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Soforthilfeprogramm für Kinos in der Fläche und erste Filmkritiken im April 2019, Teil 1

Mit einem Soforthilfeprogramm unterstreicht die Politik ihren Willen, den notleidenden Land-Kinos möglichst schnell und unbürokratisch unter die Arme greifen zu wollen.



Noch in diesem Frühjahr soll laut Kulturstaatsministerin Monika Grütters ein Soforthilfeprogramm für Kinos in ländlichen Regionen anlaufen. Dafür werden laut dpa kurzfristig fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt, die für investive und programmbegleitende Maßnahmen verwendet werden können. Antragsberechtigt sind Kinostandorte in Ortschaften mit weniger als 25.000 Einwohnern, die jeweils einen Zuschuss von maximal 25.000 Euro erhalten können.

„Mit dem Soforthilfeprogramm unterstreicht die Politik ihren Willen, den Kinos möglichst schnell und unbürokratisch unter die Arme greifen zu wollen“, so Dr. Thomas Negele, bisheriger Vorstandsvorsitzender des HDF KINO e.V. „Das ist für uns als Branche ein wichtiges Zeichen und unterstützt die antragsberechtigen Kinobetreiber*innen bei notwendigen Investitionen in moderne Spielstätten, innovative Kundenkommunikation und eine attraktive Programmarbeit. Ein erster Anfang ist damit sicherlich gemacht. Die jetzt freigegeben Mittel müssen aber dringend um ein echtes Zukunftsprogramm ergänzt werden, das die gesamte Kinolandschaft in Deutschland in den Blick nimmt und die Branche nachthaltig stärkt. Dafür ist nicht nur ein deutlich höheres Budget nötig, es müssen auch andere Kriterien als lediglich die Ortsgröße angelegt werden.“


Bei den Mitteln für das Soforthilfeprogramm handelt es sich aber nicht um Gelder der Staatsministerin für Kultur und Medien, sondern um Mittel des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, die im Rahmen des Programms „Kultur in den Regionen“ bewirtschaftet werden. Folgende Kriterien müssen antragstellende Kinos erfüllen:


● Antragsberechtigt sind Kinos in Orten mit bis zu 25.000 Einwohnern.
● Jedes Kino erhält bis zu 25.000 € Zuschuss. Anträge werden in der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet.
● Die Kinos müssen einen Eigenanteil von mindestens 20 % erbringen. Eine Kofinanzierung durch andere Förderer ist nicht erforderlich. Ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn ist ausgeschlossen.
● Eine Kumulierung von Förderungen durch die BKM mit Förderungen der Filmförderungsanstalt (Projekt- oder Referenzförderung) für dieselbe Maßnahme ist aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen nicht möglich; ggf. aber eine separate Förderung flankierender Maßnahmen mit FFA-Mitteln.


Das bereits im vergangenen Herbst versprochene "Soforthilfeprogramm" als Vorstufe zum "Zukunftsprogramm Kino" (das tatsächlich ein separates Programm darstellt) kommt tatsächlich in einem deutlich größeren Umfang, als es die Kulturstaatsministerin beim BKM noch im November 2018 angekündigt hatte. Aus damals anvisierten zwei Mio. Euro werden nun Mitteln (mit bis zu) fünf Mio. Euro freigegeben, um eventuellen Kino-Schließungen vorzubeugen und vielleicht dringend notwendige Investitionen zu ermöglichen.

Verwunderlich ist dennoch, dass die Mittel aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft kommen und nicht aus dem Kulturministerium, dessen Gesamthaushalt nach einer Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses aus letztem Sommer um ganze 140 Mio. Euro angehoben worden war. Schon damals waren die Parlamentarier*innen von Union wie auch von SPD um eine etwas größer angelegte Lösung bemüht. Um Förderung aus dem Soforthilfeprogramm erhalten zu können, ist allerdings ein Eigenanteil von mindestens 20 Prozent zu erbringen. Dabei gilt das sogenannte "Windhundprinzip" bei dem die Anträge nur in der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet werden.

