Berlins Kultursenator vermisst Perspektive für Kulturveranstaltungen - unsere VoD-Kritik
Mit der Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes wird es auf absehbare Zeit keine Kinovorstellungen in Berlin geben, sodass wir uns weiterhin mit VoD-Kritiken begnügen müssen.
Als in den 1950er Jahren in den USA der Siegeszug des Fernsehens einsetzte, verloren die Kinos 50% ihrer Zuschauer. Aber die Hollywoodstudios gingen deswegen nicht unter, sondern erfanden einerseits u.a. das CINERAMA-Breitbildverfahren mit dreifach größerer Leinwand, um die Zuschauer wieder zurück in die Filmtheater zu locken und andererseits wurden nun Filme fürs Fernsehen produziert, um weiterhin Gewinne machen zu können.
Heute wiederholt sich das Bild in ähnlicher Art und Weise. Die Arclight- und Pacific-Kinos, eine der umsatzstärksten Kinoketten in den USA, will das Ende der Corona-Pandemie gar nicht mehr abwarten, sondern schließen dauerhaft ihre Tore. Auch AMC, eine der größten Kinoketten der Welt, musste mehrere Wochen ihre Kinos schließen und kann sich derzeit finanziell nur noch bis zum Sommer 2021 absichern.
Ähnlich wie bei uns, wo der Sonderfonds für Kulturveranstaltungen weiter auf sich warten lässt, bleibt augenblicklich auch in den USA das Förderprogramm für Spielstätten in den Startlöchern stecken.
Den Hollywood-Studios geht es dennoch relativ gut. Anstelle fürs Kino wird eben für Netflix & Co. produziert und fürs Kino angekündigte Filmstarts werden entweder erneut verschoben oder landen nun direkt bei den Streamingdiensten.
Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) vermisst dennoch eine weitreichende Perspektive für die Kultur und kritisiert die geplante Novelle des Infektionsschutzgesetzes mit noch mehr Einschränkungen.
Unter diesen Umständen könnten auch die Anfang Juni geplanten Publikums-Vorführungen für die sogenannte Sommer-Berlinale wieder scheitern.
Ein für diesen Donnerstag bundesweit geplanter Kinostart eines politischen Dokumentarthrillers, den sogar das ZDF in seinen Nachrichten kommentierte, wird jedenfalls nicht verschoben, sondern ist ab sofort auf diversen Streaming-Portalen als Video on Demand zu sehen.
"THE DISSIDENT", Dokumentarthriller von Regisseur und Oscar-Gewinner Bryan Fogel (USA), in dem die Ermordung des Washington Post-Journalisten Jamal Khashoggi rekonstruiert wird. Ab 16. April 2021 nur zum Kauf als Video Download [Electronic-Sell-Through] (EST) und ab 23.04.21 auch im preiswerteren Einzel-Verleih [Transactional-Video-on-Demand] (TVoD) auf VoD-Portalen wie Videoload, Amazon Prime-Video, Videobuster, iTunes, Google Play u.a.
Hier der Trailer:
USA 2020, 118 Min. mit Omar Abdulaziz, Hatice Cengis, John O. Brennan, Fred Ryan, David Kaye, Mohammad bin Salman, Mohamed Soltan, Kamal Khashoggi.
Quellen: Welt | dpa | Blickpunkt:Film | DCM | Tagespiegel
Als in den 1950er Jahren in den USA der Siegeszug des Fernsehens einsetzte, verloren die Kinos 50% ihrer Zuschauer. Aber die Hollywoodstudios gingen deswegen nicht unter, sondern erfanden einerseits u.a. das CINERAMA-Breitbildverfahren mit dreifach größerer Leinwand, um die Zuschauer wieder zurück in die Filmtheater zu locken und andererseits wurden nun Filme fürs Fernsehen produziert, um weiterhin Gewinne machen zu können.
Heute wiederholt sich das Bild in ähnlicher Art und Weise. Die Arclight- und Pacific-Kinos, eine der umsatzstärksten Kinoketten in den USA, will das Ende der Corona-Pandemie gar nicht mehr abwarten, sondern schließen dauerhaft ihre Tore. Auch AMC, eine der größten Kinoketten der Welt, musste mehrere Wochen ihre Kinos schließen und kann sich derzeit finanziell nur noch bis zum Sommer 2021 absichern.
Ähnlich wie bei uns, wo der Sonderfonds für Kulturveranstaltungen weiter auf sich warten lässt, bleibt augenblicklich auch in den USA das Förderprogramm für Spielstätten in den Startlöchern stecken.
Den Hollywood-Studios geht es dennoch relativ gut. Anstelle fürs Kino wird eben für Netflix & Co. produziert und fürs Kino angekündigte Filmstarts werden entweder erneut verschoben oder landen nun direkt bei den Streamingdiensten.
Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) vermisst dennoch eine weitreichende Perspektive für die Kultur und kritisiert die geplante Novelle des Infektionsschutzgesetzes mit noch mehr Einschränkungen.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass der aktuelle Kabinettsentwurf der Bundesregierung ein pauschales Verbot kultureller Veranstaltungen ohne Unterscheidung zwischen Innenräumen und unter freiem Himmel vorsehe, sagte Lederer am gestrigen Mittwoch, den 14.04.2021 in Berlin.
"Kulturschaffenden und -einrichtungen wird damit auf absehbare Zeit jede Möglichkeit abgeschnitten, dem Publikum zu begegnen", so Lederer. "Einen Sommer ohne irgendeine Perspektive für die Kultur, und sei es nur unter freiem Himmel, vermag ich mir nicht vorzustellen", so Lederer weiter.
