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Gewinner des Fernsehfilm-Festivals Baden-Baden 2018

Insgesamt sieben Preise und eine lobende Erwähnung wurden in diesem Jahr beim Fernsehfilm-Festival Baden-Baden vergeben.



Am dritten Tag des diesjährigen Fernsehfilm-Festivals, das vom 26. - 30. November 2018 sein 30-jähriges Jubiläum im Kurhaus der Stadt Baden-Baden feierte, wurden die Karten nochmal neu gemischt.

Fernsehfilmpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste 2018
"Fremder Feind" (WDR)

Die Jury des FernsehFilm Festivals Baden-Baden 2018 reagierte mit den Worten "ein Meisterwerk", "sehr berührend" geradezu euphorisch auf das von Schiwago Film für den WDR produzierte Drama und kürte die WDR-Produktion "Fremder Feind" zum »besten Fernsehfilm 2018«.

Die Begründung der Jury:
"Ein Vater flieht vor seinem Familientrauma an den denkbar entlegensten Ort - um ausgerechnet dort vom Trauma eingeholt zu werden ... Drehbuch, Regie, Kamera, Musik und alle anderen Gewerke verabreden sich zur präzisen aber immer filmischen Erzählung einer Trauerarbeit. Ulrich Matthes und Barbara Auer öffnen sich in ihrem Spiel auf schmerzhaft ehrliche Weise, um den Film, bei aller visuellen Größe, zu einer emotionalen Reise zu machen." Rick Ostermann hat das vielschichtige Drama "Fremder Feind" nach dem Drehbuch von Grimme-Preisträgerin Hanna Hollinger inszeniert. Der Film basiert auf dem Roman "Krieg" von Jochen Rausch. Die WDR-Redaktion liegt bei Corinna Liedtke.


Hier der Trailer:



Zum Inhalt:
Arnold Stein (Ulrich Matthes) und seine Frau Karen (Barbara Auer) sind schockiert und voller Sorge, als ihr Sohn zu einem Auslandseinsatz der Bundeswehr aufbricht. Tatsächlich erfüllen sich ihre schlimmsten Befürchtungen: Chris kommt als Soldat ums Leben. Karen zerbricht daran. Arnold zieht sich mit seinem Hund in eine abgelegene Berghütte zurück. Doch auch in der Einsamkeit findet er keinen Frieden. Ein Fremder beginnt ihn zu terrorisieren. Arnold, der als überzeugter Pazifist Gewalt ablehnt, lässt sich auf ein mörderisches Duell ein. "Der Film ist fast wie eine Parabel darauf, wie dünn der Firnis der Zivilisation ist", sagt Ulrich Matthes. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr der WDR-Fernsehfilm bereits 2017. Vor seiner Ausstrahlung im TV feierte "Fremder Feind" Premiere beim Filmfest in Venedig. Die WDR-Produktion ist in der WDR-Mediathek abrufbar.


Sonderpreis für Regie
Dani Levy für „Tatort – Die Musik stirbt zuletzt“ (SRF)

Statement der Jury:
"Regisseur Dani Levy hat dem von Hugo Film produzierten Beitrag des Schweizer Fernsehens seinen ureigenen Rhythmus auferlegt. Er scheucht uns auf, nimmt uns an die Hand und zwingt uns Schritt zu halten. Atemlos bestaunen wir eine organisatorische und handwerkliche Höchstleistung, die stilistisch alle Grenzen durchbricht, an die wir uns bei Fernsehfilmen gewöhnt haben", so die Jury. "Der Film hat eine Bedeutung, die weit über das Medium hinausragt. Und das wünschen wir uns vom Fernsehfilm, genauso wie stilistisch innovative Einfälle. Die Auszeichnung dieses Filmes ist eine Aufforderung an Regisseure aber auch an Redakteure nicht auszuruhen und vermeintlich Erfolgreiches und Funktionierendes zu wiederholen, sondern immer wieder große Anstrengungen zu unternehmen, um diese ausgetretenen Wege zu verlassen."

