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Die Gewinner des 19. Zurich Film Festival + 31. Filmfest Hamburg

Am Samstag, den 7. Oktober 2023, fanden sowohl in Zürich als auch in Hamburg Abschlussveranstaltungen mit Preisverleihungen statt.



In den vergangenen elf Tagen verzeichnete das ZFF - Zurich Film Festival 130'000 Besucherinnen und Besucher. Insgesamt wurden 150 Filme gezeigt, 52 davon liefen als Welt- oder Europapremiere – so viele wie noch nie. Stars wie Jessica Chastain, Ethan Hawke, Mads Mikkelsen oder Diane Kruger zogen die Filmfans in ihren Bann, und das neue Kino Frame mit seinen sechs Sälen erwies sich als Publikumsmagnet.

Auch wenn das Zurich Film Festival mit seiner 19. Ausgabe deutlich jünger ist als das 31. Filmfest Hamburg, so hat es doch durch die langjährige Kooperation mit dem A-Film Festival in San Sebastián einen höheren oder bedeutenderen Status erlangt als das Filmfest Hamburg, das im Rang gleichauf mit dem sicherlich ebenfalls renommierten Filmfest München stehen mag.

Noch lange nicht haben diese beiden deutschen Filmfeste den A-Status der Berlinale erreicht, auch wenn sich in Berlin gerade ein Drama anberaumt, weil sich niemand vorstellen kann, wie es nach den angesagten Budget-Kürzungen und dem angekündigten Rücktritt des künstlerischen Leiters Carlo Chatrian in Berlin weitergehen kann.

Während das Filmfest München neben einigen deutschen Premieren vor allem die deutschen Erstaufführungen von Cannes präsentiert, hat das Filmfest Hamburg neben weiteren deutschen Premieren die Nische entdeckt, die Premieren von Venedig frühzeitig nach Deutschland zu holen.

Das ZFF - Zurich Film Festival holte dagegen internationale Stars in die Schweiz und teilt sich dabei oftmals die teuren Überseeflüge und Aufenthalte der internationalen Stars in Europa mit San Sebastián.

14 Feature Films und 14 Docufilms standen in Zürich im internationalen Wettbewerb um das Golden Eye. Zudem gab es ähnlich wie bei der Berlinale, Gala Screenings sowie eine Special Screenings Sektion in der formal innovative Autoren-Filme gezeigt wurden. Eine Sektion des New World View sowie Border Line Filme, die sich den Human Rights Themen und humanitären Projekten widmen, ergänzten das Programm in Zürich.

Aus den insgesamt 150 gezeigten Filmen wurden am Samstagabend, den 7. Oktober 2023, die Favoriten der Jury und des Publikums gekürt. Zum Abschluss wurde mit dem Closing-Film "SALTBURN" von Emerald Fennell, eine mitreißende Geschichte über Privilegien, Sehnsüchte und Begierden erzählt. Zum fabelhaften Cast zählen Barry Keoghan, Jacob Elordi, Rosamund Pike und Carey Mulligan.

Hier der Trailer:



Der Thriller handelt von einem jungen Hochschulstudenten, der die Bekanntschaft mit einer exzentrischen englischen Aristokratenfamilie macht. Ein regulärer Kinostart in den USA ist für Ende November 2023 geplant.


Im Züricher Opernhaus wurde die alljährliche Award Night gefeiert. Dabei werden die Siegerinnen und Sieger der drei internationalen Wettbewerbskategorien gekürt, in denen Filme neuer, vielversprechender Filmemacherinnen und Filmemacher präsentiert werden, die mit ihrer ersten, zweiten oder dritten Regiearbeit um das mit 25'000 Franken dotierte Goldene Auge konkurrieren.

"Das Ziel des Wettbewerbs am ZFF ist es, neue Regietalente zu entdecken und ihre Werke einem breiten Publikum bekannt zu machen", erklärt Christian Jungen, Artistic Director des ZFF.

Im Fokus-Wettbewerb ging das Goldene Auge an den Dokfilm "HOLLYWOODGATE" von Ibrahim Nash’at, im Spielfilm-Wettbewerb gewann das türkische Drama "HESITATION WOUND" von Selman Nacar und der Sieger im Dokumentarfilm-Wettbewerb heißt "IN THE REARVIEW" von Maciek Hamela.

Besondere Erwähnungen: "LAISSEZ-MOI" von Maxime Rappaz, "LE RAVISSEMENT" von Iris Kaltenbäck und "STOLEN" von Karan Tejpal.


