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Neuer Berliner Senat will Medienboard stärken

Mehr Mittel für das Medienboard Berlin-Brandenburg vom neuen Berliner Senat.


Am 8. Dezember 2016 fand die Wahl des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller (SPD) statt. Zugleich stellte die neue rot-rot-grüne Berliner Landesregierung aus SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, ihren Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode 2016 bis 2021 vor, der auch zahlreiche Maßnahmen im Kulturbereich vorsieht.

So will man unter anderem die Mittel für das Medienboard Berlin-Brandenburg erhöhen - und gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass künftig nur Produktionen gefördert werden, die "sozialverträglichen und ökologischen Standards gerecht werden". Wörtlich heißt es dazu im Koalitionsvertrag:

"Die Koalition stockt die Mittel für das Medienboard auf. Das Medienboard fördert Film, TV und sonstige audiovisuelle Formate. Fördermittel sollen in Zukunft durch das Medienboard nur noch vergeben werden, wenn das Projekt sozialverträglichen und ökologischen Standards gerecht wird. Die Förderung nachhaltiger Filmproduktionen wird gestärkt. Das bestehende Fördersystem des Medienboards Berlin Brandenburg soll durch experimentelle Verfahren zur Projektmittelvergabe ergänzt werden. Die Koalition wird die Förderung im Bereich Games und interaktiver Medien über das Medienboard stärker koordinieren, insbesondere das Förderangebot zur Entwicklung qualitativ hochwertiger Spiele für Kinder- und Jugendliche."

Aufstockung des DFFF und Entwurf eines neuen automatischen Fördersystems.

Generell zeigt sich die neue Regierung - zumindest ihrem Vertrag nach zu urteilen - sehr engagiert, was das Thema Medien im Allgemeinen und Film im Besonderen angeht. Unter dem Stichpunkt "Medienregion Berlin-Brandenburg als Produktionsstandort stärken" heißt es in der Vereinbarung, die Koalition werde nicht nur auf den Erhalt und Ausbau des Drehortes Berlin setzen, sondern sich auch für eine Aufstockung der Mittel für den Deutschen Filmförderfonds (DFFF) einsetzen. Zudem wolle man "auf Basis einer europaweiten Evaluation einen automatisierten Fördermechanismus von Filmen entwickeln". Ausgebaut werden sollen weiterhin die GAP-Finanzierung sowie die Förderung von Programmkinos. Besonderen Stellenwert erhalten demnach die Förderung des Kinderkinos und des Kinderfilms, von Dokumentar- und künstlerischen Filmen sowie von Kinoexperimenten.

Beteiligung an Rettung des Filmerbes.

Hinsichtlich der Rettung des deutschen Filmerbes stößt der Appell von Kulturstaatsministerin Monika Grütters zur finanziellen Beteiligung der Länder auf offene Ohren: Laut dem Koalitionsvertrag wird sich Berlin an der Bund-Länder-Initiative zur Digitalisierung des deutschen Filmerbes beteiligen und dazu über das Medienboard einen finanziellen Beitrag leisten. Die Mittel des Bundes wurden - wohl nicht zuletzt als Anreiz für die Länder, sich endlich angemessen zu beteiligen, im Haushalt für die Jahre 2017 ff. deutlich aufgestockt.

Stärkung der dffb.

Auch die vom Land geführte Filmhochschule, die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) soll gestärkt werden. Sie müsse "finanziell und personell so ausgestattet werden, dass sie den Chancen und Herausforderungen der digitalisierten Medienproduktion für die Ausbildung gerecht werden, ihre Internationalisierung fortsetzen und in der Konkurrenz mit anderen Filmschulen bestehen kann".

Geschlechtergerechtigkeit angestrebt.

Außerdem nimmt das Thema Geschlechtergerechtigkeit nimmt breiten Raum im Koalitionsvertrag ein und wird an diversen Stellen abgehandelt. Im Abschnitt zur Kultur heißt es dazu: "Langfristig gesehen verfolgt die Koalition das Ziel, dass mindestens die Hälfte aller Führungspositionen in den Institutionen, Sendern und Verlagen sowie Unternehmen im Medienbereich durch Frauen besetzt werden." Auch hinsichtlich der Auftragsvergabe der Sender werden entsprechende Maßnahmen angestrebt. Hierzu heißt es: "Die Sender sollen bei der Vergabe von Aufträgen dafür Sorge tragen, dass die Auftragnehmer*innen geltende Sozialstandards einhalten können und langfristig die Hälfte der Aufträge (Produktion, Regie, Drehbuch) an Frauen vergeben werden."



Ver.di Forderungen für Filmschaffende beim Fernsehen.

Die vereinte Dienstleistungsgesellschafft ver.di hatte bereits mehrfach die Auftragsvergabe der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender kritisiert und vor allem Folgevergütungen für Filmschaffende bei Fernsehproduktionen von ARD & ZDF angemahnt.