Michael Verhoeven bewunderte das "unglaubliche Timing" und den Geniestreich, eine Rückblende durch das Öffnen einer Tür zu erzählen. Oliver Kienle imponierte, dass über das Experiment hinaus gelang, "eine eigene Filmsprache zu finden" und erfreute sich an einer "angenehmen Selbstironie, die selbstbewusst vorgetragen wird". Julia von Heinz vermisste aller "Hochachtung" zum Trotz die "ruhigen Momente" und sah dies als "Preis", der um des Experimentes willen "bezahlt" wurde.


Darstellerpreis
für Elisa Schlott & Hassan Akkouchin „Fremde Tochter“ (SWR)

Der diesjährige Sonderpreis der Jury für herausragende darstellerische Leistungen ging zu gleichen Teilen an Elisa Schlott und Hassan Akkouch. „Kein geteilter, sondern ein doppelter Preis“, so die Begründung der Jury für die beiden jungen Darsteller in dem Film „Fremde Tochter“ (SWR), die „diesen kontrastierenden Parcours der Liebe durch alle Distanzen und Fallstricke der hinderlichen Kulturen zu einem intensiven Erlebnis und staunenswerten Kraftakt machen“.


Hier der Trailer:



Statements der Jury:
Die Fachjury fand große Zuneigung zu Stephan Lacants Drama "Fremde Tochter" mit seinem "Romeo & Julia"-Paar und verteidigte ihn gegen verschiedene Vorbehalte aus der Studentenjury. "Alles schien auf einen Themenfilm hinaus zulaufen, aber ich habe eine Liebesgeschichte gesehen", so Julia von Heinz. In puncto Visualität, sah sie den Film "ganz weit vorne. Der Regisseur kann uns zu jeder Zeit erklären, warum ist es Tag, warum ist es Nacht, warum ist die Kamera bewegt, warum steht sie. Wir sehen endlich Frauen aus Fleisch und Blut. Es gibt viele Regieeinfälle, die ich feiere". Oliver Kienle empfand die Geschichte als "wahnsinnig großes Konstrukt". Aber: "Der Film geht für mich auf", nicht zuletzt dank Elisa Schlotts Hauptfigur, die sich als "Fehler im Universum", als "schlechte Laune des Schicksals" sehe.


Lobende Erwähnung
für „Unterwerfung“ (RBB)

Mit einer Lobenden Erwähnung zeichnete die Jury den Film "Unterwerfung" aus. "Der Film von Titus Selge ist die raffinierte Neuerfindung des Fernsehens aus dem Geiste der Literatur Michel Houellebecqs: In einer so kühnen wie künstlerisch überzeugenden Komposition schiebt Unterwerfung die verschiedensten Erzählformen ineinander: Romanverfilmung, Bühnenadaption, Schauspielerporträt und Dokumentarmaterial."


Preis der Studierenden
an Pia Hierzegger für das Drehbuch zu „Die Notlüge“ (ORF/SWR)

3sat-Zuschauerpreis
"Kästner und der kleine Dienstag" (ARD DEGETO/WDR/ORF)

Zum Inhalt:
Erich Kästner (Florian David Fitz) gelingt mit seinem Kinderbuch Emil und die Detektive 1929 über Nacht ein Bestseller. Eines Tages steht der siebenjährigen Hans, ein glühender Emil-Verehrer vor ihm. Die beiden freunden sich an. Nach Hitlers Machtergreifung und der Verbrennung seiner Bücher beendet Kästner, um Hans zu schützen, den Kontakt. (WDR-Redaktion: Götz Schmedes). Die ARD-Degeto/WDR-Produktion ist in der 3Sat-Mediathek abrufbar.


