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Kritik am Gesetzgebungspaket zum neuen Urheberrecht

Die DSM-Richtlinie (Directive on Copyright in the Digital Single Market) des Europäischen Parlaments über das Urheberrecht verfolgt das Ziel, das Urheberrecht der Europäischen Union an die Erfordernisse der digitalen Gesellschaft anzupassen.



Die am Donnerstag, den 20.05.2021 im Bundestag beschlossene Novelle des Urheberrechts wird von der SPIO massiv kritisiert - so erreiche die Regierungskoalition das Gegenteil dessen, was die zugrundeliegende Richtlinie vorgesehen habe. Nicht zuletzt wurde dabei die massive Kritik der Filmwirtschaft "weitgehend überhört".

SPIO-Präsident Thomas Negele erklärte dazu:
"Das Urheberrecht ist das wesentliche rechtliche Instrument, um Wertschöpfungsprozesse im digitalen Binnenmarkt zu steuern. Die DSM-Richtlinie sollte ein Korrektiv sein, um die Kreativen und die Kreativwirtschaft wieder stärker an den digitalen Einnahmeströmen zu beteiligten. Für die Filmwirtschaft erreicht die Regierungskoalition mit dem Gesetzespaket das Gegenteil. Auf die filmwirtschaftlichen Betriebe werden höhere administrative Kosten durch umfangreiche Auskunfts- und Berichtspflichten zukommen, ohne dass diese durch bessere Lizenzmöglichkeiten kompensiert werden. Die beschlossenen Änderungen sehen keine wirksamen Instrumente vor, die illegalen Nutzungen von Filmen auf Online-Sharing-Plattformen zu unterbinden. Nutzer*innen und Plattformen erhalten Rechtssicherheit auf Kosten der Unternehmen der Kreativwirtschaft."


Die Hoffnungen lägen demnach nun in Brüssel, "wo mit dem Digital Markets Act und Digital Services Act der Marktmacht der großen Digitalplattformen Grenzen gesetzt und die Rechtsdurchsetzung effektiver gestaltet werden sollen", so die SPIO.



Auch die Allianz Deutscher Produzenten – Film und Fernsehen (kurz: Produzentenallianz) sieht in dem vom Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition beschlossenen Gesetzgebungspaket zur Umsetzung der europäischen DSM-Richtlinie eine schwerwiegende Belastung für die deutsche Kreativwirtschaft.

Eine Reihe von europäischen Ländern wollen die um einen Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern bemühten Regelungen des maßgeblichen Artikel 17 der DSM-Richtlinie mehr oder weniger wörtlich in das jeweilige nationale Recht übernehmen.

Anders macht es nun die Bundesregierung: Die Koalitionsparteien haben sich mit dem neuen Urheberrecht dafür entschieden, durch ausufernde Informationspflichten den Bürokratieaufwand der Produzent*innen und Verwerter, ohne finanzielle Vorteile für die Urheber*innen, massiv zu erhöhen und den Schutz der Urheberrechte auf Online-Sharing-Plattformen auszuhöhlen. Damit wird die Intention der Richtlinie in ihr Gegenteil verkehrt. Als Folge hiervon werden die Kreativbranchen im Land künftig weniger Zeit für das Produzieren neuer Inhalte haben, da sie deutlich mehr Zeit für das Administrieren von Rechten aufbringen müssen.

Auch die Last-Minute-Änderung, dass etwa bei Fußball-Live-Übertragungen bis zum Abschluss der erstmaligen öffentlichen Wiedergabe keine Verwertung des Inhaltes stattfinden darf, bietet der Film- und Fernsehbranche keinen Mehrwert. Die Auswertung und Wertschöpfung kreativer Inhalte endet ja mitnichten mit ihrer Erstveröffentlichung. Auch der sogenannte „Red Button“ als Mechanismus zur Klärung rechtswidriger Nutzungen auf Online-Sharing-Plattformen ist weiterhin ungeeignet, einen effektiven Schutz zu gewähren, da hochgeladene Inhalte jedenfalls für einen gewissen Zeitraum als vermutet rechtmäßig angesehen werden.

Damit besitzt das beschlossene Urheberrecht keine effektiven Instrumente, um die illegale Nutzung von Filmen auf Online-Sharing-Plattformen zu unterbinden, geht einseitig auf Kosten der Urheber*innen sowie ihrer Vertragspartner*innen und weicht damit deutlich von der EU-Vorlage ab“
, kritisiert Alexander Thies, Vorsitzender der Produzentenallianz.


Die Vorlage des Entwurfs galt auch nach mehreren Revisionen als umstritten. Gegenstand der Kontroversen waren insbesondere Bestrebungen zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger sowie die Umsetzung einer Verpflichtung zur Lizenzierung urheberrechtlich geschützter Inhalte und damit verbundener Upload-Filter.

"Wesentliche Partnerinnen der Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten können auf Seiten der Urheber, ausübenden Künstler sowie der Verlage gemeinsame Verwertungsgesellschaften sein, denen die entsprechenden Rechte bereits eingeräumt sind bzw. eingeräumt werden könnten",

so die Stellungnahme, die gemeinsam von der Initiative Urheberrecht und den deutschen Verwertungsgesellschaften GEMA, VG Bild-Kunst und VG Wort im April erarbeitet worden war und an der mehr als 35 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Musik, Bildende Kunst, Film und Fernsehen, Literatur und Presse, Fotografie und Design mitgearbeitet hatten.

Allen Beteiligten war deutlich geworden, worum es dem Europäischen Gesetzgeber geht: Zuerst um einen Systemwechsel bei der Zuordnung der urheberrechtlichen Verantwortung. Von höchster Bedeutung für die Neuregelung der Verhältnisse ist die Klarstellung in Art. 17 Abs. 1, dass zukünftig die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten durch ihre Nutzer verantwortlich sind und deshalb die Erlaubnis der Rechteinhaber einzuholen haben.

Links: www.spio.de | www.produzentenallianz.de | www.gema.de | www.bildkunst.de | www.vgwort.de

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