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Auch in schöner Rücken kann entzücken - DIE BERLIN PHOTO WEEK 2022

Gestern eröffnete die BERLIN PHOTO WEEK parallel zur IFA - wir konnten an einer Pressetour durch mehrere Galerien teilnehmen.



Es ist wieder etwas wärmer geworden. Bei herrlichem Sonnenschein tagsüber und Temperaturen von 20°C in der Nacht zu Sonntag kommen Erinnerungen an die letzten heißen Tage des Sommers wieder hoch. Wie gut, dass die diesjährige BERLINPHOTOWEEK, die vom 2. - 9. September 2022 in der ARENA Berlin-Treptow stattfindet, sich direkt am Strand des Badeschiffes niedergelassen hat. Die Aussicht ist herrlich und bestens geeignet für Testaufnahmen mit neuen Kameras und Objektiven, die es an den Ständen zum Ausleihen gibt.

Auch der hoch gelobte MAGNUM Fotograf Christopher Anderson, dessen Vernissage gestern Abend (03.09.2022) in der ROBERT MORAT GALERIE (Linienstraße 107, 10115 Berlin-Mitte) mit FAMILY TRILOGY eröffnet wurde, widmete sich mit sonnendurchfluteten Portraits und Familienszenen dem Urlaubsleben der eigenen Familie am Strand.

75-jähriges Jubiläum von Magnum Photos mit Christopher Andersons FAMILY TRILOGY in der Robert Morat Galerie Berlin 6. Sept. - 15. Okt. 2022

Unsere Kollegin Elisabeth Nagy, die auch für uns die Collage des Schriftzugs Photoweek gestaltete, hat noch mehr zu berichten:

Ein Berliner Buddy Bär mit Kamera begrüßt den Zuschauer in der großen Halle der ARENA Berlin-Treptow. Hier findet die Berlin Photo Week statt. Parallel und in Kooperation mit der IFA. Allerdings, wenn man an die IFA denkt, fallen einen inzwischen Kaffeemaschinen und Kühlschränke ein. Eventuell noch übergroße Fernseher. Die Berlin Photo Week hat andere Stärken. Zum einen ist die Berlin Photo Week eine Konferenz-Veranstaltung. Es gibt jede Menge Speaker, die über aktuelle Trends, Rechtliches und Technisches sprechen, aber und das ist wohl weitaus wichtiger, die Berlin Photo Week ist ein Wochenende mit Workshops, Fototouren und Vorträgen, bei der in erster Linie die andere Kernkompetenz des Events zu tragen kommt: der Austausch zwischen namhaften Photographen und Photographinnen und einem zahlenden Publikum. Die Rechnung geht auf, denn die Workshops, besonders von Magnum Photos, waren wohl in Null Komma Nichts voll belegt.

Mein erster Besuch der Berlin Photo Week war im Jahr vor Corona im Kraftwerk in der Köpenicker Straße. Die Örtlichkeit war beliebt, auch weil dort Olympus seine begehrten Playgrounds abgehalten hatte. Die Idee, kuratierte Ausstellungen, die Industrie mit Foto-Talents und einem interessierten Publikum zusammenzubringen, war gut. Die Initiative, die 2020 in die Berlin Photo Week GmbH umfirmiert worden war, wechselte 2021, nach einem Jahr Pandemie-Zwangspause, die Location. Man zog aufs Raw-Gelände und nutzte die Location des Haubentauchers. So ein kleiner Pool machte sicherlich Lust auf mehr und so zog man dieses Jahr weiter in die ARENA Berlin in Alt-Treptow mit Blick auf die Spree. Die denkmalgeschützte Halle der ehemaligen Allgemeine Berliner Omnibus AG hat ausreichend Platz für zwei Bühnen, zahlreiche Ausstellungen und Firmenstände.

