Berlinale droht Engpaß - CineStar im Sony Center soll schließen
120 Mitarbeiter verlieren Job bei CineStar im Sony-Center.
Dass mit der Übernahme der CineStar Standorte durch die englische Vue Kino-Gruppe nicht alles beim Alten bleiben würde, war vorauszusehen, zumal Vue Entertainment im Jahre 2012 bereits auch Cinemaxx aufgekauft hatte.
Das Sprichwort sagt zwar, dass Vergleiche hinken, aber Vue International wird ähnlich wie bei der Fusion von Karstadt und Kaufhof sich natürlich nicht nur eigene Konkurrenz schaffen wollen, sondern die Perlen herauspicken und den Rest verramschen.
Im Falle der beabsichtigten Schließung der CineStar Kinos im Sony Center Berlin am Potsdamer Platz, dürfte der Aufschrei aber besonders groß sein. Es kommt einem so vor, als würde der neue Besitzer das KaDeWe verscherbeln und stattdessen ein par billige Woolworth Filialen behalten wollen.
Tatsächlich ist das dem CineStar Original gegenüberliegende Cinemaxx ein wenig heruntergekommen. Im Sony Center ist alles adretter gestaltet. Im Gegensatz zum Cinemaxx muss man im CineStar keine Treppen laufen oder auf nicht funktionierende Fahrstühle ewig warten müssen. Wie in einem Luxus Kaufhaus führen im CineStar Rolltreppen hinab zu den großzügigen Kinosälen und wenn man das IMAX mit dazu rechnet, dann würde man damit sogar ein ganz besonderes, einzigartiges Aushängeschild verlieren.
Konkurrenz musste das CineStar Original ebenfalls kaum fürchten. Gezeigt wurden nämlich nur Original Fassungen, vornehmlich in englisch. Auf schlecht synchronisierte Filme wie im Cinemaxx wollte man beim CineStar lieber verzichten.
Das größte Problem dürfte bei einer Schließung des CineStar aber die Berlinale haben. Bereits Ende des Jahres soll Schluss sein und der letzte Vorhang fallen. Gerade dann fangen unter einer neuen Leitung bei der 70-jährigen Jubiläums-Berlinale die Detailplanungen und die Programmierungen der Kinoplätzte an.
Rund um den Potsdamer Platz gibt es keine Ausweichquartiere. Alle Kinos waren immer voll belegt. Nicht nur für die Premieren, auch für den Marketplace. Bis nach Friedrichshain zum neuen UCI-Kino-Welt am Mercedes Platz ist der Weg ziemlich weit und ob die Kapazität reicht, hat wahrscheinlich noch keiner nachgerechnet, so neu ist die Meldung der Kinoschließung am Potsdamer Platz. Die bisher eng gefassten Zeitpläne könnten auseinander brechen.
Auch der Berlinale Palast ist nur bis 2022 gesichert. Hauptmieter ist bis dahin die Stage Entertainment, die das Theater derzeit leer stehen lässt. Sogar das Arsenal Kino im Filmhaus muss dann wohl mit einer Kündigung rechnen. Der vor wenigen Monaten diskutierte alternativ Plan zum Bau eines neuen Filmhauses ist ebenfalls gecancelt worden, weil zu teuer. Bei den gestiegenen Baupreisen kann die Berlinale nicht mithalten.
Überlegungen das ICC am Funkturm zu reanimieren und die variablen Kongresssäle zu Kinosäle umzubauen, würde zeitlich ebenfalls nicht mehr passen, weil zuvor erst Asbest entfernt und eine neue Entrauchungsanlage eingebaut werden müsste. Dazu würden jahrelange Sanierungsarbeiten anstehen. Man erinnere nur an den BER-Flughafen und nun auch an das Humboldt Forum, das wegen derselben Baumängel nicht rechtzeitig eröffnet werden kann.
Nach Angaben der Betreiber werden die acht unterirdischen Kinosäle des CineStar als defizitär beschrieben. Die knapp 120 Mitarbeiter sollen ihren Job verlieren. Zwar seien andere Nutzungsmöglichkeiten schwer vorstellbar, aber vielleicht erhofft sich der neue Inhaber des Sony Centers, u.a. ein US-Finanzinvestor, von einer weiteren Shopping Mall mehr Gewinn.
Seit der Eröffnung des Sony-Centers im Januar 2000 hat sich das Kino CineStar am Potsdamer Platz zu einem der gefragtesten Premierenkinos der Stadt entwickelt. Die Stars gaben sich dort zeitweise die Klinke in die Hand, bejubelt von ihren Fans – ein vertrautes Bild, von dem man sich möglicherweise bald verabschieden muss, schrieb der Tagesspiegel in seiner gestrigen Ausgabe.
