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Haushaltsabgabe wieder auf der Kippe?

Auch unsinniger Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) wurde gekippt.



Die GEZ in ihrer jetzigen Form könnte länger bestehen bleiben als erwartet: Es gibt Spekulationen, dass der Landtag von Nordrhein-Westfalen nach der Novelle des Jugendmedienschutzstaatsvertrags auch die neue Rundfunkabgabe stoppt.

Ohne die Stimmen der CDU-Fraktion von Nordrhein-Westfalen dürfte die neue Rundfunkabgabe, mit der das System zur Finanzierung unter anderem von ARD und ZDF neu geordnet werden soll, im Landtag keine Mehrheit bekommen. Folge: Die Reform wäre gescheitert - denn wenn nur ein Bundesland die Ratifizierung des Staatsvertrags bis Ende 2011 ablehnt, kann die Reform nicht in Kraft treten. Genau das könnte laut einem Bericht des Spiegel passieren: Derzeit sei völlig offen, wie die CDU sich verhalten werde. Der nordrhein-westfälische Ex-Medienminister Armin Laschet (CDU) habe gesagt, die Fraktion habe sich mit der neuen Gebühr "in der Sache noch nicht beschäftigt und somit nichts entschieden", berichtete das Magazin.

Ein Ziel ist es offenbar zu zeigen, wie labil die Minderheitsregierung aus SPD und Grünen mit ihren 90 Stimmen ist - die Oppositionsparteien CDU, FDP und Linke verfügen über 91 Abgeordnete. Erst am 19. Januar 2011 gelang der Opposition aus CDU und FDP ein "Teilerfolg"gegen die Minderheitsregierung unter Hannelore Kraft, weil das Landesverfassungsgericht der rot-grünen Landesregierung untersagte, weitere Kredite aufzunehmen, solange eine schwarz-gelbe Verfassungsklage gegen den Nachtragshaushalt 2010 nicht entschieden sei. Das Presseecho war verheerend, sodass Spekulationen um die Haushaltsabgabe, welche die GEZ ablösen soll, durchaus gerechtfertigt sind.

Am 15. Dezember 2010 gaben die Ministerpräsidenten ihr Ja zur grundlegenden Reform der Rundfunkfinanzierung. Die Umstellung der Gerätegebühr soll von 2013 an durch eine Abgabe ersetzt werden, die auf jeden Haushalt entfällt, sich also nicht mehr auf die Endgeräte bezieht. Derzeit gibt es unterschiedliche Prognosen, ob die öffentlich-rechtlichen Sender dann mehr oder weniger einnehmen als bisher. Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) fordert, dass die journalistische Qualität der Programme unter der Umstellung nicht leiden darf.

Nur einen Tag nach dem Beschluss der Ministerpräsidenten zur Reform der GEZ wurde der Entwurf eines neuen Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) vom Landesparlament in Nordrhein-Westfalen abgelehnt. Alle Fraktionen hatten plötzlich angekündigt, dagegen zu stimmen. Die Entscheidungsfindung ist eine Blamage für Politiker aller Parteien. Kein Wunder, denn das Regelwerk strotzt nur so vor Inkompetenz, schreibt Christoph H. Hochstätter in seinem Blog auf ZDNet:

Gestandene Medienpolitiker aus Rheinland-Pfalz, die sich bisher mit TV und Rundfunk beschäftigt hatten, sollten einen Jugendschutz für das Internet festschreiben. Stattdessen droschen sie unreflektiert Phrasen aus ihrem beschränkten Vokabular. So ist die Rede von Alterskennzeichnungspflicht für Webseiten und Sendezeiten für "entwicklungsgefährdende" Inhalte. Elementare Dinge, etwa die Erdrotation, die dafür sorgt, dass irgendwo auf der Welt immer Tag ist, wurden ignoriert. Auch die Tatsache, dass Deutschland auf der Weltkarte ziemlich klein erscheint, interessierte niemanden. So kann man sich zwar schlaue XML-Tags ausdenken, kein Content-Management-System der Welt unterstützt jedoch diesen Unsinn, der sogar zwischen «min-age» und «default-age» unterscheiden will.

Normalerweise kommt ein Staatsvertrag zustande, wenn man eine bundeseinheitliche Regelung in einer Sache sucht, die in der Gesetzgebungskompetenz der Länder liegt. Dazu müssen alle 16 Bundesländer zustimmen, die dann einen Staatsvertrag abschließen und ihn anschließend von den Länderparlamenten "zwangsratifizieren" lassen. Ob ein Staatsvertrag sinnvoll ist oder nicht, spielt jedoch bei einer Entscheidungsfindung keine Rolle. Die Parteien mit Regierungsverantwortung in ihrem Land stimmen grundsätzlich für den Vertrag. Denn man muss sich ja "staatstragend" verhalten. Irgendwelche komische Verfassungsregelungen, dass ein Abgeordneter nur seinem Gewissen verantwortlich ist, dürfen keine Rolle spielen, denn sonst käme aufgrund unterschiedlicher Mehrheitsverhältnisse in den Ländern ja nie ein Staatsvertrag zustande. Die Oppositionsparteien stimmen teils nach Überzeugung, teils "staatstragend" oder enthalten sich. Das überraschende "Nein" der CDU-Landtagsfraktion zur Novelle des Jugendmedienschutzstaatsvertrags hatte dazu geführt, dass ihn auch SPD und Grüne ablehnten und das Vorhaben damit bundesweit vorerst gestoppt ist.

"Ich weiß nicht, ob auf die Union noch Verlass ist", zitiert der Spiegel den nordrhein-westfälischen Medien-Staatssekretär Marc Jan Eumann (SPD). Die CDU hätte im Oktober 2010 die Möglichkeit gehabt, sich über die Reform zu informieren, diese Gelegenheit aber nicht genutzt. Nun könnte die CDU in NRW auch die Reform der Rundfunkfinanzierung wieder auf die Waagschale legen und möglicherweise boykottieren.

Quellen: golem | ZDNet | Spiegel

Link: GEZ


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