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Preise DOK Leipzig, Tokio Filmfestival & Filmtage Lübeck

東京国際映画祭 29. TOKYO INTERNATIONAL FILM FESTIVAL.



Deutsche Komödie über den Holocaust gewinnt den Grand Prix von Tokio.
Das 29. Tokyo International Film Festival fand vom 25. Oktober - 3. November 2016 in Japan statt. Der Große Preis von Tokio wurde an "The Bloom of Yesterday - Die Blumen von Gestern" von Regisseur Chris Kraus vergeben.

Ausgerechnet eine Komödie über den Holocaust, die leider permanent in die Persiflage abdriftet und nicht den nötigen Abstand zu einem ernsten Thema beibehält, gewinnt in Tokio den Hauptpreis. Sicherlich kann man bei den Film lachen und ein paar Seitenhiebe auf Hitler dürften auch nicht schaden - dies hat bereits Charlie Chaplin erfolgreich vorgemacht. Aber in manchen Szenen drehen die Darsteller total durch und wollen dabei urkomisch sein, ohne wirklich zu überzeugen. Erst zum Schluss hin versucht der Regisseur das traurige Thema um die Vernichtung der Juden etwas ernster anzugehen, um nicht in einem Kitschfilm zu versinken. Doch im Publikum reagiert inzwischen keiner der Zuschauer mehr richtig betroffen, sondern alle kichern weiter vor sich hin. Schade - verschenkte Liebesmüh eines Regisseurs, der mit "Poll" bewiesen hat, dass er großes Kino auch diesmal hätte machen können. Schauspieler wie Lars Eidinger wären sicherlich auch dazu fähig gewesen, das Thema seriöser anzugehen. Hier der Trailer des Films, der in Hof zwar zur Eröffnung gewählt wurde, dort aber glücklicherweise nicht ausgezeichnet wurde:



Der Versuch von Kris Kraus sich im Stile von David Wnends Hitlersatire "Er ist wieder da" heran zu wagen, ist unserer Meinung nach gründlich danebengegangen. Selbigen halten wir allerdings ebenfalls für wenig geglückt. Dennoch wurde Wnendts Romanverfilmung des Schriftstellers Timur Vermes am 6.11.2016 in der Reihe der European Comedys, zusammen mit zwei weiteren Filmen in die nähere Auswahl genommen und für den Europäischen Filmpreis nominiert, der am 10. Dezember 2016 in Breslau verliehen wird. Die Geschmäcker sind wohl verschieden. Zum Arthouse Kino gehört dieses Wnendt-Werk jedenfalls nicht. Allenfalls kann sich der Film in der Reihe der billigen deutschen Komödien í  la "Fack ju Göhte" einreihen, die im Mainstream Kino zwar finanziell sehr erfolgreich sind, nicht aber zur hohen Filmkunst gehören, und in einem Archiv des Welterbes auf keinen Fall etwas suchen hätten. Maren Ades "Toni Erdmann" dagegen, der in der Reihe der Besten European Films ebenfalls nominiert wurde, ist zwar auch eine Komödie, die Pointen sind jedoch wesentlich subtiler und zugleich treffsicherer ausgearbeitet, sodass man hier durchaus auch visuell an manchen Szenen von Filmkunst sprechen könnte.

Unserer Meinung nach hat nur Kai Wessel mit "Nebel im August" - nach einer wahren Begebenheit über den Halbwaisen, 13-Jährigen Ernst Lossa, der in einem Kinderheim wegen Aufmüpfigkeit umgebracht wurde - einen ernstzunehmenden Nazi-Film in diesem Jahr in die Kinos gebracht, dem viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Dieses herausragende Werk hätte an Stelle von "Toni Erdmann" für den Auslands Oscar von German Films eingereicht werden sollen, wie wir bereits an anderer Stelle schrieben. Gut gemachte Filmkunst auf höchstem Niveau. Chapeau!

Die Preise:
• Tokyo Grand Prix für "The Bloom of Yesterday - Die Blumen von Gestern" von Chris Kraus (Deutschland)
• Viewer's Choice Award für "The Bloom of Yesterday - Die Blumen von Gestern" von Chris Kraus
• Audience Award für "Die Beautiful" von Jun Robles Lana (Honkong/Philippinen)
• Best Actor: Paolo Ballesteros "Die Beautiful" Hier der Trailer:



• Special Jury Prize für "Sámi Blood - Sameblood" von Amanda Kernell (Schweden/Dänemark)
• Best Actress: Lene Cecilia Sparrok in "Sámi Blood - Sameblood" Hier der Trailer:



• Best Director: Hana Jušić für "Quit Staring at My Plate" (Kroatien) Hier der Trailer:



