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BKM setzt Zeichen im Berliner »Moviemento«, einem der ältesten Kinos Deutschlands

Bund unterstützt Kinos mit dem Kinoprogrammpreis 2020 – und dem neuen Zukunftsprogramm Kino II.



Seit November 2019 droht dem Kiez-Kino Moviemento das Aus. Die Deutsche Wohnen will das Gebäude verkaufen, womit eines der ältesten Kinos Deutschlands wohl demnächst schließen muss. Es gibt zwar kleine Rücklagen und zudem sollte mit einer Crowdfunding-Kampagne das Kino gerettet werden, doch die geforderten 1,6 Millionen Euro sind nicht so leicht aufzutreiben, um das Haus selbst übernehmen zu können.

Durch die Corona-Krise musste das Kino ebenso wie andere Filmtheater längere Zeit schließen, während die Mietforderungen weiter liefen. Wie wir gestern im Central Kino am Hackeschen Markt, das ebenso wie das deutlich größere Kino Toni in Berlin-Weißensee zum selben Betreiber gehört, anlässlich einer Pressevorführung erfahren haben, soll aber ein wenig Bewegung in die Verhandlungen gekommen sein. Die Hausverwaltung ist wohl gewillt, wieder Gespräche aufzunehmen.

Derzeit laufen nicht nur die Kinogeschäfte schlecht, sondern auch die Immobiliengeschäfte. Der Run auf Berlin scheint ein wenig ins Stocken geraten zu sein. Auch die Touristen bleiben fern und die Pressevorführung des im August startenden spanischen Films "DIE OBSKUREN GESCHICHTEN EINES ZUGREISENDEN" von Aritz Moreno war nur von drei Journalisten besucht worden, während zu anderen Zeiten ansonsten 20 bis 50 Personen zu erwarten gewesen wären.

Hier der Trailer:



Die scheinbar surrealistische Episodenerzählung hat immerhin auf einigen internationalen Filmfestivals für Beachtung gesorgt. Allerdings sind einige der Geschichten auch ziemlich eklig anzuschauen. Jedenfalls nichts für schwache Nerven, denn so ganz abwegig sind manche der Erzählungen mitnichten. Dass Kinder verkauft wurden und zur Prostitution gezwungen wurden, hat man auch schon mal in den Nachrichten gehört. Doch was dann kommt wollen wir lieber nicht erzählen.


Die Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat ebenfalls von der prekären Lage des Kreuzberger Kinos Moviemento gehört und wollte wohl deshalb gestern mit einer eigenen Veranstaltung in diesem historischen Berliner Kino ein Zeichen setzen. Die Medien haben natürlich das Thema in Zeiten des Sommerlochs liebend gerne aufgegriffen.

Im Rahmen eines gemeinsamen Besuches mit Regisseur Tom Tykwer wurden nämlich am gestrigen 15. Juli 2020 im Moviemento in Berlin, die Preisträger der Kinoprogramm- und Verleiherpreise 2020 bekannt gegeben. Um ihnen in Zeiten der Corona-Krise die Prämien schnellstmöglich zukommen zu lassen, wurde die Preisvergabe vorgezogen. Zur Abmilderung der Corona-Folgen wurden die Mittel für die Kinoprogrammpreise in diesem Jahr von 1,8 auf zwei Millionen Euro erhöht.

Die Auszeichnungen gingen in diesem Jahr an insgesamt 254 Kinos in Höhe von jeweils 10.000 Euro für ein kulturell herausragendes Jahresfilmprogramm, 27 mehr als im Vorjahr. Neben Preisen für ein gutes Dokumentar- und Kurzfilmprogramm umfassen sie auch Sonderpreise für Kinder- und Jugendfilmprogramme in Höhe von je 5.000 Euro. Einen Spitzenpreisträger gab es in diesem Jahr nicht. Das höchste Preisgeld mit jeweils 20.000 Euro erhielten die Filmpalette in Köln und das Scala Programmkino in Lüneburg. Dicht dahinter lagen mit jeweils 17.500 Euro der heutige Gastgeber, das Moviemento in Berlin und das 3001 Kino in Hamburg.

Die Verleiherpreise 2020 für besondere Leistungen bei der Verbreitung künstlerisch herausragender Filme des Jahres 2019 gingen an Alamode Filmdistribution (München), Capelight Pictures (Ahrensfelde) und die MFA+ FilmDistribution (Regensburg). Die Auszeichnungen sind mit Prämien in Höhe von jeweils 75.000 Euro verbunden.