Hierfür haben die Kultur- und Haushaltspolitiker der Bundestagsfraktionen von Union und SPD nun in der Tat gemeinsam mit der Kulturstaatsministerin die Weichen gestellt. Für ein "Soforthilfeprogramm für Kinos im ländlichen Raum" sollen nun kurzfristig bis zu fünf Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden - allerdings nicht aus dem BKM-Etat, sondern aus jenem des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, das die Kinos im Rahmen des Programms "Kultur in den Regionen" unterstützt. Die zuvor im BKM-Haushalt vorgesehenen zwei Mio. Euro sollen auf 2020 übertragen werden.

Bei maximaler Ausschöpfung der Förderung könnten maximal 200 von 553 in der Region liegenden Kinos unterstützt werden. Anträge für das Soforthilfeprogramm sollen demnächst über die Filmförderungsanstalt (FFA) gestellt werden können, die auch Detailfragen zur Antragstellung von neuer »Kassentechnik, digitale Kundenbindung, "Bild und Ton" (insbes. Theatermanagementsysteme, Projektor, Server, Leinwand, Lautsprecher, Prozessor), Bestuhlung, Barrierefreiheit und Grünes Kino sowie Programmarbeit, Marketing und Werbung« beantwortet.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters erklärte anlässlich der Ankündigung: "Es ist uns gelungen, bereits im laufenden Haushalt fünf Millionen Euro Soforthilfe für Kinos im ländlichen Raum zur Verfügung zu stellen, um diese wichtigen Kulturträger in ihrer Arbeit zu unterstützen. Damit werden wir dazu beitragen, dass das Kino als kultureller und sozialer Ort weiterhin attraktiv bleibt, und zwar in ganz Deutschland, nicht nur in den Metropolen."

Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, erklärt: "Das Kino ist ein Sehnsuchtsort. In ländlichen Räumen ist das Kino zudem häufig der einzig öffentliche Begegnungsort und somit auch in der Fläche unverzichtbar für die Lebensqualität, denn es fehlen Einrichtungen wie Museen oder feste Theater. Dieser Ort kann am Ende nicht durch Streaming-Dienste auf der heimischen Couch ersetzt werden. Dafür muss investiert werden. Es lebe das Kino - auch auf dem Land!"

Von der Unterstützung eines "wertvollen Eckpfeilers unserer Kulturlandschaft" spricht Martin Rabanus, kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion: "Sinkende Publikumszahlen und der digitale Umbruch stellen dort die kleinen und unabhängigen Kinobetriebe vor große Herausforderungen. Das Soforthilfeprogramm ist nur der erster Schritt, um die Kinos außerhalb von Metropolen fit für die Zukunft zu machen."

Elisabeth Motschmann, die kultur- und medienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wiederum betont, dass ein Versprechen gehalten wurde: "Mit dem Soforthilfeprogramm wollen wir Kinos als Kulturorte erhalten. Orte, wo die Gesellschaft miteinander ins Gespräch kommt und bleibt. Es ist wichtig, dem Kinosterben auf dem Lande vorzubeugen. Die Menschen brauchen kulturelle Begegnungsstätten wie das Kino."


Tatsache ist, dass die bereits funktionierende Filmförderung ein strukturelles Problem hat. Derzeit liegt der Hype und ein Großteil der Förderungen bei Serienfilmen, die fürs Fernsehen oder die Streaming-Anbieter produziert werden. Benötigt wird aber eine stärkere Kino-Filmförderung und mehr Leinwände in der Fläche, um alle Produktionen einem breiten Publikum auch in der Fläche und auf dem Lande präsentieren zu können.

Link: www.hdf-kino.de
Quellen: dpa | BKM | HDF Kino e.V.

Übrigens ist zum Stichwort "Land" gerade ein Film gestern angelaufen, der auch genau dort und nicht nur in der Großstadt gezeigt werden sollte. Dazu eine Filmkritik von unserer Kollegin Ulrike Schirm. Außerdem eine Filmkritik zum Gewinner des 11mm Fußballfilmfestivals in Berlin, der jetzt ebenfalls auf dem Lande angelaufen ist.

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"DIE WIESE – Ein Paradies nebenan" Dokumentation von Jan Haft (Deutschland). Seit 4. April 2019 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Eine blühende Sommerwiese ist nicht nur wunderschön anzuschauen, sondern sie ist ein Lebensraum für hunderte Arten von Vögeln, Zikaden, Heuschrecken und anderen Tieren, in dem ein Drittel unserer Pflanzen – und Tierarten zu Hause ist.