Die erste Verhandlungsrunde einer Gruppe von 14 Berufsverbänden und Gewerkschaften fand im September in Berlin statt. Die Verhandlungsgruppe um ver.di ging mit dabei mit 13 Kernforderungen für einen Tarifvertrag sowie gemeinsame Vergütungsregeln für Auftragsproduktionen der ARD-Sender in die Verhandlungen. Auf der anderen Seite der Verhandlungen für Fernsehproduktionen standen die ARD, die Allianz deutscher Film und Fernsehproduzenten (Produzentenallianz) sowie ARD-Degeto.

Die Gewerkschaft ver.di hat sich auf die Fahnen geschrieben, Folgevergütungen für Nutzungen von Filmproduktionen durchzusetzen, etwa durch Wiederholungen oder Streamingangebote in Mediatheken, und fordert Erlösbeteiligungen aus Lizenzgeschäften der Sender oder Produzenten, etwa für DVD-Vertrieb oder Auslandsverkäufe. Vor allem letzteres stößt bei ARD und Produzentenallianz auf Widerstand.

Laut ver.di gebe es für den größten Teil der Filmproduktionen bisher keine angemessenen Vergütungen, denn in Auftragsproduktionen würden die Tarifverträge der Sender nicht angewandt und mehr als die Gagen für Arbeit und Rechteeinräumung erhielten die 25.000 Filmschaffenden in den meisten Fällen nicht.

"Im ersten Verhandlungstermin haben die Vertreter von Sendern und Produzenten wenig Verständnis für diese berechtigten Forderungen gezeigt", lässt Verdi-Verhandlungsführer Matthias von Fintel wissen. Der Anspruch auf angemessene Vergütungen sei jedoch gesetzlich geregelt und wurde auch im neuen Filmförderungsgesetz (FFG), das am 1. Januar 2017 in Kraft tritt, festgeschrieben. "Gerade Filmproduktionen im Auftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk müssen dem gerecht werden", so von Fintel.

So ist es nicht verwunderlich, dass die neue Berliner Regierung sich ebenfalls für die Einhaltung von Sozialstandards einsetzt.

Die zweite Verhandlungsrunde fand im November in Hamburg statt, auf der ARD und die Produzentenallianz ihre eigenen Forderungen vorlegen wollten. Mit einem Abschluss der Verhandlungen ist allerdings nicht mehr vor Jahresfrist zu rechnen.



Fortschritt bei der Sicherung der Altersvorsorge für Schauspieler.

Mit der sogenannten "Limburger Lösung" wurde wenigstens eine jahrelange Unsicherheit über die Einzahlungspflicht in die Pensionskasse Rundfunk (PKR) für freie Mitarbeiter*innen von Produktionen für das öffentlich-rechtliche Fernsehen beendet. Wie Produzentenallianz ARD, ZDF, ver.di, und der Bundesverband Schauspiel (BFFS) im Oktober vermeldeten, wurde übereinstimmend der vereinbarten Regelung zugestimmt.

Die Vereinbarung regelt, in welchen Fällen die Produktionsunternehmen Beiträge an die Pensionskasse Rundfunk zahlen und wie ARD und ZDF diese ihnen erstatten müssen. Im Grunde wird die ursprüngliche Ordnung wiederbelebt: Bei allen Auftragsproduktionen, die für ARD und ZDF hergestellt werden, bekennen sich die öffentlich-rechtlichen Sender zur Beitragserstattung auf Nachweis und die Produktionsunternehmen haben keinen Anlass mehr, Beitragszahlungen zu verweigern. Die Limburger Lösung ist für den Bundesverband Schauspiel der größte Erfolg bei seinem Engagement, dem eigentlichen Standbein der Altersvorsorge für Schauspieler*innen festen Boden unter den Füßen zu verschaffen.

Folgende Zusagen wurden vereinbart:

• Sowohl bei voll- als auch bei teilfinanzierten Auftragsproduktionen für öffentlich-rechtliche Sender erstatten die Anstalten die PKR-Beiträge zu 100% auf Nachweis durch die Produzenten. Die Produktionsfirmen führen den Beitrag an die PKR ab.
• Bei CO- und bei geförderten Produktionen zahlen ARD und ZDF die PKR-Beiträge in Höhe ihres Finanzierungsanteils auf Nachweis. Den restlichen Teil der Anstaltsbeiträge (=Arbeitgeberanteil) tragen die Produzent*innen. Lediglich jene PKR-Beitrags-Anteile, die Produzent*innen nicht wirksam gegenüber Filmförderinstitutionen in die Kalkulation einstellen können, müssen nicht abgeführt werden. Das kommt aber nur in den wenigsten Produktionen von ARD und ZDF vor.
• Alle Verbände werden sich bei den Filmförder-Institutionen dafür einsetzen, dass die PKR-Aufwendungen in die Kalkulation mit einfließen können.
• Nach wie vor unberücksichtigt bleiben aber Produktionen die für das Kino oder für private Auftraggeber hergestellt werden.

Quellen: Blickpunkt:Film | Berliner Senat | ver.di | bffs | Produzentenallianz

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