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Ende der Zeitbegrenzung in den Mediatheken?

Neue Vorschläge anstelle der Streaming-Plattform Germany's Gold.



Die öffentlich-rechtlichen Sender haben keine Lust mehr auf die Streaming-Plattform Germany's Gold, welche das Beste von ARD & ZDF sowie zahlreiche Kino und TV-Filme dem Zuschauer als kostenpflichtigen, aber jederzeit abrufbaren, Video-Stream zur Verfügung stellen sollte. Durch die Auflagen vom Kartellamt hätte es sich für die Betreiber angeblich nicht mehr gelohnt das Projekt weiter zu verfolgen. Statt dessen soll nun möglicherweise die sieben Tage Regelung der Mediatheken aufgehoben werden, um einen unbegrenzter Zugriff auf die Archive zu ermöglichen, schlagen die Ministerpräsidenten der Länder vor. Ansonsten würden weiterhin die Schätze der öffentlich-rechtlichen Anstalten in den Archiven verstauben und keiner der Programm-Verantwortlichen könnte sich je ein Bild davon machen, was der Zuschauer nochmals hätte gerne sehen wollen.

"Wir bedauern sehr, dass wir das Germany's Gold Projekt nicht umsetzen können", erklärten die Partner. "In Zeiten veränderter Mediennutzung, Zuschauerbedürfnisse und Angebotsfragmentierung wäre ein Portal wichtig gewesen, das den Nutzern Gedächtnis des deutschen Films und Fernsehens hätte sein können und diese hochwertigen Inhalte aus allen Genres auch jenseits der klassischen TV-Ausstrahlung jederzeit zugänglich gemacht hätte."

Kartellamt kritisiert private Einnahmen bei öffentlich-rechtlichen Sendern.
Das Bundeskartellamt hatte im März 2013 kritisiert, dass ARD und ZDF als Unternehmer und Wettbewerber auf dem Markt für Video-on-Demand auftreten und ihre Produkte deshalb auch wie andere Unternehmen unabhängig voneinander vermarkten müssten. "Nach den bisherigen Vorstellungen der Sendeanstalten würde die gemeinsame Onlineplattform es aber mit sich bringen, dass insbesondere die Preise und die Auswahl der Videos miteinander koordiniert würden. Die kartellrechtlichen Probleme liegen auf der Hand."

Sicherlich gibt es als kleine Alternative die Mediatheken der Sender. Diese sind sogar kostenlos abrufbar. Doch nur eine Woche lang. Und für die zahlreichen, künstlerisch wertvollen Spielfilme, die zumeist erst spät nachts ausgestrahlt worden waren, gibt es oftmals keine erweiterten Rechte, um sie nochmals eine Woche lang im Videostream der Mediatheken zeigen zu können. Somit wurden die Filme nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein einziges Mal gezeigt, bevor sie auf Jahre hinaus in den Archiven verschwinden.

Dennoch gibt es schon im Vorfeld der neuen Überlegungen zur Abschaffung der Sieben-Tage-Regelung der öffentlich-rechtlichen Mediatheken Widerstand bei der Filmwirtschaft. Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) kritisiert den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 25. Oktober 2013, wonach man die im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehene zeitliche Beschränkung des Mediathekenangebots aufheben wolle. Dies gefährde angeblich die Kinofilmproduktion in Deutschland. Zumindest dann, wenn sich die geplante unbegrenzte Abrufbarkeit der Inhalte auch auf Kinofilme erstrecken sollte.

"Werden nicht zu 100 Prozent vom Sender finanzierte Produktionen zeitlich unbegrenzt in den Mediatheken zum Abruf angeboten, wird die wirtschaftliche Auswertung von Filmen nicht nur im Online-Bereich unmöglich. Der unbegrenzte Abruf über Mediatheken greift ebenso massiv in die Kino- und DVD-Auswertung ein", erklärt SPIO-Präsidentin Manuela Stehr.

Unserer Meinung nach ist das Angebot an Spielfilmen in den Mediatheken jedoch relativ gering und betrifft fast nur Eigenproduktionen. Es gibt sogar Stimmen, die den unbegrenzten und kostenlosen Streaming-Zugriff auf ältere Filme im Netz fordern, um den Raubkopierern endlich das Handwerk zu legen. Wer Filme in guter und höchster Qualität sehen will, solle diese kaufen und nicht für den oft viel zu kleinen Computerbildschirm illegal downloaden. Filme sind für die große Leinwand bestimmt und sollen dort auch gewürdigt werden. Vielleicht beträgt deshalb der Anteil der Sender nur 14 Prozent der gesamten Finanzierungskosten für deutsche Kinofilme, weil davon nur so wenige tatsächlich im Fernsehen zur Primetime laufen.

Ein Umdenken bei der Kinoauswertung sollte erfolgen. Statt das Karussell immer schneller zu drehen, sollten die Filme wieder länger im Kino zur Verfügung stehen. Die kommunalen Kinos machen es vor. Sie zeigen oft erfolgreich auch ältere Filme wieder auf der großen Leinwand.

