutscher-filmpreis.de

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