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BMWi: Studie über die Filmindustrie in Deutschland

Bundesministerium für Wirtschaft und Industrie veröffentlicht erstmals Studie zur wirtschaftliche Bedeutung der Filmindustrie in Deutschland.



Um verlässliche Zahlen zur weiteren Förderung der Filmindustrie in Deutschland zu bekommen, hatte das Bundeswirtschaftsministerium im Herbst 2015 eine Studie ausgeschrieben, die erstmals eine umfassende Darstellung der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der deutschen Filmwirtschaft leisten sollte. Ein Schwerpunkt lag daneben auf dem Vergleich der Filmförderung Deutschlands mit jener in anderen Ländern. Ein Punkt der in letzter Zeit zunehmend gerne zitiert wird, um auf den mit nur noch 50 Millionen Euro zumeist unterfinanzierten deutschen Filmförderfonds (DFFF) von Kulturstaatsministerin Monika Grütters aufmerksam zu machen.

Der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, heutiger Außenminister, hatte deshalb kurzfristig aus seinem Ressort zusätzlich weitere 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um auch die Serienfilmproduktionen vor allem am damals kriselnden Standort Potsdam-Babelsberg fördern zu können. Der Erfolg dieser Maßnahme sollte durch die Studie belegt werden. Untersucht werden sollten zudem Trends, unter anderem in den Bereichen Kino, Fernsehen und Filmvertrieb.

Erstellt wurde die Studie schließlich in der Zeit von Januar 2016 bis Januar 2017 von der Goldmedia GmbH Strategy Consulting als Projektleiter in Zusammenarbeit mit dem DIW Econ und der Hamburg Media School. Sie ist hier als PDF abrufbar:

Die Ergebnisse sprechen mit den Worten von Gabriels Amtsnachfolgerin Brigitte Zypries eine klare Sprache: "Die Filmindustrie ist mehr als eine Industrie der spannenden Geschichten. Sie hat große wirtschaftliche Bedeutung, auch über die über eigene Branche hinaus."

In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies: Der Produktionswert des gesamten Clusters der Filmwirtschaft mit seinen rund 161.000 Beschäftigten belief sich im Jahr 2014 auf 24,5 Mrd. Euro. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um die Summe der Branchenumsätze sowie im Bereich des Handels mit DVDs und Blu-rays um die entsprechenden Handelsmargen. Rund 13,4 Mrd. Euro des Produktionswertes der gesamten Filmwirtschaft entfallen dabei auf Aktivitäten der Fernsehveranstalter. Der Beitrag der gesamten Filmwirtschaft zur Wirtschaftsleistung (Bruttowertschöpfung) in Deutschland beläuft sich auf rund 13,6 Mrd. Euro - davon entfallen wiederum 7,3 Mrd. Euro auf Fernsehveranstalter.

Studie deckt auch Missstand in der Filmförderung auf.



Den Verfechtern einer erheblichen Erhöhung des DFFF oder der Schaffung eines Steueranreizmodells liefert die Studie einmal mehr gute Argumente. Denn sie illustriert nicht nur, wie sehr Deutschland in den vergangenen Jahren im internationalen Vergleich ins Hintertreffen geraten ist. Sondern sie spielt mögliche alternative Szenarien für eine massive DFFF-Aufstockung durch.

Die Studie verweist auf zahlreiche wirtschaftliche Aktivitäten, die durch Vorleistungsbeziehungen mit der Filmwirtschaft verknüpft seien und nicht zuletzt bei der Bewertung möglicher Hebeleffekte der Filmförderung zum Tragen kämen. Letztere sind natürlich der entscheidende Faktor, wenn es um das Für und Wider großzügig ausgestatteter Anreizsysteme geht. Die Betrachtung eines hypothetischen Anstiegs der Filmförderung durch den DFFF am Beispiel dreier Szenarien illustriert die möglichen Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfung relativ zum Fördervolumen: In der Studie wird ein Hebeleffekt je eingesetztem Euro auf 1,25 bis 7,4 Euro Bruttowertschöpfung errechnet.

