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Die Lola-Gewinner*innen des Deutschen Filmpreises ergänzt um einen Kommentar

Deutscher Filmpreis an "Das Lehrerzimmer" bei der Vergabe der LOLAS im Theater am Potsdamer Platz. Mit einem Kommentar von Katharina Dockhorn als UPDATE.



Zur Verleihung des Deutschen Filmpreises zeigten sich schon am frühen Freitagabend in Berlin die ersten Gäste auf dem Roten Teppich des Theaters am Potsdamer Platz, das auch als Berlinale Palast bekannt geworden ist.

Darunter zum Beispiel die Schauspielerinnen Iris Berben, Senta Berger und Andrea Sawatzki sowie die Schauspieler Felix Kammerer und Albrecht Schuch, oder auch Regisseur Volker Schlöndorff, der den diesjährigen Ehrenpreis erhielt.

Mit rund 1600 Gäste war das Theater am Potsdamer Platz wie erwartet bis auf den letzten Platz gefüllt. Insgesamt wurden Preise von rund 3 Mio. Euro vergeben.

Gewinner des Deutschen Filmpreises als bester Spielfilm wurde der Film "Das Lehrerzimmer" des Produzenten Ingo Fliess, dem die Lola in Gold überreicht wurde. Der Film wurde auch für die beste Regie (Ilker Çatak), bestes Drehbuch (Johannes Duncker & Ilker Çatak), bester Schnitt (Gesa Jäger) und für die beste weibliche Hauptrolle ausgezeichnet, die an Leonie Benesch ging für ihre Leistung als junge Lehrerin Carla, die voller Idealismus ihre erste Stelle antritt, doch anfänglich gleich mit einer Reihe von Diebstählen konfrontiert wird.

Hier der Trailer:



Der im März mit vier Oscars ausgezeichnete Antikriegsfilm "Im Westen nichts Neues" erhielt die Auszeichnung in Silber sowie Preise für die beste männliche Hauptrolle (Felix Kammerer), beste männliche Nebenrolle (Albrecht Schuch), beste Kamera / Bildgestaltung (James Friend), bestes Szenenbild (Christian M. Goldbeck), bestes Maskenbild (Heike Merker), beste Filmmusik (Volker Bertelmann), beste Tongestaltung (Frank Kruse, Markus Stemler, Viktor Prášil, Lars Ginzel, Alexander Buck) und beste visuelle Effekte (Frank Petzold, Viktor Müller, Markus Frank).

Hier nochmals der Trailer:



Mit der Lola in Bronze wurde in der Kategorie bester Spielfilm "Holy Spider" von Regisseur Ali Abbasi gewürdigt. Der Preis ging an die Produzenten: Sol Bondy & Jacob Jarek.

Hier der Trailer:



Die Auszeichnung in Gold für den besten Dokumentarfilm ging an die Produzenten Martina Haubrich & Claudia Wohlgenannt für "Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen" unter der Regie von Claudia Müller.

Hier der Trailer:



Eine weitere Lola in Gold ging an die Produzentin Produzentin Roshanak Behesht Nedjad für den besten Kinderfilm: "Mission Ulja Funk" von Regisseurin Barbara Kronenberg.

Hier der Trailer:



Eine Lola für die beste weibliche Nebenrolle ging an Jördis Triebel für ihre Darstellung in dem Spielfilm: "In einem Land, das es nicht mehr gibt"

Hier der Trailer:



Eine Lola für das beste Kostümbild ging an Tanja Hausner des Filmes "Sisi & Ich" von Frauke Finsterwalder.

Hier der Trailer:



Als besucherstärkster Film wurde "Die Schule der magischen Tiere 2" von Regisseur Sven Unterwaldt ausgezeichnet.

Hier der Trailer:



Wie bereits von uns einen Tag zuvor verkündet, ging der Ehrenpreis an Regisseur Volker Schlöndorff für herausragende Verdienste um den Deutschen Film.

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KOMMENTAR zur Verleihung von Katharina Dockhorn:

Von zwölf möglichen Lolas für den großen Favoriten „Im Westen nichts Neues“ wurden es nur neun bei der Auszeichnung der besten deutschen Filme der vergangenen Monate durch die Deutsche Filmakademie. Ausgerechnet Regisseur Edward Berger ging leer aus und auch die Produzenten mussten sich mit Silber begnügen.

Großer Gewinner wurde stattdessen Ilker Çataks „Das Lehrerzimmer“, eine dramaturgisch runde, handwerklich solide moderne Kohlhaas-Geschichte um eine idealistische Lehrerin, die für ihre Kinder kämpft. Der bescheidene Berliner Regisseur dankte seinem Vorbild Fatih Akin, dessen künstlerisch radikaler Gangsterfilm „Rheingold“ leider leer ausging. Er galt als Favorit auf Silber in einem – wenn die sechs Nominierungen betrachtet werden - nicht sehr starken Filmjahr. Schon zuvor war bekannt geworden, dass Christian Petzolds Berlinale-Gewinner „Roter Himmel“ von der deutschen Filmbranche aus dem Rennen genommen worden war.

Die Entscheidung mag überraschen, war von einigen aber auch befürchtet oder erwartet worden. Neid sei die höchste Auszeichnung in Deutschland, brachte es ein Regisseur während der After-Show-Party auf den Punkt. Vor genau zehn Jahren verlor der Goliath, die hochbudgetierte und mit Stars gespickte Literaturverfilmung „Cloud Atlas“ gegen den Low-Budget-Berlin-Film „Oh Boy“. Die Argumente waren dieselben wie heute. Mit dem Geld und den tollen Mitarbeitenden, die jeweils geehrt wurden, hätte jeder den Film machen können, womit die tatsächliche Leistung von Regisseur und Produzenten abgemindert wurden.

