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25. Cottbuser Filmfest ohne Hauptsponsor

Jubiläumsfilmfestival mit mehr Filmen als je zuvor.



Vom 3. bis zum 8. November 2015 bietet die 25. Festivalausgabe von Cottbus mit drei Wettbewerben und zehn weiteren Programmsektionen die einzigartige Möglichkeit, das Beste des ost- und mitteleuropäischen Kinos zu erleben. Nachdem der Energiekonzern Vattenfall nach Jahren als Förderer des Festivals wegen finanziellen Problemen mit der Kohleförderung wider Erwarten beim Sponsoring aussteigen musste, wird das FilmFestival Cottbus nun maßgeblich unterstützt vom Land Brandenburg, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, der Stadt Cottbus sowie dem MEDIA - Creative Europe Programm der Europäischen Union. Insgesamt liegt die Förderung zu 70% in öffentlicher Hand. Zu privaten Förderern wird traditionell geschwiegen.

Mit neuen Spielstätten soll das umfangreiche Programm dennoch gemeistert werden, denn zum Jubiläum gibt es mehr Filme als je zuvor. 200 Filme aus 40 Ländern werden gezeigt. Etwas vollmundig wird von 17 Weltpremieren, 20 internationalen Premieren und 80 deutschen Premieren gesprochen. Im Wettbewerbsprogramm mit seinen 12 Spielfilmen spiegelt sich dies aber nicht wieder, denn die meisten neuen, noch nicht gezeigten Filme sind entweder Kurzfilme oder laufen in den einzelnen Länder-Sektionen bzw. im Programm der Kinder- und Jugendfilme. Dabei wird im Jubiläums-Jahr des internationalen Kinderfilmprogramms der Faktor "Zeit" eine nicht unwesentliche Rolle spielen, der sowohl als verbindendes Element zwischen den einzelnen Abenteuern wie auch häufig durch Zeitdruck schon früh von Kindern verstanden und wahrgenommen wird.

Mit rund 20.000 Besucher, was etwa 1/5 der Einwohnerzahl von Cottbus entspricht, scheint der Gipfel der Fahnenstange beim Filmfestival Cottbus erreicht zu sein. Erfreulicherweise kommen viele Besucher aus Berlin nach Cottbus aber auch viele Zuschauer aus dem Nachbarland Polen sind stark an den gezeigten Filmen interessiert. Leider sind trotz des EU-Beitritts Polens fast sämtliche öffentliche Verkehrsverbindungen zwischen den beiden Ländern in der Cottbuser Region eingestellt worden. Nicht einmal eine geregelte Bahn- oder Busverbindung gibt es nachts von oder nach Polen. Die Besucher müssen also mit dem Auto anreisen, um nach Ende der Vorstellung wieder zurückzukommen. Akkreditierte werden natürlich ein Hotel in Cottbus bevorzugen. Im einfachen drei Sterne Waldhotel Cottbus am nördlichen Stadtrand gibt es Sonderpreise des Festivals sowie einen kostenlosen Shuttleservice zum Festspielhaus und zurück.

Die Eröffnung, die traditionell im Cottbuser Staatstheater stattfindet, wird vom Rundfunk Berlin-Brandenburg gefördert. Deshalb gibt es diesmal keinen Spielfilm sondern mit dem "Polizeiruf" vom rbb, einen Fernsehkrimi, der in Brandenburg und Polen spielt. Im realen Leben aber hapert es noch mit der Verständigung zwischen den beiden Polizeibehörden.

Neu ist auch, dass das Festival zum ersten Mal vom 3. Juli bis zum 12. November 2015 unter dem Titel „Lausitzer Filmnächte“ eine ganze Filmreihe in Luckau und Lübben präsentiert. Die Idee, Filme des FilmFestival Cottbus auch außerhalb der „gewohnten“ Festival-Spielstätten zu zeigen und damit Festivalkino- und Erlebnis in das Cottbuser Umland zu bringen, ist nicht neu. Neu sind hingegen die Orte, an denen zum 25. Jubiläum diese Kooperationen tatkräftig umgesetzt werden. Gemeinsamer Nenner aller sechs Spiel- und Dokumentarfilme in der Filmauswahl ist passend zur aktuellen Flüchtlingsthematik das »Fremde«, so Andreas Stein, zweiter Geschäftsführer neben Jörg Akkermann.

Im Mittelpunkt steht der Versuch des Verstehens, wie es Menschen in einem für sie fremden oder fremd gewordenen Land ergeht. Es geht um Weggehen, Ankommen und Bleiben, um Chancen und Gefahren, um Bereicherung, Identität und Ablehnung - insbesondere aber um Verständnis“, so Stein.

Die Filme zeigen eine große stilistische Bandbreite: So entwickelt sich eine Komödie über türkischstämmige Gastarbeiter in Deutschland zu einem Roadmovie in Richtung „Heimatland“, eine Dokumentation folgt Jugendlichen in die für sie fremde Schweiz und ein Beitrag beschäftigt sich mit der Entfremdung jüdischer Geschwister voneinander, vor dem Hintergrund des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte. Darüber hinaus werden fünf Programmreihen in der Festivalwoche Einblicke in das muslimische Osteuropa geben - ohne sich dabei eingeschliffener Stereotype über die Weltreligion zu bedienen.

