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Filmkritiken zu Kinostarts im Februar 2020, Teil 1

Wegen unserer Berichterstattungen zur OSCAR® Verleihung erscheinen Ulrikes Filmkritiken erst heute.



"ENKEL FÜR ANFÄNGER" Komödie von Wolfgang Groos (Deutschland). Mit Maren Kroymann, Heiner Lauterbach, Barbara Sukowa u.a. seit 6. Februar 2020 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Die vorherrschende Farbe im Leben eines Rentners sei beige, was soviel wie fade oder trostlos heißt und den Alltag so einiger Rentner bestimmt. So geht es auch Karin (Maren Kroymann), die anstatt immer nur zuhause zu hocken, noch was erleben möchte.

Nachdem ihr Mann (Günther Maria Halmer) die geplante Neuseelandreise plötzlich absagt, mit den Worten: „Für das Geld kriegen wir zwei Treppenlifte“ beschließt sie dem Rat ihrer flippigen Schwägerin Philippa (Barbara Sukowa) zu folgen und sich als Wahloma zu engagieren. Und weil Opas in diesem Job Mangelware sind, da sie andere Interessen haben, überredet sie den schwulen Witwer Gerhard (Heiner Lauterbach), der eigentlich ein verkappter Kinderhasser ist, seinem trostlosen Alltag etwas Farbe zu geben und sich bei der Leihgroßelternvermittlung vorzustellen, um sich um einen Patenenkel zu kümmern.

Mürrisch willigt er ein. Bei anfänglichen Fremdeleien, steht den frischgebackenen „Großeltern“ die unkonventionelle Philippa mit Rat und Tat bei. Für die festgefahrenen Rentner, die auf einmal mit den alltäglichen Bedürfnissen und Wünschen ihrer „Enkel“ konfrontiert sind, ist das gar nicht so einfach. Langeweile kommt unter Garantie nicht mehr auf.

Mit viel Wortwitz, Situationskomik und einem feinen Gespür für Jung und Alt, hat Regisseur Wolfgang Groos („Die Vampirschwestern) eine herzerwärmende Komödie für jedes Alter gedreht.

Ulrike Schirm


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"BIRDS OF PREY: The Emancipation Of Harley Quinn" Action-Abenteuer von Cathy Yan (USA). Mit Margot Robbie, Mary Elizabeth Winstead, Jurnee Smollett-Bell u.a. seit 6. Februar 2020 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Im Mittelpunkt dieses Action-Reißers steht Harley Quinn (Margot Robbie), die sich mit einem Riesenknall vom Joker (Jared Leto) getrennt hat. In ihrem Schmerz säuft sie sich die Hucke voll und crasht mit einem Tanklastzug in eine Chemiefabrik. Schnell spricht sich die Nachricht in Gotham City herum. Nun steht sie nicht mehr unter seinem Schutz. Sie wird nicht nur von der Polizei gejagt, sondern auch von der halben Unterwelt. Besonders auf sie abgesehen, hat es der Unterweltboss Roman Sionis, alias Black Mask (Ewan McGregor), ein übler Typ dem es gefällt, wenn sein Kumpel Victor Zsasz (Chris Messina) seinen Gegnern, die Haut vom Gesicht zerrt. Er ist stolzer Besitzer einer Sammlung von Schrumpfköpfen.

Sionis schäumt vor Wut. Die kindliche, ausgefuchste Taschendiebin Cassandra Cain (Elle Jay Busco) hat Zsasz einen wertvollen Diamanten, der Sionis gehört, aus der Tasche geklaut. Harley muss sich entscheiden: Entweder liefert sie die Kleine dem Wahnsinnigen aus, um sich ihre Freiheit zu erkaufen oder sie steht ihr zur Seite und beschützt sie. Die Geschichte wird aus der Sicht des Krawall-Girlies Harley Quinn erzählt. Da ihr Gehirn zu Gedankensprüngen neigt, springt sie zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her, was zu der temperamentvollen Figur passt.

Die chinesisch-amerikanische Filmemacherin Yan nimmt den Zuschauer mit auf einen actiongeladenen und schwarzhumorigen Streifzug durch Gotham City, eine heruntergekommene Stadt, in der vieles nicht so läuft wie es sollte.