Blick in die ARENA Berlin-Treptow (Foto: © Elisabeth Nagy)

Wer das Wochenende vom 2. bis 4. September 2022 nicht mit Gleichgesinnten unterwegs auf Phototouren verbringt, kann immer noch in der Halle Vorträge anhören, an Buchsignierstunden teilnehmen, auf Liegenstühlen Platz nehmen. Die Berlin Photo Week ist, was man daraus macht. Firmen wie Sony, Leica oder Nikon ermunterten, ihre Kameras auszuprobieren, die Fotoservices wie Fotowelt und Cewe stellten ihre Sofort-Software-Terminals mit denen man auch Sofortausdrucke ziehen konnte, zur Verfügung. Die Branche zeigt wie Filter und AI die Kunst beeinflussen können, während an anderer Stelle für die Analog-Photographie geworben wird. Es ist auch nicht alles Fun und Party. Auf der Conference Stage wagt man einen "kritischen Blick auf die eigene Branche", gibt Hilfestellung in der Handhabung von Photo- und Bildrecht. Überhaupt steht die professionelle Fotoarbeit und die Kunstphotographie gleichberechtigt nebeneinander.

Das gilt auch für die Ausstellungen. Ein Raum mit Bildern aus Russland von Nanna Heitmann unter dem Ausstellungstitel "Russian Propaganda: War is Peace" folgt einem dokumentarisch-journalistischen Ansatz.

Franziska Stünkels Fotokunst am Leica Camera Stand zeigt Arbeiten unter dem Titel "Coexist", die in Reflexionen und Spiegelungen ihren Ausdruck finden. Ganz so, wie es in der Agentur Magnum Photos von jeher sowohl dokumentarisch als auch künstlerische Ansätze gab. Die Magnum Photos Agentur feiert dieses Jahr ihr 75. Jahr des Bestehens und als Kooperationspartner der Berlin Photo Week kommt ihr dieses Jahr ein bedeutende Rolle bei.

Die Berlin Photo Week hat noch den Charme des Unfertigen. Noch sind die Jahrgänge voller Überraschungen. Nicht immer ist alles glücklich gewählt. Die Arena Berlin als Austragungsort ist ein positiver Fortschritt. Noch ist die Berlin Photo Week ein Ausprobieren, nicht nur von Kameras. Keine fest getretenen Abläufe, kein "das hatten wir schon". Lust aufs Fotographieren zu machen steht an erster Stelle und wer die Plattformen der Sozialen Medien meidet oder wer Fotokunst in der wahren Pracht erleben will, muss raus in Ausstellungen.

Die Ausstellungen in der ARENA sind auf die wenigen Tage begrenzt. Die Ausstellungen, die in Kooperation konzipiert worden sind, laufen weiter. Hervorheben möchte ich da natürlich das Museum für Fotografie der Helmut Newton Stiftung am Bahnhof Zoo der City West in der Jebensstraße. Als Nebenausstellung zur laufenden Hauptausstellung "Hollywood" sehen wird dort unter dem Titel "Magnum Photos, The Misfits". Aufnahmen von Inge Morath, Dennis Stock, Elliott Erwitt und und und. Sie alle konnten am Set von Arthur Millers "The Misfits" Aufnahmen machen und zeigen Aufnahmen unter anderem von Marilyn Monroe und Montgomery Clift.

Ausstellung: Magnum Photos. The Misfits, @Helmut Newton Stiftung
Inge Morath Marilyn Monroe on the set of "The Misfits", Reno, Nevada, USA, 1960, copyright Inge Morath + Magnum Photos.

Für einen Blick aufs Hier und Jetzt geht es aber quer durch Berlin in die Reinbeckhallen. Dort präsentieren sich rund 17 Magnum-Mitglieder unter dem Ausstellungstitel "Jetzt. Magnum Photos". Eine Ausstellung, die noch bis Ende November zugänglich bleibt und auch zu einem Rahmenprogramm, abrufbar auf deren Website, einlädt. Gerade die Pandemiezeit hat auch in der Magnum Photos Agentur einen Wandel bewirkt. Dieser Neuorientierung kann man in der großen Halle über die Schulter schauen. Die Themen sind auch hier künstlerisch bis politisch.

