Skip to content

Allerletzte Vorführungen im Kino ARSENAL am Potsdamer Platz zur 75. Berlinale

Zur 75. Berlinale wird das bereits geschlossene Kino ARSENAL am Potsdamer Platz ein letztes Mal geöffnet.



Kurz vor Weihnachten gab es die letzten Abschiedsvorstellungen des Instituts für Film und Videokunst e.V. im Kino ARSENAL am Potsdamer Platz. Auch die DFFB und das Filmmuseum der DEUTSCHEN KINEMATHEK sind längst ausgezogen, da der neue Investor des ehemaligen Sony Centers andere Pläne hat, sodass das ARSENAL vorübergehend im WOLF Kino in Neukölln ins Exil gegangen ist, bevor ein Neubau Anfang 2026 im Weddinger Silent Green Kulturquartier bezogen werden kann.



Zur 75. Jubiläums-Berlinale werden die Räume des Kinos ARSENAL am Potsdamer Platz dennoch ein letztes Mal vom FORUM bespielt, bevor der Vorhang endgültig für immer fällt. Darüber hinaus werden die Filme des FORUMS im Februar 2025 im Delphi Filmpalast, silent green Kulturquartier, Zoo Palast, Cubix, Colosseum und Stage Bluemax Theater gezeigt.

Die von Erika Gregor und Ulrich Gregor gegründete Berlinale Sektion FORUM des Jungen Films feiert in diesem Jahr seine 55. Ausgabe und präsentiert zudem zum zweiten Mal unter der Leitung von Barbara Wurm mit dem FORUM SPECIAL ein kuratiertes Programm historischer und aktueller Filme, das mit dem Hauptprogramm des Forums korrespondiert und sich dem verheerenden Zustand der Gegenwart über den bewussten Blick in die Vergangenheit stellt.

Stand die Auswahl im letzten Jahr unter dem Motto „Relations & Resistance“ und widmete sich leiseren Stimmen des politischen Widerstands aus feministischer, anti-patriarchaler und generational vorwiegend älterer Perspektive, so führt das FORUM SPECIAL 2025 mit „Offene Wunden, offene Worte“ diese programmatischen Linien konsequent fort und lenkt den Blick diesmal verstärkt auf Positionen der jungen Generation: auf das Aufwachsen, Aufwachen, Erwachsen- und Teil-der-Gesellschaft-Werden – geprägt von kulturellen Normen, sozialer Ungleichheit und politischem Unrecht.

Neben zwei neuen 4K-Restaurierungen, die im Forum 2025 ihre Weltpremiere feiern werden – "Das falsche Wort" (The Lie, 1987) von Katrin Seybold und Melanie Spitta, einem Meilenstein der Aufarbeitung der NS- und Nachkriegs-Verbrechen gegen deutsche Sinti, erzählt aus der Sicht von Sinti*zze und neu bearbeitet vom Filmmuseum München, sowie "Iracema, uma transa amazônica" (Iracema,1975) von Jorge Bodanzky und Orlando Senna, einem bereits vor Jahrzehnten auf das fatale Konglomerat aus Umwelt-, Frauen- und Indigenen-Exploitation hinweisenden dokumentarischen Spielfilm des brasilianischen Cinema Novo –, stehen drei aktuelle Footage-Arbeiten: "The Long Road to the Director’s Chair", eine Rough-Cut-Dokumentation der damals 28-jährigen Vibeke Løkkeberg des Ersten Internationalen Frauenfilm-Seminars im Kino Arsenal in Berlin 1973, 51 Jahre später mit im Archiv gefundener Tonspur rekonstruiert und nun ein Manifest feministischer Filmgeschichte; Tamara Stepanyans Mes fantômes arméniens (My Armenian Phantoms), der so intime, den Tod des berühmten Schauspieler-Vaters wie die Anfänge der eigenen Karriere als Filmemacherin reflektierende Dialog mit der sowjetisch-armenischen Filmgeschichte; sowie schließlich "Scars of a Putsch" von Nathalie Borgers, ein weiterer Rückblick auf politische Ereignisse, die zwar vor Dekaden stattgefunden haben – hier: der den Traum einer türkischen Demokratie radikal beendende Militärputsch am 12. September 1980 –, aber bis heute nachwirken.