Margot Robbie brilliert in der Rolle der abgedrehten Harley Quinn. Mit ihrem Baby-Doll Makeup und den schrägen bunten Klamotten und ihrer Lieblingswaffe, einem Baseballschläger, verkörpert sie alles andere, als eine Psychotussi. Neben all ihren Verrücktheiten, besitzt sie durchaus menschliche Züge, die hin und wieder durchschimmern.

Robbie, die auch Produzentin des kurzweiligen Spektakels ist, hat einen großen Anteil daran, dass die Schlüsselfiguren, mit Frauen besetzt wurden. Die schlagkräftige Frauengang, mit der Harley sich zusammentut und die ihr bei der Verbrecherjagd zur Seite steht, sind Huntress (Mary Elisabeth Winstead), die aus der Mafia-Bande Gothams stammt und die sich an der Ermordung der gesamten Familie rächen will, die Polizistin Renee Montoya (Rosie Perez), die es satt hat, dass ihr Vorgesetzter sie bei wichtigen Entscheidungen übergeht und die Nachtclubsängerin Black Canary (Jurnee Smollett Bell), die den Hals gestrichen voll von den üblen Machenschaften ihres Bosses Sionis, hat. Sie machen sich gemeinsam auf die Suche nach der Taschendiebin.

„Birds of Prey“ lebt von seiner starken Frauenpower. In waghalsigen Kampfchoreografien machen sie den bösen Buben den Garaus. Die bonbonbunte Actionkomödie lässt so manchen Actionhelden blass aussehen. Frauenpower ist angesagt. Vergnüglich.

Ulrike Schirm


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"THE LODGE" eisiger Psychohorror von Severin Fiala & Veronika Franz (USA, GB). Mit Riley Keough, Jaeden Martell, Lia McHugh u.a. seit 6. Februar 2020 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Schon die Anfangsszene im Horrorstreifen „The Lodge“ lässt Böses ahnen. Die Mutter der Geschwister Mia (Lia McHugh) und Aidan (Jaeden Martell) hat sich erschossen, als ihr Mann ihr sagt, dass er wieder heiraten, wird. Das der Suizid der Mutter bei den Kindern Spuren hinterlässt, kann man sich ja denken und das es eine neue Frau an der Seite ihres Vaters (Richard Armitage) geben wird, ist ein Schock für sie.

Nach dem traumatischem Ereignis, schlägt ihr Vater vor, Weihnachten in ihrer Waldhütte am See, abseits der Zivilisation, zu verbringen und die Zeit zu nutzen, um seine Freundin Grace (Riley Keough), näher kennenzulernen. Doch sie lehnen die Neue ihres Vaters total ab. Als sie im Netz über sie recherchieren, wird es nicht besser. Sie finden heraus, das Grace einer religiösen Sekte angehörte, bei der ihr Vater der Anführer war und die einen kollektiven Selbstmord beging, und Grace als Einzige überlebte.

Ob die gemeinsamen Weihnachtstage an der Situation etwas ändern, wird sich noch zeigen. Das Dumme ist, das ihr Vater, kurz nach ihrer Ankunft, für einige Tage nochmal weg muss. Grace, die ihren Hund mitgebracht hat, bleibt nun mit den Kindern in dem einsamen Haus zurück. Sie gibt sich alle Mühe, dem Misstrauen der Kinder entgegenzuwirken und ihre Zuneigung zu gewinnen. Als Mias Puppe, die sie ständig mit sich rumschleppt, weil sie ihrer Mutter ähnelt, in ein Eisloch fällt, ist es Grace, die die Puppe rettet, und fast dabei ertrinkt.

Inzwischen schneit es immer mehr und es wird immer schwieriger zu Fuss wegzukommen. Die Präsenz der Mutter ist schmerzhaft spürbar. Es geschehen merkwürdige Dinge. Plötzlich sind alle Sachen von Grace verschwunden, auch ihre Psychotabletten, die sie täglich nimmt. Der Kühlschrank ist leer und auch Mias Puppe ist weg. Die Atmosphäre im Haus wird immer eisiger und das liegt nicht nur an dem Schnee und Frost der draußen herrscht. Die Hütte ähnelt immer mehr einem Gefängnis und man fragt sich, wer hier was inszeniert und wer hier fantasiert.

