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Thema Filmpolitik: Länder wollen sich an Digitalisierung des Filmerbes beteiligen - Kinoverband kontert Produzenten

HDF Kino vs. Produzentenallianz. (UPDATE)



Mit einem 12 Punkte umfassenden filmpolitischen Forderungskatalog, auf den wir am 31. Mai 2017 kurz eingegangen waren, untermauerte die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V. (Produzentenallianz) die Notwendigkeit eines Innovationsschubes in der deutschen TV- und Filmindustrie.

Die Forderungen in dem Positionspapier vom 30. Mai 2017 richten sich sowohl an eine im Herbst neu zu wählende Bundesregierung wie auch an die Landesparlamente. Zudem übte die Produzentin Meike Kordes in einem Interview mit Blickpunkt:Film außerdem Kritik an der Filmförderungsanstalt (FFA), in der sich FFA-Vorstand Peter Dinges mit seiner Neuausrichtung der Förderziele durch zu hohe Einstiegshürden bei der Projektfilmförderung nach Ansicht der Produzenten offensichtlich profilieren will.

Gegen diese Einschätzung wendet sich aber nun der Verband der Kinobetreiber (HDF Kino e.V.) und belegt dies u.a. mit den nackten Zahlen der Zuschauerstatistiken, bei denen Deutschland das Schlusslicht in Europa bildet.

"Die Sicherung der Struktur des produzentischen Mittelstandes kann nicht die Aufgabe der FFA-Förderung sein, so HDF-Kino-Vorstand Matthias Leonardy. Deren Fokus muss stattdessen auf marktgerechten und konkurrenzfähigen Produkten, sprich: kinotauglichen Filme liegen, nicht auf dem undifferenzierten ‚Durchfördern‘. Dem entspricht die Neuausrichtung der FFA-Förderziele", so Leonardy weiter.


Die kürzlich geäußerte Kritik an der Filmförderungsanstalt durch die Produzentenallianz seien kein Zukunftsmodell – dies belegt ein Blick auf die Fakten, die für das Überleben der Filmwirtschaft wesentlich sind, insbesondere in Hinblick auf die Kinobesucher, für die all die FFA-geförderten Filme gedacht und gemacht werden, so HDF-Kino-Vorstand Matthias Leonardy.

Wenige Wochen zuvor hatte Peter Dinges beim Filmtheaterkongress des HDF in Karlsruhe die Eckpunkte der vom FFA-Vorstand vorgeschlagenen Leitlinien knapp zusammengefasst. Darin wurde deutlich, dass neben großen Kinofilmen, denen sich die FFA verpflichtet fühlt, auch künstlerisch wertvolle und national wie international erfolgreiche Filme wie "Das Leben der Anderen" oder "Toni Erdmann" durchaus zu den Förderungskriterien der FFA gehören, denn neben Budget und Besuchererwartung gibt es weiterhin eigenständige Förderungskriterien für den Festival- und den Nachwuchsfilm sowie für die filmische Vielfaltssicherung.

Somit sind ein klares Profil und Leitlinien zur Abgrenzung zu anderen Förderungen ein richtiger und wichtiger Schritt der FFA. Davon profitieren am Ende alle: die Kinos, die Verleiher - und die Produzenten, so auch HDF-Vorstandsvorsitzender Thomas Negele.

Link: www.hdf-kino.de

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Nachtrag:
Der Verband deutscher Filmproduzenten (VDFP) äußerte einen Tag später ähnliche Befürchtungen wie die Produzentenallianz. Nämlich, dass die FFA vorhat ausschließlich nur noch Projekte zu fördern, die ein Mindestbudget in Höhe von 2,5 Mio. Euro aufweisen und denen das Potential attestiert wird, mindestens 250.000 Zuschauer zu erreichen.

Beim VDFP möchte man das Augenmerk auf die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Projekte lenken, anstatt als einziges Erfolgskriterium die Zuschauerzahlen in Deutschland zu betrachten, denn Filme wie "Vor der Morgenröte" oder "Oh Boy" können auch mit einem vergleichsweise kleinen Budget und mit nur mit wenigen Zuschauern wirtschaftlich erfolgreich sein.

Deshalb sollte das Ziel der Förderung der "qualitative, künstlerisch anspruchsvolle, gute Film" sein. "Das kulturelle Element darf förderpolitisch nicht faktisch verschwinden - und dies nicht nur aus europarechtlichen Gründen", so der Verband.

Es ist wirtschaftlich nicht sinnvoll, alle produzierten Filme zu einem Kinostart zu verpflichten, wenn Verleih und Produzent der Meinung sind, dass ein Film nicht zuerst im Kino oder nicht nach den, trotz der im FFG vorgesehenen Ausnahmen im Regelfall strengen, Sperrfirsten ausgewertet werden sollte - und zwar für niemanden. Nicht für die Kinos, nicht für die Verleiher, nicht für die Produzenten und letztlich auch nicht für die Zuschauer.


