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Verlage und Amazon streiten um Streaming-Portale

Nach Streik beim Online-Versandhändler nun Streit um Buch- und Videopreise.



Amazon, der erfolgreiche Online-Versandhändler, hat mit massiven Problemen weltweit zu kämpfen. Um weiterhin expandieren zu können, müssen Preise gedrückt werden. Das kann zu Lasten der Belegschaft gehen, die - wie im Falle von Deutschland - geschlossen in den Streik tritt, um Mindestlohn durchzusetzen. Eine Verlagerung der Belieferung aus dem Ausland z.B. Polen könnte zwar die Preise senken, ist aber zeitintensiv, sodass eine pünktliche Belieferung der Kunden nicht mehr gewährleitstet ist. Amazon hat deshalb die versandkostenfreie Lieferung seit dem 12. August 2014 auf einen Mindestbestellwert von 29,- Euro angehoben. Bisher lag er bei 20,- Euro, außer bei Büchern, die weiterhin kostenlos bestellt werden können.

Um aber die kostenintensive Bevorratung von Büchern oder Musik auf CD oder Filmen auf DVD zu minimieren, und dennoch schnell den Kunden die gewünschte Ware liefern zu können, setzt Amazon zunehmend auf digitalen Content, der auf den Serverdatenbanken nur einmal vorhanden sein muss, aber beliebig oft und jederzeit durch den Kunden zum Ansehen oder Anhören heruntergeladen werden kann. Dabei spielen die neuesten e-Book-Reader von Amazon, hauseigene Mobile-Phones und zukünftige Konsolen eine entscheidende Rolle für die Verbreitung der Inhalte.

Der Versand von haptischer Ware, wie auf Papier gedruckter Bücher verlangsamt dagegen die Lieferungen, denn diese sind oft preisgebunden, nicht immer vorrätig und zudem im Versand recht personalintensiv. Bei gewissen Produkten, die nicht digital versandt werden können, will Amazon zukünftig - zumindest zunächst in den USA - auf automatische Belieferung mit eigenen Drohnen setzen. Direkt vor die Haustür der Eigenheimbesitzer auf dem Lande. »The Brave New World« von Aldous Huxley (zweimal verfilmt - 1980, 1998) oder George Orwells Science Fiction Visionen in »1984« scheinen schneller Wirklichkeit zu werden, als gedacht.

Der nächste Schrei könnten 3D-Drucker werden, mit denen der Kunde defekte Ersatzteile - nach Bauplänen von Amazon - selber herstellen könnte. Doch Scherz beiseite, die Lage ist ernster als gedacht. Laut einer Pressemeldung vom 10. August 2014 forderten mehr als 900 Autoren in einer New Yorker Zeitungsanzeige auf, Bücher nicht als Geiseln zu nehmen. Unter ihnen waren berühmte Autoren wie Stephen King oder John Grisham.

Der Online-Händler verteidigte dagegen seine Preispolitik für billigere E-Books und konterte den Vorstoß der Schriftsteller mit einem eigenen offenen Brief. Darin heißt es unter anderem, Literatur müsse günstiger werden, da sie mit vielen anderen Medien im Wettbewerb stehe. "Bücher konkurrieren mit mobilen Spielen, Fernsehen, Filmen, Facebook, Blogs, kostenlosen Nachrichten-Websites und mehr."

Das Unternehmen verwies auch erneut auf frühere Berechnungen, wonach mit niedrigeren E-Book-Preisen wie 9,99 US-Dollar viel mehr Bücher verkauft würden als etwa bei 14,99 US-Dollar, so dass Schriftsteller und Verlage am Ende sogar mehr verdienen würden.

Der Dachverband der deutschen Buchbranche verurteilte ebenfalls Amazons Geschäftspolitik: "Ein Unternehmen wie Amazon darf keine Regeln diktieren, die wertschaffende Strukturen auf dem Buch- und Literaturmarkt zerstören", so Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, laut dpa.

Weiter heißt es in einem Schreiben zahlreicher deutscher Schriftsteller an Amazon Konzernchef Jeff Bezos, das jetzt auch auf der Webseite www.autoren-fuer-fairen-buchmarkt.de nachzulesen ist: "Wir Autorinnen und Autoren sind der Meinung, dass kein Buchverkäufer den Verkauf von Büchern behindern oder gar Kunden vom Kauf von Büchern abhalten sollte."

Ausgangspunkt des Streites war der US-Verlag Hachette, der sich Monate lang geweigert hatte, mit Amazon.com einen Deal mit günstigeren Preisen für E-Books auszuhandeln. Andere US-Verlage hatten inzwischen versucht den Zwischenhändler Amazon auszuschalten, um direkt mit Apples E-Book-Store höhere Preise für Bücher auf dem iPad-Tablet auszuhandeln. Das Modell nach dem Muster der deutschen Buchpreisbindung, bei dem sie selbst und nicht der Händler den Preis bestimmen kann, wurde von US-Behörden jedoch gekippt. Mittlerweile kann Amazon wieder die Bücher bei Verlagen zum Großhandelspreis beziehen.

Der nächster Streit scheint allerdings vorprogrammiert zu sein. Amazon will jetzt auch von Disney günstiger beliefert werden und verweigert deshalb den Kunden die Vorbestellung neuer Titel auf DVD und Blu-ray, während das neue eigene Streaming-Portal »Amazon Instant Prime Video« von den Beschränkungen ausgenommen ist.

Wenn Netflix, eines der bekanntesten US-Video-On-Demand-Portale, im Herbst nach Deutschland kommt, könnten die Preise nochmals durcheinander geraten. Dabei wird es weniger Konkurrenten wie Watchever, maxdome oder Amazon Instant Prime Video treffen, als möglicherweise über kurz oder lang die Kinoketten, die mit den günstigen Abo-Preisen der Online-Anbieter nicht mehr mithalten können. Auch ARD und ZDF denken über einen Relaunch des gescheiterten Germany-Gold-Kanals nach, der eine Online-Zweitverwertung von koproduzierten, gesendeten Filmen und eigenen Sendungen ermöglichen soll.

Quellen: Südwest Presse | Golem | Tagesspiegel | dpa

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