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Eklat beim 65. Filmfest Mannheim-Heidelberg 2016

Jesiden stürmten Bühne beim Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg. Der kritisierte Film gewann dennoch den Hauptpreis.



Deutschlands drittgrößtes Filmfestival nach der Berlinale und dem Filmfest München endete am Sonntag, den 20. November 2016, trotz verkürzter Dauer und überwiegend Werken von Newcomern, mit stabilen Zuschauerzahlen. Die Preisverleihung fand schon am Samstag statt, sodass wir hier heute die Gewinner nennen können.

Mit insgesamt 49 Filmen konzentrierte sich das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg in seiner 65. Jubiläumsaufgabe auf junge, erste Meisterwerke des Weltkinos, darunter 30 Newcomer-Filmwerke, ergänzt von elf weiteren neuen noch wenig bekannten Filmwerken des aktuellen Independent Cinema und acht Filmen im Kinderfilmprogramm.

Das Festival begrüßte knapp 400 internationale Gäste, darunter Schauspieler, Regisseure und Produzenten aus 34 Ländern. Bei 98 Filmgesprächen nach den Filmvorführungen im Mannheimer Stadthaus und in der Kinozeltstadt in Heidelbergs Campbell Barracks nahm das Publikum begeistert am Filmfestival teil.

Die Strategie von Michael Kötz, Direktor des Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg, die Newcomer-Filme in den Vordergrund zu stellen und die Aufmerksamkeit nicht von Retrospektiven oder anderen Begleitprogrammen ablenken zu lassen, ist beim Publikum auf volle Akzeptanz gestoßen. Mit über 50.000 verkauften Tickets und – einschließlich der Fachbesucher - hochgerechnet ca. 60.000 Filmbesuchen insgesamt konnte Festivaldirektor Dr. Michael Kötz in nur elf Tagen die Besucherzahlen des Vorjahres erzielen. 2015 lag das Festival im Oktober und dauerte 16 Tage.

Ein Tumult erschütterte kurzzeitig das Festival. Eine kleine Gruppe von aufgebrachten Jesiden des Vereins "Eziden weltweit" gelang es, die Premiere der deutsch-iranischen Koproduktion „ReŁŸeba - The Dark Wind“ von Regisseur Hussein Hassan zu stürmen und für einige Minuten zu unterbrechen. Eine Online-Kampagne der jesidischen Plattform "íŠzí®dí® Press" bildete den Hintergrund für den Zwischenfall. Sie beruft sich auf Szenen des Films, die in dessen endgültiger Fassung nicht mehr vorhanden sind, und wirft ihm vor, die Haltung der Jesiden zu jesidischen Frauen, die von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) verschleppt wurden, falsch darzustellen. Sicherheitskräften gelang es die Situation zu deeskalieren und die Protestler aus dem Saal zu bringen. Ein bislang einmaliger Vorgang in den letzten 25 Jahren des Festivals. Die Protestierenden konnten jedoch zu einem kontroversen, aber friedvollen Gespräch nach dem Film überredet werden. Hier der Trailer:



Der Film beginnt auf einer jesidischen Verlobungsfeier im irakischen Kurdistan, die jäh von einem Angriff des IS unterbrochen wird. Den Feiernden gelingt es nicht, sich in Sicherheit zu bringen und die IS-Kämpfer nehmen alle Frauen gefangen - unter ihnen auch die 23-jährige Braut Pero, die meistbietend an einen der IS-Anführer versteigert wird. Der Bräutigam unternimmt daraufhin alles, um seine Braut wiederzufinden und zu retten. Nach Angaben des Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg zeigt das Werk einerseits, dass die Führer der Jesiden die traumatisierten Frauen mit offenen Armen wieder in die Gemeinschaft aufnehmen, lässt aber nicht unerwähnt, dass es unter den Jesiden auch Menschen gibt, die Probleme mit dieser Haltung haben.

"Wir zeigen unseren Film in Deutschland zum ersten Mal und plötzlich ist das Festival mitten im Konflikt zwischen Kurdistan, Iran, Türkei und dem IS", sagte Produzent Mehmet Aktas, der sich nach dem Zwischenfall geschockt zeigte.