Das Programmkino Moviemento im Berliner Stadtteil Kreuzberg ist nicht nur ein Haus mit Geschichte, sondern eine echte Berliner Institution. Es war also kein Zufall, dass die Kulturstaatsministerin in Begleitung des Filmemachers das Kino besuchte. Grütters informierte sich vor Ort über die Herausforderungen, vor denen Kinos in Zeiten der Corona-Krise stehen: Seit Anfang Juli dürfen sie in Berlin wieder Filme zeigen, allerdings müssen Abstandsregelungen eingehalten, Hygienevorschriften beachtet und umgesetzt werden. Die Besucherzahlen sind entsprechend gering – und damit auch die Einnahmen.

Damit Kinos in ganz Deutschland in der Corona-Krise ihren Betrieb wieder aufnehmen können, stellt die Bundesregierung insgesamt 40 Millionen Euro für das „Zukunftsprogramm Kino II“ zur Verfügung. Diese Förderlinie ist Teil des Konjunkturprogramms NEUSTART KULTUR und ergänzt das bereits laufende „Zukunftsprogramm Kino I“, das sich an kleinere Kinos im ländlichen Raum und Arthouse-Kinos wie das Moviemento richtet. Es soll Kinos bei den notwendigen Investitionen in Sicherheitsvorkehrungen oder zum Beispiel neue Ticketing-Systeme unterstützen. Weitere Informationen finden Sie hier.


Laut Mitteilung der BKM können nun auch Kinos Mittel erhalten, die die strukturellen oder kulturellen Antragsvoraussetzungen des "Zukunftsprogramms Kino I" nicht erfüllen. Genauer gesagt: Ausschließlich diese Kinos haben Zugriff auf das "Zukunftsprogramm II". Denn wie es in den Fördergrundsätzen heißt: "Kinos, die die Antragsvoraussetzungen des Zukunftsprogramm Kino in der Fassung vom 18.05.2020 erfüllen, sind nicht antragsberechtigt."

Allerdings gibt es einen erheblichen Unterschied zum "Zukunftsprogramm I" - und dieser liegt in der Breite der geförderten Maßnahmen. Denn aus dem "Zukunftsprogramm Kino II" fördert der Bund Investitionen in Umbau-, Modernisierungs- und Ausstattungsmaßnahmen, mit denen sich die Gefahr einer Ausbreitung des Corona-Virus beim Kinobesuch reduzieren lässt. Es werden also - abgesehen von Maßnahmen für das "Grüne Kino" - nur Investitionen gefördert, die direkt einer Reduzierung von Ansteckungsgefahren dienen.

Wie üblich darf die Maßnahme noch nicht begonnen worden sein. Anträge auf Förderung aus dem "Zukunftsprogramm II" können ab 1. August 2020 gestellt werden. Die maximale Förderhöhe pro Kino beträgt 315.000 Euro. Ein Unternehmen, das mehrere Standorte betreibt, darf insgesamt maximal 630.000 Euro beantragen. Gewährt wird eine Förderung als nicht rückzahlbarer Zuschuss.



"Der Regierung, den Bundestagsabgeordneten und vor allen Dingen Staatsministerin Monika Grütters gilt unser herzlichster Dank", erklärte Christine Berg, Vorstandsvorsitzende des HDF Kino e.V. "Die neue Förderung ermöglicht es den Kinos, auch in dieser schweren Zeit zukunftsfähig zu bleiben und weiterhin dem Publikum ein sicheres kulturelles Gemeinschaftserlebnis zu bieten."

Auf besondere Zustimmung des HDF stößt, dass nun auch Kinos gefördert werden, die bislang durch das Raster fielen. "Wir freuen uns, dass seitens der Politik gesehen wird, wie essenziell es ist, dass die Kinolandschaft in der Breite erhalten bleibt", so Berg weiter.


Dennoch wird den Kinos die Programmplanung derzeit weiterhin schwer fallen. Nicht nur zahlreiche US-Blockbuster wurden nach hinten verschoben, auch Constantin Film macht davon Gebrauch. So wird "Contra", der neue Film von Sönke Wortmann, nicht wie ursprünglich geplant am 1. Oktober 2020 in die Kinos kommen. Tatsächlich wurde der Start auf den 14. Januar 2021 verlegt.

Link: www.moviemento.de

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