Hier der Trailer:



Statements der Jury:
Der von EsterReglin Film für Degeto, WDR und ORF produzierte Film hinterließ durchaus Eindruck bei der Jury:

"Ein ergreifender Film", konstatierte Sandra Kegel, der als großen Zugewinn eine Geschichte über Kästner erzählt - es geht um sein enges Verhältnis zu seinem treuesten Leser -, die kaum bekannt ist. "Ein sehr gut gelungenes Drehbuch", attestierte Michael Verhoeven der anwesenden Dorothee Schön. Mit der Kästner-Darstellung tat er sich jedoch schwer - aus einleuchtendem Grund: Verhoeven kannte den Autor persönlich, spielte in dessen "Pünktchen und Anton"-Verfilmung sogar die Hauptrolle. Zur Kontroverse auf dem Podium führte Oliver Kienles Einschätzung: "Ich mag den Film, bekomme aber etwas erzählt, was ich schon sehr oft gesehen habe. In den 90ern habe ich gefühlt schon 50 Filme zur Machtergreifung der Nazis gesehen." Vehementer Widerspruch durch Julia von Heinz: "Gerade jetzt kann man sich diesen Themen wieder annähern. Der Film ist voller Zitate, die wir uns genau so wieder aufschreiben können Deshalb finde ich es genau richtig, den Film 2018 zu machen." Kritik äußerte sie an Wolfgang Murnbergers Inszenierung, von der sie sich gewünscht hätte, noch über das "sehr gute Drehbuch" hinauszugehen, anstatt es nur zu bebildern. Und dann noch ein flammender Appell: "Die große Herausforderung an uns Regisseure ist es, bei historischen Filmen gegen die HD-Cleanheit anzukämpfen." Dorothee Schön sprach anschließend vom "am längsten laufenden Projekt meiner Laufbahn". Zwölf Jahre habe die Entwicklung des Buches gedauert. "Die Idee war immer, eine Geschichte zu erzählen, die für alle Generationen etwas über das Dritte Reich erzählt. Und ich finde, dass der Film aktueller ist, als vor zwölf Jahren." Darauf tosender Applaus im Publikum.


MFG-Star
an den Regisseur Felix Hassenfratz für „Verlorene“

Die Entscheidung den diesjährigen MFG-Star, den Regienachwuchspreis der MFG Filmförderung Baden-Württemberg, an Felix Hassenfratz für seinen Film „Verlorene“ zu vergeben, traf der Alleinjuror Hans Steinbichler.


Die Verleihung fand am 30. November 2018 im Rahmen des Fernsehfilm-Festivals in Baden-Baden bereits zum 19. Mal statt. Der Preisträger darf sich auf ein Stipendium für einen sechswöchigen Aufenthalt in der Villa Aurora in Pacific Palisades, Los Angeles, freuen. Im dortigen Kulturzentrum – entstanden aus dem ehemaligen Wohnhaus des Schriftstellers Lion Feuchtwanger – bestehen für den Regisseur beste Arbeitsbedingungen zur Entwicklung neuer Projekte und außergewöhnliche Vernetzungsmöglichkeiten.

Hier der Trailer des Films, der zum ersten Mal auf der 68. Berlinale 2018 in der Reihe »Perspektive Deutsches Kino« gezeigt wurde:



Zum Inhalt:
Sein von der MFG in der Produktion gefördertes Kino-Debüt ist in der süddeutschen Provinz angesiedelt: Die 18-jährige Maria und ihre Schwester Hannah leben nach dem Tod der Mutter alleine mit ihrem Vater. Das Familiengefüge ist fragil, doch Maria versucht es mit aller Kraft zusammenzuhalten. Als Valentin, Zimmermann auf der Walz, im Betrieb der Familie zu arbeiten beginnt, verliebt sich Maria in ihn. Ein dunkles Geheimnis verhindert jedoch, dass sie ihrer Liebe nachgeben kann: ein Geheimnis, das sie auch vor ihrer Schwester Hannah verbirgt.


Hans Abich Preis
an Claudia Tronnier, Leiterin des Kleinen Fernsehspiels beim ZDF mit einer Laudatio von Liane Jessen.

