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Engpass für die Low-Budget-Film-Förderung

Der Deutsche FilmFörderFonds will nur noch Filme ab 3 Mio. Euro fördern.



Der Bund gibt mehr Geld für die Filmförderung, schrieben wir am 20. November 2015 im BAF-Blog. Tatsächlich war der mit ursprünglich 60 Mio. Euro veranlagte Deutsche FilmFörderFonds (DFFF) nach seinem auf 50 Mio. Euro gekürzten Etat schon im Oktober 2015, salopp gesagt, pleite. Die für 2015 bereitgestellten Mittel waren noch vor Ende der Laufzeit des DFFF für zugesagte Projekte verausgabt worden.

Damit dies nicht noch einmal passiert, sollen zukünftig nur noch Filme gefördert werden, die mehr als 3 Mio. Euro kosten würden. Das begrenzt die Anzahl der geförderten Produktionen und ist angeblich überschaubarer. Low Budget-Produktionen, die in Deutschland überwiegen sowie Produktionen mit einem veranschlagten Etat von bis zu 3 Mio. Euro wären somit von der Förderung durch den DFFF nahezu ausgeschlossen. Übrig bleiben dann nur die großen Internationalen US-Produktionen wie "Grand Budapest Hotel" oder "Bridge of Spies" von Steven Spielberg, der in New York und in der Region Berlin-Potsdam entstand sowie englischsprachige Großprojekte deutscher Produzenten wie "Cloud Atlas" von Tom Tykwer und Komödien wie Schweighofers "Der geilste Tag", die ebenso von der automatischen Förderung von bis zu 20% des Budgets profitieren, wenn diese mindestens zu einem Teil in Deutschland produziert werden.

Genau diese automatische Förderung kritisiert aber der Bund der Steuerzahler (BdSt) dieser Tage. Zwar ist das Kriterium für den DFFF jenes, dass die Produktionswirtschaft in Deutschland gestützt werden soll und dass ein Vielfaches der jeweiligen Summe an zusätzlichem Steueraufkommen generiert wird, doch warum erhielt beispielsweise Constantin Film nach einem sehr erfolgreichen ersten Teil von „Fack ju Göhte“, auch noch für den Nachfolger „Fack ju Göhte 2“ - übrigens der umsatzstärkste deutsche Filmstart aller Zeiten - eine Subventionierung in Höhe von 1,24 Millionen Euro und wurde somit quasi aus Haushaltsmitteln des Bundes bezuschusst?

"Das kann nicht sein und ist eine Verschwendung von Steuergeldern, zumal die Constantin Film Produktion den eingespielten Gewinn nicht einmal zurückzahlen muss". Hier muss die Politik Änderungen vornehmen, so die Kritik von Reiner Holznagel, Präsident der gemeinnützige Vereinigung (BdSt) gegenüber der Tageszeitung "Rheinische Post".

Andere Werke, die nicht die Unterstützung der großen Produktionsgesellschaften haben, fallen durchs Raster. Diese Low-Budget-Produktionen können sich ohne ausreichende Fördergelder nicht einmal die Studiomiete in Babelsberg leisten. Doch die Potsdamer Filmstudios sind auf eine gute Auslastung angewiesen. Als im letzten Jahr einige Großproduktionen kurzfristig abgesagt wurden, schrieb Studio Babelsberg zum Jahresende 2014 sogleich rote Zahlen wie wir am 26. Dezember 2014 berichteten, denn im Film-Dienstleistungsgewerbe herrscht ein ruinöser Wettbewerb. (siehe dazu auch unseren Beitrag vom 3. März 2015.)

Wir baten die Filmjournalistin Katharina Dockhorn, Vorstandsmitglied im Bundesverbands deutscher Medienjournalisten e.V. (BVMJ), um ihre Meinung zur Situation deutscher Filmemacher und Produzenten. Hier ihr Bericht, den Sie freundlicherweise uns zur Verfügung gestellt hat.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters feiert gerne die Erfolge deutscher Filme auf Festivals und lobt deren Bedeutung für die Kulturnation Deutschland. Doch gerade die Produzenten und Regisseure von Kunstwerke wie „Victoria“ oder „Oh Boy“ könnten bei der anstehenden Neustrukturierung der Filmförderung des Bundes unter die Räder geraten. Auch für das Studio Babelsberg ist die jetzt diskutierte Lösung nur ein erster Schritt.

Im Zentrum der Diskussion bleibt der DFFF. Ab 1. Januar 2016 sollen nur noch Filme von der automatischen Förderung profitieren, bei denen mindestens 3 Millionen Euro ausgeben werden. Bislang lag das Mindestbudget bei einer Million Euro. So sehen es die momentanen Planspiele aus Grütters Haus vor. Von dort hieß es auf Anfrage, dass es Überlegungen für die Änderung der Vergaberichtlinie gäbe, die mit der Filmbranche diskutiert werden. Mit einer Entscheidung ist im Laufe des Jahres 2016 zu rechnen.

