Skip to content

Goldener Löwe von Venedig geht an einen Dokumentarfilm

Die von Alberto Barbera geleiteten 79. Internationalen Filmfestspiele von Venedig gingen am Samstagabend zu Ende.



79. Internationalen Filmfestspiele von Venedig fanden vom 31. August bis 10. September 2022 am Lido von Venedig statt. Das älteste Filmfestival der Welt ist offiziell als sogenanntes A-Festival von der FIAPF (International Federation of Film Producers Association) anerkannt.

Während in Deutschland an diesem Wochenende das erste deutsche Kinofest mit vergünstigten Preisen von nur 5,- € in zahlreichen Filmtheatern stattfindet, und in Ludwigshafen am Rhein das 18. Festival des Deutschen Films seine Preise verkündet, startete am gestrigen Abend um 19:00 Uhr in Venedig die Abschlusszeremonie der Mostra Internationale D'Arte Cinematografica mit der Verleihung des Goldenen Löwen unter ihrer Juryvorsitzenden, der US-amerikanischen Schauspielerin Julianne Moore.

Unter den 23 Filmen, die um den Hauptpreis konkurrierten, waren fünf Werke von Frauen.

Bis zum Schluss gab es keinen klaren Favoriten unter den Kritikern. Auf viel positive Resonanz stieß jedoch das Drama "Tar" von Regisseur Todd Field über eine fiktive erste Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker. Der Film entstand zahlreichen Originaldrehorten in der Region Berlin-Brandenburg und wurde mit Fördergeldern vom Medienboard unterstützt. Gut kam auch das Drama "Bones and All" von Luca Guadagnino mit Taylor Russell und Timothée Chalamet an. Beide Filme wurden am Ende mit Preisen belohnt.

Zur Überraschung aller ging der Goldene Löwe des Filmfestivals Venedig an einen Dokumentarfilm. Das Werk "All the Beauty and the Bloodshed" der amerikanischen Regisseurin Laura Poitras porträtiert die Fotografin Nan Goldin. Die 58-jährige Poitras wurde mit „Citizenfour“ weltbekannt, ein oscarprämierter Dokumentarfilm über den Whistleblower Edward Snowden. Poitras ist seit 1949 die siebte Frau, die den Goldenen Löwen gewinnt.

Hier ein Ausschnitt aus der Doku:



Der Film erzählt von Goldins Leben, ihrem Kunstschaffen und ihrem Kampf gegen die Familie Sackler, die das abhängig machende Opioid-Medikament Oxycontin herstellte und mit den Drogeneinnahmen Kultursponsoring betrieb. Bevor ihr Unternehmen durch Tausende von Klagen in die Insolvenz getrieben wurde, hatten die Sacklers Zugang zu den höchsten Ebenen der Gesellschaft: Ihr Nachname zierte dank großzügiger Spenden die berühmtesten Museen der Welt. Sogar das hier im Trailer gezeigte Guggenheim Museum, haben der Familie Räume gewidmet. Die heute 68-Jährige Fotografin war selbst abhängig von dem Mittel. Bekannt wurde sie mit intim wirkenden Fotografien zu Themen wie Sexualität, Krankheit, Begierde und Gewalt.


Blanchet und Farrell wurden mit den Schauspielpreisen ausgezeichnet.

Cate Blanchett und Colin Farrell haben beim Filmfest in Venedig die Preise als beste Schauspieler erhalten. Die Australierin wurde für ihr Spiel in "Tár" geehrt. Sie spielt in dem Film von Todd Field die fiktive erste Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker namens Lydia Tár, die sich in der patriarchalen Klassikwelt zu behaupten versucht. Doch dann gerät ihr Leben wegen Missbrauchsvorwürfen aus dem Ruder.

Hier der Trailer:



Farrell bekam den Preis für "The Banshees of Inisherin". Er gibt im charakterstarken Film von Martin McDonagh den Iren Pádraic, dessen bester Freund Colm plötzlich ohne Grund beschließt, die Freundschaft zu beenden. Völlig irritiert versucht Pádraic, die Freundschaft wieder aufleben zu lassen, und akzeptiert das Nein seines ehemaligen Freundes nicht. Dieser greift daraufhin zu drastischen Mitteln.

Hier der Trailer:



Der Große Preis der Jury ging in diesem Jahr an die Französin Alice Diop für ihr kunstvolles und emotionales Drama "Saint Omer" über Mutterschaft und Rassismus. Die Regisseurin erzählt darin von Rama (Kayije Kagame), einer Dozentin und Schriftstellerin, die einen Prozess gegen eine junge Frau verfolgt, die ihr Baby umgebracht haben soll. Rama will daraus ein Buchprojekt machen. Doch der Prozess gegen die senegalesisch-französische Angeklagte macht Rama emotional zu schaffen. Erinnerungen an die komplizierte Beziehung zu ihrer eigenen Mutter erschüttern sie.

Hier der Trailer:



Den Silbernen Löwen für die beste Regie erhielt der italienische Regisseur Luca Guadagnino für "Bones and All". Die sensible Liebesgeschichte mit Taylor Russell und Timothée Chalamet erzählt von zwei kannibalischen Außenseitern, die in ihrer Liebe zueinander eine Art Heimat finden.

Hier ein Teaser:



Der inhaftierte iranische Regissuer Jafar Panahi erhielt für "No Bears" den Spezialpreis der Jury. Das Drama des mehrfach ausgezeichnete Filmemacher ("Taxi Teheran") thematisiert die Schwierigkeiten vieler Iraner, ihr Land zu verlassen.

Hier der Trailer:



In der Nebensektion Critics' Week feierte die BR-Koproduktion "Aus meiner Haut" Weltpremiere und bekam den Queer Lion verliehen, einen der wichtigsten LGBTQ-Filmpreise.

Hier der Trailer:



In dem Langfilmdebüt von Regisseur Alex Schaad, Absolvent der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), der bereits für seinen Kurzfilm "Invention of Trust" einen Studenten-Oscar bekommen hatte, tauscht das junge Paar Leyla (Mala Emde) und Tristan (Jonas Dassler) die Körper mit einem anderen Paar – mit verheerenden Folgen. Das Paar, das versucht, seine schwierige Beziehung durch das Tauschen in fremde Körper zu retten, verfällt stattdessen in alte Muster. Am Ende distanziert sich Leyla von ihrem bisherigen Partner Tristan bis zur völligen Entfremdung.


Die Preise in der Übersicht:

Goldener Löwe für den besten Film: "All the Beauty and the Bloodshed" – Laura Poitras

Silberner Löwe - Großer Preis der Jury: "Saint Omer" – Alice Diop

Silberner Löwe für die Beste Regie: "Bones and All" – Luca Guadagnino

Coppa Volpi - Beste Hauptdarstellerin: Cate Blanchett - "Tár"

Coppa Volpi - Bester Hauptdarsteller: Colin Farrell – "The Banshees of Inisherin"

Bestes Drehbuch: "The Banshees of Inisherin" – Martin McDonagh

Spezialpreis der Jury: "No Bears" – Jafar Panahi

Marcello Mastroianni Award für die beste Nachwuchsdarstellerin: Taylor Russell - "Bones and All"

Link: www.labiennale.org/en/cinema

Anzeige