Auch die Sektion HEIMAT [sorbisch DOMOWNJA] erlebt beim 25. FilmFestival Cottbus ihre dritte Auflage. Kuratorin Dr. Grit Lemke hat eine Programmreihe zusammengestellt, die Weltpremieren, neu entdeckte Filme und echte Raritäten enthält und so ein vielfältiges Bild von Heimat und Identität zeichnet.

Der »FOKUS« liegt diesmal auf den Niederlanden. Das erstaunt zunächst, denn Holland liegt nicht in Osteuropa, hat aber in diesem Jahr zahlreiche Filme gemeinsam mit osteuropäischen Ländern aus dem Balkan produziert. Dagegen ist von der Ostsee aus den baltischen Ländern kaum ein Film dabei. Erklärt wird dies von Festivalleiter Bernd Buder damit, dass Tallin, die Hauptstadt von Estland, mit dem PÖFF Black Night Festival ein eigenes großes Filmfestival hat, das inzwischen mit seiner »First Feature Competition« zum A-Festival aufgestiegen ist und nur wenige Tage nach Cottbus vom 13.-29. November 2015 stattfindet. Mit dieser Konkurrenz kann sich Cottbus nicht messen.

Dennoch war das FilmFestival Cottbus am 28. Oktober 2015 mit einem baltischen Film beim renommierten Dokumentar- und Animationsfilmfestival DOK Leipzig zu Gast. Dort konnte Bernd Buder gemeinsam mit Geschäftsführer Jörg Akkermann den litauischen Dokumentarfilm "MASTER AND TATYANA" von Regisseurin GiedrÄ— Ł½ičkytÄ— vorstellen. Der Film über den ungewöhnlichen, provokanten und künstlerisch radikalen litauischen Fotografen und Bohemien Vitas Luckus, der von den 1960ern bis Mitte der 1980er-Jahre wirkte, wird auch auf dem FilmFestival Cottbus zu sehen sein, allerdings nicht im Wettbewerb. Hier der Trailer:



Im Wettbewerb Spielfilm, dem Hauptwettbewerb des FilmFestival Cottbus, kann es schon mal schwierig werden, einen roten Faden zu finden - und das ist auch gut so. Am Ende ist es nämlich der Facettenreichtum, in dem alle zwölf Wettbewerbsbeiträge ihren gemeinsamen Nenner finden; denn so vielfältig die Kulturen Osteuropas sind, so vielfältig sind auch die Filme, die aus diesen Kulturen stammen und von ihnen handeln, egal ob es sich dabei um künstlerische Autorenfilme oder bunte, skurrile Komödien handelt. 14 verschiedene Koproduktionsländer vom zentralasiatischen Kirgisistan, über das ex-jugoslawische Mazedonien bis hin zum Nachbarn Polen werden mit ihren zwölf Filmbeiträgen in das Rennen um die Preise gehen, darunter "MITTAGSSONNE" ("Zvizdan" - "The High Sun") von Dalibor Matanić, dessen Trailer wir hier eingebunden haben. Der kroatische Film lief bereits in Cannes in der Sektion «Un Certain Regard», zeigt aber die ungeheure Kraft osteuropäischer Filme in ganz besonderem Maße.



Kurzinhalt:
Meisterhaft werden drei Liebesgeschichten zwischen einer Serbin und einem Kroaten zwischen 1991 und 2011 erzählt. Dem Film gelingt es, den Wahnsinn des Bürgerkrieges für die große Leinwand in bestechenden Bildern emotional nachvollziehbar zu erzählen.

Insgesamt laufen zwei kroatische Filme im Wettbewerb. Beide hatten in den Vorjahren den Drehbuchpitch von Connecting Cottbus, dem Ost-West-Koproduktionsmarkt für Produzenten-Autoren-Regisseur-Teams, gewonnen und konnten nun umgesetzt werden. Leider ist bei vielen Filmen die Qualität etwas gesunken, denn die vom Krieg und Umwälzungen im Ostblock gezeichneten Länder müssen sparsamer produzieren, sagt Bernd Buder, der neue Festivalleiter, der aber als bisheriger Programmdirektor das Festival schon seit Jahren begleitet hat und somit genau so gut kennt, wie seine Westentasche.

"Die Filmemacher reflektieren die Vergangenheit, die Zukunft und die Gegenwart, geben Statements ab, dokumentieren Geschehenes oder versuchen, den Blickwinkel ihrer Zuschauer zu ändern", so Bernd Buder. "Keine Angst!", fügt er hinzu, "Wir zeigen mitnichten nur düsteres Kino aus Ost- und Mitteleuropa. Viele Filmemacher kommentieren ihre Gesellschaft mit schwarzem Humor oder aus sehr persönlichen Blickwinkeln oder drehen Genrefilme, die es - technisch wie narrativ - mit der internationalen Konkurrenz durchaus aufnehmen können."

25. FilmFestival Cottbus
03.-08.11.2015
Link: www.filmfestivalcottbus.de

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