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rbb auf der Suche nach Einsparungen (update)

Die Wirtschaft boomt, doch sinkende Gebühreneinnahmen bereiten dem rbb Sorgen.



Die Rundfunkgebühren sollen ab dem 1. Januar 2013 durch eine Haushaltsabgabe ersetzt werden, sodass Schwarzseher, die bisher weder TV noch Radio angemeldet haben, kaum noch Chancen haben durch ein Schlupfloch zu entrinnen. Die Rundfunkgebühr wird dann pro Haushalt und Betrieb, aber nicht mehr wie bislang pro Gerät erhoben. Damit soll auch der Streit beendet werden, ob ein Internet fähiges Handy oder der Computer als Rundfunkgeräte gelten oder nicht.

Bisher stritten die Experten lange darüber, ob die Einnahmen sogar geringer als bisher ausfallen würden, wenn für bestimmte Geräte eine reduzierte Abgabe erhoben würde. Dies wurde jedoch wieder verworfen. Die Gebühr soll in Zukunft maximal beim bisherigen Höchstbetrag von 17,98 Euro im Monat liegen - möglicherweise aber auch deutlich darunter - da die Differenzierung zwischen Grund- und Fernsehgebühr künftig wegfällt.

Sogar für die GEZ werden die Änderungen nicht ohne Folgen bleiben, denn der Geschäftsführer kündigte bereits einen deutlichen Stellenabbau bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in Köln an. Die Umstellung der Gebühr auf eine Haushaltsabgabe werde dazu führen, dass zahlreiche der 1500 sogenannten Gebührenbeauftragten, die als freie Mitarbeiter der Rundfunkanstalten nach Schwarzsehern und nicht angemeldeten Geräten fahnden, zu Hause bleiben müssten.

Auch beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) hat sich der Rundfunkrat mit Zukunftsszenarien des Senders befasst. Anlass ist die Prognose des ARD-Vorsitzenden Peter Boudgoust, nach der sich die ARD bis zum Jahr 2020 auf 15 Prozent geringere Gebühreneinnahmen einstellen muss. Das würde für den rbb 47 Millionen Euro weniger pro Jahr bedeuten.

Im Auftrag der Geschäftsleitung hat eine hausinterne Strategiegruppe untersucht, wie der rbb auf die möglichen Gebührenrückgänge reagieren kann. Berechnungen ergaben, dass sich der Sender bei deutlichen Mindereinnahmen pro Jahr nur noch ein reduziertes Programmangebot leisten könnte. Unter anderem könnten die Fernseh-Eigenproduktionen und die Zulieferungen zur ARD nicht mehr im bisherigen Umfang aufrecht erhalten werden. Die Zahl der Radiowellen würde von derzeit sechs auf vier sinken.
"Der rbb ist der erste Sender der ARD, der sich so tiefgreifend mit Zukunftsszenarien befasst. Bis Ende 2012 ist der rbb solide finanziert und kann Programmkürzungen vermeiden. Das aktuelle Senderbudget beträgt knapp 390 Millionen Euro. Wir werden alles dafür tun, dass diese Szenarien nie Wirklichkeit werden", sagte Intendantin Dagmar Reim.
Das reduzierte Programmangebot würde allerdings auch Einsparungen in den Bereichen Produktion und Verwaltung mit sich bringen, sodass auf weitere Sparmaßnahmen im Fernsehangebot möglicherweise verzichtet werden kann. Im schlimmsten Falle jedoch würden drei Radioprogramme gestrichen und die regionale TV-Berichterstattung zusammengelegt. „Abendschau“ und „Brandenburg aktuell“ würden dann nicht mehr getrennt produziert und getrennt ausgestrahlt. Außerdem müßte darüber nachgedacht werden, an einem Standort nur noch Fernsehen und an dem anderen nur noch Radio zu betreiben. Noch leistet es sich der Sender sowohl in Potsdam-Babelsberg wie auch in Berlin, beides zu produzieren.

Die Strategiegruppe empfiehlt der Geschäftsleitung zudem, die Strukturen des rbb zu prüfen sowie weitere Kooperationen innerhalb der ARD anzustreben. Denkbar wäre ein gemeinsames Nachtprogramm aller Inforadios. Die Kooperationen, wie sie derzeit vor allem mit dem MDR angestrebt sind, müssen jedenfalls noch deutlich intensiver werden als bisher. Der Kommission zufolge soll die Senderleitung außerdem prüfen, ob der Sender mehr Produktionen von außen einkaufen sollte.

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Wir meinen, dass diese Entwicklung für einen Hauptstadtsender fatal wäre. Schon jetzt sind immer mehr Eigenproduktionen gestrichen worden. Zweimal schon wurde eine beliebte Kinosendung einfach abgesetzt, weil das Konzept oder der Moderator der Intendantin nicht gefallen hat. Zuerst musste Michael Strauven dran glauben, obwohl seine Berlinale Berichterstattungen für den SFB fundiert und erfolgreich waren, dann folgte Peter Twiehaus mit seiner Sendung "Der Filmvorführer", dem ebenfalls im Dezember 2009 - mitten in den Berlinale Vorbereitungen - ein Ende bereitet wurde. (siehe BAF Blog vom 27.12.2009)

Berlin als Kinostadt mit den meisten Leinwänden Deutschlands und dem größten Programmangebot braucht fundierte Informationssendungen, nicht nur im Kulturbereich, sondern auch auf anderen Gebieten. Drei Universitäten hat die Stadt und etliche weitere Ausbildungsstätten sowie Wissenschafts- Technologieparks. Doch im Fernsehen kommt manches zu kurz oder wird viel zu spät in der Nacht ausgestrahlt. Bei richtiger Platzierung der Sendungen tagsüber ließe sich mit Werbung und Kooperationen - auch mit den Hochschulen - sicherlich mehr Geld einspielen und darüber hinaus deutlich mehr Zuschauer begeistern.

Web: www.rbb-online.de

(Update vom 31.08.10)
Nach unserer Kritik präsentierte die Intendantin Dagmar Reim gestern der Presse ein neues Konzept:

Wie angedeutet soll die Zusammenarbeit mit dem MDR vertieft werden. Das Manko einer fehlenden Kinosendung in unserer Region war dem Sender offensichtlich bereits bewusst gewesen. Abhilfe zur Kosteneinsparung soll nun die Übernahme des MDR-Kinomagazins "Kino Royal" bringen. Der Mitteldeutsche Rundfunk hat angeblich darin besondere Kompetenz, da er nach der Wende sich bereits intensiv um das DEFA-Erbe von Babelsberg kümmerte und seinen Zuschauern in den ehemaligen ostdeutschen Ländern (Sachsen u. Thüringen) immer wieder viele alte Spielfilme, darunter jede Menge DEFA-Filme in seinem Programm präsentierte. Die MDR-Kinosendung bringt darüber hinaus Berichte und Trailer aktueller Kinofilme. Ob damit die vielfältige Kinolandschaft Berlins abgedeckt wird, bleibt zweifelhaft. Im Großraum Berlin läuft nämlich fast wöchentlich irgendein Kinofestival in einem der zahlreichen Berliner und Potsdamer Kinos, die in der MDR-Sendung - außer zur Berlinale - kaum Berücksichtigung finden.


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