Das österreichische Regieduo Veronika Franz und Severin Fiala sorgten schon für Aufsehen mit ihrem Psychoschocker „Ich seh, Ich seh“. „The Lodge“ ist ein klaustrophobisches Psychodrama über familiäre Traumata und religiöse Besessenheit, in dem das Publikum geschickt auf falsche Fährten geschickt wird.

Ulrike Schirm


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"VARDA PAR AGNÈS" dokumentarisches Selbstportrait der Wegbereiterin der Nouvelle Vague von Agní¨s Varda & Didier Rouget (Frankreich). Mit Agní¨s Varda. Seit 6. Februar 2020 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Die Filmemacherin Agní¨s Varda wurde 1928 in Ixelles bei Brüssel geboren. Im Paris der Sechzigerjahre gehörte sie zum Kern der Nouvelle Vague. Auf der 69. Berlinale lief ihr Film "VARDA PAR AGNÈS", ein berührendes Selbstportrait. Sie wurde mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet. Im März 2019 ist sie verstorben.

Filmkritiker nennen sie die Großmutter der Nouvelle Vague. „Eigentlich müsste ich als Dinosaurier der damaligen Filmbewegung bezeichnet werden. Man hat mich auch schon Madame Patate genannt, weil ich in meinen Installationen herzförmige Kartoffeln zeige“. Bevor sie anfing Filme zu machen, eine Filmhochschule hat sie nie besucht, interessierte sie sich für Kunst und Malerei und Fotografie. Ihr erstes Drehbuch hat sie in Gedichtform geschrieben. Ihre drei wichtigsten Wörter sind: Inspiration, Kreation, Teilen.

In ihren Dokumentarfilmen liebte es sie, Menschen zu filmen, ob sie es merkten oder nicht. Sie war eine leidenschaftliche und experimentierfreudige Filmemacherin, die sich in ihren Dok-Filmen derer annahm, die sonst keine Stimme haben. Es interessierte sie der echte Mensch, sowie Bauern, Fischer oder Hausbesetzer.

In ihrem Selbstportrait nimmt sie auf einer Theaterbühne Platz und gibt Einblicke in ihr Schaffen, spricht über ihre künstlerischen Visionen und Ideen mit Ausschnitten aus ihrem Werk. Ihre lebendigen, anekdotenreichen und klugen Lektionen unterteilt sie in zwei Abschnitte. In ihren Ausführungen zur „analogen Zeit“ von 1954 bis 2000 steht die Regisseurin im Vordergrund. Eine Filmemacherin, die auszog, das Kino neu zu erfinden, offen für den Zufall, und die in jedem neuen Film ihren Erzählstil wechselt.

Im zweiten Teil befasst sie sich mit den Jahren 2000 bis 2018 und zeigt wie sie die digitale Technik nutzt, um in ihrer ganz eigenen Art auf die Welt zu blicken. Vor und hinter der Kamera erweist sie sich als visuelle Geschichtenerzählerin, fern von Konventionen und vorgegebener Dramaturgie. Was sie immer wollte, ein radikal neues Kino machen.

Zuletzt hat sie mit dem französischen Street-Art-Künstler JR den Film „Augenblicke: Gesichter einer Reise“ gedreht, in dem beide zu sehen sind. Er macht sich darüber lustig, dass sie klein und alt ist. „Na und, ich war immer klein aber nicht immer alt. Das ist der Unterschied“. Im Film „Der Sammler und die Sammlerin“ betastet sie die Falten ihrer linken Hand und sagt: „Oh mein Gott. Das Ende ist sehr nahe.“ Mit ihrem Film „Varda par Agní¨s“ hat die kleine aber großartige Agní¨s für einen würdevollen Abschied gesorgt. Am Ende des Films verschwindet sie in einem Sandsturm am Strand.

Ulrike Schirm


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