Skip to content

Hollywoods Filmbranche wird auf den Kopf gestellt

Disney schluckt das Filmstudio 20th Century Fox, das nur noch vier Kinofilme im Jahr produzieren wird.



Mit "Avatar - Aufbruch nach Pandora" hatte 20th Century Pictures den weltweit erfolgreichsten Film aller Zeiten produziert. Doch unter dem zukünftigen Label von Disney bleibt wohl nicht mehr viel übrig vom alten Glanz des Hollywood Filmstudios.

Mittlerweile gehören neben der Realfilmabteilung von Disney, auch Disney Animation, Pixar, Marvel und Lucasfilm zum gleichen Machtimperium, das aus der einst einmaligen Star Wars Trilogie (Krieg der Sterne) eine ziemlich beliebig erweiterbare Story mit Nebenschauplätzen zusammengeschustert hat, die kein Alleinstellungsmerkmal mehr besitzen. Sogar extra angeheuerte Regisseure werden während des Drehs gefeuert und einfach durch andere ersetzt, sodass nicht mal mehr eine eindeutige Handschrift in den neuen Folgen zu erkennen ist.

Diese Schicksal bleibt hoffentlich James Cameron erspart. Er hatte unter Fox verkündet, noch vier weitere Episoden von "Avatar" im Jahresrhythmus drehen zu wollen. Dabei will er wieder technisches Neuland betreten. Ob Disney ihm weiterhin erlaubt, so hyper-teure Produktionen zu planen, bleibt fraglich.

Insgesamt sollen mehr als 5000 Jobs gestrichen werden. Einzelne Analysten sprechen sogar davon, dass bis zu 10.000 Arbeitsplätze gefährdet sind, damit Disney die interne Vorgabe erfüllen kann, zwei Mrd. Dollar einzusparen. Nur so glaubt man bei Disney die Marktführerschaft weiter ausbauen zu können, um die Aktionäre zu Frieden zu stellen.

Bei 20th Century Fox, das seit 1935 an sechster Stelle der großen Studios in Hollywood residierte, wurden gleich am Tag nach der offiziellen 71-Mrd.-Dollar-Übernahme durch Disney, zahlreiche Fox-Chefs mit Kündigungsschreiben konfrontiert. Allerdings sollen vorerst wohl Fox Searchlight ("Shape of Water", "The Favourite") und die Blue Sky Studios ("Ice Age", "Rio") bestehen bleiben.

Besonderen Vorrang haben Filmtitel wie "X-Men", da sie als Franchise oder als TV-Serien ausbaufähig sind zukünftig wohl bei den Marvel Studios Unterschlupf finden können. Auch Erfolgsreihen wie "Alien" oder "Predator" bieten gute Vorlagen für Serien und könnten damit den Streamingdienst stärken.

Andererseits werden nicht jugendfreie Komödien im Hause Disney - das seinen Schwerpunkt immer auf familienfreundliche Werke legte - zukünftig einen schweren Stand haben und wohl zu anderen Studios abwandern. Unklar ist noch die Zukunft von Firmen wie Chernin Entertainment, das mit dem Franchise "Planet der Affen" großen Publikumszulauf hatte.



Disney rüstet sich im Wettbewerb der Streaming-Dienste.

Mit der derzeitigen Marktführung rüstet sich Disney für die kommende Ära im Contentgeschäft, in dem längst nicht mehr nur die anderen Studios Konkurrenten sind, sondern vor allem die großen Streamingdienste Netflix und Amazon Prime. Auch der Internetgigant Apple will auf den Zug der Streaming-Dienste springen und plant offensichtlich noch diese Woche damit zu starten.

Trotz der Trauer in Hollywood, um das Ende einer Ära, konnte man in den Kommentarspalten der Branchendienste auch gewisse Häme lesen: Jeder habe den Schritt kommen sehen. Wer die letzten zwölf Monate nicht genutzt habe, bei Netflix ein neues Zuhause zu finden, und stattdessen auf eine üppige Abfindung gehofft habe, darf sich jetzt nicht wundern, dass in der Kinobranche große Umwälzungen bevorstehen.