Ähnlich erging es Festivalleiter Michael Kötz, der ergänzt: "Wir zeigen bewusst auch kontroverse Filme, um eine gesellschaftspolitische Diskussion zu befördern. Doch kann diese niemals die Freiheit der Kunst in Frage stellen. Ich habe großes Verständnis für Menschen und ihre persönlich traumatische Situation, aber wenn der Film läuft, gehört die Leinwand den Filmkünstlern, welche Geschichte sie auch erzählen."

Die Internationale Jury des 65. Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg vergab den Grand Newcomer Award Mannheim-Heidelberg - Hauptpreis des Filmfestivals für den besten Spielfilm an:

• „ReŁŸeba - The Dark Wind“, von Hussein Hassan
Durch beeindruckende Regie, ein starkes Drehbuch und großartige Schaupielleistung gelingt es „The Dark Wind“ aus seinem dramatischen und drängenden Thema ein vollendetes cinematographisches Werk zu machen.

Special Newcomer Award Mannheim-Heidelberg für den besten unkonventionell erzählten Spielfilm geht an:

• "Kasap Havasi - Wedding Dance" von í‡igdem Sezgin
Der Film bildet auf sehr gewagte, sensible und kluge Weise eine komplexe Realität ab, in der Tradition und Moderne miteinander ringen. Getragen von fesselnden Charakteren und auf gesunden Humor zurückgreifend, wird hier ein subtiles Bewusstsein von menschlichen Zuständen gezeigt.... Hier der Trailer:



Special Achievement Award für eine außergewöhnliche Leistung geht an:

1.) die Schauspielerin Rimma Zyubina für die Hauprolle in "Gnizdo Gorlytsi - The Nest of the Turtledove" von Taras Tkachenko
Das ist das, was die Jury gerne zu Daryna, gespielt von der unvergesslichen Schauspielerin Rimma Zyubina, sagen möchte und zu allen hier. Es gibt einen anderen Weg: Gewalt und Zwang sind nicht die wahre Natur der Realität, in der Vertrauen, Hoffnung und Liebe regieren. Glauben wir das wirklich?

2.) den Schauspieler Shaghayegh Kamandi für seine Rolle des Vaters in "Zamani Digar - Another Time" von Nahid Hassanzadeh
Für seine tiefgehende, intensive, komplexe und präzise Gestaltung einer Figur, die unmittelbar und für eine lange Zeit im Gedächtnis bleibt, vergibt die Jury den zweiten Special Achievement Award Mannheim-Heidelberg an den Film „Another Time“.

Die Jury vergibt eine Lobende Erwähnung für bedeutende Leistungen in der Darstellung, Bildführung, Musik, Montage etc. an den Regisseur Milos Radovic für „Train Driver’s Diary“, der eine Komödie gemacht hat, die die Menschen überfährt, ohne dabei aus der Spur zu kommen. Hier der Trailer:



Der Internationale Filmkritiker Preis vergeben durch die FIPRESCI-Jury geht an:
"To Keep the Light" von Erica Fae, einem beeindruckenden Spielfilmdebüt mit ausgezeichneter Mise en Scí¨ne und einer starken historischen wie zeitlosen Thematik. Hier der Trailer:



Der Preis der Ökumenischen Jury geht an:
"Gnizdo Gorlytsi - The Nest of the Turtledove" von Taras Tkachenko.
Die Ukrainerin Daryna, die als Hausmädchen in einem gut situierten Haushalt in Italien arbeitet, kehrt zu ihrer Familie zurück und ist zwischen ihren beiden Leben hin- und hergerissen. Der Regisseur betont in subtiler Weise, wie die Beziehungen und Bedürfnisse aller Charaktere von Geld getrieben sind. Darynas Ringen um Würde als Frau und Mutter führt dazu, dass die Menschen um sie herum beginnen, sich zu verändern. Während der Osterfeierlichkeiten in ihrem Heimatdorf schließt sie Frieden mit sich und ihrem Leben.

Der Publikumspreis für den beliebtesten Film geht ex aequo an:
"Train Driver’s Diary" von Milos Radovic und "Moon Dogs" von Philip John. Letzterer ist ein Roadmovie, eine Coming-of-Age-Story und eine Menge guter Musik. Glaubwürdig, intensiv und witzig wird die Geschichte von zwei Brüdern erzählt, die gemeinsam einen Weg finden, mit den Schwierigkeiten des Lebens klarzukommen. Hier der Trailer:



Link: www.iffmh.de
Quellen: Zoom Medienfabrik | Blickpunkt:Film

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