• Best Artistic Contribution für "Mr. No Problem" von Mei Feng (Mongolei)
• Best Asian Future Film für "Birdshot" von Mikhail Red (Philippinen)
• Spirit of Asia Award für "Lipstick Under My Burkha" von Alankrita Shrivastava (Indien)
• Best Picture für "Poolsideman" von Hirobumi Watanabe (Japan)

Link: 2016.tiff-jp.net | 2016.tiff-jp.net/en/tiff/list_of_winners.html

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Mit einer regen Beteiligung von 48.000 Besuchern ist die 59. Ausgabe von DOK Leipzig (31. Oktober - 6. November 2016) am vergangenen Wochenende zu Ende gegangen.

Doku über KZ-Gedenkstätten gewinnt die Goldene Taube.
Der ukrainische Filmemacher Sergei Loznitsa hat bei DOK Leipzig mit dem Film „Austerlitz” die Goldene Taube im Internationalen Wettbewerb langer Dokumentar- und Animationsfilm für Deutschland gewonnen, gestiftet vom Mitteldeutschen Rundfunk. Hier der Trailer:



Jurybegründung:
Austerlitz“ ist ein großartiges Filmessay über einen Gang durch die gepflegten Sets, die die furchtbarsten Massenmorde in Konzentrationslagern darstellen. Loznitsa arbeitet mit Licht und Schatten, wenn er unerbittlich große Gruppen von Besuchern beobachtet. Die seinen Bildern innewohnende Ruhe und Schönheit sowie die bemerkenswerte Klangbearbeitung lassen jede Menge Zeit, nochmals darüber nachzudenken, was sich vor noch gar nicht so langer Zeit in der Mitte Europas ereignet hat. Der Film ist ausgeklügelt, fast spielerisch, wie er mit dem Inneren und Äußeren umgeht und er ist sehr konsequent bei der Bildeinstellung von Menschen und Objekten.

Ist das noch Gedenk- oder schon Eventkultur? All die beschrifteten T-Shirts, die uns täglich begleiten, mit Slogans wie „Cool Story, Bro“ oder „This Is Your Lucky Day“ – wofür stehen sie, wenn der Kontext ein Besuch im Konzentrationslager ist? Sind das fehlgeleitete Botschaften, verirrte Menschen? Und ist „Arbeit macht frei“ nur ein weiterer Spruch, der dazu auffordert, mit dem Selfiestick zu posieren, wahlweise vor oder hinter dem Gittertor?

Wo immer neue Heerscharen von Touristen über das Gelände strömen wie durch einen Themenpark, ohne innezuhalten und sich mit der Umgebung zu verbinden, da steht Sergei Loznitsas Kamera fest an ihrem Platz und betrachtet mehrere KZ-Gedenkstätten u.a. in Sachsenhausen und Dachau.

Internationaler Wettbewerb (Langfilm)
• Goldene Taube für „Austerlitz“ von Sergei Loznitsa (Deutschland 2016)
• Silberne Taube für "Cahier Africain" von Heidi Specogna (Schweiz, Deutschland 2016)

Jurybegründung:
Der Film „Cahier Africian“ dokumentiert in allen Einzelheiten mit starken archetypischen Bildern die Geschichte der von kongolesischen Rebellen missbrauchten Opfer. Grausamkeit steht Schönheit gegenüber, Tod im Angesicht von Hoffnung, doch die Opfer setzen ihre wenig aussichtsreiche Flucht um des Überlebens willen fort, während islamische und christliche Milizen auftauchen. Der Film wird zum Hoffnungsschrei in einer Welt ohne Platz zum Leben.
  
• Lobende Erwähnung für "The War Show" von Adreas Dalsgaard und Obaidah Zytoon (Dänemark 2016)
 
Jurybegründung:
Eine mit einer Kamera durch eine syrische Frau, DJane bei einer Live-Radiostation, verfolgte Revolution erzählt über die 5 Jahre vom syrischen Frühling bis zum jetzigen Winter. Während der Tod die Gruppe Jugendlicher dezimiert, sehen wir in einer größeren Landschaft wie sich der Krieg wie auf einer Bühne ausbreitet. Es ist ein Film, der uns mit tiefen Gefühlen in unserer Seele zurücklässt, ein notwendiges und aussagestarkes Zeugnis.