Über einen Zeitraum von 3 Jahren hat Jan Haft („Magie der Moore“) in faszinierenden Bildern und grossem technischen Aufwand, das Leben auf einer Blumenwiese begleitet. Er nimmt uns mit in eine prachtvolle Wunderwelt direkt vor unserer Haustür.

Die wichtigste Funktion einer Blumenwiese ist, dass sie Futter liefert für unzählige Insekten, Schmetterlinge, Wildbienen, Käfer und andere Insekten. Sie kommen alle , um Pollen und Nektar zu sammeln oder aber Gräser und Kräuter zu fressen. Besonders zahlreich bevölkert sind die Wiesen, die nur ein – oder zweimal im Jahr gemäht werden und am besten gar nicht gedüngt werden. Die Unmenge von Gülle verursacht ein regelrechtes Massensterben von Pflanzen und Tieren. Ein Teil davon geht als Ammoniak in die Luft und landet in Flüssen und Seen. Einer der wenigen Nutznießer der industrialisierten Pflanzenwelt ist der Löwenzahn. Ganze vier Fünftel oder noch mehr unserer Blumenwiesen sind auf diese Art in den letzten Jahren verschwunden.

Entstanden in vielen Jahrhunderten ist jede Wiese für sich ein Naturwunder. Noch sind die Lebensräume und ihre Bewohner nicht ausgestorben. Aber der „Gesang“ von Lerchen, Brachvogel Kiebitz und Braunkehlchen ist bereits verstummt.

In seinem Film "DIE WIESE – EIN PARADIS NEBENAN", zeigt der Naturfilmer Jan Haft welch großartige Natur um uns herum existiert hat, was dazu führt, dass immer mehr verloren geht und was geändert werden muss, um das Artensterben zu stoppen. Es ist dringend notwendig, dass in der modernen Landwirtschaft ein Umdenken stattfindet. Es liegt allein an uns, zu retten, was zu retten ist. Gefördert wurde das großartig bebilderte Naturwunder von der Deutschen Wildtier Stiftung.

Ulrike Schirm


PS: (Post Scriptum)

Übrigens gibt es von Polyband Medien ein Gewinnspiel zum Kinostart des Filmes unter www.DieWiese-DerFilm.de. Zu gewinnen sind ein Kurzurlaub auf dem Lande, Bücher sowie DVD-Pakete. Teilnahmeschluss ist der 31. Mai 2019.

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"UNSER TEAM – NOSSA CHAPE" Dokumentation von Jeff & Michael Zimbalist (Brasilien, USA). Seit 28. März 2019 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Der Fußballclub Chapecoense befindet sich in einem kleinen Ort in Brasilien. Unter spartanischen Bedingungen geben die Männer ihr Bestes. Mit jedem Sieg und Tor wächst ihr Selbstbewusstsein.

Voller Erwartung besteigen sie das Flugzeug nach Medellin in Kolumbien, um Brasilien im Finale zu vertreten. November 2016. Kurz vor der Landung bricht die gesamte Technik zusammen. Weil die Fluglinie LaMia Geld sparen wollte, wurde viel zu wenig Treibstoff getankt.

71 Menschen sterben, darunter 19 Spieler, 25 Vereinsmitarbeiter und Betreuer und 20 Journalisten. Nur drei Spieler überleben, wovon einer von ihnen ein Bein verlor. Der Ort Chapéco wird zu einem Ort der Trauer. Die Familien verloren Ehemänner, Väter und Söhne. Was den Club so stark gemacht hat, war ihr ausgeprägtes Gemeinschaftsgefühl.

Die Familien bekommen unterschiedliche Entschädigungen. Unzufriedenheit macht sich breit. Der alte Zusammenhalt beginnt zu bröckeln.

Die drei Überlebenden empfinden ihr Leben wie in einem Nebel, der sich auflöst und davon schwebt. Doch es muss weitergehen. Mit den Neuzugängen wird alles anders.

Hochemotional schildert der Film die Trauer der Hinterbliebenen, das Verhalten des Vereins, der so schnell wie möglich eine neue Truppe auf das Fußballfeld schicken will und die Ungeduld der Fans, die auf weitere Siege hoffen.

Eine Dokumentation, die auch den hartgesottensten Zuschauer nicht kalt lässt. 101 Minute voller Mitgefühl.

Ulrike Schirm



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