Jugendsender mit Spieleshows statt Förderung der Kultur.
Doch es kommt noch schlimmer. Die Kulturbanausen in den Sendern wollten einen Jugendkanal ab 2015 etablieren. Das ist zwar löblich! Doch sollten dafür die Kulturkanäle von ARD und ZDF verschwinden, denn das ZDF will zusätzlich zum geplanten Jugendkanal an seinem, bei den jungen Leuten angeblich recht erfolgreich etablierten, ZDF-Neo festhalten und sogar den Sender noch ausbauen. Das heißt, der Sender will mehr Geld in einen digitalen Spartenkanal investieren, um dafür die Einsparungen am Kulturkanal vornehmen zu können. Vielleicht erwarten uns dann noch mehr Talkshows, obwohl es schon so viele davon gibt. Diese Vorgehensweise empfanden die Ministerpräsidenten als Affront gegenüber der Kultur und genehmigten den geplanten Zusammenschluss vorerst nicht.

Dennoch müssen und wollen die Sender sparen. Wenn es keinen gemeinsamen Jugendkanal geben sollte, dann heißt das noch lange nicht, die Streichung der Kulturkanäle auszusetzen. Vielmehr ist deren Ende schon fast beschlossene Sache, denn die Kabelanstalten wollen gar keine frei und kostenlos verbreiteten Kanäle mehr ins Kabel einspeisen. Sie fordern vielmehr von den öffentlich rechtlichen Sendern Geld zu deren Verbreitung, was ARD und ZDF jedoch entschieden verweigern.

Karlsruher Verfassungsgericht wird gefordert.
Das Ende ist offen, denn eine Entscheidung vor dem höchsten Gericht Deutschlands kann Jahre dauern. Schon zwischen ARD und ZDF war das Projekt des Jugendkanals von Anfang an umstritten, selbst innerhalb der ARD waren einflussreiche Intendanten nicht von dem Konzept überzeugt. Doch sie rangen sich stets zu Kompromissen durch - auch weil sie dachten, damit einen Programmwunsch der Politik zu erfüllen. Außerdem war man nicht überzeugt davon, dass die Digitalkanäle am Ende nicht doch ein paar Millionen mehr kosten. So heißt es nun in der Medienpolitik vom 27.10.2013 "Der Jugendkanal ist politisch tot".

Darüber hinaus hat man Angst, dass die Karlsruher Verfassungshüter dem Bund die Gesetzgebungskompetenz in Fragen des Filmförderungsgesetzes demnächst absprechen könnten. Mehrere deutsche Kinobetreiber hatten gegen das Filmförderungsgesetz geklagt, weil sie sich mit ihren derzeitigen Abgaben nicht mehr über Gebühr an der Förderung deutscher Kinofilme beteiligen wollen. Auch im Vorfeld des geplanten USA-Handelsabkommens war es schwierig gewesen, den Film als Kulturgut aus der Verhandlungsmasse herauszulösen, denn den Wirtschaftslobbyisten ist das Handelsabkommen wichtiger als die Absicherung unseres Kulturgutes. Noch ist nichts ausgestanden. Die Ausspähungen in der sogenannten Handyaffäre um Bundeskanzlerin Angela Merkel haben allerdings hellhörig gemacht und die Politiker sind vielleicht endlich ein wenig sensibler geworden.

Ein Scheitern ließe die Kulturförderung erzittern.
Für die Filmförderungsanstalt (FFA) wäre ein Scheitern der ausstehenden Klagen vor Gericht eine Hiobsbotschaft. Einzig die Länder hätten dann noch die Chance die Filmwirtschaft mit Fördergeldern am Leben zu erhalten. Das tut das Medienboard Berlin-Brandenburg derzeit noch ausgiebig. Insgesamt hat die Förderanstalt Ende September 3,6 Mio. Euro an 35 Filmprojekte ausgezahlt.

Unter den anderen geförderten Produktionen befinden sich Andreas Dresens Romanverfilmung "Als wir träumten", eine Tragikomödie von der verlorenen Generation der ostdeutschen Nachwendezeit (Rommel Film, 500.000 Euro), die Studio-Babelsberg-Produktion "Business Trip" mit Hollywoodstar Vince Vaughn (Vierundzwanzigste Babelsberg Film, 400.000 Euro) sowie Christian Züberts Roadmovie ">Hin und weg" mit Florian David Fitz (Majestic Filmproduktion, 200.000 Euro). Schließlich darf sich Britzka Film für "Rabbi Wolf" über 80.000 Euro Förderung aus Berlin-Brandenburg freuen. Bei dem Projekt handelt es sich um das Spin-off des erfolgreichen Dokumentarfilms "Im Himmel, unter der Erde - Der jüdische Friedhof Weißensee" von Britta Wauer.

Die höchste Einzelsumme der letzten Förderrunde 2013 zahlte das Medienboard Berlin-Brandenburg an das aktuelle Tom Tykwer Projekt "Ein Hologramm für den König" von X Filme mit einer Mio. Euro Fördermittel. Der Film basiert auf Dave Eggers' gleichnamigem Roman und wird unter anderem in Studio Babelsberg gedreht.

Link: Mehr zu Änderungen beim Filmförderungsgesetz und zur Klage der UCI Kinowelt gegen sogenannten "Kinogroschen" bei uns im BAF-Blog vom 19. Mai 2013.
Quellen: Spiegel | FAZ | Blickpunkt:Film

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