Die drei Jurybegründungen:

"HOLLYWOODGATE" ist ein Porträt des Chefs der Taliban-Luftwaffe und eines Taliban-Leutnants. Der Regisseur Ibrahim Nash'at flog nach Afghanistan und riskierte zwei Tage nach der Evakuierung des Landes durch die USA und ihre Verbündeten sein Leben. Es gelang ihm, das Vertrauen seiner beiden Hauptpersonen zu gewinnen und sie ein Jahr lang zu begleiten. Er enthüllt eine schockierende Welt, die sonst nicht zugänglich ist. Das Publikum wird aus erster Hand Zeuge des Prozesses, in dem die Taliban ihr Regime errichten. Trotz der Beschränkungen, die ihm auferlegt wurden, gelingt es Ibrahim Nash'at auch, uns über die Welt zu informieren, die er nicht mit der Kamera einfangen durfte. Besonders darüber, was dieses Regime für das ganze Land und insbesondere für Frauen und Mädchen bedeutet.

Bei den Spielfilmen hatten die Jurymitglieder das Glück, viele gute Filme zu sehen, die in unterschiedlichsten Kulturen spielen. Von allen hat ihnen Selman Nacars "THE HESITATION WOUND", sein zweiter Spielfilm, am besten gefallen. Der Film ist in der Türkei angesiedelt. Moralische Fragen sind ein häufiges Thema in Filmen, aber das Dilemma der Hauptfigur in diesem Film, einer Anwältin, ist besonders stark zu spüren. Die Schauspielerin Tülin Özen ist wunderbar in der Rolle der Anwältin. Die jury liebte die Stärke ihres Charakters im Umgang mit Familienangelegenheiten sowie mit der Arbeitsethik in einer patriarchalischen Gesellschaft. Es ist eindrucksvoll zu beobachten und es wirkt realistisch. Ihr Versuch in letzter Minute, den Richter mit den Organen ihrer Mutter zu bestechen, macht sie sehr menschlich, auch wenn es natürlich nicht korrekt ist. Die Jury applaudiert der Kritik an der türkischen religiösen Gesellschaft, die ihrer Meinung nach gut ausgedrückt und mit Humor vorgetragen wird. Es ist ein Film, der die Mehrheit der Jury während des gesamten Festivals begleitet hat.

Im Dokumentarfilm Wettbewerb hat sich die Jury mit "IN THE REARVIEW" von Maciek Hamela für einen Film entschieden, der in einem minimalistischen und eindringlichen Stil von den ungezügelten Auswüchsen des Krieges zeugt. Eine prosaische, von Katastrophen geprägte Welt wird durch filmische Emotionen zum Ausdruck gebracht, ohne jemals zu sentimental zu werden.


Weitere Auszeichnungen:

Emerging Swiss Talent Award (Kritikerpreis) – "LAS TORERAS" von Jackie Brutsche.

Auch Zürcher Kirchen lobten den Film, der sich mit psychischen Erkrankungen und zerbrechlichen oder sogar toxischen Familienbeziehungen befasst.


ZFF für Kinder Jurypreis – "DANCING QUEEN" von Aurora Gossé

ZFF für Kinder Publikumspreis – "CHECKER TOBI UND DIE REISE ZU DEN FLIEGENDEN FLÜSSEN" von Johannes Honsell

(wir hatten den Film ausführlich am Freitag, 6. Oktober 2023, in unseren wöchentlichen Filmkritiken besprochen.)

Publikumspreis (Audience Award) – "QUEENDOM" von Agniia Galdanova

Weitere Ehrenpreise:

A Tribute to ... Award – Todd Haynes
Golden Icon Award – Jessica Chastain
Career Achievement Award – Volker Bertelmann
Career Achievement Award – Michel Merkt
Golden Eye Award – Diane Kruger
Golden Eye Award – Mads Mikkelsen
Game Changer Award – Fred Kogel

Link: zff.com

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Im Rahmen der Abschlussveranstaltung wurden ebenfalls am Samstagabend, den 7. Oktober 2023, vor dem Film "Paradise is Burning" von Mika Gustafson im CinemaxX Dammtor die Preise des 31. FILMFEST HAMBURG vergeben.

Mit 52.700 Festival-Besucher*innen inklusive Binnenalster Filmfest war das 31. FILMFEST HAMBURG die erfolgreichste Ausgabe seit Bestehen. Es wurden in diesem Jahr 17 Prozent mehr Tickets verkauft als im Vorjahr.