Rolf-Hans Müller Preis für Filmmusik
an Richard Ruzicka für die Musik zu „Polizeiruf 110: Nachtdienst“

Der Preis richtet sich an Nachwuchskomponisten und wird seit 1992 vom SWR zur Erinnerung an seinen langjährig leitenden Orchesterdirektor Rolf-Hans Müller initiiert und zur Hälfte von der MFG Filmförderung Baden-Württemberg mitfinanziert.

Statement der Jury:
Die Jury lobt: "Die avantgardistisch anmutenden Arrangement-Details und fein ausgearbeiteten elektronischen Klangbearbeitungen [...] schaffen eine starke Sogwirkung und dienen sehr präzise der Verdichtung der Handlung und der Figuren. Die Musik wirkt klaustrophobisch wie der Film, sparsam in der Instrumentierung [...]. Die irritierende, gleichzeitige Stimmführung von Klassik, Jazz, eigener Filmmusik und technischer Verfremdung ist äußerst feingliedrig und knüpft sehr eng an Handlung, Personen und Sprache an. Das Gefühl der Sicherheit und Bekanntheit, das auch mit der Musik ausgelöst wird, kippt fortwährend um in Bedrohung."


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Unter ferner liefen:

Großen Respekt, aber keine Auszeichnung brachte das fünfköpfige Juryteam auch Daniel Harrichs unlängst in der ARD höchst erfolgreich ausgestrahltem Polit-Drama "Saat des Terrors" entgegen. Die großartige Rechercheleistung des Autor Harrichs, aber auch seine Inszenierung und die im Verbund mit Gernot Roll gefundene Bildsprache wurden herausgekehrt.

Statement der Jury:
Ein mehrfach geäußertes Problem mit der von Christiane Paul gespielten Hauptfigur, brachte Sandra Kegel auf den Punkt: "Eine Figur, die rein moralisch agiert ist nicht überzeugend und für einen so brillant recherchierten Film, der sich so nahe an der Realität bewegt, ein Manko".


"Wie ein großer Verlierer musste einem letztendlich auch die von Sherry Hormann inszenierte ZDF-Tragikomödie "Wie leben das Leben" vorkommen. Dabei avancierte der Film zum heimlichen Gewinner. Kein Festivalfilm, dafür ein Publikumsfilm!

Statements der Jury:
Die Juroren bemängelten die Überfülle an Themen, die der Film aufgreift, aber nicht auserzählt. "Ich sehe darin fünf tolle Filme oder eine lange Serie. Jede der angerissenen Geschichten hätte einen tollen film ergeben." Michael Verhoeven erkannte "einen manipulativen Film", bei dem man als Zuschauer zu den Emotionen "nicht geführt, sondern geschubst" werde. Zu den Baden-Badener Sternstunden zählte dann der Moment, als eine Dame aus dem Publikum all ihren Mut zusammennahm und am Mikrophon zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für den Film ansetzte, der gerade mit seinen vielen Themen die Vielfalt des Lebens abbilde: "Man kann sagen, dieser Film ist das Leben."


Abgeschlossen wurde der Wettbewerb mit dem ebenfalls nicht ausgezeichneten Ensemblefilm "Südstadt", einem Beitrag von Stammgast Matti Geschonneck, der in diesem Jahr jedoch wie auch Autor Magnus Vattrodt nicht persönlich den Weg nach Baden-Baden fand.

Statements der Jury:
Sandra Kegel sah in der vom ZDF eingereichten Network Movie-Produktion den "Versuch eines Generationenportraits". "Ich habe mit vielem gerechnet, mich aber trotzdem gut unterhalten gefühlt". Oliver Kienle fand Gefallen an "der selbstbewussten subtilen Erzählart", fühlte sich und seine Generation in dem Film jedoch außen vor gelassen und ein Stückweit auch "gelangweilt", offenbarte dann jedoch Erstaunliches. Er führe mit seiner Mutter, die sich ebenfalls alle Filme angesehen habe, regelmäßige Telefonate, "und das ist der Film, der ihr am besten gefallen hat".


Link: www.fernsehfilmfestival.de
Quellen: Presseportal by dpa | Filmecho | Blickpunkt:Film | 3sat


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