Berlinale mit sensationellem Publikumszuspruch
Das milde Winterwetter lies die Kinokassen klingeln.
Insgesamt 330.000 verkaufte Tickets auf der Berlinale und ca. 33.000 abgegebene Stimmkarten für den Panorama Publikumspreis waren ein neuer Rekord. Sektionsleiter Wieland Speck verkündete dieses sensationelle Ergebnis dennoch mit relativ geringer Empathie bei der Panorama-Preisverleihung am letzten Berlinale Tag im Cinemaxx Kino 7. Sein Gegenpart, der noch zu DDR-Zeiten in Leipzig studierte Radiomoderator Knut Elstermann, riss allerdings auch immer wieder das Mikrofon an sich und quasselte einfach weiter, ohne andere groß zu Worte kommen zu lassen.
Dennoch waren die diesjährigen Berlinale-Besucher offensichtlich rundum zufrieden mit dem Angebot an Filmen und Begleitprogramm. In den Medien wurde sogar von einem neuen Frühling der Internationalen Filmfestspiele Berlin gesprochen, was nicht nur am milden Wetter lag. Frühmorgens in den Counterschlangen trafen wir auf Filmstudenten nicht nur aus europäischen Nachbarländern, sondern sogar weit hergereiste, filmbegeisterte, junge Leute aus Honkong oder Brasilien.
Ein junger Kameramann aus Köln erzählte uns, dass er nun bereits zum dritten Mal in Berlin sei, obwohl die ermäßigte Akkreditierungsgebühr nur im ersten Jahr dem Filmnachwuchs gewährt wird. Diesmal musste er also 125,- Euro berappen und außerdem noch das Hotelzimmer bezahlen, das jedoch im Verhältnis zu Cannes immer noch erschwinglich ist. Aber auch in Berlin ziehen die Preise mittlerweile kräftig an. Dafür gab es Kaffee für die auf Karten Wartenden umsonst. Dennoch ist Berlin für ihn eine Reise wert. Das Angebot an guten Filmen entschädigt für alle Strapazen. Wer früh am Morgen sich Karten besorgt, kann durchaus Glück haben, fünf bis sechs Filme am Tag sehen zu können. Lange hält man dies aber nicht durch, denn die Filme werden immer länger, sodass am Ende drei bis vier Stunden Schlaf ausreichen müssen, um das Pensum zu schaffen.
Der Run auf die vier deutschen Wettbewerbsfilme war besonders groß. Außer Berlin und Locarno zeigt allerdings auch kein anderes A-Filmfestival so viele deutschsprachige Produktionen. Diese waren diesmal sogar durchaus sehenswert. Dominik Grafs "Geliebte Schwestern" sogar streckenweise betörend schön. Der Biografie um Friedrich Schiller soll sich tatsächlich ähnlich zugetragen haben. Er verliebte sich in zwei adlige, aber mittellosen Schwestern, die ihn beide begehrten. Heiraten konnte er nur eine, was bei der anderen später Neid hervorrief. Den Sparzwang deutscher Produktionen sah man leider an den Kameraeinstellungen besonders in den Anfangsszenen an. Für eine Kranfahrt reichte offensichtlich nicht das Geld. Wildes Heranzoomen und unmotivierte Schnitte waren in unseren Augen ziemlich ärgerlich anzusehen. Ein Sprung von der Totalen auf eine Naheinstellung soll zwar neuerdings besonders beliebt sein. Aber weder wir, noch der junge Filmstudent aus Köln mag solche Einstellungssprünge.
Dagegen zeigte das Debut des Franzosen Christophe Gans, der mit der Neuverfilmung von "La Belle et la Bete" nur außer Konkurrenz vertreten war, das großes Kino auch in Europa möglich ist. Die Deutschen müssen dieses perfekt gemachte Handwerksstück offensichtlich erst noch erlernen. Vielleicht liegt es auch an der Deckelung der Fördermittel. Die beiden US-Babelsberg Produktionen "The Monuments Men" und auch "The Grand Budapest Hotel" waren ebenfalls noch lange nicht auf Hollywood-Niveau.
Das Staraufgebot am Potsdamer Platz dagegen schon. Bereits am ersten Tag liefen William Dafoe, Léa Seydoux, Bill Murray, Ralph Fiennes und Tilda Swinton über Berlins roten Teppich zur Premiere von "The Grand Budapest Hotel". Zwei Tage später schritten George Cloney und Matt Damon anlässlich von "The Monuments Men" die Treppenstufen des Berlinale Palastes hinauf. Somit darf die diesjährige Frühlings-Berlinale vielleicht als eines der gelungensten Festivals verbucht werden, seit Dieter Kosslick 2001 die Leitung von Moritz de Hadeln übernommen hat. Für uns vom BAF begann mit der Wende zwar der Abstieg, denn die von uns mitbegründete BUFI erübrigte sich unter Kosslick bald. Die Begrüßung der Akkreditierten, die wir 40 Jahre lang betreut hatten, wurde uns von der neuen Berlinale Geschäftsführung zunehmend verweigert. Die Internationalen Filmfestspiele Berlin wollten lieber alles selber in die eigene Hand nehmen, womit sich die BUFI als Bundesfilmverband schnell erledigt hatte.