In diesem Jahr kam hinzu, dass „Im Westen nichts Neues“ von Netflix produziert wurde. Die AG Kino - Gilde hatte im Vorfeld der Verleihung sogar gefordert, solche Projekte künftig ganz auszuschließen, da sie nicht ausreichend im Kino ausgewertet werden. Dabei müssen sich viele Filmtheaterbesitzer auch an die eigene Nase fassen, dass ihnen das Geschäft entgangen ist – sie weigern sich kategorisch, Filme von Streamingdiensten überhaupt zu spielen.

Diese Forderung dürfte sich nicht durchsetzen, für andere könnte sie der Abend als zweischneidiges Schwert erweisen. Noch am Vormittag hatte Akademie-Präsident Florian Gallenberger beim traditionellen Filmempfang der CDU eine bessere Finanzierung der Filmindustrie gefordert. Durch höhere Beteiligungssummen von ARD und ZDF sowie deutlich mehr Geld von den Streamingdiensten. Die EU erlaubt, bis zu 25% der Bruttoeinnahmen in einem Land in die einheimische Filmproduktion umzulenken. In Frankreich und Spanien hat dies zu einem Produktionsboom geführt. Und nicht zuletzt ein Steueranreizmodell, mit dem ein erheblicher Teil der Kosten vom Staat übernommen wird. In Österreich sorgt die Einführung zum Jahresanfang gerade für volle Auftragsbücher bei den Produzenten.

Seit Jahren fließen deutsche Fördergelder in dutzende Koproduktionen. Vor 20 Jahren, als die Filmeakademie das erste Mal den Deutschen Filmpreis verlieh, schaffte es „Paradise Now“ des palästinensisch-niederländischen Regisseurs Hany Abu-Assad unter die sechs Nominierten. Danach gab sich die Filmakademie komplizierte Regeln, um solche Filme auszuschließen. In diesem Jahr wurden sie gelockert, was zur Nominierung des hochpolitischen Thrillers „Holy-Spider“ vom iranisch-dänischen Regisseur Ali Abbasi führte.

Einzig allein der hohe Anteil deutschen Geldes und die Nationalität der Produzenten reichten für die Nominierung aus, die Außenstehende kaum nachvollziehen können. Seit Jahren ringt die Filmakademie vergeblich mit sich, sich gegenüber solchen Projekten ehrlich zu machen und eine Koproduktionspreis auszuloben. Damit zum Beispiel auch „Corsage“ und „Triangle of Sadness“ hätten antreten können. Die Einführung scheitert letztlich auch am Geld. Alle Auszeichnungen der Lola sind mit Prämien verbunden, die Gesamtsumme werde aber nicht erhöht, signalisieren die Kulturstaatsminister*innen seit Jahren.

Zar Amir Ebrahimi wurde für den Part in „Holy Spider“ in Cannes als beste Schauspielerin geehrt. In Berlin ging sie leer aus. Ebenso wie vor einigen Jahren Diane Kruger. Eine Tendenz, die sich durch den gesamten Nominierungsprozess zieht. Egal ob „Aus der Haut“, „The Ordinaries“ oder „Roter Himmel“ – den Mitgliedern der Filmakademie fällt offenbar schwer, die künstlerische Qualität von Filmen anzuerkennen, die die deutschen Fahnen auf internationalen Festivals vertreten. Worauf auch Ehrenpreisträger Volker Schlöndorff hinwies.

Ganz nebenbei sind die Nominierungen auch eine Kritik an der Auswahl der Wettbewerbsfilme der Berlinale – im Vorjahr hatten die Internationalen Filmfestspiele Berlin den großen Gewinner „Lieber Thomas“ abgelehnt. In diesem Jahr fragten sich viele, warum „Das Klassenzimmer“ nur im Panorama lief und nicht im Wettbewerb der 73. Berlinale.

Warum Angela Schanelecs „Music“, der bei der Berlinale mit dem Drehbuchpreis geehrt worden war, beim Deutschen Filmpreis aber durchs Sieb fiel, ist für Außenstehende nicht nachzuvollziehen. Zu kompliziert sind die Regeln, wer wann einreichen darf oder muss. Und zu groß die Intransparenz. Niemand außerhalb der Filmakademie weiß, wer sich um den Filmpreis beworben hat.

Christian Petzold, der schon die erste Runde des dreistufigen Auswahlverfahrens nicht überstanden hatte, sah dies noch vor der Ehrung mit dem Silbernen Bären bei der Berlinale als gutes Omen. Wenn seine Filme international reüssierten, gingen sie in Deutschland meist leer aus. Der Berliner Regisseur wurde deshalb nie Mitglied der Deutschen Filmakademie. „Staubsaugerverkäufer küren auch nicht den besten Staubsauger des Jahres“ bringt er seine Kritik an möglicher Klüngelei auf den Punkt.

Er blieb auch standhaft und nutzte nicht die Chance, den Film nach der Berlinale nochmals in die Wertung zu schicken. Diese Variante wählten die Produzenten von Lars Kraumes „Der vermessene Mensch“, der ebenso von der aus Branchenvertretern und Politikern zusammengesetzten Vorjury nach einwöchiger Diskussion aus dem Rennen genommen wurde. Petzolds Entscheidung setzte die Filmakademie unter Zugzwang, worauf ein neues System beschlossen wurde. Jedem Akademiemitglied werden künftig zehn der rund 120 eingereichten Filme zugewiesen, die es sichten muss. Sonst darf nicht abgestimmt werden. Es zeichnet sich ab, dass hier eine Fortsetzung folgt.

Katharina Dockhorn


Link: www.deutscher-filmpreis.de

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