Deutscher Wettbewerb (Langfilm)
• Goldene Taube für "Furusato" von Thorsten Trimpop (Deutschland, USA 2016)
Hier der Trailer:



Jurybegründung:
Obwohl Deutschland den Atomausstieg beschlossen hat, wird in Polen nahe der deutschen Grenze ein Atomkraftwerk gebaut werden, außerdem hat schon Tschernobyl ein Viertel der Welt für Jahrhunderte verstrahlt.
Wie eine der bedeutendsten Industrienationen der Welt mit der Reaktorkatastrophe von Fukushima umgeht, bis heute überfordert ist, weiterhin tagtäglich versagt, wie Überlebende ihre Heimat nicht verlassen wollen oder können, mit absehbaren Folgen für die eigene Gesundheit und die nachfolgender Generationen, wie diese Menschen - ob jung, ob alt - vertröstet, belogen, im Stich gelassen werden - das alles hat auf unbequeme, verstörende und hochkomplexe Weise der Regisseur und sein mutiges Team zu einem eindrücklichen dokumentarischen Filmkunstwerk verdichtet.

• Lobende Erwähnung für "Neben den Gleisen" von Dieter Schumann (Deutschland 2016)
Hier der Trailer:



Jurybegründung:
"Ein Film, der die ganze Welt in einem Kiosk in Boizenburg entdeckt."
Boizenburg ist eine kleine Elbestadt in Mecklenburg-Vorpommern. Mitten auf dem Bahnhofsvorplatz steht ein in die Jahre gekommener Kiosk, der von 5.00 Uhr bis 22.00 Uhr geöffnet hat. Er dient aber auch als Stammkneipe für Schichtarbeiter aus den Schlachthöfen, Arbeitslose, Taxifahrer und Rentner. Ende 2015 kommen am Bahnhof Tausende Flüchtlinge an, die ins nahe gelegene Erstaufnahmelager wollen. Die Stammgäste, die normalerweise hier Bier trinken und Fußball schauen, fangen an, über Politik zu diskutieren und ihre eigene Situation zu reflektieren.

Next Masters Wettbewerb
• Goldene Taube für "Listen to the Silence" von Mariam Chachia (Georgien 2016) über eine Schule für gehörlose Kinder.

Internationaler Wettbewerb (animierter langer Dokumentarfilm)
• Goldene Taube für "Kaisa’s Enchanted Forest" ('Kuun metsän Kaisa') von Katja Gauriloff (Finnland 2016)

Internationaler Wettbewerb (kurz Dokumentarfilm)
• Goldene Taube für "Close Ties" von Zofia Kowalewska (Polen 2016)

Jurybegründung:
Die Jury hat sich für diesen Film entschieden, weil er eine klar gegliederte Erzählweise über Menschen hat, die versuchen, zerbrochene Bindungen wieder zu heilen. Die Regisseurin zeigt menschliche Intimität mit einer Einfachheit, einem Humor und einer Tapferkeit, die dem Film eine einzigartige Qualität verleihen.
 
• Silberne Taube für "Pulse" von Robin Petré (Ungarn, Portugal, Belgien 2015)

Internationaler Wettbewerb (kurzer Animationsfilm)
• Goldene Taube für "Eternal Hunting Grounds" von Elin Grimstad (Norwegen 2016)
Hier der Trailer:



• Lobende Erwähnung für "Bei Wind und Wetter" von Remo Scherrer (Schweiz 2015)
Hier der Trailer:



• Lobende Erwähnung für "Nighthawk" von Ł pela ČadežÂ (Slowenien, Kroatien 2016)
Hier der Trailer:



Deutscher Wettbewerb (kurz)
• Goldene Taube für "Patriotic Lesson" von Filip Jacobson (Polen, Deutschland 2016)
Hier der Trailer:  



Jurybegründung:
Beim Gesangswettbewerb für patriotische Lieder werden in einer polnischen Grundschule Blut, Opfer und Nation beschworen, marschieren Partisanenmädchen und filmen stolze Eltern. Eine Gesellschaft auf dem Weg in die Vergangenheit?
Disobedience/Ungehorsam ist eines der zentralen Themen von DOK Leipzig 2016. Und wie wichtig ziviler Ungehorsam ist, wird klar, wenn man auf eine Gesellschaft blickt, die schon Grundschulkinder zum Absingen patriotischer Blut-und Opferlieder zurichtet.

• Lobende Erwähnung für "Mishka" von Eszter Jánka (Deutschland 2016)

Link: www.dok-leipzig.de

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Letzten Sonntag gingen auch die 58. Nordischen Filmtage Lübeck (02.-06.11.2016) mit 185 Filmen in 250 Vorführungen zu Ende. Neue Akzente wie skandinavische Serien, VR-Stationen oder ein 360°-Kino, sorgten für ein enormes Interesse bei den Besuchern. Mit insgesamt 32.000 Besuchen wurden noch mehr Menschen nach Lübeck gelockt und damit der bisher stärkste Besucherandrang in der Geschichte der Filmtage verzeichnet.