Für die Nachnutzung gebe es den Informationen nach noch keine konkreten Pläne. Es seien Wohnungen und Büroräume im Gespräch. Die Kinokette selbst wollte keinen Kommentar abgeben. Bei der Berliner „Abendschau“ hieß es im RBB, der Betreiber sei auf Anfrage nicht zu erreichen gewesen.
Die vereinigte Film-und Dienstleistungsgesellschaft Ver.di wusste von der Kündigung bereits seit März. Schon länger laufen Tarifverhandlungen in der Kinobranche, die noch nicht abgeschlossen sind. Unabhängig davon ist auch ein Poker des Vermieters um höhere Mieten nicht ausgeschlossen.
Außerdem ist es noch nicht ganz sicher, dass das Kartellamt nicht doch noch ein Veto bei der Übernahme der CineStar-Gruppe durch Vue einlegt. Ob die Wettbewerbshüter alternativ Auflagen angedroht haben, sodass vor allem in Berlin einige Häuser abgestoßen werden müssten, um keine Marktbeherrschung zu erlangen, ist dagegen nicht bekannt, aber durchaus möglich.
In diesem Fall wäre auch ein anderer Betreiber möglich, der vielleicht neue Attraktionen nach Berlin holen will, um höhere Mieten zu verkraften. Dazu gehört z.B. das Projektionssystem ScreenX mit der 4DX-Technologie. Der Filmpalast Kassel soll damit als erstes Filmtheater in Deutschland ausgestattet werden.
ScreenX bietet ein 270-Grad-Kinoerlebnis, indem ausgewählte Szenen von Hauptfilm und Werbung auch auf zwei Seitenwände projiziert werden. Bei der 4DX-Technologie werden darüber hinaus Extreme Motion Chairs eingebaut, die das Filmerlebnis durch Spezialeffekte wie bewegungssynchronisierte Sitze, Wind, Nebel, Regen, Blitz, Schnee, Seifenblasen, Vibration und Düfte ergänzen.
Auch die Dolby Vision Technologie wurde kürzlich erst einmal in München installiert. Es ist das erste original Dolby Cinema Kino in Deutschland mit einem besonderen Sound System, Laser Projektion und neueste HDR-Technik. In Berlin, der Hauptstadt Deutschlands, fehlen diese Neuerungen in der Kinobranche. Am Potsdamer Platz, mit viel internationalem Publikum, wäre ein solches Eventkino mit höheren Eintrittspreisen durchaus vorstellbar.
Quellen: rbb | Kurier | Tagesspiegel
PS: (Post Scriptum)
Die letzten fünf Absätze haben wir im Laufe des Tages ergänzt, nachdem weitere Informationen bekannt wurden.
Dass mit der Übernahme der CineStar Standorte durch die englische Vue Kino-Gruppe nicht alles beim Alten bleiben würde, war vorauszusehen, zumal Vue Entertainment im Jahre 2012 bereits auch Cinemaxx aufgekauft hatte.
Das Sprichwort sagt zwar, dass Vergleiche hinken, aber Vue International wird ähnlich wie bei der Fusion von Karstadt und Kaufhof sich natürlich nicht nur eigene Konkurrenz schaffen wollen, sondern die Perlen herauspicken und den Rest verramschen.
Im Falle der beabsichtigten Schließung der CineStar Kinos im Sony Center Berlin am Potsdamer Platz, dürfte der Aufschrei aber besonders groß sein. Es kommt einem so vor, als würde der neue Besitzer das KaDeWe verscherbeln und stattdessen ein par billige Woolworth Filialen behalten wollen.
Tatsächlich ist das dem CineStar Original gegenüberliegende Cinemaxx ein wenig heruntergekommen. Im Sony Center ist alles adretter gestaltet. Im Gegensatz zum Cinemaxx muss man im CineStar keine Treppen laufen oder auf nicht funktionierende Fahrstühle ewig warten müssen. Wie in einem Luxus Kaufhaus führen im CineStar Rolltreppen hinab zu den großzügigen Kinosälen und wenn man das IMAX mit dazu rechnet, dann würde man damit sogar ein ganz besonderes, einzigartiges Aushängeschild verlieren.
Konkurrenz musste das CineStar Original ebenfalls kaum fürchten. Gezeigt wurden nämlich nur Original Fassungen, vornehmlich in englisch. Auf schlecht synchronisierte Filme wie im Cinemaxx wollte man beim CineStar lieber verzichten.
Das größte Problem dürfte bei einer Schließung des CineStar aber die Berlinale haben. Bereits Ende des Jahres soll Schluss sein und der letzte Vorhang fallen. Gerade dann fangen unter einer neuen Leitung bei der 70-jährigen Jubiläums-Berlinale die Detailplanungen und die Programmierungen der Kinoplätzte an.
Rund um den Potsdamer Platz gibt es keine Ausweichquartiere. Alle Kinos waren immer voll belegt. Nicht nur für die Premieren, auch für den Marketplace. Bis nach Friedrichshain zum neuen UCI-Kino-Welt am Mercedes Platz ist der Weg ziemlich weit und ob die Kapazität reicht, hat wahrscheinlich noch keiner nachgerechnet, so neu ist die Meldung der Kinoschließung am Potsdamer Platz. Die bisher eng gefassten Zeitpläne könnten auseinander brechen.