Die Preise im Überblick:

Der mit 5.000 Euro dotierte NDR-Nachwuchspreis für Langfilmdebüts ging in diesem Jahr an die in Theran geborene und in Australien aufgewachsene Regisseurin Noora Niasari für ihren Film "Shayda" (Australien, 2022).

Hier der Trailer:



Das Drama blickt auf eine in Australien lebende iranische Ehefrau und Mutter, die sich von ihrem Mann trennt, der gegen ihren westlichen Lebensstil aufbegehrt.

Erstmals haben fünf Studierende aus Hamburg ausgesucht, wer den Preis bekommt.

Jurybegründung:
"Ein Film, der mit präziser und sicherer Hand durch eine persönliche Geschichte Allgemeines deutlich macht. Shayda besticht mit einer rhythmischen geerdeten Dramaturgie. Die Bildsprache naht einer Erinnerung, die trotz der Schwere des Narrativs von menschlicher Wärme getragen wird. Shayda kommuniziert eine ehrliche Wertschätzung und vor allem Hoffnung."


Der mit 5.000 Euro dotierte Preis »Der Politische Film« der Friedrich-Ebert-Stiftung ging an den polnischen Regisseur Maciek Hamela für seinen Film "Im Rückspiegel - In the Rearview" (Frankreich, Polen, Ukraine, 2023).

Hier der Trailer:



Der ergreifende und zugleich formal konzentrierte DOKUMENTARFILM beschäftigt sich mit den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Ein polnischer Kleinbus bahnt sich einen Weg durch die zerstörten und gesperrten Straßen der Ukraine. Am Steuer sitzt Regisseur Maciek Hamela, der als Freiwilliger Menschen aufnimmt, die vor den Kriegshandlungen in den Westen fliehen. Seine Kamera ist zumeist auf die Rückbank gerichtet, wo die Fliehenden Zeugnis ablegen von dem, was sie erlebt und zurückgelassen haben. Das Auto wird zu einem fragilen und temporären Zufluchtsort. Zu einer Zone der Offenheit und Solidarität.


Auszug aus der Jurybegründung:
»Der Film ragte aus der Auswahl heraus. Er ist unter schwierigsten Bedingungen gedreht, mit einer einzigen Kamera, in einem einzigen, engen Raum. Ab und zu geht der Blick durchs Fenster nach draußen und zeigt Bilder, die wir alle so ähnlich schon im Fernsehen gesehen haben, Bilder der Zerstörung. Jetzt aber sehen wir sie aus der Perspektive derer, deren Welt gerade aus den Fugen geraten ist. Wir sehen in ihre Gesichter und hören, was sie sagen, oft erstaunlich ungerührt wirkend, manchmal offenkundig traumatisiert, immer knapp, immer bewegend. Obwohl die Kamera ihnen direkt ins Gesicht blickt, wie im Rückspiegel, wirkt sie niemals voyeuristisch. Knapp und präzise erzählen die Menschen Ausschnitte ihrer Geschichten, dicht, wie es ein Drehbuch kaum könnte. Oft kippen sie vom scheinbar Banalen unerwartet ins Grauenvolle. In nur 84 Minuten lernt das Publikum Dutzende Menschen kennen: Frauen, Männer, Kinder, Alte, Einheimische und Zugezogene. In dem Auto, in dem der ganze Film spielt, vereint sie das gleiche Schicksal: Sie sind auf der Flucht. (…) Der Mann am Steuer des Autos ist auch der Regisseur des Films, mal stellt er behutsame Fragen, mal muss er plötzlich die Richtung ändern, weil im Dunkeln Minen auf der Straße liegen, oder weil eine Brücke nicht mehr existiert. Das Genre des Antikriegsfilms wird dominiert von Filmen, in denen Männer Krieg führen. Dieser Film ist ein echter Antikriegsfilm, weil er vollständig aus dem Blickwinkel der Opfer erzählt ist. Der Film ist ein Fanal gegen die Gewöhnung, er macht jene sichtbar, deren Leben dieser Krieg gegen die Ukraine unmittelbar erschüttert. So erzählen die Menschen in diesem Werk stellvertretend und universell von Krieg und Flucht, überall. Dieser große Film hat ein großes Publikum verdient.«


Der mit 5.000 Euro dotierte »Arthouse Cinema Award« des Internationalen Verbands der Filmkunsttheater (C.I.C.A.E.), ging an den Film "How to have Sex" (Vereinigtes Königreich, Griechenland 2023), Regie: Molly Manning Walker, Verleih: capelight pictures. Das Preisgeld wird von der MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein für PR-Maßnahmen des deutschen Verleihs zur Verfügung gestellt.

