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ZERO - minimalistisch und doch wieder hochmodern

"Die unendliche Leichtigkeit des Seins". (Update mit textlichen Ergänzungen)



Es sei eine Schande, dass kein Museum in Deutschland sich bisher der ZERO-Kunstbewegung der 50er und 60er Jahre gewidmet hätte, wetterte der gealterte, aber immer noch fidele Künstler Heinz Mack bei der Pressekonferenz zur Eröffnung der großartigen ZERO Ausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau.

Just am 20.03.2015, dem Tag der Sonnenfinsternis, das für Heinz Mack so ausschlaggebende Symbol seiner Kunst, würdigen endlich die Berliner Festspiele in Kooperation mit der Zero Foundation die Avantgardegruppe, die sich einst - kurz nach dem zweiten Weltkrieg - im Düsseldorfer Raum, um den im letzten Jahr in Berlin verstorbenen Künstler Otto Piene und seinen Freund Heinz Mack, gegründet hatte.

Nach der im New Yorker Guggenheim Museum stark bejubelten Ausstellung, werden die dort gezeigten puristischen Exemplare in einer noch umfassenderen Präsentation nun dem Berliner Publikum gezeigt. Zwar fehlen einige einst zur ZERO-Bewegung zugehörige Künstler, wie der 2005 verstorbene Fotograf, Werbefachmann und Kurzfilmer Charles Wilp in der Ausstellung, dafür sind einige seiner Bilder in dem umfassenden Katalog zu finden. Fotokunst war seinerzeit noch analog und das Filmmaterial nach Ende des zweiten Weltkrieges ziemlich teuer, weshalb äußerst behutsam damit umgegangen wurde. Dennoch überzeugt die Ausstellung überall mit einer Leichtigkeit und symbolisiert die Kunst der Jugend, nicht der alter Männer. Deshalb ist sie für die heutigen Künstler so anregend, denn sie nimmt etwas vorweg, was heute erst en Vogue ist.


Bis zum 08. Juni 2015 werden im Berliner Gropius-Bau auf 3000 Quadratmetern rund 200 Werke von mehr als 40 Künstlern der Zero-Bewegung zu sehen sein. Es ist die größte und umfangreichste Ausstellung, die es je zu dieser Bewegung gegeben hat. Ein vielfältiges Begleitprogramm wird sich in der Akademie der Künste intensiv mit dem Einfluss von ZERO auf jüngere Künstlergenerationen beschäftigen und ein breit angelegtes Rahmenprogramm, das sich aus Musik, Tanz, Film und Literatur zusammensetzt, schlägt die Brücke von der historischen Neo-Avantgarde in unsere heutige Zeit.

Von der Nationalgalerie über den Martin-Gropius-Bau zum Hamburger Bahnhof.
Für Berlin ist die Schau auch eine Wiederbegegnung mit dem großen Lichtmagier Otto Piene, der im Juli mitten in den Vorarbeiten für eine Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie mit 86 Jahren gestorben war, wie wir am 18. Juli 2014 in einem Update berichteten. Mittlerweile ist der Mies-van-der-Rohe-Bau für mehrere Jahre geschlossen. Direktor Udo Kittelmann nutzt derweil den Hamburger Bahnhof als Ausweichquartier für neue spannende Präsentationen, die ebenfalls auch für die Filmkunst von Bedeutung sind.

So findet man in der von Udo Kittelmann kuratierten und kürzlich eröffneten Ausstellung »Two by Two« Reminiszenzen an Alfred Hitchcocks "Vertigo", einer der wichtigsten Arbeiten des Regisseurs. Inmitten der wunderbar farblich komponierten, paarweise gehängten Bilder, der derzeit in New York lebenden, aber in Kalifornien an der Ostküste aufgewachsenen US-Künstler Mary Heilmann & David Reed, die erstmals in einem gemeinsamen Kontext gezeigt werden, steht das von Reed inszenierte leere Bett aus der berühmten Filmszene in der Kim Novak soeben nackt gelegen haben könnte und aus dem Reich der Toten wieder auferstanden ist. Dazu schallt ein von Heilmann komponierter Remix der Filmszene in einer permanenten Tonschleife durch den Raum. Von David Reed, der auch Videokünstler ist, werden in einem extra Raum weitere diverse Film und Dia-Sequenzen gezeigt. In seinen Werken machen sich insbesondere die Aura von Hollywood und die Faszination für die Bildsprache des Films bemerkbar.