Unter diesen Umständen könnten auch die Anfang Juni geplanten Publikums-Vorführungen für die sogenannte Sommer-Berlinale wieder scheitern.
Ein für diesen Donnerstag bundesweit geplanter Kinostart eines politischen Dokumentarthrillers, den sogar das ZDF in seinen Nachrichten kommentierte, wird jedenfalls nicht verschoben, sondern ist ab sofort auf diversen Streaming-Portalen als Video on Demand zu sehen.
"THE DISSIDENT", Dokumentarthriller von Regisseur und Oscar-Gewinner Bryan Fogel (USA), in dem die Ermordung des Washington Post-Journalisten Jamal Khashoggi rekonstruiert wird. Ab 16. April 2021 nur zum Kauf als Video Download [Electronic-Sell-Through] (EST) und ab 23.04.21 auch im preiswerteren Einzel-Verleih [Transactional-Video-on-Demand] (TVoD) auf VoD-Portalen wie Videoload, Amazon Prime-Video, Videobuster, iTunes, Google Play u.a.
Hier der Trailer:
Ulrikes Filmkritik:
Ein Dissident ist jemand, dessen Ansicht von einer politischen oder staatlichen Ideologie abweicht und seine Kritik öffentlich kundtut.
Der Journalist und Regimekritiker Jamal Khashoggi setzte sich für eine gerechtere, offene Gesellschaft in seinem Heimatland der Ölmonarchie Saudi-Arabien ein. Am 2.Oktober 2018 wurde er im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad getötet. Es war der Tag, an dem er die Dokumente für seine bevorstehende Hochzeit abholen wollte. Von seinem Leichnam fehlt bis heute jede Spur.
Der Dokumentarthriller von Bryan Fogel („Ikarus“) porträtiert das lebensgefährliche Engagement des „Washington Post“ Journalisten und liefert erschütternde Einblicke in ein Regime, in dem die Mächtigen, Kritiker zum Schweigen bringen. Die Führung des islamisch-konservativen Königreiches räumte nach langem Zögern den Mord auf internationalen Druck ein.
Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salmann verspricht, den Extremismus zu bekämpfen. Aktivisten und Regimekritiker wurden mundtot gemacht. Daraufhin verließ Khashoggi das Land und ging in die USA. Er musste so handeln, um weiterhin seine Stimme zu erheben. Die einzige Waffe die er hatte, waren seine Worte. Dort lernt er seine Verlobte Hatice Cengiz kennen, die Frau, die am 2.Oktober 2018 vergeblich auf ihn wartet.
Fogel deckt auf, dass jeder, der in den USA regimekritisches Material twittert, vom saudischen Geheimdienst identifiziert wird. Die saudische Führung macht aus Twitter ein Monstrum, eine Propaganda-Maschine. 80 Prozent der Saudis nutzen Twitter. Besonders für Aktivisten ist Twitter weltweit unentbehrlich. Als Antwort darauf hat „MBS“, wie der Kronprinz auch genannt wird, seine Cyberarmee aktiviert, um die Nachrichten zu manipulieren und Khashoggi zum Dissidenten ernannt.
15 hochrangige Staatsbeamte aus Saudi- Arabien waren an dem perfide ausgeklügelten Mord beteiligt. Es existiert brisantes Audiomaterial, Aufzeichnungen aus dem Hotel, die den Mord akustisch dokumentieren. Es stockt einem den Atem bei den Geräuschen seines Todeskampfes. Erst am 15. Oktober 2018 durfte man mit Genehmigung des türkischen Geheimdienstes, Spuren des Verbrechens sichern.
„Eine eigene Meinung zu haben gilt in Saudi-Arabien als Verbrechen“. Das bekommt auch der Aktivist Omar Abdulaziz, ein Freund von Jamal zu spüren. Vom kanadischen Exil aus kämpft er mit einer kleinen Gruppe gegen das Königreich. Auch er musste um sein Leben fürchten. Er erfährt, dass zwei seiner Brüder im Gefängnis sitzen und gefoltert werden. Trotz seiner Verzweiflung gibt er nicht auf und tut alles dafür, dass gegen „MBS“ ermittelt wird.
„Erst jetzt hat das Büro der neuen US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines einen Bericht in Washington veröffentlicht, in dem „MBS“ die Operation zur Gefangennahme oder Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi, nach Einschätzung des US-Geheimdienstes genehmigt hat. US-Außenminister Antony Blinken kündigte an, Einreisebeschränkungen für 76 Bürger Saudi- Arabiens zu verhängen. Auch das US- Finanzministerium erließ Sanktionen gegen mehrere Personen, darunter den früheren Vize-Geheimdienstchef Ahmed al-Asiri, der Anführer der Operation gegen Khashoggi gewesen sei. Der Kronprinz selber wurde von Sanktionen verschont“. (Quelle: Tagesspiegel) Ich fürchte, dass wird auch so bleiben, solange die Welt saudisches Öl kauft.
Der aufwendig gedrehte Film vermittelt erschreckende Einblicke in ein internationales Verschleierungsmanöver und deckt auf, dass niemand seines Lebens sicher sein kann, wenn man es mit den Machthabern dieser Welt aufnimmt.
Ulrike Schirm
USA 2020, 118 Min. mit Omar Abdulaziz, Hatice Cengis, John O. Brennan, Fred Ryan, David Kaye, Mohammad bin Salman, Mohamed Soltan, Kamal Khashoggi.
Quellen: Welt | dpa | Blickpunkt:Film | DCM | Tagespiegel
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