Jurybegründung:
»Wir haben uns für den Film entschieden, der uns mit seiner lebendigen, gewalttätigen, chaotischen und emotionalen Geschichte über die Flucht aus der Realität – und sei es nur für ein paar sonnenverwöhnte Tage – überwältigt hat. Er greift ein dringendes und aktuelles Thema auf, das nicht nur junge Menschen betrifft, sondern die gesamte Gesellschaft. Gefüllt mit Zweifeln, Verrat und aufrichtiger Freundschaft hilft er uns zu verstehen, dass wir nur an den Dingen festhalten können, die unserem Herzen am nächsten sind.«


Der »Preis der Filmkritik« wird seit 2018 in Zusammenarbeit mit dem Verband der deutschen Filmkritik vergeben. Der Preis ging an "Do Not Expect Too Much Of the End" of The World von Radu Jude (Kroatien, Frankreich, Luxemburg, Rumänien, 2023).

Jurybegründung:
»Ein origineller Film, der aus der Gegenwart die Gegenwart kritisiert. Im Mittelpunkt steht eine Produktionsfahrerin, die am Rande der Erschöpfung über die Straßen Rumäniens brettert. Diese Geschichte wird unter anderem verschränkt mit einem Spielfilm über eine Taxifahrerin im Bukarest von 1981, satirischem Social Media-Material und Auftritten von Uwe Boll als Uwe Boll und Nina Hoss als österreichischer Produzentin, die nichts über ihre westliche Arroganz weiß. 163 Minuten Spektakel, klug montiert, leichtfüßig und voller bösartigem Witz.«


Lobende Erwähnung:

»Die Jury spach außerdem eine Lobende Erwähnung für "Der Fall Goldman" von Cédric Kahn aus. Ein Gerichtsdrama, das einerseits mit großer Präzision der Genrelogik folgt und andererseits den Blick öffnet für jüdische Geschichte und rassistische Polizeigewalt.«


Der mit 5.000 Euro dotierte »FILMFEST HAMBURG PUBLIKUMSPREIS«, gestiftet von der Hapag-Lloyd Stiftung für den Publikumsliebling des Festivals ing an "Heaven Can Wait – Wir leben jetzt" von Sven Halfar.

Am Vorabend wurden die Hamburger Produzentenpreise »Internationale Kino-Kopoduktionen« und »Deutsche Kinoproduktionen« an den Produzenten Fabian Driehorst / Fabian&Fred für "Sultana’s Dream", Regie: Isabel Herguera und an die Regisseurin und Produzentin Katharina Huber für "Ein schöner Ort" vergeben.

Der Hamburger Produzentenpreis »Deutsche Fernsehproduktionen«, ebenfalls in Höhe von 25.000 Euro und gestiftet von der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten (VFF), ging an Jakob Claussen und Uli Putz / Claussen + Putz für "Sörensen fängt Feuer", Regie: Bjarne Mädel.

Eine lobende Erwähnung wurde für "Die Flut – Tod am Deich" (Regie: Andreas Prochaska; Produktion: Nordfilm, Kerstin Ramcke, Katinka Seidt und Wilfried Hauke) ausgesprochen.

Mit dem Sonderpreis für serielle Formate in Höhe von 10.000 Euro gestiftet von der VFF wurden Katrin Haase und Oliver Arnold / U5 Filmproduktion für "Füxe", Regie: David Clay Diaz, Susan Gordanshekan) ausgezeichnet.

Der mit 10.000 Euro dotierte und erstmals vom Hamburger Kinobetreiber Hans-Peter Jansen zur Verfügung gestellte MICHEL Filmpreis MAJA wurde am 5. Oktober 2023 von der MICHEL Jury and den Film "Mein Totemtier & ich" (Niederlande, Luxemburg, Deutschland, 2022, Regie: Sander Burger) vergeben.

Der mit 2000 USD dotierte Preis des Molodist Kyiv International Film Festivals, Scythian Deer, ging an den Film "How is Katia?" (Regie: Christina Tynkevyc). Eine lobende Erwähnung sprach die Jury für die Filme Luxembourg, Louxembourg (Regie: Antonio Lukich) und für Rock.Paper.Granade (Regie: Iryna Tsilyk) aus.

Die diesjährige Douglas Sirk-Preisträgerin 2023 ist Sandra Hüller.

Link: www.filmfesthamburg.de

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