Die Kinotauglichkeit kann man nicht an der Höhe des Budgets festmachen, sondern sie muss weiterhin von Fall zu Fall beurteilt werden. Dafür haben wir hoch spezialisierte Gremiumsmitglieder, denen unser Vertrauen gelten sollte, so der VDFP weiter.

Link: www.verbanddeutscherfilmproduzenten.de

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FFA unterstützt große Kinoprojekte und Drehbücher.

In ihrer dritten Sitzung des Jahres hat die FFA-Kommission für Produktions- und Drehbuchförderung insgesamt 3,6 Millionen Euro bewilligt. Mit 3,5 Mio. Euro wird die Produktion von zehn Kinoprojekten unterstützt, während die Erstellung von vier Drehbüchern und einem Treatment mit 110”‰000 Euro gefördert wurde.

Mit Hilfe von FFA-Förderung rollen demnächst Lars Eidinger und Bjarne Mädel mit „25Km”‰/”‰h“ in der gleichnamigen Komödie auf einem Mofa quer durch Deutschland und über die Kinoleinwand. Der Film wird vom Roadmovie-Experte Markus Goller („Friendship“) inszeniert. Auf der Vorlage von Axel Hackes gleichnamigen Beststeller entsteht die Romantic Comedy „Der kleine König Dezember“ (Regie: Dagmar Seume) und für ein junges Publikum kommen in „Die Olchis – der Kinofilm“ die grünen, müllfressenden Wesen aus der beliebten Kinderbuchreihe ins Kino (Regie: Toby Genkel).

Mit „Wickie und das Zauberschwert“ von Eric Cazes, „Fünf Freunde – Im Tal der Dinosaurier“ von Mike Marzuk und „Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft“ von Tim Trageser unterstützt die FFA drei weitere Kinder- und Jugendfilme. Außerdem fördert die Kommission das Drama „Avalanche“ von Bastian Günther sowie die Dokumentarfilme „Cunningham 3D“ von Alla Kovgan, „Kulissen der Macht“ von Dror Moreh sowie das Artouse-Projekt „Ingmar Bergman – Vermächtnis eines Jahrhundertgenies“ von Margarethe von Trotta und Felix Moeller.

Link: www.ffa.de

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Bundesfilmarchiv erhielt vom BKM erstmals Mittel für Digitalisierung.

Bundeskulturstaatsministerin Monika Grütters hatte im Rahmen ihrer Filmförderung Anfang April eine Erhöhung des Ansatzes zur Digitalisierung und Bewahrung des deutschen Filmerbes von einer auf zwei Millionen Euro für 2017 bekanntgegeben. Da dieser Betrag aber die unzähligen unbearbeiteten Filmschätze vor weiterem Verfall nicht schützen kann, wandte sie sich außerdem eindringlich an die Länder, sich an der Digitalisierung des Filmerbes zu beteiligen.

Nun haben die Ministerpräsidenten der Bundesländer in Aussicht gestellt, eine Verwaltungsvereinbarung in Hinblick auf die Bund-Länder-Initiative zu entwickeln. In diesem Rahmen sollen auch die finanziellen Beiträge der Länder festgelegt werden, wie das Presse- und Informationsamt des Landes Berlin mitteilte.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller sagte, Berlin habe sich entscheidend dafür eingesetzt, dass die Bund-Länder-Initiative realisiert werden könne. "Sie ist Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung des Bundes, aller Länder und der Filmwirtschaft dafür, dass das nationale filmkulturelle Erbe erhalten bleibt und auch künftig allgemein zugänglich ist."


Durch die Digitalisierung des Filmerbes soll verhindert werden, dass Filme, die nur analog vorhanden sind, in Vergessenheit geraten. Ab 2018 sollen nach einem gemeinsam erarbeiteten Konzept jährlich bis zu zehn Millionen Euro für die Dauer von zehn Jahren als Fördermittel für Kinofilme bereitgestellt werden. Bund, Länder und die Filmförderungsanstalt (FFA) sollen jeweils ein Drittel der Finanzierung übernehmen. Das Konzept sieht vor, Zuschüsse nach drei Förderlinien zu vergeben, nach dem Auswertungsinteresse sowie dem kuratorischen Interesse und der konservatorischen Notwendigkeit. Die Abwicklung soll der FFA übertragen werden.

Im April hatte der Bund erklärt, die Mittel zur Digitalisierung des kulturellen Filmerbes zu verdoppeln. Damit stehen in diesem Jahr zwei Millionen Euro zur Verfügung.

Quellen: HDF | FFA | BKM | Land Berlin | filmecho


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