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Anhebung der Rundfunk-Gebührenschraube wird im Osten kritisch gesehen

Anhebung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent im Monat kommt nicht bei allen Bürgern der neuen deutschen Bundesländer gut an.



Vordergründig geht es nur um 86 Cent im Monat, zahlbar ab 1. Januar 2021. Doch im Hintergrund geht es um viel mehr. Der Streit dreht sich um die Zustimmung des Magdeburger Landtags zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags.

Tatsächlich steht dabei die Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt, einer Koalition zwischen den Grünen, der SPD und der CDU, kurz vor dem Auseinanderbrechen. Am Mittwoch, den 2. Dezember 2020, gaben sich die streitenden Akteure noch einmal sieben Tage mehr Zeit, um zu einer Lösung zu finden.

Doch die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, sind bisher miteinander nicht kompatibel. Der Kompromiss könne nur darin bestehen, eine Abstimmung im Parlament auszusetzen, indem man die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) auffordert, den Beitrag für Sachsen-Anhalt neu zu berechnen. Schließlich habe sich die ökonomische Lage durch die Wirtschaftskrise in der Corona-Pandemie grundlegend verändert.

Auch das Volk sieht sich in den neuen deutschen Bundesländern verschaukelt, solange die Einkommen immer noch hinter jenen der alten Bundesländer liegen. Die Beitragserhöhung ist dort seit langer Zeit umstritten. Auch in Thüringen wird Kritik geäußert, denn die strukturelle Benachteiligung des Ostens bleibe weiterhin ein großes Problem.

Im Gegensatz zum Magdeburger Landtag, wo die CDU strikt gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags ist, wollen im Erfurter Landtag Linke, Grüne und SPD der Beitragserhöhung zustimmen. Das reicht aber nicht. Nachdem AfD und FDP ein Nein angekündigt haben, kommt es nun ebenfalls dort auf die CDU an. Doch Gegner und Befürworter des Staatsvertrags halten sich dort die Waage, sodass das Ergebnis unentschieden bleibt.

Sogar Friedrich Merz, der als zukünftiger Bundeskanzler antreten will, äußerte Verständnis für die Position der CDU. In den Zeiten von Corona könne man eine Beitragserhöhung kritisch sehen, sagte er dem „Münchner Merkur“ und stützt damit den Kurs von Ministerpräsident Haseloff in Sachsen-Anhalt, eine Abstimmung zu vermeiden.

Marco Wanderwitz (CDU), der aus Sachsen stammende Ost-Beauftragte der Bundesregierung hält die geplante Erhöhung des Beitrags dagegen für maßvoll, schließlich sei es die erste Erhöhung des Rundfunkbeitrags seit 10 Jahren.

Doch die Abgeordneten von Sachsen-Anhalts CDU finden den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu fett und zu groß, sie finden, dass es keine um die hundert Radio- und Fernsehsender benötige. Sie sind der Meinung, dass der Osten in den Programmen zu wenig vorkomme, dass die Führungsriegen der Anstalten enorm westdeutsch und zu gut bezahlt sind, dass faktisch keine Schlüsselinstitutionen von ARD und ZDF im Osten zu Hause sind. Sie kritisieren, dass das Saarland eine eigene Anstalt besitzt, ein Bundesland von der Größe eines sachsen-anhaltischen Landkreises. Manche Abgeordneten vermissen mehr Rücksicht auf die Provinz in den überregionalen Fernsehprogrammen, einige sind der Meinung, ARD und ZDF seien irgendwie diffus zu links und zu grün, und wieder andere kritisieren alles davon.

Aber in Corona-Zeiten wird auch von den Jüngeren wieder vielmehr ferngesehen und die Nutzung der kostenintensiven Mediatheken von ARD & ZDF ist sprunghaft gestiegen. Um das Programm auf gleichem Niveau zu halten, ist die moderate Anhebung des Beitrags, der von vielen als überteuerte Gebühr angesehen wird, wohl dringend erforderlich.