Zwar wird betont: "Welcher Effekt im kausalen Sinne von einer Filmfördermaßnahme ausgeht, wäre zentraler Gegenstand einer umfassenden Evaluierung der Wirksamkeit von Filmförderung und kann im Zuge dieser Untersuchung nicht bewertet werden." Allerdings unterstreicht selbst der hypothetische "worst case", dass es sich bei Anreizförderung wie jener des DFFF nicht um "verlorene Zuschüsse", sondern um Investitionen mit Rendite für die Volkswirtschaft handelt.

Generell besitzt die Filmwirtschaft "große Strahlkraft", wie es das Bundeswirtschaftsministerium ausdrückt. So werden für jeden Euro an direkter Bruttowertschöpfung, der aus ihren Kernaktivitäten resultiert, insgesamt 1,60 Euro an Wertschöpfung in der Volkswirtschaft realisiert. Jeder direkt in der Filmwirtschaft Beschäftigte ergebe laut der Studie einen Gesamteffekt von 2,1 Erwerbstätigen. Die Verflechtungen der Filmwirtschaft mit der Volkswirtschaft insgesamt seien "signifikant", wie auch der Vergleich mit anderen Dienstleistungssektoren verdeutliche. So könnten sich die Kernaktivitäten der Filmwirtschaft mit ihrem Beschäftigungsmultiplikator mit anderen wichtigen Branchen des Dienstleistungssektors messen: Er sei vergleichbar mit dem Beschäftigungsmultiplikator der Finanzdienstleistungen von 2,2. IT- und Kommunikationsdienstleistungen weisen laut der Studie mit 1,7 beispielsweise einen niedrigeren Beschäftigungsmultiplikator auf. Darüber hinaus gebe es auch positive Ausstrahlungseffekte auf andere Branchen, bspw. für den Tourismus oder das Merchandising.

Als Filmstandort kann Deutschland laut der Studienresultate an sich punkten: mit vielfältigen Drehorten, finanzkräftigen Fernsehsendern, einer ausgeprägten Festivallandschaft und überwiegend guter allgemeiner sowie digitaler Infrastruktur. In der Filmtechnik übernehme Deutschland (beispielhaft genannt wird hier Arri) sogar eine Vorreiterrolle.

Im Vergleich zu Frankreich und Großbritannien, spielt der deutsche Film außerhalb Europas und vor allem in den USA mit einer Anzahl von nur 4% laut comScore allerdings nur eine geringe Rolle, wie das hier eingefügte Kreis-Diagramm zeigt. Um zum global Player zu werden müsste die deutsche Filmwirtschaft ganz anders unterstützt werden. Mehr zur aktuellen EU-Vergleichsstudie "The Circulation of European Films Outside Europe" hier als PDF.

Den "insgesamt hervorragenden und sehr stabilen" deutschen Produktionsbedingungen stünden jedoch nicht gleichermaßen gute Finanzierungsbedingungen gegenüber. "Die Entfaltung des vorhandenen Potenzials wird nach Meinung vieler Unternehmen und Filmschaffenden durch den wachsenden internationalen Wettbewerb gehemmt", so die Verfasser der Studie, die man gemessen an ihren Resultaten durchaus als Handlungsauftrag in Sachen Förderung interpretieren kann - auch wenn das Bundeswirtschaftsministerium betont, dass damit lediglich eine Diskussionsgrundlage vorgelegt wurde.

Dem unter Sigmar Gabriel im vergangenen Jahr eingeführten, mit zehn Mio. Euro pro Jahr aber noch recht bescheiden ausgestatteten German Motion Picture Fund (GMPF) wird jedenfalls implizit ein gutes Zeugnis ausgestellt - nicht zuletzt deshalb, weil er sich mit der Unterstützung (auch) von Serien und VFX Sparten widme, die hierzulande im internationalen Vergleich förderseitig noch deutlich unterrepräsentiert seien.