Geblieben ist aber unsere Leidenschaft zum Independent Film - und manchmal auch zur abstrusen Genrefilmen aus den nordischen Ländern. "In Order of Disappearence" aus Norwegen gehörte dazu, der mit dem blöden deutschen Titel "Kraftidioten" versehen wurde. Auch "No Man's Land" aus China legte einen ähnlichen Stil an den Tag. Direkt vergleichbar waren aber auch der im afghanischen Krisengebiet spielende Film "Zwischenwelten" und das irische Drama " '71". Zwei Antikriegsfilme, die gar nicht den Krieg, sondern nur sogenannte Spannungsgebiete realistisch darstellen wollen. Keiner von beiden hat einen Preis gewonnen, obwohl uns das irische Drama von Anfang an so gefesselt hat, das es wohl ewig in Erinnerung bleiben wird.
Völlig misslungen war unserer Meinung nach der portugiesische Film "Praia do Futuro", der offensichtlich nur dank Medienboard Unterstützung in den Wettbewerb gehievt wurde. Ein Großteil der völlig unverständlichen Drehbuchvorlage sollte in Berlin spielen. Das hat dem Film mehr geschadet als genutzt. Auch "Kreuzweg" war filmisch kein Highlight. Die starre Kameraeinstellung der einzelnen Tableau-Bilder wurden der Story zwar gerecht, doch war sie einem filmischen Gesamtkunstwerk eher abträglich. "Nymphomaniac" hatte dagegen die bessere Balance und konnte fast auf ganzer Linie überzeugen.
Richtig begeistert war sowohl das Publikum wie auch wir vom Berlinale Special "En Du Elsker" ("Someone You Love"). Die dänisch, englisch, schwedische Koproduktion ging ans Herz und löste standing Ovation mit zahlreichen Bravorufen unter dem Publikum im Zoo Palast aus. Hier der dänische Trailer, denn eine englische oder deutsche Version gibt es noch nicht.
Insgesamt 330.000 verkaufte Tickets auf der Berlinale und ca. 33.000 abgegebene Stimmkarten für den Panorama Publikumspreis waren ein neuer Rekord. Sektionsleiter Wieland Speck verkündete dieses sensationelle Ergebnis dennoch mit relativ geringer Empathie bei der Panorama-Preisverleihung am letzten Berlinale Tag im Cinemaxx Kino 7. Sein Gegenpart, der noch zu DDR-Zeiten in Leipzig studierte Radiomoderator Knut Elstermann, riss allerdings auch immer wieder das Mikrofon an sich und quasselte einfach weiter, ohne andere groß zu Worte kommen zu lassen.
Dennoch waren die diesjährigen Berlinale-Besucher offensichtlich rundum zufrieden mit dem Angebot an Filmen und Begleitprogramm. In den Medien wurde sogar von einem neuen Frühling der Internationalen Filmfestspiele Berlin gesprochen, was nicht nur am milden Wetter lag. Frühmorgens in den Counterschlangen trafen wir auf Filmstudenten nicht nur aus europäischen Nachbarländern, sondern sogar weit hergereiste, filmbegeisterte, junge Leute aus Honkong oder Brasilien.
Ein junger Kameramann aus Köln erzählte uns, dass er nun bereits zum dritten Mal in Berlin sei, obwohl die ermäßigte Akkreditierungsgebühr nur im ersten Jahr dem Filmnachwuchs gewährt wird. Diesmal musste er also 125,- Euro berappen und außerdem noch das Hotelzimmer bezahlen, das jedoch im Verhältnis zu Cannes immer noch erschwinglich ist. Aber auch in Berlin ziehen die Preise mittlerweile kräftig an. Dafür gab es Kaffee für die auf Karten Wartenden umsonst. Dennoch ist Berlin für ihn eine Reise wert. Das Angebot an guten Filmen entschädigt für alle Strapazen. Wer früh am Morgen sich Karten besorgt, kann durchaus Glück haben, fünf bis sechs Filme am Tag sehen zu können. Lange hält man dies aber nicht durch, denn die Filme werden immer länger, sodass am Ende drei bis vier Stunden Schlaf ausreichen müssen, um das Pensum zu schaffen.
