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Grüne für Veränderungen im deutschen Fördersystem

Tabea Rösner: "Machtverkrustungen im deutschen Filmfördersystem beseitigen".
Monika Grütters (BKM) reagiert und stellte Eckpunkte zur nachhaltigen Stärkung der kulturellen Filmförderung vor.



Unter der Parole "Für mehr Freiheit, Offenheit und Solidarität im Film" hatte die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ihre filmpolitische Agenda am 26.01.2016 vorgelegt. Die Partei macht sich im Sinne der Vielfalt dabei vor allem für kleine, unabhängige Produktionen stark - und fordert in diesem Sinne die Beseitigung von "Machtverkrustungen" und "Ungleichgewichten" im Fördersystem.

Tabea Rößner, filmpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, erklärt dazu:

Grüne Filmpolitik tritt für mehr Freiheit, Offenheit und Solidarität im Film ein. Faszinierende Odysseen, nervenaufreibende Thriller, schwarze Komödien, packende Dokumentarfilme: Damit sich Kino voll entfalten kann, braucht die Filmbranche bessere Rahmenbedingungen. Die Förderung muss sich mehr an den Kreativen, den Filmemacherinnen und Filmemachern orientieren, nicht allein an Standorteffekten oder den Anforderungen der Fernsehanstalten. Wir setzen uns ein für eine freie, lebendige und vielfältige Filmlandschaft!

Unsere Forderungen umfassen:

• Transparenz und Chancengleichheit in der Filmförderung
• Mehr kreative Freiheit und faire Arbeitsbedingungen
• Weniger Abhängigkeit vom TV durch neue Förderrichtlinien
• mehr Frauen in verantwortlichen Positionen
• Erhalt der Programmkinos und einer vielfältigen Filmlandschaft

Sie finden das ausführliche Positionspapier auch online:
www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/Beschluss_Filmpolitik.pdf

Inzwischen hat die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, auf zahlreiche Kritiken am hiesigen Filmfördersystem reagiert und kurz vor Beginn der Berlinale zentrale Eckpunkte zur nachhaltigen Stärkung der kulturellen Filmförderung vorgestellt.

Monika Grütters erklärte: „Ein wichtiger Baustein bei der Finanzierung künstlerisch anspruchsvoller Filmproduktionen ist die kulturelle Filmförderung meines Hauses. Mir ist es mit Hilfe des Deutschen Bundestages gelungen, die Mittel im Haushalt 2016 dafür um 15 Millionen Euro zu erhöhen. In diesem Jahr stehen insgesamt rund 28 Mio. Euro allein für die Stärkung und den Ausbau des kulturell und künstlerisch herausragenden deutschen Kinofilms zur Verfügung. Das Budget der kulturellen Filmförderung hat sich im Vergleich zu den bisher verfügbaren Mitteln mehr als verdoppelt. Damit kann ich eines meiner zentralen kulturpolitischen Anliegen umsetzen.

Mit den zusätzlichen Mitteln soll den Kreativen im Filmbereich ein noch größerer künstlerischer Freiraum ermöglicht werden, unabhängig von Standorteffekten oder Erwartungen an den ökonomischen Erfolg eines Films. Im Mittelpunkt stehen vielmehr die kulturelle und künstlerische Qualität von Kinoproduktionen.

Grütters: „Wichtig ist mir, dass jede Kunstförderung auch neuen Talenten die Möglichkeit zur Entfaltung gibt. Sie muss offen sein für neue Formen des filmischen Schaffens, so dass Kreativität und das Experiment im Vordergrund stehen. Ziel der jurybasierten kulturellen Filmförderung ist es, kreative Unabhängigkeit zu ermöglichen. Mutige Filme werden immer ihr Publikum finden.“

Die neuen Eckpunkte:

• Zusätzliche 15 Mio. Euro sollen hauptsächlich in die Produktionsförderung im Bereich des Langfilms (Spiel-, Kinder-, Dokumentarfilm) fließen. Die bisherige Förderhöchstsumme von 250 000 Euro soll auf bis zu 1 Mio. Euro sowie das Höchstbudget von 2,5 Mio. Euro auf 5 Mio. Euro angehoben werden. Zudem soll der zulässige Anteil der Fördersumme am Gesamtbudget auf bis zu 80 Prozent erhöht werden. In Ausnahmefällen kann auch hiervon abgewichen werden.

• Festlegung eigener Fördertöpfe für die Bereiche Spiel-, Kinder- und Dokumentarfilm

• Quantitativer Ausbau der Drehbuchförderung sowie Etablierung einer Stoffentwicklungsförderung für Dokumentarfilme

• Aufstockung der Verleihförderung sowie der Kinoprogrammpreisprämien mit dem Ziel der besseren Sichtbarkeit und Wahrnehmbarkeit kulturell herausragender Filme

• Einführung eigenständiger unabhängiger Jurys für die Produktionsförderung von Spielfilmen und Dokumentarfilmen sowie Erhöhung der Anzahl der Einreichtermine und Sitzungen für die Jurys.