Auch der Berlinale Palast ist nur bis 2022 gesichert. Hauptmieter ist bis dahin die Stage Entertainment, die das Theater derzeit leer stehen lässt. Sogar das Arsenal Kino im Filmhaus muss dann wohl mit einer Kündigung rechnen. Der vor wenigen Monaten diskutierte alternativ Plan zum Bau eines neuen Filmhauses ist ebenfalls gecancelt worden, weil zu teuer. Bei den gestiegenen Baupreisen kann die Berlinale nicht mithalten.
Überlegungen das ICC am Funkturm zu reanimieren und die variablen Kongresssäle zu Kinosäle umzubauen, würde zeitlich ebenfalls nicht mehr passen, weil zuvor erst Asbest entfernt und eine neue Entrauchungsanlage eingebaut werden müsste. Dazu würden jahrelange Sanierungsarbeiten anstehen. Man erinnere nur an den BER-Flughafen und nun auch an das Humboldt Forum, das wegen derselben Baumängel nicht rechtzeitig eröffnet werden kann.
Nach Angaben der Betreiber werden die acht unterirdischen Kinosäle des CineStar als defizitär beschrieben. Die knapp 120 Mitarbeiter sollen ihren Job verlieren. Zwar seien andere Nutzungsmöglichkeiten schwer vorstellbar, aber vielleicht erhofft sich der neue Inhaber des Sony Centers, u.a. ein US-Finanzinvestor, von einer weiteren Shopping Mall mehr Gewinn.
Seit der Eröffnung des Sony-Centers im Januar 2000 hat sich das Kino CineStar am Potsdamer Platz zu einem der gefragtesten Premierenkinos der Stadt entwickelt. Die Stars gaben sich dort zeitweise die Klinke in die Hand, bejubelt von ihren Fans – ein vertrautes Bild, von dem man sich möglicherweise bald verabschieden muss, schrieb der Tagesspiegel in seiner gestrigen Ausgabe.
Für die Nachnutzung gebe es den Informationen nach noch keine konkreten Pläne. Es seien Wohnungen und Büroräume im Gespräch. Die Kinokette selbst wollte keinen Kommentar abgeben. Bei der Berliner „Abendschau“ hieß es im RBB, der Betreiber sei auf Anfrage nicht zu erreichen gewesen.
Die vereinigte Film-und Dienstleistungsgesellschaft Ver.di wusste von der Kündigung bereits seit März. Schon länger laufen Tarifverhandlungen in der Kinobranche, die noch nicht abgeschlossen sind. Unabhängig davon ist auch ein Poker des Vermieters um höhere Mieten nicht ausgeschlossen.
Außerdem ist es noch nicht ganz sicher, dass das Kartellamt nicht doch noch ein Veto bei der Übernahme der CineStar-Gruppe durch Vue einlegt. Ob die Wettbewerbshüter alternativ Auflagen angedroht haben, sodass vor allem in Berlin einige Häuser abgestoßen werden müssten, um keine Marktbeherrschung zu erlangen, ist dagegen nicht bekannt, aber durchaus möglich.
In diesem Fall wäre auch ein anderer Betreiber möglich, der vielleicht neue Attraktionen nach Berlin holen will, um höhere Mieten zu verkraften. Dazu gehört z.B. das Projektionssystem ScreenX mit der 4DX-Technologie. Der Filmpalast Kassel soll damit als erstes Filmtheater in Deutschland ausgestattet werden.
ScreenX bietet ein 270-Grad-Kinoerlebnis, indem ausgewählte Szenen von Hauptfilm und Werbung auch auf zwei Seitenwände projiziert werden. Bei der 4DX-Technologie werden darüber hinaus Extreme Motion Chairs eingebaut, die das Filmerlebnis durch Spezialeffekte wie bewegungssynchronisierte Sitze, Wind, Nebel, Regen, Blitz, Schnee, Seifenblasen, Vibration und Düfte ergänzen.
Auch die Dolby Vision Technologie wurde kürzlich erst einmal in München installiert. Es ist das erste original Dolby Cinema Kino in Deutschland mit einem besonderen Sound System, Laser Projektion und neueste HDR-Technik. In Berlin, der Hauptstadt Deutschlands, fehlen diese Neuerungen in der Kinobranche. Am Potsdamer Platz, mit viel internationalem Publikum, wäre ein solches Eventkino mit höheren Eintrittspreisen durchaus vorstellbar.
Quellen: rbb | Kurier | Tagesspiegel
PS: (Post Scriptum)
Die letzten fünf Absätze haben wir im Laufe des Tages ergänzt, nachdem weitere Informationen bekannt wurden.