Der Run auf die vier deutschen Wettbewerbsfilme war besonders groß. Außer Berlin und Locarno zeigt allerdings auch kein anderes A-Filmfestival so viele deutschsprachige Produktionen. Diese waren diesmal sogar durchaus sehenswert. Dominik Grafs "Geliebte Schwestern" sogar streckenweise betörend schön. Der Biografie um Friedrich Schiller soll sich tatsächlich ähnlich zugetragen haben. Er verliebte sich in zwei adlige, aber mittellosen Schwestern, die ihn beide begehrten. Heiraten konnte er nur eine, was bei der anderen später Neid hervorrief. Den Sparzwang deutscher Produktionen sah man leider an den Kameraeinstellungen besonders in den Anfangsszenen an. Für eine Kranfahrt reichte offensichtlich nicht das Geld. Wildes Heranzoomen und unmotivierte Schnitte waren in unseren Augen ziemlich ärgerlich anzusehen. Ein Sprung von der Totalen auf eine Naheinstellung soll zwar neuerdings besonders beliebt sein. Aber weder wir, noch der junge Filmstudent aus Köln mag solche Einstellungssprünge.
Dagegen zeigte das Debut des Franzosen Christophe Gans, der mit der Neuverfilmung von "La Belle et la Bete" nur außer Konkurrenz vertreten war, das großes Kino auch in Europa möglich ist. Die Deutschen müssen dieses perfekt gemachte Handwerksstück offensichtlich erst noch erlernen. Vielleicht liegt es auch an der Deckelung der Fördermittel. Die beiden US-Babelsberg Produktionen "The Monuments Men" und auch "The Grand Budapest Hotel" waren ebenfalls noch lange nicht auf Hollywood-Niveau.
Das Staraufgebot am Potsdamer Platz dagegen schon. Bereits am ersten Tag liefen William Dafoe, Léa Seydoux, Bill Murray, Ralph Fiennes und Tilda Swinton über Berlins roten Teppich zur Premiere von "The Grand Budapest Hotel". Zwei Tage später schritten George Cloney und Matt Damon anlässlich von "The Monuments Men" die Treppenstufen des Berlinale Palastes hinauf. Somit darf die diesjährige Frühlings-Berlinale vielleicht als eines der gelungensten Festivals verbucht werden, seit Dieter Kosslick 2001 die Leitung von Moritz de Hadeln übernommen hat. Für uns vom BAF begann mit der Wende zwar der Abstieg, denn die von uns mitbegründete BUFI erübrigte sich unter Kosslick bald. Die Begrüßung der Akkreditierten, die wir 40 Jahre lang betreut hatten, wurde uns von der neuen Berlinale Geschäftsführung zunehmend verweigert. Die Internationalen Filmfestspiele Berlin wollten lieber alles selber in die eigene Hand nehmen, womit sich die BUFI als Bundesfilmverband schnell erledigt hatte.
Geblieben ist aber unsere Leidenschaft zum Independent Film - und manchmal auch zur abstrusen Genrefilmen aus den nordischen Ländern. "In Order of Disappearence" aus Norwegen gehörte dazu, der mit dem blöden deutschen Titel "Kraftidioten" versehen wurde. Auch "No Man's Land" aus China legte einen ähnlichen Stil an den Tag. Direkt vergleichbar waren aber auch der im afghanischen Krisengebiet spielende Film "Zwischenwelten" und das irische Drama " '71". Zwei Antikriegsfilme, die gar nicht den Krieg, sondern nur sogenannte Spannungsgebiete realistisch darstellen wollen. Keiner von beiden hat einen Preis gewonnen, obwohl uns das irische Drama von Anfang an so gefesselt hat, das es wohl ewig in Erinnerung bleiben wird.
Völlig misslungen war unserer Meinung nach der portugiesische Film "Praia do Futuro", der offensichtlich nur dank Medienboard Unterstützung in den Wettbewerb gehievt wurde. Ein Großteil der völlig unverständlichen Drehbuchvorlage sollte in Berlin spielen. Das hat dem Film mehr geschadet als genutzt. Auch "Kreuzweg" war filmisch kein Highlight. Die starre Kameraeinstellung der einzelnen Tableau-Bilder wurden der Story zwar gerecht, doch war sie einem filmischen Gesamtkunstwerk eher abträglich. "Nymphomaniac" hatte dagegen die bessere Balance und konnte fast auf ganzer Linie überzeugen.
Richtig begeistert war sowohl das Publikum wie auch wir vom Berlinale Special "En Du Elsker" ("Someone You Love"). Die dänisch, englisch, schwedische Koproduktion ging ans Herz und löste standing Ovation mit zahlreichen Bravorufen unter dem Publikum im Zoo Palast aus. Hier der dänische Trailer, denn eine englische oder deutsche Version gibt es noch nicht.