Die AG Dokumentarfilm (AG DOK) begrüßt die am 09.02.2016 veröffentlichten Eckpunkte von Kulturstaatsministerin Monika Grütters zur Stärkung des künstlerisch herausragenden deutschen Kinofilms und freut sich über die positiven Impulse, die von der neu strukturierten Filmförderung des Bundes insbesondere auf die Dokumentarfilmbranche ausgehen werden.

"Ein solcher Akzent ist zweifellos die Bereitschaft, in Ausnahmefällen die Gesamtfinanzierung eines Projekts aus einer Hand – nämlich aus BKM-Mitteln - zu gewähren. Für Produktionsfirmen kulturell herausragender, aber oft schwierig zu finanzierender Filme ist das eine große Hilfe. Erfreulich ist zudem die beabsichtigte Gleichbehandlung des Dokumentarfilms mit anderen Förderbereichen. Ergänzend dazu regen wir an, Low-Budget-Produktionen künftig von der Verpflichtung zum Nachweis von Eigenmitteln zu befreien", so die AG DOK in einer Pressemitteilung vom 10.02.2016.

Tatsächlich ist die Zeit reif für Veränderungen. Stetig wird die Kritik lauter, warum der deutsche Film international so wenig Beachtung findet. Zwar liefen auf der diesjährigen Berlinale immerhin 17 Medienboard-geförderte Filme, darunter zwei Wettbewerbs-Koproduktionen: Die englischsprachige Verfilmung des Hans Fallada Romans "Jeder stirbt für sich allein" von dem Schweizer Regisseur Vincent Perez und "Soy Nero", den der Exiliraner Rafi Pitts in Mexiko drehte. Berlinale Direktor Dieter Kosslick hatte zudem die animalische Lovestory "Wild" von Nicolette Krebitz eingeladen. Doch diese lies ihn abblitzen und feierte ihre Weltpremiere lieber bei dem renommierten Independent Sundance Festival in den USA. Letztendlich gelang mit "24 Wochen" der Newcomerin Anne Zohra Berrached nur ein deutscher Film in den offiziellen Berlinale Wettbewerb. Hier ein Ausschnitt:



Trotzdem hat die Branche Grund zu feiern, sagte Deutschlands oberste Kulturchefin. Der deutsche Film steht nach Angaben von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) so gut da wie selten zuvor. „Wir steuern auf einen Marktanteil von 27 Prozent zu, so viel hatten wir in den letzten zehn Jahren nicht“, sagte die CDU-Politikerin in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld der Berlinale. Für neue Akzente im deutschen Film will die Staatsministerin wie angekündigt die kulturelle Filmförderung stärken. Dafür stehe mit insgesamt 28 Millionen Euro so viel Geld zur Verfügung wie noch nie. „Aber es geht nicht nur darum, mehr Filme zu unterstützen, sondern mutigere und künstlerisch ambitioniertere Vorhaben sollen mit höheren Fördersummen gezielter gefördert werden“, sagte sie.

Dabei war auch in Cannes, Venedig und Locarno im letzten Jahr kein deutscher Film vertreten, weshalb der Verband der deutschen Filmkritik (VdFk) und die Heinrich-Böll-Stiftung am Vorabend der Berlinale zu einer internationalen Konferenz einlud, die sich dem Zustand der deutschen Filmkultur widmete, wie wir in unserer Ankündigung am 8. Februar 2016 schrieben. Diskutiert wurde über den anhaltenden Misserfolg deutscher Filme auf internationalen Festivals.

Dennoch konnten im vergangenen Jahr insgesamt 107 Produktionen - darunter 78 Spiel-, 26 Dokumentar- und drei Animationsfilme - mit 61,3 Millionen Euro gefördert werden. Unter den geförderten Projekten waren 36 internationale Koproduktionen, darunter vier Großproduktionen mit Herstellungskosten von über 20 Mio. Euro. Seit dem Start des DFFF im Januar 2007 sind bis Ende 2015 Zuschüsse für 975 Filme in Höhe von insgesamt rund 540 Mio. Euro bewilligt worden. Der beeindruckende Effekt: Alleine in Deutschland sorgten diese Fördergelder laut BKM für Folgeinvestitionen im Rahmen der Herstellung von Filmen in Höhe von rund 3,2 Mrd. Euro. Aber der wirtschaftliche Erfolg schafft leider noch keinen nachhaltig kulturellen Erfolg.

Dabei ist Film ein Kulturgut mit langer Tradition, das allen Unkenrufen vom Tod des Kinos zum Trotz seine gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung immer wieder aufs Neue bekräftigt hat. Das Kino ist zudem ein wichtiger sozialer Ort, den wir trotz aller technologischen Neuerungen langfristig erhalten wollen, schreiben die Grünen in ihrer Stellungnahme, die wir in der erweiterten Ansicht am Ende des Textes in voller Länge eingestellt haben.

"Grüne für Veränderungen im deutschen Fördersystem" vollständig lesen

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