„Offene Wunden, offene Worte“ ist Gelegenheit, einmal mehr über das heute den gesamten geopolitischen Globus prägende Missverhältnis von (niedergeschlagenen) Volksaufständen, Zivilaktivitäten, Solidaritäts-aktionen und Bürgerrechtsbewegungen einerseits und autokratisch-diktatorischen Personen, Institutionen, Strukturen und Herrschaftssystemen andererseits nachzudenken – im Bewusstsein der unverwirklichten emanzipativen Potenziale damals und heute.

Ein Kurzfilmprogramm mit drei studentischen Arbeiten nimmt zudem die nächste Filmemacher*innen-Generation in den Fokus, bei ihrem Versuch, in unserer Welt der post- und neo-kolonialen, -imperialen, -kapita-listischen, -faschistischen, -stalinistischen Ordnungen Fuß zu fassen (und ihr einen Spiegel vorzuhalten): drei dokumentarische Positionen zu Georgien, China und Usbekistan; drei politische Brandherde; drei leidenschaftliche Befragungen der demokratiefeindlichen Gegenwart und Geschichte; drei authentische Aufbrüche junger Frauen in eine fragile Zukunft: "Shinagani gazapkhulebis q'vaviloba" (Inner Blooming Springs) von Tiku Kobiashvili, "Guochang" (Fruit Farm) von Nana Xu und "Nagota" (Nudity) von Sabina Bakaeva.

Die Filmvorführungen werden von Gesprächen mit den Filmemacher*innen begleitet. Zusätzlich finden Paneldiskussionen mit weiteren Gästen statt: zur aktuellen (film-)politischen Situation in Georgien unter anderen mit Salomé Jashi (Documentary Association Georgia) sowie zu Grassroots-Bewegungen und unabhängigen Film-Workshops mit Julia Schaginurowa (Tashkent Film School).

Die dritte Säule des FORUMS ist das FORUM EXPANDED, das zu seiner 20. Jubiläumsausgabe mit Veränderungen und Kontinuitäten aufwartet.

Das Kurator*innenteam, bestehend aus Sektionsleiter Ulrich Ziemons und den Co-Kuratorinnen Karina Griffith und Shai Heredia, bereitet derzeit das Programm für das kommende Festival vor. Ala Younis, die das Forum Expanded seit 2021 gemeinsam mit Ulrich Ziemons leitete, tritt nach vielen Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit von ihrer Position als Co-Leiterin zurück, um ihre freie kuratorische Arbeit fortzusetzen und sich ihren Kunst-, Publikations- und Forschungsprojekten zu widmen. Sie bleibt dem Forum Expanded weiter eng verbunden.

„Die Teilnahme am Forum Expanded war für mich eine wertvolle Erfahrung. Ich bin dem Team, den Filmemacher*innen und Künstler*innen sowie den Zuschauer*innen dankbar, die mit ihrem Engagement einen Raum für Kreativität und Wachstum geschaffen haben. Ich wünsche dem Forum Expanded alles Gute und freue mich darauf, seine zukünftige Entwicklung zu verfolgen“, kommentiert Ala Younis.

Auch im beginnenden dritten Jahrzehnt seines Bestehens bleibt das Forum Expanded ein wandelbarer, sich stetig weiterentwickelnder Raum für die Präsentation und Diskussion von erweiterter, experimenteller und künstlerischer Filmpraxis. Seit seiner Gründung im Jahr 2006 fördert das vom Arsenal – Institut für Film- und Videokunst organisierte Programm den Diskurs über diese Praxis als lebendiges Feld der Auseinandersetzung mit den (geo-)politischen, sozialen und ästhetischen Entwicklungen, die die Welt prägen.

Link: www.berlinale.de

Anzeige