Weil jedoch alle 16 Bundesländer zustimmen müssten, sieht es so aus, als würde die Gebührenerhöhung zunächst ausfallen. Im schlimmsten Fall müssten die Öffentlich-Rechtlichen am 1. Januar 2021, wie bislang, mit 17,50 Euro pro Monat und Beitragsbürger auskommen.

Dazu äußern sich nachfolgend auch die Produzentenverbände:



Anlässlich der sich abzeichnenden Ablehnung der Erhöhung des Rundfunkbeitrags durch die christdemokratische Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, appellieren die unterzeichnenden Verbände der Filmwirtschaft an die Mitglieder der Fraktion, ihre Position bis zur geplanten Abstimmung Mitte Dezember zu überdenken und doch für die Erhöhung zu stimmen.



Die aktuell zur Debatte stehende Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent auf 18,36 Euro ist die erste seit mehr als 10 Jahren. Es ist zu befürchten, dass die öffentlich-rechtlichen Sender in der Folge einer ausbleibenden Erhöhung des Rundfunkbeitrages notwendige Einsparungen in erster Linie durch kurzfristig zu realisierende Kürzungen der Programmbudgets vornehmen würden. Dadurch käme es vor allem zu einer deutlichen Schwächung der Programmqualität und –vielfalt. Leidtragende dieser Entscheidung wären also in allererster Linie die Zuschauer.

Ein Kollateraleffekt einer ausbleibenden Erhöhung des Rundfunkbeitrags wäre aber auch ein deutlicher Schaden zu Lasten der bundesweiten Produktionswirtschaft und der freien Mitarbeiter*innen der Landesrundfunkanstalten und Produktionsunternehmen.

ARD und ZDF sind mit über 1,45 Milliarden Euro die größten Auftraggeber für die deutschen Produktionsunternehmen, ein wesentlicher Teil ihres Sendevolumens wird den Sendern im Rahmen von Produktionsaufträgen oder Koproduktionen zugeliefert. Die Landespolitik der CDU in Sachsen-Anhalt hätte bundesweite Auswirkungen und würde auch zu einer unbeabsichtigten aber sicher eintretenden Schwächung der regionalen Strukturen führen.

Die Erhöhung des Rundfunkbeitrags sichert den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ihren verfassungsrechtlichen Anspruch auf bedarfsgerechte Finanzierung. Die Anstalten brauchen diese Mittel in der aktuellen Situation umso dringender, als sie von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie ebenso betroffen sind wie die allermeisten privaten Haushalte, die Gesamtwirtschaft und die Film- und Fernsehbranche. Eine Aussetzung der Beitragserhöhung wird private Haushalte jedoch in einem wesentlich geringeren Anteil entlasten als sie die regionale und bundesweite Produktionslandschaft und die mit ihr verbundenen zehntausende freien Mitarbeiter*innen belasten wird, deren Existenzgrundlage sowieso schon durch die Corona-Pandemie schwer unter Beschuss geraten ist. Die Folge wäre ein deutlicher Verlust an Programmqualität und Programmvielfalt.

Den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bliebe im Falle einer Verweigerung der Beitragserhöhung durch den Landtag in Sachsen-Anhalt die Möglichkeit, die Erhöhung vor dem Bundesverfassungsgericht einzuklagen. In Zeiten einer zunehmenden Polarisierung der gesellschaftlichen Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wäre allerdings eine bundesweite parlamentarische Legitimierung des Rundfunkbeitrags durch alle 16 Landesparlamente erstrebenswert und notwendig.

Die unterzeichnenden Verbände anerkennen durchaus die Berechtigung der Forderung der CDU Fraktion nach einer weiteren Steigerung der Effizienz in der Verwendung der Beiträge durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Sie appellieren deshalb gleichzeitig an die öffentlich-rechtlichen Sender, eine umfassende und zukunftsorientierte Reform ihrer Rundfunkstrukturen umzusetzen und Einsparpotentiale zugunsten von Investitionen in Programmqualität und Vielfalt sicherzustellen.

Produzentenverband e.V. | Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V.

Links: www.produzentenverband.de | www.produzentenallianz.de

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