Noch umfassender sind die bisher wenig bekannten musikbezogenen Werke des 1998 verstorbenen Künstlers Dieter Roth in den Rieckhallen, dem lange Zeit als Lager- und Speditionshallen genutzten späteren 330 Meter langen Anbau neben dem historischen Hamburger Bahnhof. Der einst als chaotisch geltender Künstler und Free-Jazzer wird heut hoch geschätzt. Seine ehemaligen Auftritte können auf zahlreichen Monitoren und Videowänden in den schier endlosen Räumen und Kojen der Riekhallen bewundert und belächelt werden. "Und weg mit den Minuten" ist die Aussage und laxe Einstellung eines jungen, vielleicht damals etwas gelangweilten Künstlers, der sich mit der Schaffung unterschiedlicher Medien wie Zeichnungen, Malerei, Installationen, Sprache, Musik, Aktion und Film die Zeit vertreiben wollte.



Auch die Kunstwerke in der Auguststraße widmen sich in ihrem Frühlingsprogramm einerseits dem Film in einer Einzelausstellung von Elí­n Hansdóttir, zum andern aber auch dem umfassenden Werk der kalifornischen, im vorletzten Jahr jedoch leider verstorbenen Künstlerin Channa Horwitz. In beiden Ausstellungen geht es um Räume und Räumlichkeiten in der Kunst, weshalb sich die sehr unterschiedlichen Arbeiten sich letztendlich dennoch wunderbar in dem Gebäude ergänzen.

Es ist das erste Mal, dass das Medienboard Berlin-Brandenburg die Ausstellung einer Künstlerin und damit quasi eine Filmkulisse förderte, denn weder ein Drehbuch noch eine feste Idee waren vorhanden. Vielmehr sollte die aus alten Trickfilmen bekannte Glasmalerei in einem heutigen Filmset erforscht werden, um dem Betrachter die alten Techniken plausibel zu machen. In der ortsspezifischen Arbeit SUSPENSION OF DISBELIEF nutzt die isländischen Künstlerin Elí­n Hansdóttir die Architektur der KW, dem Institut for Contemporary Art, einer ehemaligen Margarinefabrik, als Ausgangspunkt für eine Raum- und Filminstallation. Hansdóttir erforscht, wie jedes Medium die Wahrnehmung des Raumes bestimmt und verschränkt in dieser Arbeit Gegenwart und Vergangenheit, Fläche, Tiefe und Bewegung. Das Ergebnis ist ein Stockwerk höher im selben Gebäude als Video zu sehen.

Das Medienboard wollte mit der Arbeit die Bedeutung der Kunst im Film und die Gattung der Kunstfilme stärker als bisher in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Trotz der Förderung hat uns die Arbeit nicht überzeugt, während uns dagegen vor allem die filigranen Werke von Channa Horwitz im Erdgeschoss begeistert haben.

Wenn vom 1. bis zum 3. Mai 2015 das Gallery Weekend in Berlin wieder Tausende Kunstfreunde nach Berlin lockt, werden sicherlich noch weitere spannende Film- und Videoarbeiten in den zahlreichen Berliner Galerien zu entdecken sein.

Links: www.kw-berlin.de
www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/hamburger-bahnhof/home.html
www.berlinerfestspiele.de/de/aktuell/festivals/gropiusbau/ueber_uns_mgb/aktuell_mgb/start.php

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