Der Verband Deutscher Filmproduzenten (VDFP), der durch den Eintritt vieler engagierter Unternehmen wieder zu einem ernst zu nehmenden Player in der deutschen Filmbranche wurde, hat gerade vor dem Einschnitt gewarnt. Durch ihn würden die "für die Produzentenschaft und den Filmstandort Deutschland wirtschaftlich so wichtigen kleineren und mittleren Produktionen und Koproduktionen" bedroht. "Aufgrund der Richtlinienänderung würde es zudem erneut zu Chaos und Verunsicherung bei den in- und ausländischen Produzenten kommen und die unabhängigen Produzenten und den Produktionsstandort Deutschland nachhaltig schädigen", so der VDFP weiter.

In diesem Jahr entstanden mehr als 100 Filme mit finanzieller Unterstützung des DFFF, der 20% des Budgets zuschießt. Rund 40 kosteten mehr als drei Millionen Euro. Deren Produzenten erhielten aber mit rund 40 Millionen Euro den Löwenanteil aus dem DFFF-Topf, der mit 50 Millionen gefüllt ist.

Er ist in diesem Jahr hoffnungslos überzeichnet. Zehn bis 15 Millionen Euro wurden in 2015 bereits aus dem Etat von 2016 ausgegeben, damit geplante Drehs nicht platzen. Damit ist klar, dass die 50 Millionen auch 2016 nicht reichen werden. Um den Engpass zu beseitigen, soll nun die Förderung der niedriger budgetierten Filme gestrichen werden. Mathematisch ist dies durchaus schlüssig.

"Um weiterhin die wirtschaftliche Kraft und die Verlässlichkeit des Filmstandortes Deutschland zu gewährleisten, darf eine Anhebung der Einstiegsschwelle für abendfüllende Spielfilme nicht über 1,5 Mio. bis maximal 1,75 Mio. der gesamten Herstellungskosten liegen. Bei Koproduktionen darf diese Schwelle nicht über zwei Mio. ges. HS-Kosten liegen, so dass der deutsche Kostenanteil von 25 Prozent bei 400.000 liegt", fordert dagegen der VDFP.

"Die Filmemacher müssten dann bei der Kulturellen Filmförderung des Bundes anklopfen, die von Grütters ab 2016 um 15 Millionen Euro aufgestockt wird. Diese Mittel müssen", so der VDFP, "verbindlich fortgeschrieben werden und die Richtlinien angepasst werden." Denn auf der Liste der 2014 vom Bund geförderten Filme finden sich beinahe ausschließlich künstlerisch wertvolle Nischenfilme, die kaum einen Zuschauer hinter dem Ofen vorlocken.

Beide Förderarten unterscheiden sich in einem entscheidenden Punkt gravierend: Auf die Förderung des DFFF hat jeder Anspruch, über die Verwendung der Millionen aus der Kulturellen Filmförderung entscheiden Jurys. Und das wird – so hieß es aus dem Bundesstaatsministerium für Kultur und Medien (BKM) – so bleiben. Was der VDFP kritisiert. Für die betroffenen Produktionen ginge die "so wichtige Berechenbarkeit des Automatismus" verloren.

Es ist nahezu absurd, dass ein kommerziell erfolgreicher Produzent wie Til Schweiger oder Matthias Schweighöfer doppelte Planungssicherheit hat, weil er 20% des Budgets vom DFFF erhält und auf Referenzgelder von mehreren Hunderttausend Euro zurückgreifen kann, die er von anderen Förderinstitutionen automatisch erhält. Auf der anderen Seite müssen Regisseure wie Christian Petzold oder Andreas Dresen um jeden Cent bangen, in ihre künstlerischen Entscheidungsprozesse wird eingegriffen.

Und das Studio Babelsberg? Es könnte Nutznießer der Umschichtung beim DFFF sein, wo knapp zehn Millionen Euro mehr zu verteilen wären. Im internationalen Vergleich sind das Peanuts - auch wenn man die 10 Millionen aus Sigmar Gabriels „German Motion Picture Fund“ addiert (siehe BAF-Blog vom 13. Dezember 2015). Das reicht für einen Film oder eine Serie. Zum langfristigen Überleben braucht das Studio Steuererleichterungen wie sie in Ungarn oder Großbritannien fließen.

von Katharina Dockhorn

Link: www.dfff-ffa.de
Quellen: VDFP | Rheinische Post | BVMJ

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