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Hollywoodstudios verkürzen US-Kinozeitfenster / Unsere Filmkritiken im Dezember 2021, Teil 3

Aufgrund der Pandemie verkürzen nun auch »NBC Universal« sowie »Dreamworks« das Kinozeitfenster auf 6 Wochen anstelle von bisher 4 Monaten.



Nach dem Vorbild von Warner Bros. sollen künftig auch die meisten Filme von NBC Universal bereits 45 Tage nach dem Kinostart im Abo auf eigenem Streamingdienst erscheinen. Die Ankündigung gilt unter anderem für die Musical-Komödie "Marry Me" mit Jennifer Lopez, den Spionagethriller "The 355", die romantische Komödie "Ticket to Paradise" mit George Clooney und Julia Roberts sowie den Horrorfilm "The Black Phone" und das Historien-Drama "Downton Abbey 2 - Eine neue Ära".

Disney hatte zuletzt einige Kinoproduktion während der Pandemie im Frühjahr 2021 gar nicht mehr in die Kinos gebracht, sondern sofort zu hohen Sonderpreisen exklusiv auf dem eigenen Disney Channel vermarktet. Den Anfang machte u.a. die Realverfilmung von "Mulan".

Einige Wochen später wurden allerdings die Preise wieder gesenkt und die Filme dann auch auf anderen Plattformen wie Amazon Prime Video angeboten. Die im Stream gelandeten Filme wurden fast nirgendwo mehr im Kino gezeigt.

Dabei könnte man die Kontaktangst vor Corona im Kino zukünftig vielleicht leicht umgehen, denn ein japanisches Team hat eine Maske entwickelt, die zu leuchten anfängt, wenn die Person mit dem Corona-Virus infiziert ist. Im dunklen Kino wären die sogenannten "Zombies" dann schnell zu identifizieren und man könnte besser Abstand wahren oder sie des Filmtheaters verweisen.

Noch ist es nicht soweit, aber meist gut besuchte Vorstellungen gab es dennoch diese Woche beim Berliner Weltfilmfestival »Around the World in 14 Films«, das heute Abend mit der Preisverleihung zur Preview von "Spencer" von Pablo Larraín und Kristen Stewart als Lady Diana sowie weiteren letzten Vorführungen zu Ende geht. Der offizielle Kinostart ist für den 27. Januar 2022 vorgesehen, sofern es bis dahin nicht doch wieder einen Lockdown gibt.

Hier der Trailer:



Allerdings wurden dieser Tage die Besuchsregeln im Kino in der Kulturbrauerei und im Delphi Lux permanent verschärft. Zuletzt wurde nur noch Einlass mit der Luca App. und doppeltem Impfnachweis gewährt. Ein Testfall für die Berlinale, denn vor jedem Saal musste die zugehörige Vorstellung individuell neu gescannt werden. Zudem bestand neben einer scharfen Abstandsregelung zusätzlich Maskenzwang am Platz. Durch die geringere Auslastungsmöglichkeit musste das Festival zudem mit einem hohen Umsatzrisiko rechnen.

Bis zu den Weihnachtsfeiertagen haben wir noch ein paar Filmempfehlungen für unsere Leser. Ganz besonders berührt hat uns der marokkanische Film "ADAM" von Maryam Touzani über über die große Solidarität zweier Frauen im heutigen Casablanca. Eine Perle unter den vielen belanglosen Arthouse Filmen, der die Geschichte einer verzweifelten, ehelosen schwangeren Frau mit großer Einfühlsamkeit erzählt.

ADAM Drama von Maryam Touzani (Marokko / Frankreich). Mit Lubna Azabal, Nisrin Erradi, Douae Belkhaouda u.a. seit 9. Dezember 2021 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Auf der Suche nach Arbeit und Obdach irrt eine junge hochschwangere Frau durch die Gassen Casablancas. Immer wieder wird Samia (Nisrin Erradi) abgewiesen. Sie versucht es bei der alleinerziehenden Abla (Lubna Azabal) und deren Tochter Warda (Douae Belkhaouda).

Abla betreibt eine kleine Bäckerei im Erdgeschoss ihrer Wohnung, die nicht besonders gut läuft. Auch Abla schickt sie weg. Ohne Geld und ohne ein Bett für die Nacht setzt sich Samia erschöpft neben ihren Hauseingang. Auf Drängen ihrer kleinen Tochter Warda überlegt sie es sich anders und holt Samia rein. Aber nur für zwei oder drei Tage, dann soll sie sich um den Vater ihres ungeborenen Kindes kümmern.

Samia versucht sich nützlich zu machen. Die aufgeschlossene Warda freut sich über die Anwesenheit von Samia und möchte sich mit ihr anfreunden. Sie ist fasziniert von Samias Babybauch. Abla ist dagegen so voller Wut und Wehmut, dass sie einen nähren Kontakt nicht zulässt. Sie bleibt barsch, abweisend und schickt Samia ein zweites Mal weg.

Die kleine Warda wirft ihr Hartherzigkeit vor und beide machen sich gemeinsam auf die Suche. Als sie auf den überfüllten Straßen Samia gefunden haben, zeigt Abla zum ersten Mal Gefühl und bittet Samia mit nach Hause zu kommen. Eine Geste, die ihr nicht leicht fällt. Noch immer redet Abla wenig, sondern beobachtet nur und stürzt sich in ihre Arbeit.

