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Kein Hitzefrei - weiterhin News und Filmkritiken aus Berlin

Auch bei uns herrscht unerträgliche Hitze, doch noch wir geben nicht auf, denn in der Berliner Filmbranche herrscht derzeit Vollbeschäftigung.



Während gestern Abend an Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt/Main wegen einer herannahenden Gewitterfront alle Landungen und Starts abgesagt wurden, gingen in Berlin die Open-Air-Filmvorführungen bei Temperaturen von 31° Celsius um 21:00 Uhr erst richtig los.

Im Rosengarten am Weinbergsweg im Bezirk Mitte zeigte das Berlin-Filmfestival »achtung berlin - new berlin film award« Philipp Eichholtz's "Rückenwind von vorn" bei freiem Eintritt. Und am 18. August 2018 findet die 6. Lange Nacht der Filmfestivals im Freilichtkino Pompeji in der Friedrichshainer Location »Zukunft« am Ostkreuz statt.

Filmtheater ohne Klimaanlage haben es derzeit dagegen schwerer ihr Publikum zu finden.

Dennoch melden Filmcrews und Studios in unserer Region Berlin-Brandenburg Vollauslastung. Sogar ohne Filmförderung entstehen derzeit bei uns rund 20 Produktionen zugleich, denn auch ohne finanzielle Unterstützung ist die Hauptstadtregion für Netflix sowie ARD und ZDF hoch interessant geworden.

Nach großen Erfolgen von Serienproduktionen wie "Babylon Berlin" auf Sky oder der preisgekrönten Mystery-Serie "Dark" auf Netflix, sollen auch die Fortsetzungen hier bei uns entstehen. Deren Qualität brauchen den Vergleich mit Hollywood-Produktionen nicht zu scheuen, so ein Mitglied unseres BAF Verbandes, das in der Synchronfassung involviert ist.

Allerdings profitieren die Kinos nur zum geringen Teil davon. Das Internet, bei dem man quasi zu jeder Tages- und Nachtzeit alles Mögliche sehen kann, ist der große Gewinner. Dennoch freut sich Medienboard-Geschäftsführerin Kirsten Niehuus, dass wenigsten ein Teil der Branche gut zu tun hat und kein Beschäftigungsmangel herrscht.

Immerhin hat Til Schweiger rund um Berlin für sein englischsprachiges Remake von "Honig im Kopf" in Wandlitz, Kyritz und Potsdam gerade erst den Dreh mit Nick Nolte, Matt Dillon und Jacqueline Bisset beendet, dessen Ergebnis für das internationale Kino gedacht ist.

Die zahlreichen TV-Serien-Produktionen überwiegen zwar, doch auch die Berliner Firma X-Filme Creativ Pool GmbH wird im Herbst zusammen mit dem deutschen Liedermacher, Kabarettisten, Kleinkünstler und Autor Marc-Uwe Kling an dessen "Känguru-Chroniken" mit einem Dreh fürs Kino beginnen. Ort der Handlung ist Berlin-Kreuzberg.

Synopsis:
In den einzelnen Kapiteln von "Känguru-Chroniken" entsteht wie in einem Mosaik ein Bild einer ungewöhnlichen Wohngemeinschaft, die nicht frei von Streitereien und Eifersuchtsattacken ist, deren Gesprächsthemen von Glaubensfragen und Kapitalismus bis hin zu Karl Marx, Bert Brecht sowie RAF und Vietcong reichen.


Weil gegen 22:00 Uhr kleine, kurze Gewitterschauer dann auch Berlin erreichten, empfehlen wir in den nächsten Tagen ggf. einen trockenen Ort zu den üblichen bundesweiten Kino-Neustarts aufzusuchen und nachfolgende Rezension unserer Kollegin zur Verfilmung von "Deine Juliet" zu lesen:

Die Verfilmung des gleichnamigen Romans um eine Journalistin, die einen Buchclub auf den Kanalinseln besucht und die Vergangenheit der deutschen Besatzung aufwühlt, lief in Berlin am Donnerstag, in mehr als 20 Häusern an, darunter sowohl in einigen Programmkinos, als auch in zahlreichen Multiplexen.