Gruppenausstellung "JETZT. Magnum Photos" in den Reinbeckhallen Berlin u.a. mit Sohrab Hura, der in "BITTERSWEET", einem Film aus bewegten und unbewegten Bildern, sein Familienleben und die Fotografie erkundet.
(Foto © BAF)

Christina de Middel "Gentlemen's Club" (Stiftung Reinbeckhallen)
De Middel interviewte und fotografierte auf der ganzen Welt 100 Männer, die regelmäßig Prostituierte aufsuchen. (Foto: © BAF)

Gleich zwei Ausstellungen zeigen Arbeiten von Thomas Hoepker, der 1989 Vollmitglied bei Magnum Photos wurde und Anfang der 2000er Jahren auch ihr Präsident war. Anfang Juni war der Dokumentarfilm "Dear Memories - Eine Reise mit dem Magnum-Fotografen Thomas Hoepker" von Nahuel Lopez in unsere Kinos gekommen. Anfang Dezember folgt die DVD-Veröffentlichung. Die Leica Pop-Up-Galerie in der Chausseestraße 36 zeigt seine ikonischen Arbeiten über Muhammad Ali von 1966.

Die Galerie Buchkunst Berlin in der Oranienburger Str. 27 zeigt zum einen ausgewählte Motive von seiner ersten Reise durch die USA 1963, die er für die Zeitschrift "Kristall" anfertigte, als auch einige Farbarbeiten aus den 80ern, die er in New York aufgenommen hatte. Thomas Hoepker war direkt nebenan im koscheren Restaurant "HUMMUS & FRIENDS" auch vor Ort. Ein kostbares Geschenk, wenn man bedenkt, dass seine Auftritte wohl krankheitsbedingt seltener werden.

Thomas Höpker geb. 1936 in München (engl. Hoepker, lebt in New York) zusammen mit seiner zweiten Frau, der Filmemacherin Christine Kruchen in Berlin, anlässlich seiner Ausstellungen von Magnum Photos. (Foto: © BAF 2022)

Ganz besonders gefallen hat mir eine Doppel-Ausstellung in der Galerie Chaussee 36 der gleichnamigen Photo Foundation, die sich im Hinterhof eines ehemaligen preußischen Offiziershaus befindet, das in den letzten Jahren sorgfältig restauriert worden ist. Auch die Ausstellungen an diesem Ort begleiten das 75. Jubiläum von Magnum Photos.

Drei Generationen von Photographinnen werden hier einander zur Seite gestellt. "Dancing Through Times of Uncertainty" zeigt Bilder von Inge Morath, die die Menschen in den von ihr bereisten Ländern stets mit Respekt begegnete. Eigentlich sollte sie 1956 im Iran Teppiche und Moscheen fotografieren. Statt dessen beobachtete Morath die Menschen in ihrem Alltag und so sehen wir hier Tänzer und Artisten. Ihre Bilder erfahren eine aktuelle Entsprechung in den Werken der jungen Künstlerin Johanna-Maria Fritz, Jahrgang 1994, die für ihre Bilder-Serie "Like a Bird" 2017 den Inge-Morath-Award bekommen hatte. Damit der Blick jedoch auch eine Stimme aus dem Inneren des Irans bekommt, hat man Familienbilder der Künstlerin Malekeh Nayiny, Jahrgang 1955, unter dem Titel "Updating a Family Album" als dritte Position ausgewählt. Dabei handelt es sich um tatsächliche Familienbilder, die vor der Iranischen Revolution aufgenommen wurden. Diese Fotos hat Nayiny stark bearbeitet. Westliche Gegenstände und Landmarken sind nun Teil des Bildes, das durch diese Symbiose eine ganz eigene Familiengeschichte und einer eigenen Sehnsucht vermittelt.

Elisabeth Nagy

Link: berlinphotoweek.com

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