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THE LOBSTER - DVD und Filmstart gleichzeitig

Aktuell im Kino - Ulrike Schirm rezensiert "The Lobster".



"The Lobster", der Gewinner des Jurypreis 2015 in Cannes ist leider erst jetzt offiziell im Kino zu sehen. Der gleichzeitige DVD-Start sowie der Video-Stream im Internet über Amazon Prime Video für 4,99 € unterbindet zwar das Interesse an Raubkopien, ist aber für die Kinobetreiber eher weniger einträglich. Zwar lief das Werk im letzten November auch auf dem von Bernhard Karl geleiteten und uns so geschätzten Berliner Independent Festival des Weltkinos: "Around the World in 14 Films", doch es gab nur zwei Aufführungen in den Kinos der Kulturbrauerei der CineStar Gruppe. Nun haben sich die Yorck-Kinos in Berlin das Werk exklusiv gesichert. Seit dem 23. Juni 2016 läuft die kluge, beißende Fabel mit Colin Farrell und Rachel Weisz im Berliner Kino International sowie im Filmtheater am Friedrichshain, in den Kant Kinos und im Neuen Off in Neukölln. Der Film ist laut Kino.de darüber hinaus in Leipzig, Freiburg, München und Hamburg im Kino angelaufen.

In der schwarzen Komödie, eine griechisch, englisch, französische Koproduktion unter der Regie von Yorgos Lanthimos, ist nur noch ein Leben als Paar erlaubt. Alleinstehende werden in eine Anstalt eingeliefert, in der sie 45 Tage Zeit haben, sich einen Partner zu suchen. Scheitern sie, verlieren sie alles. David gelingt die Flucht zu einer Partisanengruppe unter der Anführerin Loner Leader, gespielt von der schönen Léa Seydoux. Bei den "Loners" wiederum ist das Alleinsein Pflicht. Doch David verliebt sich in eine Frau. Hier der Trailer:



THE LOBSTER
eine Filmbesprechung von Ulrike Schirm

Ein Wellnesshotel wird zum Schauplatz einer bitterbösen Zukunftsvision für Singles. Wer hier eincheckt wird erst einmal von Kopf bis Fuss neu eingekleidet. Jeder bekommt die gleichen Sachen, ob Mann oder Frau. Die Regeln der als THE CITY streng organisierten Gesellschaft bestimmt, dass die Menschen ihr Dasein nur noch als Paar gestalten dürfen. Die Direktion in THE HOTEL überwacht die strengen Regeln. Wer in 45 Tagen keinen Partner gefunden hat , wird in ein Tier seiner Wahl verwandelt und in einer Wildnis THE WOODS ausgesetzt. David (Colin Farrell ) ist einer von ihnen. Er muss seinen Beziehungsstatus angeben. Frisch getrennt. Auch über seinen sexuellen Status muss er Auskunft geben. Bisexuell.

Bisexuelle Orientierung steht nicht im Programm. Er kann sich nur zwischen den Optionen heterosexuell oder homosexuell entscheiden. Für den unrühmlichen Fall, keinen Partner zu finden, entscheidet er sich für einen Hummer (im englischen Lobster). Das Tier ist sein Leben lang sexuell sehr rege und kann bis zu hundert Jahre alt werden. David ist der Herr aus dem Room 101. Es herrscht absolutes Onanieverbot. Wer dabei erwischt wird, dessen Hand wird zur Strafe mit Gewalt in einen heissen Toaster gesteckt. Eine von vielen grausamen Lektionen, die von dem Personal präzise ausgeführt werden. Man trifft sich bei organisierten Abendveranstaltungen, die Frauen tragen die gleichen geblümten Neckholder- Kleider.

Beim Tanztee kommt man sich näher und im Whirlpool könnte man entspannen, wenn da nicht eine Art schlafwandlerische Lethargie bei den zwangsverwalteten Kandidaten herrschen würde. Unterstrichen wird die trostlose Atmosphäre durch die statische Kamera.

Sollte sich ein Paar finden, müssen sie unbedingt eine Gemeinsamkeit haben, wie zum Beispiel das Paar was unter Nasenbluten leidet. Dann dürfen sie in ein Doppelzimmer umziehen. Ein ganz besonderes Spiel ist ein Jagdausflug, bei dem jeder ein Betäubungsgewehr erhält und wer flüchtige „ Loner“ erlegt, wird mit einer Fristverlängerung belohnt. David, der wie somnambul durch das Hotel schlurft , nicht das geringste Interesse an einer eventuellen Partnerschaft zeigt und kurz vor der Verwandlung steht, macht sich auf und davon. In den Wäldern , wo die Anführerin der „Loner“ (Léa Seydoux) eine nicht weniger üble Ideologie praktiziert, allerdings unter anderen Vorzeichen. Wer sich verliebt oder flirtet wird mit ebenso grausamen Strafen bedacht. Ausgerechnet jetzt verliebt sich David in eine junge Frau (Rachel Weisz), sogar die Gemeinsamkeit stimmt. Beide sind kurzsichtig. Auch wenn sie bemüht sind, sich nicht zu verraten, die „Loner“-Chefin sieht alles. Die Strafe: Der Verlust des Augenlichts.

THE LOBSTER beschreibt eine perfide ausgeklügelte Situation, in der die Mitwirkenden zu willenlosen, depressiven Figuren verkommen. Ein ausgesprochenes böses Szenario versetzt mit beißendem Humor, makaberer geht es kaum. Verantwortlich für diesen Horror ist der Grieche Yorgos Lanthimos. Er bekam im vergangenen Jahr in Cannes den grossen Preis der Jury für dieses großartige Werk. Ach ja, es gab auch noch den Palm Dog, den Preis für den besten Filmhund, denn der Hund den David mit ins HOTEL bringt ist sein Bruder Bob. Auch er war Gast in diesem unwirtlichen Haus.

Gott sei Dank hat man es gewagt, diesem Meiserwerk einen Kinostart zu gönnen. Der DVD Start läuft parallel. Der sonst so smarte Farrell zeigt sich optisch als schnauzbärtiger, aufgedunsener Allerweltstyp mit Bauch.

Quelle: Veröffentlicht am 25. Juni 2016 auf ulriketratschtkino.wordpress.com

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