Selbstverständlich identifiziert die Studie zentrale Veränderungen in der Wertschöpfungskette, die bereits stattgefunden haben und sich mit erhöhter Intensität fortsetzen werden. Insbesondere die Verschiebung der Auswertung von physischen Trägermedien und linearem Fernsehen hin zu non-linearem, zeitautonom genutzten Online-Angeboten werde die Filmwirtschaft weiterhin stark verändern.

"Die Online-Auswertung von audiovisuellen Inhalten ist der Mega-Trend in der Filmwirtschaft", so das klare Fazit.

In einem Punkt irrt jedoch die Studie, zumindest an jener Stelle, wo Zahlen aus 2014 zugrunde gelegt werden. Diese sind nämlich längst überholt. Laut Studie würden weitere deutliche Zuwächse bei erstaufgeführten Langfilmen mit deutscher Beteiligung nicht erwartet. Laut ComScore stieg jedoch die Zahl von 236 im Jahre 2015 auf 256 Filme im Jahre 2016 - und diese Zahl schließt bekanntermaßen nur jene Projekte mit ein, an denen deutsche Produzenten majoritär beteiligt waren.

Dass insgesamt zu viele Filme starten, die nicht mehr alle in den Kinos untergebracht werden können, darüber sind sich 84 Prozent der befragten Kinobetreiber einig. Andererseits wird auch immer wieder betont, dass Tendenzen die NETFLIX und AMAZON anschieben, Filme die exklusiv auf Festivals laufen und danach nur noch online über Streamingdienste zu sehen sind, und somit den Kinos nicht mehr zur Verfügung stehen, nicht gutgeheißen werden, denn den Kinos fehlt das junge zahlungskräftige Publikum, das sich den Streamingdiensten oder dem Abo-Fernsehen wie Sky zunehmend zuwendet und nur noch Serienfilme oder deren neueste Eigenproduktionen bequem zu Hause auf Großbildschirmen online sieht.


Produzentenallianz: Studie nährt "Hoffnung auf wirkungsvolle filmische Industriepolitik".

Zur vorgelegten Studie erklärte Alexander Thies, der Vorsitzende der Produzentenallianz:

"Es sind beeindruckende Zahlen und Schlussfolgerungen, die das Bundeswirtschaftsministerium vorgelegt hat. Ich hoffe, dass das Engagement des BMWi in dieser Sache dazu beitragen wird, dass unsere Branche als das wahrgenommen wird, das sie ist: einerseits der zentrale Erzeuger von Kultur in unserem Land, andererseits aber eben auch Zukunftsindustrie, Schrittmacher der Digitalisierung und Job-Maschine.". Filmförderung sei eine Investition, "die sich volkswirtschaftlich schnell rentiert - und eben keine verlorene Subvention," so Thies weiter und fährt fort: "Dass dies jetzt auch vom Wirtschaftsministerium bestätigt wird, nährt unsere Hoffnung auf eine wirkungsvolle filmische Industriepolitik, mit der sich die deutsche Filmwirtschaft ihrem Potential gemäß entwickeln kann."

Deutscher Filmförderfonds soll wieder aufgestockt werden.

Beim Produzententag am 09. Februar 2017 lies Kulturstaatministerin Monika Grütters dann doch noch die Katze aus dem Sack. Zur allgemeine Überraschung versprach Sie eine signifikante Erhöhung des Deutschen Filmförderfonds bereits im laufenden Jahr und stellte darüber hinaus weitere "substantielle Erhöhungen" ab 2018 in Aussicht. (Zumindest unter der Voraussicht, dass Sie nach der Wahl im Herbst weiterhin das Zepter führt - Anmerkung der Redaktion.)

Demnach wird der DFFF-Topf in einem "ersten Schritt" um 25 Mio. Euro (oder 50 Prozent) auf dann insgesamt 75 Mio. Euro für das Jahr 2017 aufgestockt. Carl Woebcken, Vorstandsvorsitzender Studio Babelsberg AG bedankte sich für die positive Aussichten bei der Ministerin und freut sich, dass die Politik entsprechende Rahmenbedingen schafft, die uns im europäischen Wettbewerb wieder auf Augenhöhe bringen, denn Deutschland hatte im europäischen Standortwettbewerb den Anschluss verloren.


