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AG Kino startete in Berlin mit CinemaVison 2030 die erste Kino-Innovationskonferenz

Wie sieht die Kinoumgebung der Zukunft aus? - Bei der Innovationskonferenz Cinema Vision 2030 gab es spannende Anregungen aus der Praxis.



Im Kino International, der Yorck-Kinogruppe, dessen Geschäftsführer Dr. Christian Bräuer ist, zugleich aber auch Vorsitzender der AG Kino - Gilde Deutscher Filmkunsttheater sowie Präsident des internationalen Arthouse -Verbands CICAE und Generalsekretär von Europe Cinemas, fand am 22. & 23. Juni 2022 mit CinemaVision 2030 die erste internationale Konferenz zur Zukunft des Kinos in Berlin statt.

Sicherlich hätte die Veranstaltung noch besser besucht werden können, wenn diese nicht parallel zur CineEurope und dem Start des Filmfest München stattgefunden hätte. Aber 20 internationale Redner aus Großbritannien, Italien, Frankreich, Niederlande Polen, USA, Spanien, China, Niederlande, Slowenien und Deutschland unter einen Hut zu bringen, ist dennoch eine stattliche Leistung.

Nur zwei davon mussten in einer Videoschalte auf der großen Kinoleinwand zugeschaltet werden. Alle anderen waren persönlich angereist, trotz der hohen Hotelkosten in Berlin.

Immerhin waren über 300 Teilnehmer*innen im Saal und Online bei der ersten Innovations- und Zukunftskonferenz für Kinos in
Deutschland zugegen. Geladen hatten die drei Kinoverbände AG Kino – Gilde, HDF Kino e.V. und der Bundesverband kommunale Filmarbeit (BkF e.V.).

Ins Gespräch kamen wir unter anderem mit den beiden Betreibern des Bundesplatz Kinos, bei denen wir am Abend des zweiten Tages im Anschluss an die Veranstaltung noch einen Wettbewerbsfilm des polnischen Festivals filmPOLSKA sehen konnten. Das kleine Berliner Kiezkino in Wilmersdorf hat eine ziemlich feste Fangemeinde und war nahezu ausverkauft.

Die kleine Leinwand und die relativ eingeschränkten Sichtmöglichkeiten, bei denen die Untertitel durch die vor einem Sitzenden zum Teil verdeckt wurden, trübten jedoch den Eindruck des großartigen polnischen Films "Andere Leute" ('Inni Ludzie') von Aleksandra Terpińska. Modernere Filmtheater mit steil ansteigenden Plätzen oder Heimkino sind in solch einem Fall doch die bessere Wahl. Für die Kinobetreiber sind die Streamingdienste aber unerwünschte Konkurrenz.

Ganz anders die Schilderungen von innovativen Kinokonzepten aus dem Ausland, die uns im Kino International präsentiert wurden.

Dazu unsere Kollegin Katharina Dockhorn mit ihrem persönlichen Eindruck vom ersten Tag der Konferenz:

Amsterdam zieht seit einigen Jahren Filmfans aus aller Welt mit einem Schmuckstück an. In einem Neubau in einem alten Industriegebiet, das mittlerweile zum Szeneviertel wurde, entstand ein neues Zuhause für das Eye Filmmuseum mit drei Nitrobunkern für die sachgerechte Einlagerung der Schätze des Filmmuseums und vier Sälen mit 600 Plätzen.

800 Titel umfasst das Programm jedes Jahr, täglich locken 20 Vorstellungen die Niederländer und ihre Gäste in die Säle. Drei Ausstellungen sowie acht Festivals ziehen ebenso wie die Vorstellung von Filmen des heimischen Filmnachwuchses und Highlights von Festivals, die keinen Verleiher fanden, die Besucher an. Der niederländische Staat unterstützt die Arbeit, die das Museum für das gesamte Land leistet, mit zwei Dritteln des knapp 19 Millionen Euro Etats.

Die Teilnehmer der „Cinema Vision 2030. Konferenz zur Zukunft des Kinos“ im Berliner Filmtheater International gerieten ins Schwärmen ob des erfolgreiches Konzeptes und verglichen es natürlich mit der traurigen Situation der zersplitterten Filmmuseen- und Archive im eigenen Land.

Dem Bundesarchiv/Filmarchiv fehlt solch Fenster ganz. Es wird seit Jahren von den Kulturstaatsminister*Innen kaputt gespart. Und das Berliner Filmhaus steht vor einer ungewissen Zukunft, worauf der rührige Dieter Kosslick die Politik immer wieder aufmerksam machte. 2024 laufen die Mietsverträge für die Räume am Potsdamer Platz aus. Doch passiert ist nichts, die Pläne für den Bau eines Filmhauses auf dem Parkplatz vor dem Martin-Gropius-Gebäude liegen auf Eis. Letzter Stand ist die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion vom Vorjahr. Danach werde im Moment der Raumbedarf ermittelt. Eine Nachfrage nach dem Stand bei der neu gewählten Kulturstaatsministerin Claudia Roth im Februar diesen Jahres blieb unbeantwortet. Im Haushalt ist auch nicht zu erkennen, dass es weitergeht.