"DEINE JULIET" Historien-Drama von Mike Newell (Großbritannien, USA). Mit Lily James, Michiel Huisman, Matthew Goode u.a. seit 9. August 2018 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Ende der 1940er Jahre. Eine kleine Gruppe Inselbewohner sind auf der malerischen, von Nationalsozialsten besetzten, britischen Kanalinsel Guernsey, trotz strikter Ausgangssperre, in der Dunkelheit unterwegs. Prompt werden sie von bewaffneten deutschen Soldaten gestoppt. Um einer möglichen Verhaftung zu entgehen, erfindet eine von ihnen, kurzerhand eine Notlüge. Sie erklärt, dass sie Mitglieder eines Buchclubs der „Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflaufs“ sind und sich auf dem Heimweg ihres gemeinsamen Treffens befinden.

In Wirklichkeit kommen sie von einem verbotenen Schweinebratenessen, denn die deutschen Besatzer haben das Züchten von Schweinen verboten, mit der Auflage, dass die Bauern stattdessen Kartoffeln anbauen. Als Eben (Tom Courtenay) sich über den Stiefeln eines Soldaten erbricht, lassen sie sie angewidert von dannen zieh'n. Von nun an, ist die Vierergruppe gezwungen, sich regelmäßig zu versammeln, damit ihre Flunkerei nicht enttarnt wird.

Somit wurde ein Buchclub gegründet, der von den Inselbewohnern als eine willkommene Ablenkung von ihrem trostlosen Alltag zahlreich besucht wird und jedes Buch, was ihnen in die Hände fällt, leidenschaftliche Diskussionen auslöst.

Mit dem Abzug der Deutschen, verschwanden auf Guernsey auch die Bücher und Buchläden.

Dawsey Adams (Michiel Huisman), ein Mitglied des Buchclubs, findet in einem Buch mit dem Titel „Ausgewählte Essays von Elia“ des Autors Charles Lamb den Namen und die Adresse einer jungen Frau in London und fragt sie in einem Brief, ob sie eine Buchhandlung kennt, die weitere Bücher von dem Autor Charles Lamb führt.

London 1946. Der Krieg ist vorbei. Die junge Schriftstellerin Juliet Ashton hat mit ihrem ersten veröffentlichen Buch gerade mal 28 Exemplare verkauft. Während des Krieges hatten die Menschen genu andere Sorgen, als unbedingt Bücher zu lesen.

London erholt sich langsam von dem Krieg. Die Stimmung wird wieder fröhlicher. Amerikanische GIs sind in Jazzclubs der Stadt unterwegs. Juliet hat sich in Mark Reynolds (Glen Powell), einen attraktiven Soldaten verliebt und hat beschlossen, mit ihm in den USA ein neues Leben zu beginnen. Als sie den Brief von Dawsey in den Händen hält, ist sie amüsiert über die Art wie er über die Entstehung des Buchclubs berichtet und schickt ihm ein weiteres Buch des Schriftstellers Charles Lamb.

Die beiden führen von nun an einen regen Schriftwechsel. Spontan entschließt sie sich, zum Entsetzen ihres amerikanischen Verlobten, nach Guernsey zu reisen, um sich neue schriftstellerische Inspirationen zu holen.

Sie ist ganz begeistert von der herrlichen Insellandschaft und dem dunklen Geheimnis eines Mitglieds des Clubs, eine gewisse Elisabeth. Sie unternimmt alles, um die Person zu finden. Den immer noch verängstigten Clubmitgliedern verspricht sie hoch und heilig, nichts über die schlitzohrige Entstehung des Clubs zu berichten. Adams entpuppt sich als sexy Schweinebauer und es ist jetzt kein Geheimnis, dass Juliet seinem Charme erliegt.

Der Originaltitel dieses »Feel-good-Movies« lautet „The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society“ und gehört damit zu einem der ungewöhnlichsten Titel der Filmgeschichte.

„Deine Juliet“ ist die Verfilmung eines Briefromans der amerikanischen Autorin Mary Ann Shaffer, die vor Beendigung des Buches verstorben ist. Ihre Nicht Annie Barrows hat ihn zu Ende geschrieben und im Februar 2008 veröffentlicht.

Mike Newell („Vier Hochzeiten und ein Todesfall“) hat aus der Vorlage einen hübsch anzusehenden Film gemacht, mit der bezaubernden Lily James in der Rolle der Juliet. Gerade ist sie auf der Leinwand, als temperamentvolle junge Meryl Streep in „Mamma Mia 2“ zu sehen. Treffend ausgewählt sind auch die einzelnen Protagonisten, die die Dorfbewohner spielen.

Ulrike Schirm



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