Neben dem spannenden Programm mit Filmen aus Skandinavien, dem Baltikum und Schleswig-Holstein/Hamburg zogen vor allem auch die neuen Locations und spektakulären Events viele Menschen vor die Leinwände. Die Zuschauerinnen und Zuschauer konnten bei einem Open Air Event mit einem Windjammer und Shantychor im Gefängnishof des Europäischen Hansemuseums auf Reisen gehen oder sich bei Stummfilmkonzerten in der Museumskirche St. Katharinen von Filmgeschichte und Livemusik begeistern lassen.

In der Filmpreisnacht der 58. Nordischen Filmtage Lübeck wurden insgesamt acht Preise vergeben, der mit 12.500 Euro am höchsten dotierte NDR Filmpreis ging in diesem Jahr an das isländische Gay Teen Drama „Herzstein“ („Hjartasteinn/Heartstone”), das Regiedebüt des jungen Filmemachers Guí°mundur Arnar Guí°mundsson. Hier der Trailer:



Kurzinhalt:
In der schönen aber harten Natur eines isländischen Fischerdorfes begeben sich zwei Jungs auf eine Reise zwischen Freundschaft und Liebe als der eine versucht, das Herz eines Mädchens zu gewinnen, während der andere neue Gefühle für seinen besten Freund entdeckt.

Aus Dänemark kommt der Publikumspreisgewinner „Der Tag wird kommen“ ("Der kommer en dag") von Regisseur Jesper W. Nielsen. Über diesen mit 5.000 Euro ausgestatteten Preis des Medienpartners Lübecker Nachrichten entschied die größte Jury des Festivals mit weit über 4.000 abgegebenen Stimmzetteln. Der Film wurde im Oktober schon auf dem Filmfest Hamburg vorgestellt und gewann dort ebenfalls den Publikumspreis. Hier der Trailer:



Zum Inhalt:
Die Geschichte spielt in der Blütezeit der 1960er Jahre. Es geht um die traumatischen Ereignisse zweier junger Brüder, die in einem Internat ihrer Freiheit und ihrer Lebensträume, Astronaut zu werden, beraubt wurden. Bewaffnet nur mit lebhafter Fantasie, hoffen die beiden Jungs, sich der tödliche Tyrannei des Schulleiters Heck entziehen zu können.

Der Baltische Filmpreis, der stets an einen Film aus den skandinavischen Ländern vergeben wird, ging in diesem Jahr an „Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki“ von Regisseur Juho Kuosmanen aus Finnland. Der Film um einen jungen Berufsboxer, der weniger am harten Sporttraining interessiert ist, sondern stattdessen Ablenkung bei schönen Frauen sucht, ist auch für den Europäischen Filmpreis nominiert, der am 10. Dezember 2016 in Breslau/Polen vergeben wird. Hier der Trailer:



Beim Preis der Kinder- und Jugendfilmjury zeichnete die Jury den lettischen Film „Ich bin hier“ ("Es Esmu Seit / Mellow Mud") des Regisseurs Renars Vimba mit einem Preisgeld von 5.000 Euro aus. Der Film lief auch im Generation Programm der letzten 66. Berlinale. Hier der Trailer:



Zum Inhalt:
Es ist die Geschichte der 17-jährigen Raya die sich alleine um ihren kleinen Bruder sorgen muss, denn niemand soll auf dem abgeschiedenen Bauernhof vom Tod der Großmutter erfahren. Raya organisiert alleine das tägliche Überleben für sich und ihren Bruder und setzt alle Hoffnung in die nach England ausgewanderte Mutter.

Bei den weiteren Preisen der Nordischen Filmtage zeigte sich Norwegen als starker Vertreter mit insgesamt drei Auszeichnungen. So ging der Preis der Kinderjury (dotiert mit 5.000 Euro) an Hanne Larsens Film „Gilberts grausame Rache“ ("Gilberts grusomme hevn"). Der INTERFILM Preis der kirchlichen Jury (dotiert mit 2.500 Euro) ging an den diesjährigen Eröffnungsfilm „Rosemari“ (Regie: Sara Johnsen). Den Dokumentarfilmpreis (Preisgeld: 2.500 Euro) erhielt George Kurians Film „Die Überfahrt“ ("Flukten"), ebenfalls aus Norwegen. Die Doku portraitiert eine syrische Flüchtlingsfrau aus dem gehobenen Milieu. Hier der Trailer:



Der mit 3.000 Euro ausgestattete CineStar Preis ging an den Kurzfilm „Pauls Boot“ ("í€ La Dérive") von Regisseur Cyprien Clément-Delmas aus Frankreich.

Link: www.filmtage.luebeck.de

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