Ebenso blass wirkt das auf der Konferenz von Hugo Devidry, Projektmanager von SpielFabrique 360°, deutsche Zuschauer wieder verstärkt ins Kino zu locken. Die Gamer sind mit Hollywood-Titeln gut versorgt und sicher nicht das Publikum, das die Arthouse-Kinos im Moment noch schmerzlich vermissen.

Es braucht engagierte Kinomacher und ganzheitliche Konzepte, um dem Kino eine Zukunft zu geben, blieb als Eindruck aus den Paneldiskussionen übrig. Ob in Rom, wo die Aktivisten von Cinema Troisi zwei Jahre lang alte Kinos besetzten und aus der Initiative ein Angebot machten, das mit zahlreichen Events heute ein Publikumsmagnet ist.

In den USA wurde 1997 in Texas Alama Drafthouse gegründet, heute betreibt die unabhängige Kette 36 Filmtheater in den USA. Neben Repertoire bieten sie die neuesten Hits, Festivals und Life-Gesprächen mit Filmemachern, die im gesamten Land übertragen werden. Zudem locken die Veranstalter mit ungewöhnlichen Locations – im Schlauchboot auf einem See hinterlässt „Der weiße Hai“ einen ganz besonderen Nervenkitzel ebenso wie die Vorstellung von „Titanic“ vor dem Luxusschiff „Queen Mary“.

Mk2 bespielt seit 2013 den Eingangsbereich des Pariser Louvre. Das Familienunternehmen mit einem Rechtestock von 800 Titeln hat ein ganzheitliches Konzept entwickelt, um Zuschauer in Paris und Madrid anzulocken. Dazu gehören neben einem VoD-Angebot eigene Kinos, ein mk2-Shop in Paris, eine virtuelle Erlebniswelt, in der der kreative Prozess des Filmemachens hautnah nachvollzogen werden kann. Und nicht zuletzt das „Hotel Paradiso“, wo der Zuschauer die Leinwand vor dem Bett hat. Außerdem engagiert sich die Firma in der Nachwuchsförderung.

In China machte die Kette Lumière Pavillons den Film „Carpaneum“ zum Hit. Wenn sie zur Premiere laden, kommen auch mal 18.000 Zuschauer aus einer Kleinstadt von vier, fünf Millionen Einwohner, wie CEO Jimmy Wu erzählte. Da das Angebot an Filmen zu klein sei, übertragen die Kinos regelmäßig Kulturereignisse wie Opernaufführung aus den führenden Häusern. Und Fußball-Großereignisse wie die WM. Natürlich in 3D, damit der Zuschauer von der heimischen Couch kommt.

Katharina Dockhorn


Unterdessen konnten wir kurz Dr. Christian Bräuer zu seinem vor circa einem Jahr zur Sommer-Berlinale geplanten Projekt eines Open-Air-Kinos in der Nähe vom Steinplatz an der Universität der Künste ansprechen. Leider ist das Projekt durch die Corona-Krise wieder im Sande verlaufen. Inzwischen ist auch das Restaurant des seit 2009 geschlossenen, aber weiterhin existenten Kinoraums der Filmbühne am Steinplatz, nicht mehr geöffnet.

Auf unsere Frage, ob er sich dort ein neues innovatives Kinokonzept vorstellen könnte, das auch die Musikstudierenden der UdK ansprechen könnte, verwies er einerseits auf seine naheliegenden Delphi Lux Kinosäle, andererseits wurde ihm das Objekt am Steinplatz leider nicht angeboten. Zudem sei das Kino dort wegen fehlender Laufkundschaft immer etwas schwieriger zu bespielen gewesen, so Dr. Bräuers Einwand.


Ursprünglich bot die 'Filmbühne am Steinplatz' eine perfekte Mischung aus anspruchsvoller Filmkunst und gemütlichem Cafébetrieb. Gerne traf man sich hier auf ein Gläschen zur Einstimmung schon lange vor dem Film oder tauschte hinterher bei einem 'Salat Filmbühne' die Meinungen über das gerade Gesehene aus, schreibt das Kinokompendium über das seit langem geschlossene Lichtspieltheater, das aber zwischenzeitlich als privater Veranstaltungsort weiterhin genutzt werden konnte. Sogar die Leuchtschrift ist immer noch erhalten.

Wir können natürlich verstehen, dass es in der aktuellen, von Krisen geplagten Zeit, einem Betreiber eines renovierungsbedürftigen Kinos und Restaurants, nicht leicht fallen dürfte, dort Investoren für innovative Konzepte zu finden, zumal den Kinobetreibern auch die Streamingdienste im Nacken sitzen. Dass es dennoch durchaus Erfolgsmodelle gibt, zeigten die Berichte der Redner*innen auf der Bühne.

Aber auch in Berlin gibt es mit dem neu gebauten und erfolgreich eingeführten WOLF Kino in Neukölln, oder dem nach Jahrzehnte langem Dornröschenschlaf wiederbelebtem KLICK Kino in Charlottenburg, Beispiele für ein Interesse des Publikums, ein gemütliches und gut geführtes Arthouse Kino in Kombination mit einem freundlich geführten Café, gern zu besuchen.

Links: CinemaVision2030.de | www.agkino.de

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