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Grimme-Preis für DSF-Dokumentation über Homosexualität

Die Verleihung des undotierten Grimmepreises findet morgen, den 26. März in Marl statt.







Die wichtigste Auszeichnung für deutsche Fernsehproduktionen ist der Adolf-Grimme-Preis des Adolf-Grimme-Instituts in Marl.

Normalerweise streiten sich um den Adolf-Grimme-Preis die öffentlich-rechtlichen Programme. Doch in diesem Jahr gibt es eine überraschende Ausnahme. Der "Adolf-Grimme-Preis Spezial" in der Kategorie Information und Kultur geht 2010 an die DSF-Dokumentation "Tabubruch - Der neue Weg von Homosexualität im Fußball" von Filmemacher Aljoscha Pause. Bereits bei der Nominierung hatte die Jury Pauses Reportage über das brisante Thema Homosexualität im Fußball als "eine journalistisch herausragende und mutige Leistung" gewürdigt. Jahrzehntelang wurde nämlich über Homosexualität im Fußball nicht gesprochen. Und auch aktuell provoziert das Thema manch ablehnende Worte sogar von verantwortlichen Sportfunktionären. Dabei erfüllen homophobe Äußerungen und Ausgrenzung aufgrund sexueller Neigungen den Tatbestand der Belästigung und rechtfertigen sogar Schadenersatzansprüche.

Bisher fand das Thema wenig Beachtung und wurde totgeschwiegen. Doch nachdem der Schiedsrichter Michael Kempter den Ex-Funktionär des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Manfred Amerell wegen angeblicher sexueller Belästigung bloß stellte, kontert dieser und zieht über DFB-Präsident Theo Zwanziger wegen übler Nachrede und Verleumdung her. In der Sache ist der augenblickliche mediale Rachefeldzug im DFB einer toleranten Grundsatzdiskussion um Homosexualität im Sport eher abträglich als nützlich. Solange das Thema derart weiter köchelt, wird kein Profispieler, auch wenn er noch so beliebt ist, mit einem Coming-out an die Öffentlichkeit gehen. Dabei kann die Geheimnistuerei im Verborgenen, bleibende psychische Schäden hervorrufen und manchmal sogar die Gewissenskonflikte zum Selbstmord führen.

Auch das Internet Portal detektor.fm hat sich dem Thema gewidmet und mit dem Fernsehjournalisten Aljoscha Pause über seinen Film und seine Erfahrungen im Online Radio Interview gesprochen, das hier abrufbar ist.

Außerdem präsentieren wir direkt im BAF-Blog den Ersten von fünf Teilen der DSF-Reportage.



Hier auf YouTube können auch die weiteren Teile angesehen werden. Wegen des besonders großen öffentlichen Interesses und hoher Abrufzahlen kann der Videostream gegebenenfalls manchmal stocken und der Start des Films etwas verzögert anlaufen. Wir empfehlen für eine ruckelfreie Ansicht, den Film kurzzeitig zu pausieren und dann nochmals - etwas später - weiterlaufen zu lassen.

Im Vergleich zum diesjährigen Überraschungspreisträger DSF gingen letztes Jahr insgesamt 14 Preise an die öffentlich-rechtlichen Anstalten. Davon erhielt das ZDF/3Sat zwei Preise und nur ein Preis ging an den großen Privatsender RTL. Diese Jahr kann das ZDF zwar sechs Preise abräumen und trumpft vor allem in der Kategorie Fiktion auf, doch der Hauptgewinner ist erstmals eine Dokumentation des Deutschen Sportfernsehens (DSF). Überraschende Achtungserfolge erzielte auch der Privatsender ProSieben in der Kategorie Information & Kultur mit "Galileo Spezial - Karawane der Hoffnung" zum Thema Genitalverstümmlung. Ein Novum, wie Grimme-Institut-Direktor Uwe Kammann auf der Pressekonferenz vorab bemerkte.

Zu den weiteren Gewinner in der Kategorie Information & Kultur zählen nach den Privatsendern unter anderem noch die Dokumentation "Eisenfresser" (BR/Arte/rbb), welche die Folgen der jährlichen Hungersnot im Norden Bangladeschs thematisiert, wie auch die ZDF-Produktion "Henners Traum" des Dokumentarfilmers Klaus Stern. Letztere erzählt von der (Wahn-)Idee eines Bürgermeisters, eines der größten Tourismusprojekte Europas in dem kleinen Ort Hofgeismar in Nordhessen anzusiedeln. Wir hatten im BAF-Blog bereits am 23.09.2009 auf eine Gesprächsrunde mit dem Dokumentarfilmer Klaus Stern bei einem Workshop des Berliner Instituts für Schauspiel Film und Fernsehen (iSFF) hingewiesen. Dort konnten wir persönlich mit dem Filmemacher über den hervorragenden Film und seine Herangehensweise diskutieren.

Dennoch könnte das deutsche Fernsehen im Unterhaltungsbereich durchaus mutiger werden, befand die Jury. Wünschenswert seien mehr freche, schrille und laute Formate. Insgesamt zeigte sich Kammann mit dem Fernsehjahr 2009 mehr als zufrieden: "Es gab wieder viel gutes und exzellentes Fernsehen und das in einem breiten Spektrum", bilanzierte der Direktor. Mühe, die zwölf Preise zu vergeben, habe die Jury nicht gehabt. Zehn der zwölf Auszeichnungen gingen an die öffentlich-rechtlichen Sender.

Gleichzeitig feilt das DSF an seinem zukünftigen Profil: Statt nächtlicher Erotiksendungen will der kriselnde Sender künftig zehn Prozent mehr Sport zeigen - und benennt sich ab April 2010 in sport.1 um, teilte der Mutterkonzern, die Münchner Constantin Medien AG, mit. Die Kooperation mit dem gleichnamigen Internetportal www.sport1.de soll gemeinsame Synergien nutzen, doch geht dies auch zulasten der Mitarbeiter, 42 Jobs werden nach der Vereinigung mit dem Online-Portal gestrichen. Jüngst verbuchte der Konzern wegen der schwächelnden Sportsparte im ersten Halbjahr 2009 ein Minus von 4,6 Millionen Euro.

Mit den neu erworbenen Ausstrahlungsrechten für die Handball- und die Basketball-Bundesliga würden im Jahr 2010 mehr als 1100 Stunden Live-Sport gesendet. Das Nachrichtenangebot und die Fußballsendungen sollen ausgebaut werden, geplant sind Motormagazine, Dokumentationsreihen und Sport-Entertainment-Formate. Diese sollen in erster Linie die männliche Zielgruppe des Senders zwischen 14 und 49 Jahren ansprechen. Die Erotik-Call-in-Shows um 23 Uhr sollen dagegen nicht mehr laufen. Die Nachtschleife mit den "Sexy Sport Clips" und der Werbung für Telefonerotik wird es aber weiter geben. Durch das Rationalisierungsprogramm sollen bereits in diesem Jahr insgesamt rund sieben Millionen Euro eingespart werden. Mit dem Betriebsrat hat man sich inzwischen bereits auf sozialverträgliche Lösungen geeinigt.

Alle diesjährigen Grimme-Preise haben wir in der erweiterten Ansicht unter nachfolgendem Link aufgelistet. "Grimme-Preis für DSF-Dokumentation über Homosexualität" vollständig lesen

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