Zwar ist noch keiner der großen Kinopaläste von Schließungen bedroht, doch bei den kleinen Arthouse Sälen sieht es anders aus, wie unsere gestrige Filmkritik zu der Dokumentation "SCALA ADIEU - Von Windeln Verweht" deutlich machte.

Besonders die Video-Streamingdienste boomen: Die Zahl der Abonnements für Netflix, Amazon Prime und ihre Konkurrenten wuchsen um 27 % auf 613,3 Millionen. Damit übertrafen sie erstmals die Abos für klassisches Kabelfernsehen in den USA.



Apple plant heute Hollywood-Pläne vorzustellen.

Zudem steht mit dem neuen Videodienst von Apple ein weiterer globaler Streaming-Player in den Startlöchern, der noch mehr potentielle Kinogänger an den Bildschirm zu Hause fesseln will.

Die Apple Aktien waren zuletzt wegen des geplanten Filmstreaming-Angebots, das der Konzern am heutigen Montag an seinem Stammsitz in Kalifornien präsentieren will, so gefragt, dass der Konzern seinen Konkurrenten Microsoft als wertvollstes Unternehmen an der Wall Street inzwischen wieder abgelöst hat.

»Es ist Showtime«, heißt es bei Apple in einer Einladung nach einem stilisierten Filmrollen-Countdown. Alles in allem soll Apple zwei Milliarden Dollar in exklusive Inhalte gesteckt haben, um Netflix und Amazon Prime Paroli bieten zu können.

Ausnahmsweise setzt Apple an diesem Montag ein Event in seinem Hauptquartier in Cupertino an, bei dem nicht Geräte im Vordergrund stehen sollen. Trotz näherer Andeutungen soll das Streaming-Angebot Apple TV+ wohl aber erst im Herbst starten.

Nach bisherigen Medienberichten geht es dem iPhone-Konzern nicht nur darum, Kunden mit exklusiven eigenen Inhalten zu locken, sondern auch als zentrale Plattform für andere Dienste zur Verfügung zu stehen. Netflix ist zwar nicht darunter, dafür aber die Mediatheken der T-Sender sowie mit Sky Ticket auch ein Sportrechte und Filmehändler.

Zudem würden es sicherlich viele Zuschauer begrüßen, wenn sie an einer Stelle ein bequemes Sammel-Abo für unterschiedlichste Dienste abschließen könnten, anstatt mehrere Konten verwalten zu müssen. So könnte Apple künftig gebündelte Pakete von Abos - zum Beispiel der Bezahldienste HBO, Showtime und Starz in den USA - günstiger verkaufen als die Einzelangebote.

Damit würde Apple in den Wettbewerb mit den Platzhirschen Amazon und Netflix treten und von seiner iPhone-Abhängigkeit wegkommen. Die Verkaufszahlen des Smartphones waren in den vergangenen Monaten nämlich kräftig gesunken. Um das Geschäft mit seinen Geräten wieder anzukurbeln, sollen iPhone-Käufer angeblich den Streaming-Dienst kostenlos oder zumindest bevorzugt erhalten können.

Immerhin kann Apple auf eine Basis von 1,4 Milliarden Geräten im Umlauf zurückgreifen - auf denen zum Beispiel die Eigenproduktionen exklusiv verfügbar sein könnten. Apple soll bereits mehrere Fernsehserien fertig oder fast fertig produziert haben. Darin sollen iPhone und Co. besonders gut zur Geltung kommen. Sozusagen intensives Produktplacement.

Den Kinobetreibern werden die Nachrichten weniger erfreuen, auch wenn 2018 die Filmindustrie in den USA ihr erfolgreichstes Jahr der Geschichte hingelegt hat. Insgesamt nahm die Branche 96,8 Mrd.Dollar (85,6 Mrd.Euro) ein, wie die Motion Picture Association of America" (MPAA) bekanntgab. Davon stammten 40 Mrd. Dollar derzeit noch aus Kinoticket-Verkäufen. Doch zukünftig könnte sich das Blatt der Filmindustrie zugunsten der Streaming-Anbieter und zum Leid der Kinotheaterbesitzer wenden.

Quellen: dpa | Blickpunkt:Film | ARD-Text | Handelsblatt


Anzeige