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Neue Akzente im Kulturgeschäft Berlins

Von Kulturstaatsministerin Monika Grütters zu Kulturstaatssekretär Tim Renner.



Wer hoch hinaus will kann tief fallen, heißt ein Sprichwort. Doch eigentlich ist es schade, dass André Schmitz, Berlins letzter Kulturstaatssekretär, wegen Steuerhinterziehungen so unrühmlich Abschied nehmen musste. Allein ihm hatten wir es zu verdanken, dass der jährliche Kunstherbst trotz der Absage der Berliner Messe am Funkturm nicht gescheitert ist, sondern wie Phönix aus der Asche neu auferstehen konnte und durch die von ihm aus der Taufe gehobene neue Art Week Berlin alles glimpflich überstanden wurde. Es hätte auch anders kommen können und Berlins aufstrebende Kunstszene hätte Berlin verlassen und wäre zu anderen Metropolen weitergezogen.

Nicht nur dem Kulturleben hätte dies geschadet, auch für die Hoteliers hätte dies einen herben Verlust gegeben, denn wo die Kunst sich niederlässt folgt ihr die ganze Kultur- und Kreativwirtschaft. So haben wir noch einmal Glück gehabt. Berlin bleibt weiter im Gespräch und auch Babelsberg kommt dies zugute. 2014 haben sich wieder zahlreiche Filmproduktionen in den über 100-jährigen Filmstudios in Potsdam angemeldet.

Damit das so bleibt, war als neuer Kulturstaatsekretär sogar Berlinale Chef Dieter Kosslick im Gespräch. Der hat jedoch abgewunken, denn sein Metier ist und bleibt einzig und allein der Film. Mit dem Präsentieren des Quereinsteigers Tim Renner hat Berlins Regierender Bürgermeister allerdings wieder Boden gut gemacht. Der ehemalige Geschäftsführer von Universal kennt die Stadt und ihre Kultureigenheiten bestens aus der Musikszene.

Mit dem Radio- und Online-Portal "Motor FM" hatte er sich selbständig gemacht. Zwar gibt es nach internen Streitigkeiten und falscher Marketing-Ausrichtung den Sender seit 2011 ebenso wie die "Loveparade" nicht mehr, die einst Sinnbild für ein buntes, multikulturelles Berlin war, doch eine Fortsetzung des Radioprogramms mit Musikrichtungen wie Alternative-Musik, Independent, Punkmusik und Elektronische Musik wird vom Nachfolger unter anderen Geschäftsführern als FLUX FM weitergeführt. 2013 wurde der Sender sogar mit dem Musikpreis Echo als bester Radiosender ausgezeichnet. Der Medienrat hatte die Frequenz 100,6 FM, die einst von unserem 1998 verstorbenen BAF-Filmemacher Ulrich Schamoni als Radio Hundert,6 in Berlin-Grunewald aus der Taufe gehoben wurde, 2005 neu ausgeschrieben und an Tim Renner vergeben.

Zurzeit ist Renner noch als Professor an der POP-Akademie Baden-Württemberg in Mannheim tätig. Am Dienstag, den 4. März 2014 hat der Senat jedoch der Ernennung zugestimmt. Seinen neuen Job kann Renner aus privaten Gründen und anderweitigen Verpflichtungen in seiner weiterhin existierenden Firma "Motor FM" aber erst am 28. April 2014 antreten. Auch die neue Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die das Amt vom zurückgetretenen Bernd Neumann übernommen hat, begrüßt ausdrücklich die "interessante" Besetzung aus der Szene, von der sie sich neue Impulse erhofft. Immerhin spielt Renners derzeitiger Arbeitsort Baden-Württemberg mit der Filmakademie in Ludwigsburg auch im Filmbusiness in der obersten Liga. Das färbt ab und wird Tim Renner Ansporn geben, ganz neue Akzente auch in Berlin zu setzen.

Derweil setzt Monika Grütters erst einmal selbst neue Akzente im Kulturgeschäft. Mit dem vom Bund geförderten Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses als neues Humboldtforum ist das Problem des jahrelang vernachlässigten Kulturforums neben der Berliner Philharmonie nicht gelöst. Ein Forum der modernen Kunst in neuen Gebäuden neben der Nationalgalerie anzusiedeln, scheiterte bisher an den Kosten. Auch ein Umzug der »Alten Meister« an die Museumsinsel hat ihr Vorgänger verworfen. Doch genau dies sieht die neue Kulturstaatsministerin ganz anders und facht somit schon kurz nach ihrem Amtsantritt eine neue Diskussion zur Berliner Kulturlandschaft an.

Glücklicherweise hat Berlin bisher alle Hochs und Tiefs überstanden auch wenn manches nicht immer auf Anhieb funktioniert, wie z.B. der neue Flughafen BER, der offensichtlich vorerst nicht fertig wird und schon vor Inbetriebnahme als zu klein gilt. Ebenfalls von Interesse dürfte auch für uns Filmemacher die Zukunft der Amerika Gendenkbibliothek sein, die Klaus Wowereit gerne als zukünftige neue Landesbibliothek in einem neuen Gebäude auf dem ehemaligen Flugfeld Tempelhof unterbringen möchte.

Der Architektenwettbewerb dazu ist bereits entschieden. Leider wird das Gebäude am Ende fast doppelt so teuer werden, wie maximal veranschlagt, gab kürzlich auch die neue Senatsbaudirektorin Regula Lüscher zu. Außerdem könnte ein Volksentscheid, der am 25. Mai 2014 im Zuge der 8. Europa Wahlen stattfinden soll, ein Strich durch die Rechnungen der Randbebauungen in Tempelhof machen. Wer weiß ob in einigen Jahren bei der fortschreitenden Digitalisierung von Büchern und Filmen überhaupt noch Büchereien im herkömmlichen Sinne notwendig sind. Bis dahin könnte vielleicht jeder Nutzer die gewünschten Inhalte auch Zuhause auf Tablets online abrufen. Wir sind gespannt welche Meinung Streaming- und Download-Initiator Tim Renner dazu hat.

Quellen: Wikipedia | Tagespiegel | BAF

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