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Kreativverbände fordern Programminvestitionen

ARD & ZDF wollen nicht mehr Geld für die Kultur, sondern für den Erwerb von Sportrechten ausgeben.



Durch die Umstellung der Rundfunkgebühren von einer Geräte- auf eine Haushaltsabgabe ist in der bis 2016 andauernden Gebührenperiode mit Mehreinnahmen von rund 1,5 Mrd. Euro für ARD & ZDF zu rechnen. 17 Kreativverbände fordern in einem "Offenen Brief" an die Medienverantwortlichen in Bund und Ländern sowie an die Verwaltungs-, Rundfunk- und Fernsehräte, diese Mittel dazu zu nutzen, das Programm zu verbessern und "die äußerst schwierige Situation der deutschen Film- und Fernsehwirtschaft zu normalisieren."

"Die Fernseh- und Filmschaffenden sind es leid, von den Sendern wie Stiefkinder behandelt zu werden. Schauspieler, Kreative und andere Filmschaffende leben zu einem großen Teil unter prekären finanziellen Verhältnissen. Die Etats, die die Sender den Produktionsfirmen zugestehen, reichen selten aus, die Arbeitsschutzgesetze einzuhalten - von den tariflichen Vereinbarungen zu schweigen.

Eine Investition ins Programm, die den Produzenten wieder eine sorgfältige Entwicklung und Realisierung der fiktionalen und dokumentarischen Stoffe erlaubt, muss erfolgen. Um so den Filmschaffenden - ob abhängig oder selbständig beschäftigt - wieder eine Berufsperspektive ohne allzu große Existenzsorgen zu ermöglichen. (...)

Die Mittel sind da. Verfügen Sie darüber im Sinne der deutschen Fernsehzuschauer und im Sinne derer, die für sie arbeiten
", heißt es dazu in dem Offenen Brief, den die Bundesvereinigung der Filmschaffenden-Verbände erstellt hat.

Ihm haben sich die Bundesvereinigung der Film- und Fernsehschauspieler (BFFS), der Bundesverband Filmschnitt Editor (BFS), der Bundesverband Beleuchtung Bühne (BVB), der Bundesverband Casting (BVC), der Bundesverband der Fernsehkameraleute (BVFK), die Bundesvereinigung Filmton (BVFT), der Bundesverband Kinematographie (BvK), der Bundesverband Locationscouts (BVL), die Bundesvereinigung Maskenbild (BVM), der Bundesverband Produktion (BvP), der Bundesverband deutscher Stuntleute (BVS), der Interessensverband für faire TV-Produktionen in Deutschland (FairTV), der Verband deutscher Tonmeister (vdt), der Verband der Film- und Fernsehdramaturgen (Vedra), der Verband der Requisiteure und Setdecorator (VDRSD) und der Verband der Berufsgruppen Szenenbild und Kostümbild (VSK).

Allein 2014 hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten im Vergleich zum Vorjahr einen Gebührenüberschuss von 643 Mio. Euro erzielt. Eine Entscheidung über die Verwendung dieser Gelder haben die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder Mitte Juni ins Frühjahr 2016 verschoben.

ARD benötigt zusätzliches Geld für Online-Rechte.
Am 30. August 2015 schrieben wir im BAF-Blog, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten "mehr Mittel zur Rechteabgeltung bei der Onlinenutzung der Mediatheken bis einschließlich 2020 benötigen". Der bisher erwirtschaftete Überschuss ist laut ZDF somit für die von 2017 bis 2020 dauernde Gebührenperiode bereits verplant. Die ARD benötigt nach eigenen Angaben darüber hinaus jährlich weitere 99 Millionen für die Abgeltung von Online-Rechten.

Bei der Deutschen Akademie für Fernsehen und der Produzentenallianz sowie neun weiteren Verbänden, die z.T. auch am oben zitierten "Offenen Brief" beteiligt waren, stieß das Anliegen zusätzliche Mittel für die Abgeltung von Online-Rechten bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten KEF anzumelden, immerhin auf positive Resonanz. Auf die Existenzsorgen der Filmschaffenden war allerdings nur indirekt eingegangen worden, denn die bisher sträflich vernachlässigte Rechteabgeltung für die Onlinenutzung spült letztendlich auch mehr Geld in die Kassen der Betroffenen.

Alexander Thies, Vorsitzender des Produzentenallianz-Vorstands, erklärt dazu: "Auch ARD und ZDF sind von den allgemeinen Kostensteigerungen betroffen und müssen steigende Löhne und Gehälter bezahlen. Ohne eine Erhöhung des Finanzbedarfs fressen diese Positionen die Programmmittel auf. Der erhöhte Finanzbedarf hilft den öffentlich-rechtlichen Anstalten, ihren Auftrag zu erfüllen und ihren Zuschauern qualitätsvolle Programme zu bieten."

ARD will weitere Milliarden für Sportrechte ausgeben.
Dem pflichtet die ARD bei, erklärt allerdings dieser Tage, rund 1,163 Milliarden für Sportrechte in der Beitragsperiode 2017 bis 2020 ausgeben zu wollen. Das ist ein Plus von 66 Millionen Euro im Vergleich mit der Periode 2013 bis 2016. Die öffentlich-rechtlichen Sender sehen sich nämlich unter Zugzwang, denn der Privatsender RTL hatte ihnen die Rechte für die Qualifikationen der Fußball-EM 2016 und Fußball-WM 2018 weggekauft und bei der Konkurrenz um die Olympia-Rechte für 2018 bis 2024 wurden sie vom US-Sender Discovery ausgestochen, der die Wettbewerbe beim Free-TV-Sender Eurosport zeigen will. Möglicherweise stand dahinter jedoch nur die Absicht eines lukrativen Weiterverkaufs. In diesem Falle will die ARD diesmal rechtzeitig zuschlagen, da sie dem "TV-Gemeinwohl" verpflichtet sind.

Interessant wäre die Frage, ob die teuren Sportrechte wirklich Vorrang vor Investitionen in Kulturprogramme genießen, oder ob diese Mehrausgaben der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten nicht besser für andere Zwecke eingespart werden könnten, denn Spitzensport ist eine kommerzielle Veranstaltung und muss nicht durch Beitragszahler finanziert werden. Warum nicht einfach die überteuerten Sportrechteübertragungen den privaten Anstalten für die Verbreitung in den SKY-Sportbars überlassen? Nicht nur die Gastwirte, sondern auch das Finanzamt würde sich über Mehreinnahmen durch den Verzehr in den Gaststätten freuen. Ob dann zur Primetime allerdings irgendjemand tatsächlich ein alternatives Kulturangebot von ARD und ZDF akzeptieren würde, oder letztendlich doch nur zur Fußballkonkurrenz umschalten würde, bleibt bis heute ungeklärt.

Über Kommentare würden wir uns auf unserer Facebookseite freuen!
Quellen: Die Filmschaffenden | Produzentenallianz | Blickpunkt:Film

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