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Neues im Kino - sowie der überraschende mehrfache Gewinner von Filmpreisen

Empfehlenswerter Kinostart von Celine Sciammas "Petit Maman" und doppelter Triumph für "The Power of the Dog" der Neuseeländerin Jane Campion bei Filmpreisen.



Nach Celine Sciammas erstaunlichen Erfolgsfilm "Eine Frau in Flamen" kommt jetzt nach mehr als einem Jahr Verspätung endlich ihr neuestes Werk "Petit Maman" in die Kinos. Der Film lief im Wettbewerb der quasi abgesagten 71. Berlinale, wo er im März 2021 zunächst nur der Jury und den Fachjournalisten präsentiert worden war, aber leider keinen Preis gewann. Erst beim Sommer-Special im August wurde er an zwei Tagen auch dem Berliner Publikum in Freilichtkinos vorgeführt.

"PETITE MAMAN – Als wir Kinder waren" Geschichte übers Kindsein und Erwachsenwerden von Céline Sciamma (Frankreich, 2021). Mit Joséphine Sanz, Gabrielle Sanz, Nina Meurisse u. a. seit 17. März 2022 im Kino. Hier der Trailer:



Elisabeth' Filmkritik:

"Petit maman" von Celine Sciamma ist ein seltener Fund, ein Film, den man mit Herzen sieht. Der einen erkennt und in dem man sich selbst erkennt. Zumindest mir geht es so. Céline Sciamma weiß ein sehr persönliches Gefühl auch in anderen auszulösen.

Eine alte Dame und ein Kind. Das Kind, Nelly heißt sie, steht auf und verabschiedet sich. "Au revoir", sie geht von einem Zimmer ins andere und verabschiedet sich auch von anderen. Dann betritt sie ein leeres Zimmer. Von ihrer Großmutter konnte sie sich nicht verabschieden. Nur ihre Mutter ist dort und packt die letzten Sachen. Die Mutter, Marion, setzt sich auf die Bettkannte des leeren Bettes und schaut hinaus. Ihr Abschied ist einer, den man mit dem Herzen hört.

Sciamma erzählt vom Abschied nehmen. Vom Abschied nehmen von jemandem, den man liebt, aber auch vom Abschied nehmen von einer Lebensspanne, einer Zeit im großen Gefüge. Von dem Kind sein, von dem Mutter sein. Wer sind wir, wenn wir Mutter sind? Wer sind wir, wenn wir unsere Mutter verlieren? Wie nehmen wir von Orten Abschied und von Erinnerungen? Ein Wohnungsauflösung ist ein Prozess des Loslassens. Nelly fährt mit ihrer Mutter und ihrem Vater in das Haus der Großmutter, um es aufzulösen. Aber dann reist die Mutter wortlos ab, das Abschied nehmen ist für sie zu schwer.

Nelly streift durch den angrenzenden Wald. So, wie es Kinder tun. Intensiv und verspielt, offen für Empfindungen und Begegnungen. Sie trifft auf ein anderes Mädchen, in etwa im gleichen Alter. Es winkt ihr zu. Fragt sie, als sie herankommt, ob sie helfen würde, eine Hütte zu bauen. Das Mädchen im Wald heißt Marion. Sie hat gerade ihre Großmutter verloren, die Nelly hieß. Nelly und Marion, gespielt von den Zwillingen Joséphine Sanz und Gabrielle Sanz spielen ausgelassen, sie tauschen sich aus, sie verstehen einander, sie schweigen gemeinsam. Nelly erkennt und teilt mit Marion, was sie erkennt. Dieses Teilen sagt, ich erkenne dich, ich erkenne dich in mir, ich erkenne mich in dir, ich erkenne deine Traurigkeit, aber meine Traurigkeit ist nicht deine Traurigkeit. Das Spiel der beiden Kinder ist so natürlich gehalten, dass eine Leichtigkeit den Schmerz auffängt. Man schaut diesen Kindern zu und weiß, alles ist gut.

"Petite maman" ist leise, subtil, voller Empathie und Weisheit. Sciamma erzählt von dem Abschied von der Kindheit und dem Versprechen, dass der Schmerz über den Abschied kein einsamer Schmerz sein muss. Das Kind lernt die Mutter als Kind kennen. Erkennt die Gemeinsamkeiten, erkennt die tiefere Wahrheit. Im Rahmen ist "Petite maman" ein Zeitreisefilm, ohne je darauf zu verweisen. Das Empfinden des Kindes und das Empfinden der Mutter überlagern sich, werden zum gemeinsamen Vermächtnis.

Elisabeth Nagy


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Triumph für "The Power of the Dog" beim US-Verband der Regisseure.

Erst in gut einer Woche, am 27. März 2022, findet die Oscar-Verleihung der 94th Academy Awards im Dolby Theatre in Los Angeles statt.

Mit der Preisvergabe des US-Regieverbandes (Directors Guild of America - DGA) an die Neuseeländerin Jane Campion für ihren düsteren Western "The Power of the Dog", werden dem Film alle Chancen eingeräumt, auch bei den Oscars abzuräumen.

Nach der Auszeichnung mit dem Silbernen Löwen für die Beste Regie bei den Internationalen Festspielen von Venedig, hat das Werk seinen Siegeszug bei den diesjährigen Preisverleihungen nunmehr fortgesetzt.

Campion ist nach Kathryn Bigelow 2008 und Chloe Zhao im vergangenen Jahr erst die dritte Frau, die der bedeutenden Preisauszeichnung. Doch damit nicht genug.


Das Drama mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle wurde bei der BAFTA-Gala der britischen Filmpreise in London ebenfalls zum besten Film gekürt. Filmemacherin und Drehbuchautorin Jane Campion wurde zudem für den Film als beste Regisseurin ausgezeichnet. Der Film der im November 2021 nur für kurze Zeit in wenigen Kinos zu sehen war, läuft nun im Stream auf Netflix.

Als beste weibliche Hauptdarstellerin wurde Joanna Scanlan für ihr Rolle in "After Love" prämiert, Hollywood-Star Will Smith erhielt den Hauptdarsteller-Preis für "King Richard". Fünf Preise gingen an "Dune".

Links: www.dga.org | awards.bafta.org

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