Filmförderungsanstalt legte Bilanz des Kinojahres 2016 vor.

Laut Filmförderungsanstalt (FFA), die ihre Bilanz des Kinojahres 2016 am 07. Februar 2017 vorlegte, wurde zum vierten Mal in Folge die Marke von einer Milliarde Euro am Boxoffice knapp überschritten. Allerdings lieferten die jetzt vorgelegten offiziellen FFA-Zahlen keine eindeutige Aussage über die Zufriedenheit mit dem vergangenen Kinojahr: Zu stark divergiert die historische Einordnung nach Umsätzen bzw. Besucherzahlen - und auch nach Kinotypen.

Für das Arthouse-Kino war 2016 ein wirklich gutes Jahr, in dem – Klasse statt Masse – endlich auch einmal die kulturelle Wertschätzung des deutschen Films sichtbar wurde. Neben "Toni Erdmann" haben Produktionen wie "Vor der Morgenröte", "Tschick", "Colonia Dignidad", "Wild" oder "Nebel im August" erfolgreich im Kino und auf vielen Festivals gezeigt, wie groß die Vielfalt des deutschen Films in seiner ganzen Breite ist“, betont FFA-Vorstand Peter Dinges.

Fest steht jedoch, dass insgesamt Rückgänge in der Höhe von 12,4 Prozent beim Boxoffice und 13 Prozent bei den Besuchern gegenüber dem Rekordjahr 2015 zu verzeichnen sind. Die nun vorgelegten Zahlen liegen allenfalls knapp über Prognosen, die Experten bereits zu Beginn des Jahres angestellt hatten, und die wir am 21. Januar 2017 zusammen mit einer Statistik über Besucher deutscher Filme im Fünfjahresvergleich veröffentlicht hatten.

Den stärksten Anteil am Boxoffice verzeichneten entgegen allen Unkenrufen weiterhin die US-3D-Blockbuster. Allen voran "Star Wars: Das Erwachen der Macht"! Das Kinohighlight zu Weihnachten, das sämtliche Zahlen nach oben puschte. Wer übrigens glaubt, das Geschäft sei gegenüber dem Vorjahr hauptsächlich in den Fußball-EM-Wochen eingebrochen, der irrt, (wie beispielsweise Gerold Marks in seinem Kommentar auf unserer Facebookseite vom 10. Januar 2017). Stärker ins Gewicht fielen sowohl prozentual als auch nach absoluten Zahlen die Rückgänge im April (-32,9 Prozent) und September (-31,9 Prozent). Positiver "Ausreißer" im Kinojahr 2016 war der August als einziger Monat, der mit einem Plus von 19,1 Prozent deutlich über dem Vorjahr lag.

Auch von "Kinosterben" kann (noch) keine Rede sein. Zwar gingen ganze 58 Säle im Laufe des Jahres verloren. Ihnen standen jedoch 105 Neu- und Wiedereröffnungen gegenüber, der höchste Stand seit 2008. Das Plus bei den Sitzplätzen belief sich jedoch auf weniger als 0,2 Prozent, denn etliche Theaterbesitzer haben Modernisierungen mit breiteren Sitzabständen und bequemeren Sesseln vorgenommen, um die Attraktivität des Kinobesuchs zu steigern. Auch der Trend, mehr, aber kleinere Säle zu bauen, um damit nicht zuletzt eine noch größere programmatische Vielfalt gewährleisten zu können, schlägt sich deutlich in dieser Entwicklung nieder, sodass die Zahl der Säle zuletzt um rund ein Prozent auf insgesamt 4739 stieg. Hierzu bitten wir auch unseren Artikel vom 16.02.2017 über geplante Arthouse-Neueröffnungen der Berliner Yorck-Kinogruppe zu beachten.

Link: www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/bedeutung-filmindustrie.html
Quellen: BMWi | Blickpunkt:Film | FFA

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