Von morgens bis abends fertigt sie ihre Teigwaren. Man merkt ihr den inneren Kampf an, den sie mit sich ausficht. Es dauert, bis Abla endlich die richtigen Worte findet und Samia von dem Schmerz erzählt, den sie in sich trägt. Auch Samia öffnet sich und berichtet von ihrem Schmerz, dass sie das Baby nach der Geburt weggeben will. Die Kamera ist die ganze Zeit ganz dicht an den Frauen und zeichnet ihre Regungen auf.

Eine zutiefst berührende Szene ist die, als Abla mal wieder wie wild ihren Teig knetet und Samira vorsichtig ihre Hände greift und ganz behutsam mit ihr den Teig formt.

ADAM ist eine zu Herzen gehende Geschichte über die Solidarität zweier Frauen, im heutigen Casablanca. Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit, zu einer Zeit, als es illegal war unverheiratet schwanger zu werden. Die Eltern der Regisseurin und Autorin Maryam Touzani nahmen eine schwangere Frau bei sich auf, damit sie ihr Kind nicht auf der Straße gebären muss. Daraus entwickelte sie diese außergewöhnliche Freundschaft zwischen zwei Frauen, die beide wissen, was Schmerz und Verlust bedeutet.

Trotz anfänglicher Ablehnung entsteht Verständnis und Zuneigung. Was diesen Film ganz besonders macht. Touzani nimmt sich viel Zeit, um die ausdrucksstarken Gesichter ihrer beiden Hauptdarstellerinnen in all ihren Gefühlsmomenten zu zeigen. Sie gewährt uns einen Blick in die Gefühls-und Lebenswelt arabischer Frauen, in die marokkanische Kultur und die Bitterkeit patriarchaler Strukturen. Unverfälscht, intensiv und mit ganz viel Wärme.

Ulrike Schirm


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LAURAS STERN ein liebevoll inszenierter weihnachtlicher Realfilm mit animierten Effekten für die kleinsten Zuschauer von Joya Thome. Nach der gleichnamigen Kinderbuchreihe von Klaus Baumgart und dem Animationsfilm aus dem Jahre 2004 (Deutschland). Mit Emilia Kowalski, Michel Koch (II), Jonas May u.a. seit 9. Dezember 2021 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Nach einer 52-teiligen Fernsehserie und drei Animationsfillmen fürs Kino erlebt die siebenjährige Sternenfängerin Laura jetzt ihr erstes Realfilmabenteuer.

Vor 25 Jahren erschien „Lauras Stern“ von Klaus Baumgart. In über zwanzig Sprachen wurde die Reihe übersetzt.

Laura und ihrem kleiner Bruder Tommy gefällt der Umzug vom Land in die Großstadt so gar nicht. Laura will zurück in die Natur. „Mein Apfelbaum ist weg und meine Freunde“ sagt sie. Aber sie ist fest davon überzeugt, dass sie eh ganz schnell wieder verschwindet. Auch die verwunschene Dachterrasse mit der mechanischen Katze und dem Blick über die Stadt, kann sie nicht umstimmen.

Traurig sucht Tommy in dem Umzugschaos verzweifelt seinen „Beschütz-mich-Hund". Auch die fremden Kinder sind nicht nett zu ihnen. Doch dann geschieht ein kleines Wunder: Laura findet einen vom Himmel gefallenen Stern, der durch den Aufprall auf die Erde einen Zacken verloren hat. Sie nimmt ihn mit nach Hause, damit er nicht so allein ist. Den Zacken hat der Nachbarsjunge gefunden. Laura klebt ihn mit einem Heftpflaster wieder an. Nun kann der Stern durchs Zimmer fliegen. Mit seinem magischen Sternenstaub kann der leuchtend Stern noch viel mehr. Er erweckt nicht nur Lauras Kuscheltiere zum Leben, er lässt auch Lauras Traum vom Fliegen wahr werden. Der Stern bekommt sogar ein eigenes Bett. Von nun an nimmt Laura den Stern in ihrem Rucksack überall mithin und fliegt sogar durchs Weltall.

Durch die vielen Abenteuer, die Laura mit dem Stern erlebt, vergisst sie ihren Kummer. Auch mit dem hilfreichen Nachbarsjungen Max (Jonas May), den sie erst ziemlich blöd fand, entwickelt sich eine Freundschaft.

Die Kamera bleibt stets auf Augenhöhe der Kinder. Die Welt der liebevollen Eltern (Luise Heyer, Ludwig Trepte) spielt kaum eine Rolle. Mit Emilia Kowalski haben die Filmemacher die perfekte Laura gefunden. Auch Michael Koch als Tommy ist hinreißend besetzt. Zauberhafte Trickaufnahmen, besonders die, der zum Leben erweckten Kuscheltiere, werden die Kinderherzen erfreuen. Niedlich und schön erzählt.

Kinomusiklegende Hans Zimmer ist für die musikalische Untermalung zuständig, die allerdings an einigen Stellen etwas etwas übertrieben ist. Auch dass die Songs in englischer Sprache daherkommen ist schade.

Ulrike Schirm


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